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Photovoltaik in Deutschland

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In Deutschland wird Photovoltaik, die Erzeugung von elektrischem Strom aus Sonnenlicht, durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz staatlich gefördert.

Flächenabschätzungen

In Deutschland betrug im Jahr 2010 die erzeugte Strommenge 608,7 TWh/Jahr. Das entspricht einem mittleren Leistungsbedarf von 71 GW. Unter der Voraussetzung, die Energie sowohl tageszeitlich als auch unterjährig verlustfrei speichern zu können, wären bei einem durchschnittlichen Ertrag von 900 Volllaststunden (oder auch kWh/kWp) für eine Energieversorgung ausschließlich mit Photovoltaik insgesamt 690 GWp zu installieren. Die hierfür nötige Fläche hängt von der Installation ab: Auf nach Süden ausgerichteten schrägen Dächern ist bei Verwendung leistungsstarker Module je kWp lediglich eine Fläche von unter 8 Quadratmetern je kWp (125 Wattpeak/m²) notwendig, wogegen bei Verwendung von Dünnschichtzellen auf Freiflächen der Platzbedarf bei etwa 30 Quadratmetern je kWp (33 Wattpeak/m²) liegt. Hieraus ergibt sich eine benötigte Gesamtfläche zwischen 5.500 und 20.700 km². Dies entspricht 1,5 bis 5,7 % der Gesamtfläche Deutschlands. Zum Vergleich:

  • 2007 belegte die Siedlungs- und Verkehrsfläche 46.789 km² oder 13,4 % der Landfläche Deutschlands.[1]
  • Im Jahr 2011 wurden Energiepflanzen in Deutschland auf einer Fläche von 22.800 km² (entspricht 6,5 % der Landfläche Deutschlands) angebaut.[2]
  • Laut Ecofys eignen sich mehr als 2.300 km² Dach- und Fassadenfläche (0,66 % der Landfläche Deutschlands) für die Nutzung durch PV-Anlagen.[3]

Eine vollständige Elektrizitätsversorgung durch die Photovoltaik wird aufgrund der großen jahreszeitlichen Schwankungen und dem damit verbundenen hohen Speicherbedarf für Deutschland nicht als sinnvoll erachtet. Ein anstrebenswerter Beitrag zu einer vollständig regenerativen Elektrizitätsversorgung könnte in der Größenordnung von 200 GWp liegen.[4] Damit ließen sich knapp 30 % des deutschen Elektrizitätsbedarfs decken. Hierfür wäre dann weniger als 1 % der Gesamtfläche Deutschlands erforderlich bzw. 50 % der geeigneten und nicht anderweitig verwendeten Flächen[5]. Bei einem Zubau von etwa 8 GWp pro Jahr (im Vergleich Installation 2010: 7,4 GWp[6] und 2011: 7,5 GWp[7]) ließe sich dieser Anteil bis 2035 realisieren.

Solarstrahlung in Deutschland (auf eine horizontale Fläche)

Bei Photovoltaik-Freiflächenanlagen rechnet man mit rund 80-100 kWh/m² jährlich bezogen auf die Grundfläche eines Solarparks, entsprechend 40-50 m², um die Elektroenergie für einen Durchschnittshaushalt (4 MWh/Jahr) zu erzeugen. Bei Anlagen an bzw. auf Gebäuden und Lärmschutzwänden wird keine zusätzliche Fläche in Anspruch genommen.

Entwicklung, Zubau und tatsächliche Einspeisung in Deutschland

Von 2000 bis 2011 stieg die mit Photovoltaik erzeugte Energie von 0,064 TWh auf ca. 19 TWh[8] und damit auf das rund Dreihundertfache. 2010 wurden etwa 7.400 MW neu installiert; 2011 waren es geschätzt 7.500 MW. [9] [10]

Im ersten Quartal 2012 betrug der Zubau 1.800 MW (= 1,8 GW), womit eine neue Rekordmarke aufgestellt wurde. Zahlreiche Investoren beschleunigten ihre Projekte, weil sie Kürzungen der Bundesregierung befürchteten bzw. weil sie sich die höheren Vergütungssätze sichern wollten. [11] In der ersten Jahreshälfte 2012 wurden fast 4,4 Gigawatt zugebaut. [12] Im dritten Quartal 2012 wurden 1.853 MW zugebaut. 2012 wurde also in ähnlicher Größenordnung wie in den beiden Jahren zuvor zugebaut. Am 31.01.2013 waren in Deutschland 32.663 MWp installiert.

Die Unternehmensberatung Roland Berger und die Prognos AG halten bis 2020 eine Solarstromleistung von bis zu 70 GWp für realistisch. Damit könnten sie theoretisch zehn Prozent des deutschen Strombedarfs liefern.[13] Allein auf Dachflächen gibt es ein Potenzial für 161 GWp Solarstrom, wie die TU München und Siemens kürzlich ausgerechnet haben.[14]

Die rechnerischen Volllaststunden in der folgenden Tabelle zeigen, wie die Nutzung der Sonnenenergie witterungsbedingt schwanken kann, und stehen in engem Zusammenhang mit der Sonnenscheindauer, d.h. mit der Zahl der Sonnenstunden eines Jahres. Die mittlere Sonnenscheindauer beträgt in Deutschland 1550 Stunden pro Jahr. Hierbei muss allerdings berücksichtigt werden, dass die Volllaststunden nicht der Einschaltdauer entsprechen, sondern einen rechnerischen Wert darstellen, der sich aus dem Quotient zwischen Regelarbeitsvermögen und Peak-Leistung der Photovoltaikanlage ergibt. Die tatsächliche Einschaltdauer, in der die Anlage Strom erzeugt, entspricht näherungsweise etwa einem halben Jahr, also rund 4400 Stunden.

Entwicklung der Stromerzeugung bei Photovoltaik in Deutschland[15]
Jahr 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010[16] 2011
Globalstrahlung in Deutschland in Watt/m²[17] 119 121 119 139 123 125 127 125 124 126 123 126
Erzeugung in TWh/Jahr 0,064 0,12 0,19 0,31 0,56 1,28 2,22 3,08 4,00 6,20 12,00 18,00[18]
installierte Leistung in GWpeak 0,10 0,18 0,26 0,41 1,02 1,88 2,71 3,81 5,31 9,80 16,91 24,4[19]

Entsprechend der Sonnenstrahlungsintensität erreicht die Photovoltaik in der Mittagszeit ihre Leistungsspitze ("Peak"), in den Morgen- und Abendstunden ist die eingespeiste Strommenge deutlich geringer. In Deutschland wird der meiste Strom zwischen 8.00 Uhr morgens und 19.00 Uhr abends benötigt. Durch die natürliche Übereinstimmung des Lastprofils des Stromverbrauchs mit der zeitlichen Verteilung der Photovoltaikeinspeisung verringert sich die Notwendigkeit, Spitzenlastkraftwerke anzufahren.

Im Internet finden sich auf der EEX-Transparenzplattform die tagesaktuelle Berechnung des Leistungsprofils und die Produktionsdaten für elektrische Energie für Deutschland und Österreich aufgeschlüsselt nach Erzeugungsart und Regelzonen. Für Deutschland werden die gemessenen Photovoltaikdaten aus den vier Regelzonen gemeldet und sind seit dem Beginn der Meldungen am 19. Juli 2010 auch abzurufen.[20] Auch eine Berechnung des aktuellen Leistungsprofils der in Deutschland installierten Photovoltaik mit Visualisierung nach Postleitzahlgebieten ist bei einem Wechselrichterhersteller abrufbar.[21] Die vier Übertragungsnetzbetreiber in Deutschland setzen seit 2010/2011 für die Planung der Regelleistung unter anderem die Berechnungen großer Betreiber von Datenportalen zu Photovoltaikanlagen ein. Deren Berechnungen basieren jeweils auf Ertrags- und Leistungsdaten von etwa 10 % der installierten Anlagenleistung in Deutschland.

Stromerzeugung in Deutschland am 25. und 26. Mai 2012

Am 25. Mai 2012 um 12:45 Uhr wurde deutschlandweit eine Leistung von 22,4 Gigawatt erreicht, wodurch zur Spitzenlastzeit rund ein Drittel der gesamten Stromproduktion auf die Photovoltaik entfiel.[22][23] Dies entspricht in etwa der Leistung von 15 großen Kernkraftwerken. Seit Februar 2012 deckt die Einspeiseleistung relativ zuverlässig einen großen Teil der täglichen Mittel- und Spitzenlast ab. Konventionelle Kraftwerke müssen ihre Leistung fast nur noch in den Dämmerungsphasen erhöhen. Dies macht sich auch durch deutlich gesunkene Strompreise an der Strombörse bemerkbar. Es ist absehbar, dass bei weiterem Zubau neuer Anlagen die konventionellen Kraftwerke ihre Leistung um die Mittagszeit verstärkt drosseln müssen, was vor allem bei trägen Kraftwerken, insbesondere Kernkraftwerken problematisch ist. Außerdem sinkt die Ausnutzung von Spitzenlastkraftwerken, was deren wirtschaftlichen Betrieb in Frage stellen kann.[24] Im Mai 2012 wurden laut BDEW mehr als 4 Mrd. kWh Solarstrom erzeugt, womit etwa 10 % des Stromverbrauchs dieses Monats durch Solarstrom gedeckt wurde.[25] Aus den gemessenen Daten lässt sich zudem ablesen, dass im Sommerhalbjahr die Leistung bundesweit zwischen ca. 30 und 90 % der verfügbaren Kapazität schwankt. Im Winterhalbjahr liegt der Wert meist zwischen 10 und 50 %. Zurzeit gibt es in der Bundesrepublik Deutschland etwa 1,2 Millionen Solaranlagen.[26]

Situation der deutschen Solarindustrie

Aufgrund billiger Massenfertigung in China und massivem Preisverfall von Photovoltaikmodulen wird die deutsche Solarindustrie von einer Pleitewelle erfasst. Firmen wie Solar Millennium, Solarhybrid und Q-Cells sind davon erfasst.[27] Zuletzt kündigte auch Bosch seinen Ausstieg aus dem Geschäftsfeld kristalline Photovoltaik an.[28]

Der Handelsstreit zwischen europäischen, amerikanischen und chinesischen Herstellern spitzt sich indes zu. Die EU-Kommission hat ein Anti-Dumping-Verfahren gegen China eingeleitet und lässt prüfen, ob die chinesische Regierung die eigene Solarindustrie so stark subventioniert, dass die Module unter dem Herstellungspreis verkauft werden. Wenn das Verfahren erfolgreich verläuft, müssen die chinesischen Firmen mit Einfuhrzöllen rechnen.[29] Die USA haben Ende 2012 aufgrund ähnlicher Handelsstreitigkeiten Strafzölle von 18 bis 250 Prozent erlassen.[30]

Grünenpolitiker wie Hans-Josef Fell warnen gleichwohl, die europäischen Märkte durch Strafzölle abzuschotten, trotz der unlauteren Wettbewerbspolitik Chinas. Der weitaus größte Teil der Arbeitsplätze in der Solarwirtschaft sei gerade in den Bereichen der Projektierer und Installateure, die heimisch sind und faktisch nicht aus China importiert werden könnten. Stattdessen solle ein fairer Marktzugang in den asiatischen Markt gesichert werden.[31] Eine Studie von Prognos geht davon aus, dass Strafzölle bis zu 240.000 Arbeitsplätze in Deutschland gefährden könnten.[32]

Der beobachtete Preisverfall ist indes ökologisch gesehen positiv zu bewerten, da Photovoltaik binnen weniger Jahre drastisch kostengünstiger und damit finanziell erschwinglich geworden ist.[33]

Installierte Leistung in den Bundesländern

Die Tabelle zeigt die installierte elektrische Netto-Nennleistung laut der von der Bundesnetzagentur zusammengestellten Kraftwerksliste vom 12. Dezember 2012.

Land Einwohner[34] Fläche in km² installierte Leistung in MW[35]
Baden-Württemberg 10.753.880 35.751,46 4286,3
Bayern 12.538.696 70.551,57 9123,7
Berlin 3.460.725 891,85 65,0
Brandenburg 2.503.273 29.478,61 1723,8
Bremen 660.706 419,23 31,1
Hamburg 1.786.448 755,26 30,2
Hessen 6.067.021 21.114,94 1590,7
Mecklenburg-Vorpommern 1.642.327 23.180,14 839,1
Niedersachsen 7.918.293 47.634,90 2959,4
Nordrhein-Westfalen 17.845.154 34.088,01 3544,5
Rheinland-Pfalz 4.003.745 19.853,36 1458,0
Saarland 1.017.567 2.569,69 301,2
Sachsen 4.149.477 18.415,51 1094,2
Sachsen-Anhalt 2.335.006 20.446,31 1222,7
Schleswig-Holstein 2.834.259 15.799,38 1225,4
Thüringen 2.235.025 16.172,50 817,6
gesamt 81.751.602 [36]357.122,72 30.312,9

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Flächeninanspruchnahme Deutschland.
  2. vgl. Energiepflanze:Anbauumfang und Entwicklung
  3. Ecofys: Mehr als 2.300 km² Gebäudefläche für Photovoltaik und Solarthermie nutzbar. Der Solarserver, 3. August 2007, abgerufen am 1. Januar 2010.
  4. Volker Quaschning: Wie viel Solarstrom brauchen wir?. Sonne Wind & Wärme 03/2011, S. 26–28.
  5. Fraunhofer ISE: 100 % Erneuerbare Energien für Strom und Wärme in Deutschland (Seite 15)
  6. http://www.photovoltaik.eu/nachrichten/details/beitrag/photovoltaik-zubau-bei-7400-megawatt-im-jahr-2010_100004846/ Photovoltaik-Zubau bei 7400 Megawatt im Jahr 2010
  7. http://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2012/120109_ZubauPVAnlagen.html?nn=65116 Zubau an Photovoltaik-Anlagen 2011 noch höher als im Rekordjahr 2010
  8. Erneuerbare Energien 2011 (PDF; 946 kB). Internetseite des BMU. Abgerufen am 15. Mai 2012.
  9. www.bundesnetzagentur.de (9. Januar 2012)
  10. Bundesumweltministerium: [1] Für Anlagen, die nach dem 8. März 2012 in Betrieb gingen, gelten neue (etwas niedrigere) Vergütungssätze
  11. www.photovoltaik.org
  12. www.photovoltaik.org
  13. Roland Berger/Prognos: Wegweiser Solarwirtschaft. Roadmap 2020. Berlin 2010.
  14. Lödl, Martin u. a.: Abschätzung des Photovoltaik-Potentials auf Dachflächen in Deutschland. 11. Symposium Energieinnovation, Vom 10. bis 12. Februar 2010, Graz/Austria, Manuskript, S. 14.
  15. BMU (2008): Erneuerbare Energien in Zahlen. online
  16. Erneuerbare Energien 2010 (Memento vom 9. April 2011 im Internet Archive), Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Stand 14. März 2011.
  17. Globalstrahlung in Deutschland
  18. Rekordjahr für Photovoltaik. photovoltaik.eu, 29. Dezember 2011, abgerufen am 19. März 2012.
  19. Zubau an Photovoltaik-Anlagen 2011 noch höher als im Rekordjahr 2010. (PDF) bundesnetzagentur.de, 9. Januar 2012, abgerufen am 19. März 2012.
  20. Transparenzplattform der EEX, Erwartete PV-Produktion, Tatsächliche PV-Produktion
  21. PV Leistung in Deutschland, Internetseite der SMA Solar Technology
  22. Tatsächliche Produktion Solar. Internetseite der Strombörse EEX. Abgerufen am 26. Mai 2012.
  23. Sonnenrekord. Solarzellen liefern so viel Strom wie 20 Atommeiler. In: Der Spiegel, 26. Mai 2012. Abgerufen am 26. Mai 2012.
  24. Euphorie für neues Gaskraftwerk kühlt ab
  25. Solarstromrekord im Mai. Mehr als vier Milliarden Kilowattstunden produziert. In: Freie Presse, 8. Juni 2012. Abgerufen am 8. Juni 2012.
  26. Solarstromanteil im Energiemix steigt rapide an Eintrag auf Energie-news.net
  27. Sonnenstrom ist rot, ZEIT Online, 12.4.2012
  28. Bosch beendet Aktivität im Bereich Photovoltaik - Wettbewerbsfähigkeit nicht herzustellen, Bosch-Pressemitteilung, 22.3.2013
  29. EU-Kommission knöpft sich Chinas Solarindustrie vor, Welt Online, 6.9.2012
  30. Amerika beschließt hohe Strafzölle auf chinesische Solarmodule, FAZ, 11.10.2012
  31. Hans-Josef Fell: Solarmärkte nicht abschotten, 1.6.2012
  32. Strafzölle könnten 242.000 Arbeitsplätze vernichten, 22.2.2013
  33. Solardämmerung bei Bosch, Solarify, 23.3.2013
  34. Einwohnerzahlen vom Statistischen Amt des Bundes und der Länder mit Stand 31. Dezember 2010
  35. Auskunft der Bundesnetzagentur
  36. Durch Rundung der Zahlen kann sich in der Summe eine Abweichung ergeben