Fugenlaut
Bei zusammengesetzten Wörtern (Komposita) werden in der deutschen Sprache an den Wortgrenzen häufig bestimmte Laute eingefügt. Um Endungen vom vermeintlichen Plural oder Genitiv abgzugrenzen werden sie als Fugenelemente, Fugenlaute, Fugenzeichen, Fugenmorpheme oder Epenthesen bezeichnet.
Bildung von Komposita
Zur Bildung von Komposita kann das Vorderglied auf verschiedene Arten verändert oder ergänzt werden.
- Es wird nur der Wortstamm verwendet, Beispiel Kronprinz, Seelsorger
- Das Vorderwort wird im Singular verwendet, Beispiel Haustür. Der Begriff Gasthaus zeigt, dass die Verwendung des Singular keinen Schluss auf die Bedeutung zulässt, da dieses ebenso wie ein Gästehaus mehrere Gäste aufnehmen kann.
- Das Vorderwort wird im Plural verwendet. Die Beispiele Hurensohn, Gänse- und Schweinebraten zeigen, dass auch hier keine Interpretation der Bedeutung zulässig ist.
- Es wird ein reines Fugenelement eingefügt
- Das Fugen-S ist das häufigste Fugenelement und lässt das Vorderglied häufig wie einen Genitiv aussehen, Beispiel Weltuntergangsstimmung. Es wird jedoch auch bei Wörtern, die kein Genitiv-s kennen verwendet: Hochzeitskleid
- Weitere Beispiele für andere Fugenelemente sind Ratespiel, nötigenfalls, keinesfalls, hoffentlich, meinetwegen.
Verwendung
Die Verwendung der Fugenlaute folgt dem Sprachgefühl und ist nicht immer einheitlich. Existieren mehrere unterschiedliche Fugen für ein Erstglied, können Neubildungen häufig nur mit einem davon vorgenommen werden, die anderen Formen sind lexikalisiert (etwa: Manneskraft aber nicht Manneshose sondern nur Männerhose). Erstglieder mit bestimmten Suffixen wie -keit, -heit, -ion, -ung u.a. bilden Komposita prinzipiell mit Fugen-s. Komposita, bei denen der erste Teil selbst wieder komplex ist, haben häufig ein s als Fugenelement (Bahnhofs-halle aber Hof-hund). Phonetische Regularitäten spielen wohl nur eine Nebenrolle bei der Auswahl.
Insbesondere bei Behörden und der Bundeswehr werden einzelne zusammengesetzte Wörter vielfach als falsch angesehen: So heiße es dort Essenmarke, und nicht Essensmarke oder Schadenersatz, und nicht Schadensersatz. Hier wird der Fuge eine Bedeutung zugemessen, die sie nicht hat.
Häufig gibt es unterschiedliche regionale Varianten. Im BGB der BRD wird Schadensersatz verwendet, also mit Fugenlaut. Die rechtswissenschaftliche Literatur des Landes folgt dieser Schreibweise anscheinend überwiegend. In Österreich hingegen ist die Schreibweise Schadenersatz ohne Fugenlaut vorherrschend.
Beim Fugen-s gibt es einen Nord-Süd-Unterschied. Es tritt in Österreich und in Süddeutschland (oberdeutsches Sprachgebiet) häufiger auf als in Norddeutschland (niederdeutsches Sprachgebiet), Beispiel: Schweinebraten und Schweinsbraten (wohingegen die Importspezialität Schweinshaxe durchaus auch in Hannover oder im Rheinland statt des einheimischen Eisbein bzw. Hämmchen, auf einer Speisenkarte erscheinen kann, die anderswo als Speisekarte gilt).
Literatur, Weblinks und weiteres
- Fugenlaute sind im Duden (Grammatik) im Kapitel Zur Wortbildung beschrieben.
- Augst: Untersuchungen zum Morpheminventar der deutschen Gegenwartssprache. Tübingen.
- Semmelnknödeln, ein Sketch von Karl Valentin
- Eike Christian Hirsch: Deutsch für Besserwisser., Kapitel Flohzirkus, dtv 1976, ISBN 3423109521 (nur noch im Antiquariat erhältlich)
- SWR3 Klugscheißer Audiodatei: Verbandskasten
- Bratskartoffeln und Spiegelsei Zwiebelfisch-Kolummne bei www.spiegel.de vom 7. April 2004
- Der Gebrauch des Fugen-s im Überblick Artikel bei www.spiegel.de vom 7. April 2004
- Schweinsbraten ist nicht verfassungzuträglich – Der Bundestag soll sich mit einem Fugen-s beschäftigen Artikel bei BerlinOnline vom 4. Oktober 2004