Polyvinylchlorid
Polyvinylchlorid, abgekürzt PVC, ist ein thermoplastischer Kunststoff.
Aufbau und Eigenschaften
Polyvinylchlorid wird aus seinem Monomer, Vinylchlorid (chemische Formel ) erzeugt. Die Kettenverlängerung erfolgt entweder durch radikalische oder durch ionische Polymerisation.
H Cl H Cl H Cl \ / | | | | C = C ··· - C - C - C - C - ··· / \ | | | | H H H H H H
Vinylchlorid Polyvinylchlorid
PVC ist ein harter, spröder, weißer Kunststoff, der erst durch Zugabe von Weichmacher weicher und formbar wird.
Geschichte
Der französische Chemiker Victor Regnault war 1835 der erste, der im Gießener Laboratorium von Justus von Liebig Vinylchlorid herstellte und bemerkte, dass sich daraus bei längerer Einwirkung von Sonnenlicht ein weißes Pulver - Polyvinylchlorid - bildete, konnte die Bedeutung seiner Entdeckung jedoch nicht erkennen.
Mit dem Aufblühen der chemischen Industrie wurde auch der Rohstoff Natronlauge, der für viele Prozesse und Verfahren eingesetzt wird, in immer größeren Mengen hergestellt. Die wichtigsten Einsatzbereiche der Natronlauge sind die Verarbeitung in der Seifenindustrie, die Celluloseherstellung und die Gewinnung von Aluminium aus Bauxit. Die Natronlauge wurde mit Hilfe elektrolytischer Zersetzung aus Kochsalz (Natriumchlorid) gewonnen, übrig blieb dabei Chlor. 1912 erhielt der deutsche Chemiker Fritz Klatte von der Chemischen Fabrik Griesheim, Vorgängerin der Firma Hoechst, den Auftrag, für den massenhaft vorhandenen Rohstoff Acetylen neue Umsetzungsprodukte zu finden. Er legte die Grundsteine für die Herstellung von PVC, das vorerst nur die Bindung von Chlor ermöglichte und so in großen Mengen gelagert werden konnte. Weitere Verwendungsmöglichkeiten bestanden vorerst nicht.
Mit der Rohstoffknappheit während und nach dem ersten Weltkrieg wurden die Anstrengungen verstärkt, PVC als Rohstoff zu nutzen, um teure Rohstoffe durch kostengünstige Materialien zu ersetzen. 1938 wurde PVC in Deutschland schließlich zum ersten Mal großtechnisch hergestellt.
Die Entwicklung der Chlorchemie kann somit auf die Notwendigkeit zurückgeführt werden, die bei der Herstellung von Natronlauge durch elektrolytische Zersetzung von Natriumchlorid entstehenden großen Mengen an Chlor zu lagern und einer Verwendung zuzuführen. Möglich wurde dies durch die großtechnische und kommerzielle Erschließung des thermoplastischen Materials PVC.
Technik
Fritz Klatte stellte für seine Versuche Glasgefäße mit Vinylchlorid und verschiedenen Zusätzen auf den Fabrikshof, um sie wie zuvor Regnault dem Sonnenlicht auszusetzen. 1913 erhielt er ein Patent auf die Polymerisation von Vinylchlorid und seine Verwendung als Hornersatz, als Filme, Kunstfäden und für Lacke.
Das historische Additionsverfahren von Chlor zu Vinylchlorid ist jedoch verlassen worden. Heute werden Rohöl (oder in geringerem Ausmaß Kohle) und Kochsalz als preiswertere Rohstoffbasis eingesetzt. Vier verschiedene Polymerisationsverfahren werden benutzt, wobei ca. 80 % der gesamten Weltproduktion nach der so genannten "Polymerisation in Suspension" hergestellt werden.
Heute wird unterschieden in PVC-weich und PVC-hart. Ein bekannter Vertreter von PVC-weich ist das Kunstleder.
Bei PVC wird unterschieden zwischen den leicht flüchtigen Weichmachern und den Flexibilisatoren. Letztere gehen mit PVC eine chemische Verbindung ein und sind deshalb nicht in dem Sinne flüchtig wie die vorgenannten.
Verwendung
Das an sich spröde und harte PVC wird mit Additiven, Weichmachern und Stabilisatoren, an die verschiedensten Einsatzgebiete angepasst.
An die heute verwendeten PVC-Additive werden hohe Anforderungen gestellt. Sie müssen in möglichst geringer Konzentration eine hohe Wirkung aufweisen, die durch die unterschiedlichen Herstellungsprozesse für das Kunststoff-Formteil nicht beeinträchtigt werden darf. Sie müssen dem Formteil während dessen Gebrauchsdauer die gewünschten Eigenschaften verleihen. Sie sollen auch aus Konsumentensicht sicher anwendbar sein.
Aus PVC werden Rohre hergestellt, die sich wegen ihrer glatten Innenfläche wenig zusetzen, desweiteren Fenster, Bodenbeläge und schwerentflammbare Kabel.
PVC-Hartschaum findet in der Faserverbundtechnologie Verwendung als Sandwichwerkstoff, z. B. in Sportbooten, Rotorblättern für Windkraftanlagen und im Waggonbau.
Durch das niedrige Gewicht des Kunststoffs kommt es zu Energieeinsparungen in Anwendungsbereichen wie Verpackung (Kraftstoffersparnis bei der Verteilung) und Verkehr (geringerer Kraftstoffverbrauch).
Produkte aus PVC haben wie solche aus Stahl, Glas oder Papier Umweltauswirkungen bei Herstellung, Verwendung und Entsorgung. Bei einem vollständigen Vergleich (Ökobilanz, Nachhaltigkeitsvergleich) schneiden PVC-Produkte gut ab – insbesondere wegen ihrer Langlebigkeit und ihres vergleichsweise niedrigen Energiebedarfs. Alle bisher veröffentlichten Gesamt-Bewertungen lehnen daher den Verzicht auf PVC ab und empfehlen ökologische Verbesserungen.
Wirtschaft
PVC ist weiterhin weltweit auf Wachstumskurs. Besonders stark exportiert werden Fenster mit PVC-Rahmen, stark nachgefragt werden ferner zum Beispiel Rohre für Kabeltrassen und Membrandächer. In Deutschland erwirtschaften ca. 150.000 Beschäftigte in über 5.000 Unternehmen 20 Milliarden Euro. Die PVC-Branche repräsentiert etwa ein Viertel der Kunststoffbranche.
Nachhaltige Zukunft
Auf dem Weg in eine nachhaltige Zukunft hat der Werkstoff PVC gute Voraussetzungen durch seine Ressourcenschonung und das gute Abschneiden bei Ökobilanzen, in denen konkurrierende Produkte miteinander verglichen werden. Viele PVC-Produkte haben durch günstige Verarbeitungstechniken oder geringen Pflegeaufwand (wie bei Fenstern oder Bodenbelägen) Kostenvorteile.
Von der Europäischen Kommission wurden 1999 fünf Studien zu Aspekten der PVC-Entsorgung in Auftrag gegeben, auf deren Basis die EU-Kommission im Juli 2000 ein Grünbuch PVC vorlegte. Bei den Untersuchungen lag der Schwerpunkt vor allem auf den Umweltauswirkungen von PVC im Bereich der Abfallwirtschaft, Aspekte von PVC-Erzeugnissen während des gesamten Lebenszyklusses und wirtschaftliche Vor- und Nachteile wurden nicht oder nicht ausreichend analysiert. So kam es im April 2001 bei der Abstimmung des Europäischen Parlaments nicht zu einem einem Votum für einen generellen Verzicht auf PVC und außerdem wurden PVC-Produkte auch nicht als "nicht nachhaltig" bewertet. Derzeit erarbeitet die EU-Kommission eine Schlussfolgerung aus der Grünbuchdebatte; geplant ist eine Mitteilung (http://europa.eu.int/comm/environment/waste/pvc/index.htm).
Selbstverpflichtung der PVC-Branche
Die europäische PVC-Branche hat im März 2000 eine Selbstverpflichtung zur nachhaltigen Entwicklung verabschiedet. Jedes Jahr wird ein Bericht über das jeweils abgelaufene Jahr veröffentlicht.
Weblinks
- http://www.m-ww.de/pharmakologie/giftstoffe/dioxin.html
- http://dc2.uni-bielefeld.de/dc2/pvc/index.html
- http://www.vinyl2010.org/index3.html Jahresberichte der PVC-Branche im Rahmen der Selbstverpflichtung zur nachhaltigen Entwicklung
[[fr:Chlorure de polyvinyle]