Freie Deutsche Jugend
Die Freie Deutsche Jugend (Abkürzung FDJ) war ein deutscher Jugendverband. Sie war die einzige staatlich anerkannte und geförderte Jugendorganisation in der DDR und war eine Massenorganisation mit einer bedeutenden Funktion im "sozialistischen System". In der Bundesrepublik Deutschland ist die "FDJ in Westdeutschland" seit 1951 verboten. Die FDJ ist Mitglied im Weltbund der demokratischen Jugend (Abk. WBDJ) und im Internationalen Studentenbund (ISB).
Geschichte der FDJ
=== Gründung ===

Erste Gruppen der FDJ entstanden schon vor dem Zweiten Weltkrieg im Exil (im Juni 1936 in Paris, am 7. Mai 1938 in Prag, dann seit April 1939 in Großbritannien). Hauptaufgabe der FDJ in Großbritannien war die Unterstützung der meist sehr jungen jüdischen Emigranten. Bis zum Kriegsende gelang es jedoch nicht, in Deutschland selbst Gruppen zu bilden.
In der DDR
Auf dem Gebiet der SBZ, der späteren DDR wurde die FDJ am 7. März 1946 formell gegründet. Name und Emblem (aufgehende Sonne) wurden von den Exilgruppen (leicht verändert) übernommen; die Exilgruppen wurden aber dann kaum noch erwähnt.
Die FDJ war Teil eines parallelen Erziehungssystems zur Schule und wurde unter Führung der Staatspartei SED zur Massenorganisation entwickelt. Nach der Mitgliedschaft in der Pionierorganisation Ernst Thälmann als Jungpioniere vom 6. bis 10. Lebensjahr (Symbol: blaues Halstuch) und als Thälmann-Pioniere (Symbol: rotes Halstuch), wurden die jungen Menschen in die FDJ aufgenommen. In jeder größeren Stadt gab es einen Pionierpalast, wo vielfältige Arbeitsgemeinschaften angeboten wurden. Darüber hinaus gab es Pionierlager, Expertenlager und Stationen der Jungen Naturforscher und Techniker. Zentrales Pionierlager war die sogenannte Pionierrepublik Wilhelm Pieck am Werbellinsee bei Berlin; dorthin wurden nur ausgezeichnete Pioniere delegiert.
Die Jugendlichen sollten ab dem 13./14. (bis ca. 27., danach als „Freunde der Jugend“) Lebensjahr Mitglied der FDJ werden. Die FDJ-Kleidung war eine blaue Bluse mit einem Sonnenemblem auf dem linken Ärmel. Der Gruß der FDJler war ein gesprochenes „Freundschaft“.
Die Mitgliedschaft war offiziell freiwillig, doch hatten Nichtmitglieder Nachteile bei der Auswahl für weiterführende Schulen (Erweiterte Oberschule, EOS) sowie bei der Studien- und Berufswahl zu befürchten und waren zudem starkem Druck durch die Lehrkräfte ausgesetzt, der Organisation beizutreten. 1985 hatte die Organisation ca. 2,3 Millionen Mitglieder, entsprechend ca. 80 Prozent aller DDR-Jugendlichen zwischen 14 und 25 Jahren. Die meisten Jugendlichen beendeten ihre FDJ-Mitgliedschaft nach dem Abschluss von Lehre oder Studium mit dem Eintritt ins Erwerbsleben.
Die Organisation hatte die Aufgabe, die Jugend in den Marxismus-Leninismus einzuführen. Sie verstand sich erklärtermaßen als Kampfreserve der SED, da die Partei keine eigene Jugendorganisation hatte, und entfaltete demgemäß ihre Aktivitäten. Neben dieser ideologischen Zielsetzung war die Organisation der Freizeitbetreuung ihrer Mitglieder eine wesentliche Aufgabe des Jugendverbandes. Die FDJ organisierte Urlaubsreisen für die jungen Leute über ihre Reiseagentur Jugendtourist und unterhielt zahlreiche Jugendhotels und Jugendklubs.
Die Organisationsstruktur der FDJ war in aufsteigender Reihenfolge: Gruppe (Schulklasse/ Seminargruppe), Grundorganisation (Schule/Universität/Betrieb), Kreisleitung (Kreis im verwaltungstechnischen Sinne oder Großeinheit, z.B. Kreisleitung der FDJ im MfS), Bezirksleitung (Bezirk = größte Verwaltungseinheit der DDR). Tatsächlich wurde die FDJ, wie die Staatspartei, nach der Methode des demokratischen Zentralismus geführt.
Eine Sonderfunktion nahm der Zentralrat der FDJ in Berlin Unter den Linden (jetzt Sitz des Hauptstadtstudios des ZDF) ein. Er bestand aus etwa 120 bis 130 Mitgliedern, die vom Parlament der FDJ gewählt wurden. Das eigentliche Exekutivorgan war das wiederum vom Zentralrat gewählte Sekretariat, das aus 13 Sekretären bestand und vom Ersten Sekretär geleitet wurde. Der Vorsitzende der Pionierorganisation war zugleich einer der Sekretäre im FDJ-Zentralrat. Erste Sekretäre des Zentralrates der FDJ waren u.a. Erich Honecker und Egon Krenz, zum Zeitpunkt der Wende Eberhard Aurich. Zahlreiche spätere SED-Funktionäre begannen ihre Karriere in der FDJ als „Berufsjugendliche“, so z.B. Paul Verner, Erich Honecker, Egon Krenz, Wolfgang Herger, Joachim Herrmann,Hans Modrow und Wolfgang Berghofer. Das heute prominenteste ehemalige Mitglied der FDJ ist die heutige Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland Angela Merkel (weitere Informationen zu Funktionärsstatus und Dauer der mitgliedschaft siehe ebendort).
Im Apparat des Zentralrats waren etwa 400 hauptamtliche Mitarbeiter beschäftigt.
Höchste Bildungsstätte war die Jugendhochschule "Wilhelm Pieck" am Bogensee bei Bernau. Das Organ der FDJ war die Junge Welt, die auflagenstärkste Tageszeitung in der DDR. Darüber hinaus hatte die FDJ Einfluss auf das Jugendfernsehen beim Fernsehen der DDR.
In den siebziger Jahren gab es die Poetenbewegung mit den Poetenseminaren im Schweriner Schloss. Daneben existierte die Singebewegung mit Singegruppen in vielen Schulen und Betrieben; der Oktoberklub war darunter die bekannteste Singegruppe. Sie trafen sich beim Festival des politischen Liedes.
Die FDJ war auch Träger der Messe der Meister von Morgen, in der junge Bastler und Erfinder ihre Exponate vorstellen konnten.
Bei den alle fünf Jahre stattfindenden Pfingsttreffen kamen zehntausende delegierte Mitglieder in einer bestimmten Stadt zusammen, zuletzt zu Pfingsten 1989 in Berlin. Daneben gab es Nationale Jugendfestivals 1979, 1984, Fackelzüge, Freundschaftstreffen, Sportfeste u.a.
Die letzte Großaktion der FDJ war der Fackelumzug in Berlin zum 40. Jahrestag der DDR am Freitag den 6. Oktober 1989. Hierzu wurde aus jeder Schule der DDR ein FDJ-ler nach Berlin geschickt. Augenfällig war beim Umzug der wesentlich größere öffentliche Applaus und „Gorbi, Gorbi!“-Rufe, den Michail Gorbatschow gegenüber dem ZK der SED selbst von hervorragenden Mitgliedern der sogenannten Kampfreserve der SED erhielt.
Auszeichnungen der FDJ waren zum Beispiel das „Abzeichen für Gutes Wissen“, das nach einer Prüfung zum marxistisch-leninistischen Wissen in den Stufen Gold, Silber und Bronze vergeben wurde, und die Artur-Becker-Medaille.
Weitere Aktivitäten, die von der FDJ veranstaltet wurden oder an denen sie intensiv teilnahm
- Festival des politischen Liedes
- Oktoberklub
- Rock für den Frieden (später: „Jugend im Palast“)
- Künstler für den Frieden
- Studienjahr der FDJ
- Messe der Meister von Morgen (MMM)
- Weltfestspiele
- Deutschlandtreffen der Jugend
- Pfingsttreffen der FDJ
- Jugendklub der FDJ
- Poetenseminare
- Ernteeinsatz
- FDJ-Aufgebot (z.B. „DDR 40“ (zum 40. Jahrestag der DDR))
- FDJ-Initiativen/ Zentrales Jugendobjekt
- "Talsperre Sosa" (1949-1952)
- "Friedländer Große Wiese" (1958-1962)
- „Dächer dicht“
- „Max braucht Wasser“ 1948/49 (Bau einer Wasserleitung für die Wasserversorgung der Hochöfen der Maxhütte zur Roheisenproduktionen)
- „Max braucht Schrott“
- „Max braucht Stahl“
- „Touristenexpress“ 1963
- „Industrieroboter“ 1981
- „Streckenelektrifizierung“ 1980 (Oberleitungsbau für die Deutsche Reichsbahn der DDR)
- „Berlin“, „Aufbau der sozialistischen Hauptstadt“ (z.B. für den Bau des Berliner Stadtteils Marzahn)
- Jugendbrigaden
- FDJ-Lehrjahr
- Jugendobjekte wie
Deutschlandtreffen
1950, 1954 und 1964 veranstaltete die FDJ zu Pfingsten in Berlin „Deutschlandtreffen der Jugend für Frieden und Völkerfreundschaft“. Diese Treffen sollten unter anderem zur deutschen Einheit beitragen und das Pendant auf nationaler Ebene zu den internationalen Weltfestspielen der Jugend und Studenten sein. Am ersten Treffen nahmen 700.000 Jugendliche teil, beim letzten 1964 nur noch 500.000. Auf den Treffen gab es ein umfangreiches kulturelles Programm, sowie Vorträge und Diskussionsversanstaltungen.
Nach dem ersten Treffen 1950 wurde 10.000 aus der Bundesrepublik Deutschland ganz überwiegend illegal, mit Hilfe von KPD/SED organisierter Schleusungen, in die DDR eingereisten westdeutschen Teilnehmern bei Herrnburg (nahe Lübeck) die Rückreise in die Bundesrepublik verweigert, und wegen angeblicher Seuchengefahr eine ärztliche Untersuchung und namentliche Registrierung abverlangt. Die Rückkehrer waren dazu nicht bereit und begründeten das mit der Furcht vor beruflichen Nachteilen. Sie kampierten daraufhin auf der DDR-Seite des Grenzüberganges. Nach zwei Tagen wurde ihnen die Einreise von den Bundes- und Landesbehörden ohne die geforderten Maßnahmen gestattet.
Statistische Daten
- Altersstruktur
- 13–17-jährige: 40 %
- 18–21-jährige: 32 %
- 22–25-jährige: 21 %
- 26 und älter: 7 %
- Mitgliederzahlen in Prozent der Jugendbevölkerung (gerundet)
*Quelle: Statistisches Jahrbuch der DDR 1989, Altersgruppe 14-25
37 Abgeordnete in der Volkskammer der DDR, eine von ihnen war Katarina Witt.
Die "FDJ in Westdeutschland"
Die Eheleute Uschi und Max Rubinstein initiierten am 9. Dezember 1945 in Düsseldorf einen der ersten Verbände auf deutschem Boden – drei Monate vor Gründung der FDJ in Ostdeutschland.
Ein Jahr später war die FDJ auch in den Westzonen etabliert. Das Zentralbüro leitete in den ersten Jahren der Hamburger Kommunist und Widerstandskämpfer Helmut Heins. Die hauptamtlichen Funktionäre waren durchweg in der KPD, die Mitglieder etwa zur Hälfte. Ihre wichtigsten Ziele beschrieb sie so: ein neues Deutschland aufzubauen, ohne Faschismus, ohne Militär und ohne Monopole, mit garantierten sozialen Rechten, vor allem für die Jugend.
Die FDJ hatte 1950 in der Bundesrepublik Deutschland an die 30.000 Mitglieder. Sie hatte sich eine beachtliche Position aufgebaut, vor allem in der Gewerkschaftsjugend.
Auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland bekämpfte die FDJ die Wiederbewaffnung (Remilitarisierung). Am 19. September 1950 kam die erste staatliche Reaktion: Die Bundesregierung verfügte über FDJ-, KPD- und VVN- Mitglieder ein Beschäftigungsverbot im öffentlichen Dienst. Damit wurde das FDJ-Verbot vorbereitet.
Dennoch bereitete die FDJ eine Volksbefragung gegen die Wiederbewaffnung vor. Für eine solche Initiative erhoffte sie sich große Zustimmung aufgrund des weit verbreiteten Antimilitarismus in den ersten Nachkriegsjahren. Am 24. April 1951 verbot die Bundesregierung per Erlaß die Volksbefragung als verfassungswidrig. Dem Verbot der Volksbefragung folgte am gleichen Tag das Verbot der FDJ in Nordrhein-Westfalen. Am 26. Juni 1951 erging das Verbot der "FDJ in Westdeutschland".
1952 wurde der FDJler Philipp Müller bei einer verbotenen Demonstration in Essen von der Polizei erschossen.
Der Vorsitzende der (noch nicht rechtskräftig) verbotenen "FDJ in Westdeutschland" Josef Angenfort, KPD, wurde 1953 wegen Hochverrats angeklagt und zu einer fünfjährigen Zuchthausstrafe verurteilt.
Das Verbot besteht weiterhin, bezieht sich aber nach heutiger Auffassung des Innenministeriums nur auf den Westteil als eigenständige Teilvereinigung.
Mit Urteil vom 16. Juli 1954 stellte das Bundesverwaltungsgericht fest: "Der Antrag der Bundesregierung im Sinne von § 129 a StGB festzustellen, daß die Vereinigung 'Freie Deutsche Jugend (FDJ) in Westdeutschland' verboten sei, mußte Erfolg haben."(BVerwGE 1, 184) Damit wurde das wegen der Verfassungswidrigkeit der Zielsetzung der "FDJ in Westdeutschland" gemäß Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes in Verbindung mit § 129a StGB damaliger Fassung ausgesprochene Verbot rechtskräftig. Die öffentliche Verwendung von Abzeichen der "FDJ in Westdeutschland" ist als das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen seither nach § 86a Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 StGB strafbar.
Die Abzeichen der "FDJ in Westdeutschland" und der FDJ/Ost sind zum Verwechseln ähnlich. Deshalb steht die Verwendung der Abzeichen unabhängig von der Reichweite des Verbotes im Einzelnen nach § 86a Abs. 2 Satz 2 StGB unter Strafe. Die öffentliche Verwendung des FDJ-Emblems ist deshalb geeignet, den Anfangsverdacht eine Straftat und damit die Verfolgungsberechtigung und die Verfolgungspflicht der Strafverfolgungsbehörden zu begründen.
Nach der Wende
Nach der Wende verlor die Organisation nahezu alle Mitglieder, hat andererseits aber auch wieder Basisgruppen im Westen bilden können. Im Jahr 2004 hatte sie 150 Mitglieder (gegenüber 2,3 Millionen im Jahr 1989) mit Gruppen in Berlin, Görlitz, Leipzig, Bremen, Frankfurt am Main und München.
Nach der Wiedervereinigung wurde das Vermögen der FDJ unter die Verwaltung der Treuhandanstalt, der späteren Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben, gestellt. Hierdurch verlor sie nahezu ihre gesamte Infrastruktur und ihre Mitarbeiter. Zusätzlich hat die FDJ nach den gesetzlichen Vorgaben der Treuhand Steuern auf die Zinserträge des durch die Treuhand verwalteten Vermögens (ca 300.000 DM) zu tragen. Hierdurch sieht sie sich in ihrer Existenz bedroht.
Versuche, in einer frühen Phase der Entwicklung die FDJ formell aufzugeben und neu zu gründen, scheiterten aufgrund mangelnder Geschlossenheit der Verantwortlichen. Optisch jedoch erschienen zum Teil neue Logos, die die Abkürzung FDJ in kleinen Buchstaben (also: fdj) zeigen. (Anmerkung: Die "neuen" FDJ Logos mit kleinen Buchstaben, sind die Logos der verbotenen "FDJ in Westdeutschland". Diese Logos haben aber nichts mit der FDJ/Ost zu tun und sind gesetzlich getrennt.)
Die PDS erkennt die FDJ nicht mehr als ihren Jugendverband an. Stattdessen wurde nach der Wende zunächst die Arbeitsgemeinschaft Junge GenossInnen in und bei der PDS, 1999 der PDS-nahe Jugendverband ['solid] – die sozialistische Jugend gegründet, welche sich bewusst von der FDJ als „unkritischer Parteijugend“ abheben sollen.
Vorsitzende
- Adolf Buchholz (8. Mai 1938 – März 1942, in Prag/London)
- Horst Brasch (12. April 1942) – 29. April 1946, in London)
- Erich Honecker (7. März 1946 – 27. Mai 1955)
- Karl Namokel (1955 – 1959)
- Horst Schumann (1959–1967)
- Günther Jahn (1967–1974)
- Egon Krenz (1974–1983)
- Eberhard Aurich (1983–1989)
- 2002-2005 Ringo Ehlert
Siehe auch: Junge Generation
Literatur
- Zur FDJ in Großbritannien: Alfred Fleischhacker: Das war unser Leben, ISBN 3355014753
- Gerd Friedrich, Die Freie Deutsche Jugend Stosstrupp des Kommunismus in Deutschland, Rote Weissbücher 1, Köln 1950 (kritische, antikommunistisch geprägte Darstellung)
- Hanns-Peter Herz, Freie Deutsche Jugend Berichte und Dokumente zur Entwicklung und Tätigkeit der kommunistischen Jugendorganisation, München 1957
- Ulrich Mählert/Gerd-Rüdiger Stephan, Blaue Hemden Rote Fahnen Die Geschichte der Freien Deutschen Jugend, Opladen 1996, ISBN 3-8100-1714-0 (historisch-kritische Darstellung)
Weblinks
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- FDJ
- WBDJ
- Massenorganisationen in der DDR
- http://www.ddr-fotos.de s/w-Aufnahmen über die FDJ und den Alltag in der DDR von 1949 bis 1973
- http://www.trassendatenbank.de/ Fotoarchiv des FDJ Jugendprojektes Erdgastrasse u. Drushba Trasse