Freiheitliche Partei Österreichs
Die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) ist eine österreichische Partei, die im Parlament, in acht von neun Landtagen und den meisten Gemeinderäten vertreten ist. Sie wurde am 7. April 1956 in Wien gegründet und ging hauptsächlich aus dem Verband der Unabhängigen (VdU) hervor.
Geschichte
Anfänge
Der Verband der Unabhängigen (VdU) war ein Konglomerat unterschiedlichster Interessengruppen: Neben vielen ehemaligen Nationalsozialisten, die bei der ersten Nationalratswahl 1949 kein Wahlrecht besaßen, waren darin auch ehemalige Großdeutsche vertreten, Ex-Landbündler und die jüngere Kriegsgeneration, die einen dritten Weg, eine Alternative zu den etablierten Großparteien SPÖ und ÖVP, anstrebte. Fortdauernde Richtungsstreitigkeiten und Abspaltungen blieben nicht aus, bis schließlich das Experiment einer unabhängigen Bewegung, einer Nicht-Partei, scheiterte...
Nach mehreren Wahlniederlagen und internen Turbulenzen wurde 1956 der VdU aufgelöst und die FPÖ gegründet, an deren Spitze nun der bis 1953 wegen nationalsozialistischer Betätigung als Schwerstbelasteter inhaftierte ehemalige SS-Brigadeführer Anton Reinthaller trat. Reinthaller, der der NSDAP schon vor dem Anschluss Österreichs an das deutsche Reich des Österreichers Hitler beigetreten war, 1938 die Funktion des NS-Landwirtschaftsministers im Anschlusskabinett Seyß-Inquart bekleidete und anschließend bis 1945 Reichstagsabgeordneter war, erklärte in seiner Antrittsrede: "Der nationale Gedanke bedeutet in seinem Wesen nichts anders als das Bekenntnis der Zugehörigkeit zum deutschen Volk."
Die FPÖ hielt sich lange Jahre nur bei etwa 6 % der Stimmen, weniger als ihr Vorgänger VdU, wurde aber sowohl von SPÖ als auch ÖVP als mögliches „Zünglein an der Waage“ hofiert. 1970 unterstützte die FPÖ, damals unter Führung des ehemaligen Waffen-SS-Obersturmführers Friedrich Peter, vorübergehend eine SPÖ-Minderheitsregierung, bis es 1971 zur Neuwahl des Nationalrats kam. Als Gegenleistung forcierte die SPÖ ein neues Wahlsystem, das kleinere Parteien weniger stark benachteiligte.
Auf dem Parteitag 1980 setzte sich in einer Kampfabstimmung der liberale Flügel durch, der nach den Nationalratswahlen 1983 (schwächstes Ergebnis ihrer Geschichte: 5,0%) die FPÖ unter Norbert Steger als Vizekanzler erstmals zur Regierungsbeteiligung führte. Steger bemühte sich um ein liberaleres Image der Partei und wollte neue Wählerschichten gewinnen.
Dennoch blieb die FPÖ ihren deutschnationalen Wurzeln verhaftet, sowohl Verteidigungsminister Friedhelm Frischenschlager als auch Justizminister Harald Ofner stolperten diesbezüglich öfters über ihren jeweiligen Hintergrund. (Norbert Burger, Obmann der inzwischen verbotenen NDP, meinte einmal über Ofner: „Ofner ist ein Mann, der [...] in gar nichts unserer Weltanschauung entgegensteht, und der das lebt und vertritt, was in unserem Parteiprogramm steht, nicht weil er ein heimliches NDP-Mitglied, sondern weil er ein echter Deutscher ist.“)
Profilierung unter Jörg Haider
1986 übernahm Jörg Haider nach einer Kampfabstimmung auf dem Parteitag in Innsbruck die Führung der FPÖ. Die Regierung Vranitzky beendete daraufhin die Koalition mit der FPÖ.
Hatte die FPÖ bis dahin ihre Hochburgen eher im akademischen Milieu, wandte man sich durch das Bedienen gängiger Klischees an neue Klientels. Ihre Hochburgen in Wien wurden vor allem traditionell sozialistische Arbeiterbezirke wie Simmering und Favoriten. Die Mittel und Parolen, die Haider zu seinem Erfolg verhalfen, waren innerhalb und außerhalb Österreichs harter Kritik ausgesetzt. Seine Vorliebe für das Instrument des Volksbegehrens und einige Aussagen über das NS-Regime trugen ihm das Image eines Rechtspopulisten und Demagogen ein.
Ein Anti-Ausländer-Volksbegehren der FPÖ hat 1993 dann auch zu einer ersten Spaltung der Partei geführt. Fünf Abgeordnete um Heide Schmidt sagten sich nach einem Streit mit Jörg Haider von der Partei los und gründeten das Liberale Forum, das sich noch bis 1999 im nationalen Parlament halten konnte. Mit der Niederlage und dem Ausstieg des liberalen Flügels innerhalb der Partei verließ 1993 die FPÖ die Liberale Internationale. Das Liberale Forum übernahm diese Mitgliedschaft stattdessen.
Aufstieg zur Regierungspartei
Trotz der Abspaltung erlebte die FPÖ als Oppositionspartei mit populistischer Prägung weiterhin einen enormen Aufschwung und wurde bei den Nationalratswahlen 1999 mit 26,9% zweitstärkste Partei. 2000 übernahm eine Koalition aus ÖVP und FPÖ unter der Führung von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) die Regierung. Mit Susanne Riess-Passer stellte die FPÖ die Vizekanzlerin.
Die Regierungsbeteiligung der FPÖ rief heftige Kritik hervor, die innenpolitisch in den Donnerstagsdemonstrationen, außenpolitisch in den so genannten Sanktionen der übrigen 14 EU-Staaten gegen die Österreichische Bundesregierung gipfelten.
Wegen unüberbrückbarer Konflikte zwischen dem in der Regierung vertretenen liberaleren Flügel und den Anhängern Jörg Haiders, der kein Regierungsamt inne hatte, traten im Herbst 2002 drei der FPÖ angehörende Regierungsmitglieder zurück, was schließlich zu vorgezogenen Neuwahlen führte (siehe auch Knittelfelder).
Absturz
Bei den Nationalratswahlen im November 2002 sank die FPÖ mit 10% Stimmenanteil von 52 auf 18 Nationalratsmandate und blieb als drittstärkste Partei nur knapp vor den Grünen. Gewinner dieser Wahl war der große Koalitionspartner ÖVP, der nunmehr 42,3% der Wählerstimmen auf sich vereinen konnte. Nach den Wahlen wurden lange Koalitionsverhandlungen geführt, nach denen die FPÖ unter der Führung von Herbert Haupt wieder eine Koalition mit der ÖVP einging. Die FPÖ musste durch ihre geschwächte Position sowohl in personeller als auch in sachlicher Hinsicht Zugeständnisse machen.
Besonders im Laufe der zweiten Legislaturperiode wurde der FPÖ oft vorgeworfen, »umzufallen«, also von ihren ursprünglich vertretenen Zielen unter Druck der ÖVP abzuweichen. Innerhalb der Partei kam es vor allem nach (bis auf die Landtagswahlen in Kärnten) desaströsen Wahlergebnissen zu einem Richtungsstreit, der in der schnellen Abfolge verschiedener Personen in verschiedenen Ämtern mündete. Ende Oktober 2003 musste Herbert Haupt als Vizekanzler abtreten und wurde durch Hubert Gorbach ersetzt (Haupt blieb aber Sozialminister und nomineller Parteichef).
Bei den Wahlen zum Europaparlament 2004 musste die FPÖ die bis dahin schlimmsten Verluste in der Zweiten Republik bei bundesweiten Wahlen hinnehmen. Sie stürzte von 23,4% (1999) auf nur mehr 6,3% ab. Damit stellt sie nur noch einen einzigen Mandatar, Andreas Mölzer, der in einem Vorzugsstimmenwahlkampf den Spitzenkandidaten Hans Kronberger verdrängt hat. Eine beim Verfassungsgerichtshof eingebrachte Klage von Hans Kronberger, der den Parlamentssitz anstelle von Andreas Mölzer übernehmen wollte, wurde aus formalen Gründen abgelehnt. Mölzer gilt als Vertreter des deutschnationalen Flügels der Partei. Nach der EU-Wahl musste Herbert Haupt auch als Parteichef abtreten. Auf einem Sonderparteitag am 3. Juli 2004 wurde Ursula Haubner mit 79 Prozent zur neuen FP-Obfrau gewählt. Sie erhielt damit die geringste Zustimmung aller FP-Obleute seit der Kampfkandidatur ihres Bruders Jörg Haider gegen Norbert Steger 1986.
Spaltung
Am 4. April 2005 gab die bisherige Spitze der FPÖ, darunter die bisherige Bundesparteiobfrau Ursula Haubner, Vizekanzler Hubert Gorbach, Parlamentsclubobmann Herbert Scheibner und der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider ihren Übertritt in eine neugegründete Partei namens Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) bekannt. Die weitere Zukunft der FPÖ schien damit ungewiss. Interimistisch wurden die Geschäfte der FPÖ vom Wiener Klubobmann Hilmar Kabas als an Jahren ältestem Mitglied des Bundesparteivorstandes geführt.
Am 23. April 2005 wurde Heinz-Christian Strache zum neuen Parteiobmann gewählt. Er erhielt 90,1 Prozent der Stimmen am Parteitag in Salzburg. Der neue Obmann wurde hauptsächlich aufgrund seiner auffälligen und von Kritikern der FPÖ als fremdenfeindlich eingestuften Wahlkampagnen bekannt. Plakatierungen wie "Wien darf nicht Istanbul werden" oder "Deutsch statt nix versteh'n" prägen seine Politik. In zweiter Reihe, hinter Strache, agiert Generalssekretär Herbert Kickl, der als Chefkommunikator auch für die jüngsten FPÖ-Wahlkämpfe verantwortlich zeichnet.
Die meisten Landesverbände verweigerten sich dem Übertritt ins BZÖ. Lediglich die Kärntner FPÖ Jörg Haiders wurde als "Die Freiheitlichen in Kärnten" komplett Teil des BZÖ. Die FPÖ in Oberösterreich unter Landesobmann Steinkellner beschloss anfangs Eigenständigkeit als "Freiheitliche Partei Oberösterreichs" (FPOÖ), nach dem Rücktritt Steinkellners im September 2005 laufen allerdings Wiedereingliederungs-Verhandlungen mit der Bundes-FPÖ. In Vorarlberg ist die Situation ähnlich, die dortige FPÖ hat sich als von den Bundesorganisationen sowohl der FPÖ als auch des BZÖ unabhängig erklärt. In Salzburg, Niederösterreich und dem Burgenland blieb die gesamte FPÖ-Spitze in der Partei; in Wien, der Steiermark und in Tirol haben sich die FPÖ-Landtagsklubs teilweise gespalten bzw. sind (in Tirol) komplett in das BZÖ übergetreten.
Bei den steirischen Landtagswahlen am 2. Oktober 2005, den ersten Wahlen seit der Parteispaltung, hat die FPÖ den Wiedereinzug in den Landtag knapp verfehlt. Die Steiermark ist damit das einzige Bundesland, in dem weder FPÖ noch BZÖ im Landtag vertreten sind. Die Landtagswahl im Burgenland am 9. Oktober 2005 brachten für die FPÖ eine Halbierung der Stimmen, sie bleibt jedoch mit 2 (bisher 4) Mandataren im Landtag. Das BZÖ trat im Burgenland nicht an.
Bei der Wiener Gemeinderatswahl 2005 am 23.10.2005 erhielt die FPÖ unter Spitzenkandidat Heinz-Christian Strache 14,9% der Wählerstimmen, das BZÖ hingegen verfehlte mit 1,2% der Wählerstimmen den Einzug in den Landtag deutlich.
FPÖ-Bundesparteiobmänner und -frauen und österreichische Bundesregierungen seit 1956

Organisationen
Beim Ring Freiheitlicher Jugend (RFJ) handelt es sich um die FPÖ-Jugendorganisation, der unter anderen auch der ehemalige FPÖ-Politiker Jörg Haider sowie Heinz Christian Strache angehörten. Als Bundsobmann fungiert derzeit Johann Gudenus, Sohn des Bundesrates John Gudenus (vormals FPÖ).
Parteiorgane der FPÖ
- Neue Freie Zeitung
- Salzburger Volksblatt, mittlerweile eingestellte Parteizeitung der FPÖ
Wahlergebnisse
Literatur
- Berndt Ender: Der Jörg-Haider-Faktor und das Ende der Blauen. Verlag Kremayr & Scheriau. 2004. ISBN 3-218-00724-0
- Oliver Geden: Männlichkeitskonstruktionen in der Freiheitlichen Partei Österreichs. Eine qualitativ-empirische Untersuchung, Leske + Budrich: Opladen 2004. ISBN 3-8100-4100-9
- Klaus Lukas: Elegie auf Blau. Eine politische Konfession. Edition Va bene. Wien-Klosterneuburg. 2000. ISBN 3-85167-093-0
- Britta Obszerninks: Nachbarn am rechten Rand: Republikaner und Freiheitliche Partei Österreichs im Vergleich. Münster 1999
- Christa Zöchling: Haider. Licht und Schatten einer Karriere, Wien 1999 ISBN 3-85485-025-5
- Melanie A. Sully: The Haider phenomenon, East European Monographs - Columbia University Press New York 1997 ISBN 0-880-33381-2
- Brigitte Bailer-Galanda, Wolfgang Neugebauer: Haider und die Freiheitlichen in Österreich, Berlin 1997 ISBN 3-88520-638-2
- Brigitte Bailer-Galanda, Wolfgang Neugebauer: Handbuch des österreichischen Rechtsextremismus, Wien 1996 ISBN 3-216-30099-4
- Brigitte Bailer-Galanda: Haider wörtlich - Führer in die Dritte Republik, Wien 1995 ISBN 3-85409-253-9
- Gudmund Tributsch: Schlagwort Haider, Wien 1994 ISBN 3-85439-137-4 (Haiders Sprueche in chronolog. Auflistung)
- Hans-Henning Scharsach: Haiders Kampf, Wien 1992. ISBN 3-7015-0285-4 (beschreibt Haiders Ideologie - auch als TB)
- Knut Lehmann-Horn: Die Kärntner FPÖ 1955-1983. Vom Verband der Unabhängigen (VdU) bis zum Aufstieg von Jörg Haider zum Landesparteiobmann. Klagenfurt 1992.
- Kurt Piringer: Die Geschichte der Freiheitlichen. Beitrag der Dritten Kraft zur österreichischen Politik. Wien 1982.
- Viktor Reimann: Die Dritte Kraft in Österreich. Wien 1980.
- Fritz Stüber: Ich war Abgeordneter. Die Entstehung der freiheitlichen Opposition in Österreich. Graz 1974.
- Oliver Minich: "Die Freiheitliche Partei Österreichs als Oppositionspartei in der Ära Haider - Strategie, Programmatik und innere Struktur", Blieskastel 2003. ISBN 3935731434
Siehe auch
Weblinks
Offizielle Websiten
Vorlage:Im Österreichischen Parlament (Nationalrat) vertretene politische Parteien