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Nichtopioid-Analgetikum

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Die Nichtopioid-Analgetika (syn.: nichtopioide Analgetika) sind schmerzstillende Arzneimittel, die ihre Wirkung durch Unterdrückung schmerzauslösender und unterhaltender biochemischer Prozesse des Organismus entfalten.

Die Namensgebung grenzt die Substanzgruppe zu den Opioiden ab, die durch Wechselwirkung mir den Opioidrezeptoren wirken.

Die nichtopioiden Analgetika wurden auch als periphere Analgetika bezeichnet. Für einige dieser Substanzen sind jedoch zentrale Wirkeigenschaften gesichert, so dass diese Bezeichnung im modernen Schrifttum verlassen wurde.

Nichtopioide Analgetika sind zum Großteil in Deutschland frei verkäuflich.

Wirkungsmechanismus

Im Falle einer Gewebeschädigung werden im Sinne der Streßantwort eine Reihe unterschiedlicher biologisch aktiver Substanzen gebildet. Dazu gehören Leukotriene und Prostaglandine, sowie daraus abgeleitet Prostazyklin und Thromboxan.

Diese Substanzen greifen in unterschiedlichem Maße in elementare Körperfunktionen ein. So beeinflussen sie Nierendurchblutung, Natriumausscheidung, Thrombozytenaggregation, Bronchialtonus, Darmtonus, Uteruskontraktion. Im Zusammenhang mit der Schmerzentstehung und -unterhaltung spielen Einflüsse auf Gefäßtonus, ''Chemotaxis'' und Gefäßpermeabilität eine Rolle. Diese Prozesse sind entscheidend für Entzündungsprozesse.

Die Prostaglandine sind im Zusammenhang mit den Nichtopioid-Analgetika von Interesse. Sie beeinflussen neben Entzündungsvorgängen noch andere physiologische Funktionen. So spielen sie eine schützende Rolle für die Magenschleimhaut (Säureschutz) und die Nierenfunktion (Na- und Wasserauscheidung).


Dabei sind zwei Aspekte zu beachten:

  1. es gibt mehrere Prostaglandine. Sie entfalten an verschiedenen Wirkorten unterschiedliche Wirkungen
  1. es gibt mindestens zwei Arten der Cyclooxygenase (eher drei), die für verschiedene Synthesewege der Prostaglandine stehen. So spielt die Cyklooxygenase 2 (COX-2) eine Rolle bei der Synthese der Entzündungsmediatoren, die COX-1 ist entscheidend für die Synthese der Prostaglandine, die für den Schleimhautschutz, die Blutgerinnung (Blutplättchenaggregation) und die Regulation des Elektrolyt- und Wasserhaushaltes stehen.

Da nichtopioide Analgetika im Rahmen der Streßantwort das Enzym Cyklooxygenase hemmen, sind sie im Wesentlichen Prostaglandinsynthesehemmer.

Klassifikation

Chemie und Klassifikation der nichtopioiden Analgetika


Bei den Nichtopioid-Analgetika handelt es sich um eine chemisch heterogene Substanzgruppe.

Saure antiphlogistische antipyretische Analgetika

Saure antiphlogistische antipyretische Analgetika sind Säuren. Sie reichern sich deshalb und wegen ihrer hohen Eiweißbindung besonders in Gewebe mit niedrigem pH-Wert an (in nichtdissoziierter Form). Aus diesem Grund sind sie in besonders hohen Konzentrationen in entzündetem Gewebe nachweisbar, wo sie der Entzündung entgegenwirken.

Hohe Konzentrationen ergeben sich auch in der Magenschleimhaut und in den Nieren. Aus dieser Tatsache ergeben sich wesentliche Nebenwirkungen. So geht durch Wegfall der lokalen Prostaglandinsynthese deren magenschleimhautschützende Wirkung (verminderte Schleimproduktion und verminderte Durchblutung der Magenwand) verloren, was zu Magenulzerationen (Magenulkus, ulcus ventriculi) und späterer Magenblutung führen kann.

Aus historischen Gründen werden die sauren antiphlogistischen antipyretischen Analgetika auch nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) genannt (außer Salizylate). Das hat seinen Grund darin, dass diese Substanzen sich zunächst neben den entzündungshemmenden Steroiden in der Rheumatherapie etablierten. Erst später wurden sie die beliebten Schmerz- und Fiebermittel.

Salizylate

Azetylsalizylsäure
Dosierung 0,5-1,0g/Einzeldosis

2-3g/d bei Schmerzen

100mg/d zur Schlaganfall-, Herinfarkt- und Thromboseprophylaxe

Tageshöchstdosis
Indikation Entzündungsbedingter Schmerz
Wirkung analgetisch, fiebersenkend, entzündungshemmend
Nebenwirkungen Ulcus ventriculi, Magenbluten, Asthma
Kontraindikation vorbestehendes Ulcus ventriculi

Zu dieser Substanzgruppe gehören:

  1. Azetylsalizylsäure (ASS) - wichtigster Vertreter
  2. Diflunisal
  3. Ethenzamid
  4. Salizylamid
  5. Salacetamid


Azetylsalizylsäure (ASS) -seit 1899 als Arzneimittel eingeführt- ist für die orale und intravenöse Applikation verfügbar. Außer der Anwendung bei entzündungsbedingtem Schmerz bietet sich durch die ausgeprägte thrombozytenaggregationshemmende Wirkung die Anwendung zur Vorbeugung von Mikroembolien im Zusammenhang mit Myocardinfarkt und cerebralem ischämischem Insult (Schlaganfall), sowie zur Thromboseprophylaxe an.

Arylessigsäuren

Diclophenac
Dosierung 50-100mg/Einzeldosis; 75-100mg/d
Tageshöchstdosis
Indikation
Wirkung stark entzündungshemmend, analgetisch, fiebersenkend,
Nebenwirkungen Leberschädigung möglich
Kontraindikation vorbestehender Leberschaden


Zu dieser Substanzgruppe gehören:

  1. Diclophenac
  2. Indomethazin
  3. Tolmetin
  4. Ketolorac

Diclophenac kann zu Leber- und Nierenschädigung führen, sowie typischerweise zu Magenschleimhautschädigung (verminderte Schutzwirkung der Prostglandine dort).

Arylpropionsäuren

Ibuprofen
Dosierung 0,2-0,8g/Dosis oral
Tageshöchstdosis 0,6-2,4g/d
Indikation
Wirkung analgetisch, entzündungshemmend, (fiebersenkend),
Nebenwirkungen Synergismus mit Cumarinen
Kontraindikation

Zu dieser Substanzgruppe gehören:

  1. Ibuprofen
  2. Ketoprofen
  3. Naproxen

Ibuprofen wird gern zur Therapie chronischer Gelenkschmerzen (z. B. Rückenschmerzen) verabfolgt.


Dexketoprofen
Dosierung 25mg oral
Tageshöchstdosis 75mg/d, nicht mehr!
Indikation postoperative Schmerztherapie bei Ausschluss von Nierenfunktionsstörungen
Wirkung analgetisch, entzündungshemmend, fiebersenkend,
Nebenwirkungen
Kontraindikation Nierenfunktionsstörung

Dexketoprofen ist die optisch rechts-drehende Form des Razemats Ketoprofen. Obwohl auf die allgemeine Gefährdung hinsichtlich eines akuten Nierenversagens durch alle NSAR hingewiesen wird, kann das Mittel gut in der postoperativen Schmerztherapie eingesetzt werden. Günstig ist sein schneller Wirkungseintritt, der ca. 15min nach oraler Gabe einsetzt (Zum Vergleich: Paracetamol oral nach 2 Stunden).

Oxicame

Zu dieser Substanzgruppe gehören:

  1. Piroxicam


Piroxicam
Dosierung
Tageshöchstdosis 10-20mg
Indikation degenerative Gelenkbeschwerden
Wirkung analgetisch, entzündungshemmend, fiebersenkend,
Nebenwirkungen
Kontraindikation

Anthranilsäuren

Zu dieser Gruppe gehört:

  1. Mefenaminsäure


Pyrazolidindione

Zu dieser Gruppe gehört:

  1. Phenylbutazon


Phenylbutazon
Dosierung
Tageshöchstdosis 200-400mg oral
Indikation Morbus Bechterew, chronische Polyarthritis, akuter Gichtanfall
Wirkung analgetisch, entzündungshemmend, fiebersenkend,
Nebenwirkungen Nierenversagen, Knochenmarkveränderunegn
Kontraindikation


Nichtsaure antipyretische Analgetika

Die nichtsauren antipyretischen Analgetika verteilen sich im Gegensatz zu den sauren Analgetika weitgehend gleichmäßig im Organismus. Sie sind deshalb zur Therapie entzündungsunabhängiger Schmerzen (z. B. postoperative Zustände) sehr gut geeignet.

Die bei den sauren Analgetika gefürchteten Nebenwirkungen auf die Niere (akutes und chronisches Nierenversagen) sind bei den nichtsauren Analgetika eher nicht zu erwarten.

Coxibe

Zu dieser Gruppe gehören:

  1. Rofecoxib
  2. Celecoxib
  3. Parecoxib/Valecoxib

Coxibe hemmen selektiv die Cyclooxygenase 2, sie werden deshalb auch COX2-Hemmer genannt. Das bedeutet, dass sie die Prostaglandine hemmen, die für die Entzündungsantwort verantwortlich sind. Die Prostaglandine, die für den Magenschutz und die Blutplattchenaggregation verantwortlich sind werden weniger beeinflusst. Somit gelten die Coxibe als potentiell sehr nebenwirkungsarme Analgetika.


Aminophenole

Zu dieser Gruppe gehört:

  1. Paracetamol


Paracetamol
Dosierung 1g iv. und oral für Erwachsene
Tageshöchstdosis 4x1g iv. und oral für Erwachsene
Indikation postoperative Schmerztherapie, bei oraler Gabe fiebersenkend - besonders bei Kindern angewendet.
Wirkung analgetisch, fiebersenkend,
Nebenwirkungen Übelkeit, Erbrechen beschrieben
Kontraindikation Leberfunktionsstörung; Zugelassen erst ab Körpermasse 33kg (iv.), sonst als Saft; Allergie gegen die Substanz,

Paracetamol hat zentrale Wirkungen im Sinne einer Stimmungsaufhellung. Außerdem gilt es als das nebenwirkungsärmse Analgetikum schlechthin (keine Nierenfunktionsstörung). Nur bei Überschreitung der Tageshöchstdosis von 4g (über 150-250mg/kg KM) kann es zu Leberzellnekrosen und Leberkoma kommen. Bei Lebervorschädigung treten diese Effekte eher auf, weshalb es sich hier um eine Kontraindikation für den Einsatz von Paracetamol handelt.

Es ist in seiner intravenösen Form besonders gut zur postoperativen Schmerztherapie geeignet.

In der Kinderheilkunde hat es sich fest etabliert. Allerdings eher aufgrund des Fehlens von Alternativen (nicht vorhandene antikonvulsive Effekte).

Pyrazolone

Zu dieser Gruppe gehört:

  1. Metamizol

Nach Gabe von Metamizol sind Agranulozytosen relativ häufig (1:1000000 bis 1:5000!). Aus diesem Grund ist die Substanz in den USA nichtmehr zugelassen. In anderen Ländern ist Metamizol das postoperative Analgetikum schlechthin, da die Agranulozytose als reversibel angesehen wird.

Nichtopioide Analgetika ohne antiphlogistische und antipyretische Eigenschaften

Zu dieser Gruppe gehört:

  1. Flupirtin