Kindergeld
Kindergeld ist eine staatliche Zahlung an die Erziehungsberechtigten. Ob und in welcher Höhe ein Kindergeld gezahlt wird, hängt im allgemeinen von der Anzahl der Kinder ab. Deutsches Kindergeld ist heute zu bedeutenden Teilen kein Einkommen, sondern ein Ausgleich für die verfassungswidrige Besteuerung des Existenzminimums von Kindern. Nur der darüber hinausgehende Teil ist eine echte Subvention. Er ist umso größer, je niedriger das zu versteuernde Einkommen ist, und macht z.B. bei einem ALG II-Empfänger 100% aus (weshalb dem hilfsbedürftigen Antragsteller das Kindergeld voll als Einkommen angerechnet wird).
Soweit es eine Subvention darstellt, also hauptächlich bei Geringverdienern, soll es der Familienförderung dienen und die Eltern teilweise für ihren Aufwand entschädigen. Zugleich ist es als Anreiz zum Gebären gedacht, um durch diese direkte Transferzahlung dem in Deutschland inzwischen die Sozialkassen gefährdenden Mangel an Beitragszahlern entgegenzuwirken. Als eventuelle spätere Steuer- und Beitragszahler (z. B. für eine Rentenkasse und Pflegeversicherung) sind Kinder auch für Kinderlose unverzichtbar.
Kindergeld in Deutschland
Allgemeines
Kindergeldanträge können in der Regel nur bei der jeweiligen zuständigen Familienkasse gestellt werden. Familienkassen gibt es bei den Dienststellen der Bundesagentur für Arbeit. Für Angehörige des öffentlichen Dienstes ist die Besoldungs-/Vergütungsstelle zugleich Familienkasse. Das Vorhandensein der Kinder ist durch amtliche Unterlagen, wie beispielsweise Haushaltsbescheinigung, für Kinder, die im Haushalt leben, Lebensbescheinigung, für außerhalb des Haushalts lebende Kinder oder die Geburtsurkunde, wenn sie innerhalb von sechs Monaten nach der Geburt des Kindes vorgelegt wird und darin der Eltern-Wohnort angegeben ist, nachzuweisen.
Grundsätzlich kann Kindergeld erhalten, wer in Deutschland seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder im Ausland wohnt, aber in Deutschland entweder unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder entsprechend behandelt wird. Als Kinder werden im ersten Grad mit dem Antragsteller verwandte Kinder (eheliche, für ehelich erklärte, nichteheliche und adoptierte Kinder), Kinder des Ehegatten (Stiefkinder) und Enkelkinder, die der Antragsteller in seinen Haushalt aufgenommen hat sowie Pflegekinder, mit denen der Antragsteller durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist berücksichtigt.
Kindergeld wird mindestens bis zum 18. Lebensjahr gezahlt, darüber hinaus bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres, wenn das Kind sich in der Schul-, Berufsausbildung oder dem Studium befindet. Wenn das Kind verheiratet ist, besteht Anspruch auf Kindergeld nur noch, sofern der Ehepartner für den Unterhalt des Kindes nicht aufkommen kann.
In Einzelfällen wird selbst über das 27. Lebensjahr hinaus noch Kindergeld gezahlt. Dies ist dann der Fall; wenn Kinder in Schul-, Berufsausbildung oder im Studium den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet haben, sich freiwillig für nicht mehr als drei Jahre zum Wehrdienst verpflichtet haben oder eine vom Grundwehr- bzw. Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer ausgeübt haben. Es gibt weiter Fälle die Anspruch auf Kindergeldzahlungen über das 27. Lebensjahr hinaus haben. Für Schwerbehinderte bei denen die Schwerbehinderung vor dem 27. Lebensjahr festgestellt wurde und mindestens ein Elternteil noch lebt. Die Zahlungen können ein Leben lang erfolgen, bis entweder beide Eltern verstorben sind oder das Kind selbst.
Nach Angaben der Bundesanstalt für Arbeit erhielten im Oktober 2001 8,9 Mio. Kindergeldberechtigte Kindergeld für 14,8 Millionen Kinder; für sie wurden im Jahr 2001 25,6 Milliarden Euro Kindergeld ausgezahlt. Hinzu kommen die Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die das Kindergeld von ihren Arbeitgebern direkt erhalten (§ 72 Abs. 1 EStG [1]). Die Auszahlung erfolgt in der Regel monatlich.
Um Kindergeld erhalten zu können, muss ein Antrag auf Kindergeld schriftlich gestellt werden. Ein Anspruch auf Kindergeld besteht grundsätzlich für jeden Monat, in dem wenigstens an einem Tag die Anspruchsvoraussetzungen vorgelegen haben. Er verjährt nach vier Jahren nach dem Jahr der Entstehung.
Die Familienkasse prüft in bestimmten Abständen, ob die Voraussetzungen für den Kindergeldanspruch noch vorliegen und das Kindergeld in der richtigen Höhe gezahlt wird.
- Leben die Kinder noch im Inland?
- Leben die Kinder noch im Haushalt der Eltern?
- Dauert die Schul- oder Berufsausbildung oder das Studium der Kinder noch an?
- Hat sich das Einkommen der Kinder geändert?
Kindergeld als versteckter Steuerfreibetrag
Deutschland ist europaweit das einzige Land, das Kindergeld zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums verwendet. cf: § 31 EStG und im Merkblatt Kindergeld http://www.bzst.de/kige/KGMB2005.pdf. Insoweit handelt es sich um keine staatliche Zuwendung, sondern vielmehr um ein Gebot des Verfassungsgerichtes: das Existenzminimum eines Kindes darf ebensowenig besteuert werden wie das eines Erwachsenen. Wer Kindergeld will, muß jedoch auf diesen Freibetrag verzichten und umgekehrt. Demzufolge ist lediglich der Anteil des Kindergeldes, der die Steuerfreistellung des elterlichen Einkommens in Höhe des Existenzminimums eines Kindes (Kinderfreibetrag) übersteigt, eine echte Förderung der Familien, die fast ausschließlich kleinen Einkommen zugute kommt.
Wie hoch dieser Anteil ist, hängt vom Einzelfall ab. Auf Bundesebene wird die Zahl nicht erhoben bzw. taucht nicht in einem offiziellen Bericht auf. Abhilfe liefert z. B. der Monatsbericht April 2002 der Deutsche Bundesbank, Seite 17. "Hätte man den Familienleistungsausgleich für das Jahr 2000 nur über diese verfassungsrechtlich notwendigen einkommensteuerlichen Freibeträge umgesetzt, wären Steuerausfälle von 20 1/2 Mrd Euro entstanden. Die gesamten Belastungen aus dem Familienleistungsausgleich erreichten dagegen gut 31 1/2 Mrd Euro. Als echte Förderkomponente kann für das Jahr 2000 nur die Differenz in Höhe von 11 Mrd Euro zu den Ausfällen bei einer reinen Freibetragslösung gewertet werden." Zu ergänzen ist, dass ein erheblicher Teil dieser 11 Mrd Euro beim ALG II wieder "einkassiert" wird: ohne Kindergeld müssten zusätzliche Milliarden für die Existenzsicherung aufgewendet werden.
Aus der Kostenseite kann man die durchschnittliche echte Förderung über Kindergeld ableiten: zwischen 45 und 50 Euro pro Kind. Daraus wird ersichtlich, dass die Einführung des Anrechnungsverfahrens im Jahr 1996 de facto auf eine radikale Kürzung des (vorher als echten Zuschuss gewährten) Kindergeldes hinauslief.
Anrechnung auf Unterhaltsansprüche
Wer zur Zahlung von Unterhalt für eines oder mehrere Kinder verpflichtet ist, kann die Hälfte des (dem anderen Elternteil ausbezahlten)Kindergeldbetrages von dem zu zahlenen Kindesunterhalt abziehen, soweit er nicht noch selbst der Kindergeldempfänger ist. Dies ergibt sich aus der Anlage zur Düsseldorfer Tabelle. In dieser Anrechnungstabelle ist die Höhe der Kindergeldanrechnung nach § 1612 b Abs. 5 BGB dargestellt. Ist der zum Unterhalt Verpflichte selbst der Kindergeldempfänger, muss er das Kindergeld in voller Höhe weiterleiten, wenn er die hälftige Anrechnung des Kindergeldes beanspruchen will.
1) Anrechnung des (hälftigen) Kindergeldes
historische Entwicklung
In der Bundesrepublik wurde ab 1955 ein Kindergeld gezahlt, zunächst nur ab dem dritten Kind. Grund waren die geringen Geburtenraten der Nachkriegszeit. Später wurden die Freibeträge angehoben und die Zahlungen auch auf das zweite und erste Kind ausgedehnt. In seiner heutigen Höhe mußte das Kindergeld mit Hilfe Bundesverfassungsgericht durchgesetzt werden, da zuvor das Existenzminimum von Kindern nicht vollständig steuerfrei gestellt war.
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Entwicklung des Kindergeldes in den letzten Jahren | ||||
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Jahr | 1. Kind | 2. Kind | 3. Kind | >=4 Kinder | Kinder-
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1989 | 50 DM | 100 DM | 220 DM | 240 DM | 3024 DM |
07.1990 | 50 DM | 130 DM | 220 DM | 240 DM | 3024 DM |
1991 | 50 DM | 130 DM | 220 DM | 240 DM | 3024 DM |
1992 | 70 DM | 130 DM | 220 DM | 240 DM | 4104 DM |
1993 | 70 DM | 130 DM | 220 DM | 240 DM | 4104 DM |
1994 | 70 DM | 130 DM | 220 DM | 240 DM | 4104 DM |
1995 | 70 DM | 130 DM | 220 DM | 240 DM | 4104 DM |
1996* | 200 DM | 200 DM | 300 DM | 350 DM | 6264 DM |
1997* | 220 DM | 220 DM | 300 DM | 350 DM | 6912 DM |
1998* | 220 DM | 220 DM | 300 DM | 350 DM | 6912 DM |
1999* | 250 DM | 250 DM | 300 DM | 350 DM | 6912 DM |
2000* | 270 DM | 270 DM | 300 DM | 350 DM | 6912 DM |
2001* | 270 DM | 270 DM | 300 DM | 350 DM | 6912 DM |
seit 2002* | 154 EUR | 154 EUR | 154 EUR | 179 EUR | 3648 EUR |
- 1996 wurde erstmals die Anrechnung auf den Freibetrag eingeführt.
Welches Kind bei einem Elternteil erstes, zweites, drittes oder weiteres Kind ist, richtet sich nach der Reihenfolge der Geburten. Das älteste Kind ist stets das erste Kind.
Kindergeld im europäischen Vergleich
Aufgrund der besonderen Situation in Deutschland (steuerliche Anrechnung) ist das deutsche Kindergeld mit dem anderer Länder nicht direkt vergleichbar! Im Ergebnis hat Deutschland als einziges Land ein nach Einkommen der Eltern gestaffeltes Kindergeld, das vor allem Geringverdienern zugute kommt. Der Durchschnittssatz* pro Kind beträgt ca. 50€ und wird zur besseren Vergleichbarkeit in die folgende Tabelle einbezogen.
Flagge von Belgien | Belgien | Flagge von Dänemark | Dänemark | Flagge von Deutschland | Deutschland | ||||||||||
Kinderanzahl | gezahlter Betrag | Kinderanzahl | gezahlter Betrag | Kinderanzahl | gezahlter Betrag | ||||||||||
1 Kind | 72,61 € | jedes Kind von 0-3 Jahren | 145 € | 1 Kind | 50 € (nominell* 154) |----- | 2 Kinder | 134,35 € | jedes Kind von 3-7 Jahren | 131 € | 2 Kinder | 50 € (nominell* 154) | ||||
> 3 Kinder | 200,50 € | jedes Kind ab 7 bis 18 Jahren | 103 € | 3 Kinder | 50 € (nominell* 154) | ||||||||||
4 Kinder und mehr | ----- | ||||||||||||||
![]() |
Griechenland | ![]() |
Frankreich | Flagge von Irland | Irland | ||||||||||
Kinderanzahl | gezahlter Betrag | Kinderanzahl | gezahlter Betrag | Kinderanzahl | gezahlter Betrag | ||||||||||
1 Kind | 5,87 € | 1 Kind | --- € | 1 Kind | 117,60 € | ||||||||||
2 Kinder | 18 € | 2 Kinder | 111,26 € | 2 Kinder | 117,60 € | ||||||||||
3 Kinder | 40 € | 3 Kinder | 253,81 € | 3 Kinder und mehr | 147,30 € | ||||||||||
4 Kinder | 48 € | 4 Kinder | 396,36 € | Bei Drillingen und Vierlingen: |
1,5-faches K.geld | ||||||||||
jedes zus. Kind | 8,07 € | 5 Kinder | 538,90 € | ||||||||||||
6 Kinder | 681,45 € | ||||||||||||||
jedes weitere | 142,55 € | ||||||||||||||
Flagge von Island | Island | Flagge von Italien | Italien | ![]() |
Luxemburg | ||||||||||
Kinderanzahl | gezahlter Betrag | Kinderanzahl | gezahlter Betrag | Kinderanzahl | gezahlter Betrag | ||||||||||
1 Kind | 1.383 € jährliche Zahlung für verheiratete Eltern |
Jahreseinkommen der Eltern bis 11.422,98 € |
250,48 € | 1 Kind | 172,36 € | ||||||||||
2 Kinder und mehr |
1.646 € jährliche Zahlung für verheiratete Eltern |
Jahreseinkommen zwischen 27.693,04 und 30.403,39 € |
38,73 € | 2 Kinder | 409,28 € | ||||||||||
Alleinerziehende Eltern: |
2.303 € und 2.362 € |
Jahreseinkommen ab 43.962,05 € |
keine Zahlungen mehr |
3 Kinder | 745,44 € | ||||||||||
4 Kinder und mehr | 335,99 € | ||||||||||||||
Flagge von Niederlande | Niederlande | ![]() |
Norwegen | ![]() |
Österreich | ||||||||||
Kinderanzahl | gezahlter Betrag | Kinderanzahl | gezahlter Betrag für ab dem 1. Jan. 1995 geb. Kinder |
Kinderanzahl | gezahlter Betrag | ||||||||||
Kinder unter 6 Jahren |
58,11 € | für jedes Kind | NOK 972 (172 €) | 1 Kind | 105,40 € | ||||||||||
Kinder von 6-11 Jahren |
70,57 € | in Gebieten im äußersten Norden des Landes |
zusätzlich NOK 316 (43 €) |
ab 3.Lebensjahr | 112,70 € | ||||||||||
Kinder von 12-17 Jahren |
82,02 € | ab 10.Lebensjahr | 130,90 € | ||||||||||||
ab 19.Lebensjahr | 152,70 € | ||||||||||||||
bei 2 Kindern: 3 Kindern: |
+ 12,80 € + 25,50 € pro Kind | ||||||||||||||
![]() |
Finnland | Flagge von Schweden | Schweden | Flagge von Vereinigtes Königreich | Verein. Kgr. | ||||||||||
Kinderanzahl | gezahlter Betrag | Kinderanzahl | gezahlter Betrag | Kinderanzahl | gezahlter Betrag für Kinder unter 10 Jahren | ||||||||||
1 Kind | 90 € | 1 Kind | 104 € | ältestes Kind | 105 € | ||||||||||
2 Kinder | 110,50 € | 2 Kinder | 104 € | jedes sonst. Kind | 70 € | ||||||||||
3 Kinder | 131 € | für 3.Kind | 132 € | ||||||||||||
4 Kinder | 151,50 € | für 4.Kind | 187 € | ||||||||||||
5 Kinder | 172 € | für 5. Kind und weitere | 208 € | ||||||||||||
Flagge Liechtensteins | Liechtenstein | Flagge von Spanien | Spanien | Flagge von Schweiz | Schweiz | ||||||||||
Kinderanzahl | gezahlter Betrag | Kinderanzahl | gezahlter Betrag | Kinderanzahl | gezahlter Betrag | ||||||||||
1 Kind | CHF 260 (179 €) |
Kinder <18 Jahren | 24,25 € Nicht-Behinderte 48,47 € Behinderte |
1 u. 2 Kinder (Talgebiet) |
CHF 165 (114 €) | ||||||||||
Zwillinge oder über 3 Kinder |
CHF 310 (213 €) |
Kinder >18 Jahren | Behind.grad >65%: 260,79 € Behind.grad >75%: 381,19 € |
1 u. 2 Kinder (Berggebiet) |
CHF 185 (127 €) | ||||||||||
über 10 Jahre | grdstzl. CHF 310 (213 €) |
ab 3 Kinder | CHF 170 (117 €) bzw. CHF 190 (131 €) | ||||||||||||
Je nach Kanton und Kinderzahl |
CHF 150 bis CHF 344 (103 € bis 237 €) | ||||||||||||||
Situation in Österreich
Die beschriebene Sozialleistung wird in Österreich "Familienbeihilfe" genannt. Als Kindergeld (Kurzform von Kinderbetreuungsgeld) wird in Österreich eine monatliche Zahlung in Höhe von ca 436,-- Euro bezeichnet, die bis zum 36. Lebensmonat des Kindes gewährt wird. Diese Sozialleistung wurde unter Kabinett Schüssel I eingeführt und soll es ermöglichen, dass Kinder bis zum Eintritt in den Kindergarten von einem Elternteil betreut werden.
Siehe auch
Weblinks
- Tabelle zur Anrechnung des Kindergeldes + Berechnungsformel
- Informationen des Bundesamts für Finanzen zum Familienleistungsausgleich
- mit den Rechtsfragen rund ums Kindergeld beschäftigt sich das JuraWiki