Kaukasiendeutsche

Kaukasiendeutsche sind deutschstämmige Einwohner Russlands und der Sowjetunion, die in den Gebieten des Kaukasus siedelten. Sie kamen meist in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ins Land. Es gab deutsche Kolonien im Nordkaukasus, Georgien und Aserbaidschan.
In das südliche Georgien wanderten zwischen 1816 und 1818 schwäbische Separatisten ein. Etwa 500 Familien gründeten 1818 nahe Tiflis, unterstützt von der russischen Regierung, acht Kolonien. Der größte Ort war Katharinenfeld, wo 95 Familien lebten. Der Name sollte die württembergische Königin Katharina, die Schwester von Zar Alexander I. ehren. Im Ort gab es fünf Fußballmannschaften, eine deutsche Zeitung, eine Grundschule, eine lutherische Kirche mit Chor, einen Jägerverein, eine Theatergruppe und einen Stadtpark. Elisabethtal und Alexanderdorf machten wegen ihrer schnurgeraden, gepflasterten Straßen von sich reden.
Die erste deutsche Kolonie in Aserbaidschan war 1818 Alt Katharinenfeld (wurde 1819 wieder aufgegeben), eine weitere kurz darauf auf der anderen Seite des Flusses Schamchor in Annenfeld, Helenendorf entstand 1819. Die Schwaben kamen über den Nordkaukasus und Tiflis nach Aserbaidschan. Zwischen 1888 und 1914 wurden sechs weitere deutsche Gemeinden gegründet. Sie trugen Namen wie Grünfeld, Eichenfeld und Traubenfeld. Sie machten die fruchtbare Vorgebirgssteppe urbar, konzentrierten sich später auf den Weinbau.
Nach der Bildung unabhängiger Republiken im Südkaukasus nach 1917 schlossen sich die deutschen Kolonisten zum Transkaukasischen Deutschen Nationalrat mit Sitz in Tiflis zusammen. Er gab die deutschsprachige Wochenzeitung Kaukasische Post heraus. Nach der Okkupation Georgiens und Aserbaidschans durch die Sowjetunion 1921 wurde Katharinenfeld in Luxemburg, 1944 in Bolnisi umbenannt. Elisabethtal wurde zu Asureti und Helenendorf zu Chanlar. Alexanderdorf wurde von Tiflis eingemeindet.
In den 1930er Jahren waren die deutschen Kolonisten im Kaukasus in besonderem Maße politischen Verfolgungen ausgesetzt. 1935 wurden 600 Deutsche aus Aserbaidschan nach Karelien deportiert. Im georgischen Luxemburg wurden 352 Einwohner verhaftet, verschleppt oder ermordet. 1941 siedelte Stalin alle Kaukasiendeutschen, die nicht mit Einheimischen verheiratet waren, innerhalb weniger Monate nach Kasachstan und Sibirien um.
Nur wenige Kaukasiendeutsche kehrten in der Nachkriegszeit in den Kaukasus zurück. 2002 lebten in Bolnisi noch etwa 30 ältere Frauen, die von Deutschen abstammten. Auf dem unter Stalin eingeebneten deutschen Friedhof der Stadt steht heute ein Denkmal, das an die Kolonisten in Georgien erinnert. In jüngster Zeit interessieren sich vermehrt auch Jugendliche wieder für ihre deutschen Vorfahren und deren Kultur. Oftmals ist dies eng verbunden mit dem protestantischen Glauben, so dass sich die Lutherische Kirche Georgiens in ihrer Jugendarbeit intensiv um diese jungen Leute bemüht.
Literatur
- M. Friedrich Schrenk: Geschichte der deutschen Kolonien. In: Geschichte der deutschen Kolonien in Transkaukasien. Tiflis 1869
- Paul Hoffmann: Die deutschen Kolonien in Transkaukasien. Berlin 1905
- Werner Krämer: Grünfeld, ein deutsches Dorf im Südkaukasus. o. O., o. J.
- Max Baumann, Peter Belart: Die Familie Horlacher von Umiken in Katharinenfeld (Georgien)
- Andreas Groß: Missionare und Kolonisten: Die Basler und die Hermannsburger Mission in Georgien am Beispiel der Kolonie Katharinenfeld; 1818 – 1870. Lit, Hamburg 1998, ISBN 3-8258-3728-9
- U. Hammel: Die Deutschen von Tiflis. In: Georgica. Bd. 20 (1997), S. 35-43
- Immanuel Walker: Fatma. Landsmannschaft der Deutschen aus Russland, Stuttgart, 1966 3. Auflage