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Zehn Gebote

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Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 14. Dezember 2005 um 15:30 Uhr durch Plauz (Diskussion | Beiträge) (Aufteilung und Zählungen: Bibeltext durch Lutherbibel von 1912 ersetzt. Ist urheberrechtlich sicherer, wenn auch sprachlich ein Rückschritt.). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Die Zehn Gebote, auch Dekalog (v. griech.: δεκα deka = zehn + λoγoς logos = Wort), werden von Gläubigen als Forderungen Gottes an die Lebensweise des Menschen angesehen und haben im Judentum und Christentum eine grundlegend wichtige Bedeutung.

Die Zehn Gebote sind zweifach im Alten Testament (Exodus 20, 2-17; Deuteronomium 5, 6-21) überliefert und gelten gläubigen Menschen als direkte Niederschrift Gottes (Ex 31,18) auf den zwei Gesetzestafeln bzw. als ein Diktat Gottes an Mose.

Bedeutung

Für die religiöse Ethik nehmen die zehn Gebote im Judentum und Christentum eine zentrale Stellung ein. Im Christentum geschieht dies allerdings mit Modifikationen des Textes einerseits und der (verringerten) Heilsbedeutung der Gebote andererseits. Eine größere Rolle spielt das Doppelgebot von Gottesliebe und Nächstenliebe (Mt 22, 37-40). Es wird von einigen als Kurzfassung der Zehn Gebote verstanden: Gebote 1 bis 3 fordern zur Gottesliebe auf, Gebote 4 bis 10 zur Nächstenliebe.

Auch außerhalb der christlichen Kirchen werden die zehn Gebote in Europa häufig als "ethisches Minimum" begriffen, wobei diese Einordnung eher an die auf den Mitmenschen bezogenen Gebote der rechten Tafel (ab 4. Gebot) anknüpft als an die Gebote der linken Tafel mit ihrem speziellen Gottesbezug. Zudem kann die Kenntnis des Wortlautes der Gebote nur noch bei einer Minderheit in der westeuropäischen Bevölkerung vorausgesetzt werden, während die US-Amerikaner und Christen in der Diaspora diesbezüglich bessere Kenntnisse haben.

Korrekterweise heißt die Übersetzung aus dem hebräischen "Die zehn Worte". Das Wort Gebot impliziert, man kann, muss aber nicht dem geschriebenen Wort folgen. Im hebräischen sind es klare Aussagen wie nicht morden und nicht etwa du sollst nicht töten. Diese Worte sind im Originaltext eindeutige Weisungen, die grundsätzlich nicht an die Entscheidung des Einzelnen gebunden sind. Demnach kann der Einzelne über sein Handeln entscheiden, muss dann aber die daraus resultierenden Konsequenzen tragen.

Aufteilung und Zählungen

Bei der Nummerierug der Gebote gibt es unterschiedliche Traditionen. Die Zählweise der jüdischen Tora behandelt die Selbstvorstellung Gottes als eigenständiges erstes Gebot. Die Zählweise (A) der orthodoxen und reformierten Kirche trennt Monotheismusgebot und Bilderverbot. Die Zählweise (B) der katholischen und lutherischen Kirche unterscheidet dagegen zwei Neidgebote.

Inhaltlich unterscheiden sich die beiden Fassungen in Exodus und Deuteronomium in 20 Punkten, wovon 13 Zusätze im Deuteronomium sind. Wichtig ist vor allem der Unterschied in der Begründung des Sabbatgebots: Das Ruhen Gottes nach der Schöpfung am siebten Tag in Exodus bzw. die Herausführung der Juden aus der Sklaverei, der Auszug aus Ägypten, im Deuteronomium. In der deuteronomistischen Fassung steht anders als in Exodus als 9. "Frau" und als 10. "Haus"; dafür ist beschrieben das erste Gebot aufgeteilt in Monotheismusgebot und Bilderverbot.

Das pfingstliche (Pfingstbewegung), charismatische (charismatische Bewegung), evangelikale oder freikirchliche Christentum tendiert dazu, die Zehn Gebote komplett so zu übernehmen wie sie überliefert wurden, d.h. ohne die biblische Übermittlung zu kürzen.

Tora A B Text
"Und Gott redete alle diese Worte:" (Ex 20,1)
1. "Ich bin der HERR, dein Gott, der ich dich aus Ägyptenland, aus dem Diensthause, geführt habe." (Ex 20,2)
2. 1. 1. "Du sollst keine anderen Götter neben mir haben." (Ex 20,3)
2. 2. 1. "Du sollst dir kein Bildnis noch irgend ein Gleichnis machen, weder des, das oben im Himmel, noch des, das unten auf Erden, oder des, das im Wasser unter der Erde ist. Bete sie nicht an und diene ihnen nicht. Denn ich, der HERR, dein Gott, bin ein eifriger Gott, der da heimsucht der Väter Missetat an den Kindern bis in das dritte und vierte Glied, die mich hassen; und tue Barmherzigkeit an vielen Tausenden, die mich liebhaben und meine Gebote halten." (Ex 20,4-6)
3. 3. 2. "Du sollst den Namen des HERRN, deines Gottes, nicht mißbrauchen; denn der HERR wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen mißbraucht." (Ex 20,7)
4. 4. 3. "Gedenke des Sabbattags, dass Du ihn heiligest. Sechs Tage sollst du arbeiten und alle deine Dinge beschicken, aber am siebenten Tage ist der Sabbat des HERRN, deines Gottes; da sollst du kein Werk tun noch dein Sohn noch deine Tochter noch dein Knecht noch deine Magd noch dein Vieh noch dein Fremdling, der in deinen Toren ist. Denn in sechs Tagen hat der HERR Himmel und Erde gemacht und das Meer und alles, was darinnen ist, und ruhte am siebenten Tage. Darum segnete der HERR den Sabbattag und heiligte ihn." (Ex 20,8-11)
5. 5. 4. "Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren, auf daß du lange lebest in dem Lande, daß dir der HERR, dein Gott, gibt." (Ex 20,12)
6. 6. 5. "Du sollst nicht töten (morden)." (Ex 20,13)
7. 7. 6. "Du sollst nicht ehebrechen." (Ex 20,14)
8. 8. 7. "Du sollst nicht stehlen." (Ex 20,15)
9. 9. 8. "Du sollst kein falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten." (Ex 20,16)
10. 10. 9. "Lass dich nicht gelüsten deines Nächsten Hauses." (Ex 20,17a)
10. 10. 10. "Lass dich nicht gelüsten deines Nächsten Hauses. Lass dich nicht gelüsten deines Nächsten Weibes, noch seines Knechtes noch seiner Magd, noch seines Ochsen noch seines Esels, noch alles, was dein Nächster hat." (Ex 20,17b)

Vergleichbare Ethikregeln

In allen abrahamitischen Religionen haben die ersten zwei (drei) Gebote eine zentrale Bedeutung. Sie legen den Einen Gott, der mit Abraham den Bund einging, als zentralen Glaubensinhalt fest. Für nicht-abrahamitische Religionen sind diese dagegen bedeutungslos. Ähnliches gilt für das Shabbat-Gebot, das eine (Glaubens-)gemeinschaftsfördernde äußere Tradition begründet.

Anders ist es bei den restlichen Geboten. Sie legen Grundregeln für das menschliche Zusammenleben fest, die in ähnlicher Form auch in anderen Religionen und Kulturen anzutreffen sind.

Islam

Der Islam ist die dritte große abrahamitische Religion. Der Koran bezieht sich in der 17. Sure "Die nächtliche Reise/Die Kinder Israel" direkt auf die Zehn Gebote Mose: "Wir gaben Moses die Schrift und machten sie zu einer Führung für die Kinder Israels". Die Zehn Gebote selbst, in der äußeren Form des mosaischen Dekalogs, spielen im Koran keine Rolle. Dennoch lassen sich für alle Zehn Gebote inhaltliche Entsprechungen finden:

  1. Monotheismusgebot (3:89; 7:138; 17:22; 39:1-15; 112:2-4). Ein explizites Bilderverbot gibt es nicht. Es wird aus dem häufig wiederholten Verbot der Bilderverehrung abgeleitet.
  2. Namen Gottes nicht missbrauchen (11:18; 39:32; 39:60)
  3. Der Freitag ist kein arbeitsfreier Feiertag, sondern nur ein Tag für ein gemeinsames Gebet. (62:9-11)
  4. Achtung der Kinder gegenüber ihren Eltern (6:151, 17:23, 29:8, 31:14, 46:15), aber auch Verantwortung der Eltern gegenüber ihrern Kindern (6:15)
  5. Tötungsverbot, mit Ausnahmeregelung (6:151, 17:32, 25:68)
  6. Eheliche Treue (4:29; 5:38; 17,32)
  7. Nicht stehlen (4:29, 5:38)
  8. Nicht lügen (17:36; 24:4)
  9. (4:32)
  10. (113:5)

Die Zehnzahl findet sich in den Geboten der 17. Sure wieder:

  1. "Setze neben Allah keinen anderen Gott, …" (17:22) (Monotheismusgebot)
  2. "… erweist den Eltern Güte" (17:23)
  3. "Und gib dem Verwandten, … und ebenso dem Armen und dem Sohn des Weges" (17:26)
  4. "Und tötet eure Kinder nicht aus Furcht vor Armut, …" (17:31)
  5. "Und kommt der Unzucht nicht nahe, …" (17:32)
  6. "Und tötet nicht das Leben, … es sei denn zu Recht." (17:33)
  7. "Und tastet nicht das Gut der Waise an, es sei denn zu ihrem Besten, bis sie die Reife erreicht hat." (17:34)
  8. "Und gebt volles Maß, wenn ihr meßt, und wägt mit richtiger Waage; …" (17:35)
  9. "Und verfolge nicht das, wovon du keine Kenntnis hast." (17:36)
  10. "Und wandle nicht in Übermut auf der Erde, …" (17:37)

Nicht-abrahamitische Religionen und Philosophien

Grundlage des Buddhismus ist die Sittlichkeit. Für alle praktizierenden Buddhisten verbindlich sind die Fünf Silas. Für Novizen und Mönche gelten noch weitere Regeln, die teilweise auch von Laien praktiziert werden. Im Gegensatz zu den Zehn Geboten sollten sie nicht aus Glaubensgehorsam befolgt werden, sondern aus der Einsicht, dass sie eine heilsame Lebensgrundlage für sich selbst und andere schaffen. Für die Fünf Silas gibt es zahlreiche Formulierungen und Kommentare. Sie richten sich gegen Mord, Diebstahl, Ehebruch, Lüge und Rauschmittel. Positiv formuliert, lehren sie achtsamen Umgang mit Leben, Eigentum, Sexualität, Kommunkation und Konsum.

In der Philosophie des Yoga gibt es die Yamas/Niyamas.

Formale Parallelen

Die Zehn Gebote der Jungpioniere waren der Verhaltenskodex der Jungen Pioniere in der DDR. Sie knüpfen formal an die Zehn Gebote der Bibel an, um ethische Verhaltensweisen der Pioniere im Sinne des Sozialismus zu fördern.

Literatur

  • Hermann Deuser: Die zehn Gebote, Ditzingen 2002 (Reclam)
  • Fulbert Steffensky: Die Zehn Gebote, Anweisungen für das Land der Freiheit, Echter Verlag 3. Auflage 2004

Künstlerische Bearbeitungen

  • Film "Die Zehn Gebote" mit Charlton Heston über das Leben Mose
  • Comic-Serie "Zehn Gebote" von Frank Giroud über eine fiktive islamische Gebotssammlung
  • "Dekalog", eine Serie von zehn Filmen, thematisch angelehnt an die Zehn Gebote

Siehe auch