Penchen Lama
Der Panchen Lama eigentlich Panchen Rinpoche (tibetisch für "großes Gelehrtenjuwel") ist ein einflussreicher, spiritueller Lehrer und eine hohe Autorität im tibetischen Buddhismus. Er spielt eine Rolle bei der Anerkennung der Reinkarnation des Dalai Lama, sein hohes Ansehen beruht auf dem Lehrer-Schüler-Verhältnis zu diesem.
Ursprung
Ein Lama ist gemäß der Tradition in Tibet ein Wesen, welches wiedergeboren wird, ein so genannter Tulku. Die nach europäischem Verständnis "Institution" des Panchen Lama wurde im 17. Jahrhundert in Tibet eingeführt. Der Titel steht im Zusammenhang mit dem bedeutenden und angesehenen buddhistischen Lehrer Lobsang Choekyi Gyaltsen, dem Vorsteher des Klosters Tashi Lhunpo und Lehrer des 4. und 5. Dalai Lama. Nach dessen Tod im hohen Alter von 92 Jahren erkannte der 5. Dalai Lama (Ngawang Lobsang Choegyen) die große Bedeutung seines Lehrers und erklärte, dass dieser als Reinkarnationen als Panchen Lama seine spirituelle Arbeit in Tibet fortsetzen würde. Rückwirkend wurden drei weitere tibetische Gelehrte als Vorgeburten erkannt, so dass Lobsang Choekyi Gyaltsen der 4. Panchen Lama genannt wird.
Der Panchen Lama gilt als Reinkarnation des Buddha Amitabha, dem Buddha des Unermesslichen Lichts.
Aktuelle Kontroverse
Der aktuelle Inhaber des Titels des 11. Panchen Lama ist nach Auffassung der Exiltibeter Gedhun Choekyi Nyima (* 25. April 1989), Nachfolger von Choekyi Gyaltsen. Anerkannt wurde er im Alter von 6 Jahren am 14. Mai 1995 durch den derzeitigen 14. Dalai Lama, und drei Tage später von chinesischen Sicherheitskräften mitsamt seiner Familie aus Tibet entführt. Erst ein Jahr später räumte die chinesische Führung ein, den Jungen "auf die Bitte seiner Eltern" hin in Obhut genommen zu haben, denn "seine Sicherheit sei bedroht und er liefe sonst Gefahr, von Separatisten gekidnappt zu werden".
Bisher wurde jegliche Kontaktaufnahme von außen durch internationale Organisationen von China abgelehnt, sein derzeitiger Aufenthaltsort und Zustand und der seiner Familie ist somit weiterhin unbekannt. Gedhun Choekyi Nyima gilt als jüngster politischer Gefangener der Welt.
Am 8. Dezember 1995 ernannte die chinesische Regierung - obwohl sie selbst religiöse Positionen ablehnt und ein Dalai Lama die einzige religiöse Autorität ist, die seine Wiedergeburt anerkennen kann - nach einem Ritus aus dem 18. Jahrhundert und mit Zustimmung eines Teils des tibetischen Klerus einen anderen Knaben namens Gyaltsen Norbu (Gyaincain Norbu) zum Panchen Lama. Es gibt Vermutungen, dass die chinesischen Machthaber den Titel zu parteipolitischen Zwecken gebrauchen und sich einen Einfluss auf die Auswahl der nächsten Reinkarnation des Dalai Lama sichern wollen. Von vielen Tibetern wird dieser eingesetzte, im Tashilhünpo-Kloster in Xigazê lebende Panchen Lama jedoch nicht anerkannt und in den meisten Klöstern in Tibet selbst sieht man zwar Bilder des 11., nicht jedoch des umstrittenen 10. Panchen Lama.
Panchen Lamas
Die Namen sind transliteriert. Die ungefähre Aussprache ist kursiv angegeben. Die Jahreszahlen vor dem 20. Jahrhundert sind nicht zuverlässig.
- mKhas grub rje (Khädruptsche), auch mKhas grub dGe legs dPal bzang po (Khedrup Gelek Pälsangpo) genannt (1385-1438, rückwirkend)
- bSod nams Phyogs glang (Sonam Tschoklang, 1438-1505, rückwirkend)
- Blo bzang Don grub dBen sa ba (Lobsang Dondup Wensawa, 1505-1568, rückwirkend)
- Pan chen Blo bzang Chos kyi rGyal mtshan (Panchen Lobsang Tschökyi Gyaltsen, 1569-1662)
- Pan chen Blo bzang Ye shes dPal bzang po (Panchen Lobsang Yeshe Palsangpo, 1663-1737)
- Pan chen Blo bzang dPal ldan Ye shes (Panchen Lobsang Pälden Yeshe, 1737-1780)
- Pan chen bsTan pa'i Nyi ma (Panchen Tenpe Nyima, 1781-1852)
- Pan chen dPal ldan Chos kyi Grags pa (Panchen Pelden Chökyi Dragpa, 1853-1882)
- Pan chen dGe legs rNam rgyal (Panchen Gele Namdschal, 1883-1937). Seine Flucht nach China (wegen Rivalitäten mit den Dalai Lama) 1923 erschwerte die offizielle Bestimmung seiner Wiedergeburt durch die tibetische Regierung. Er starb auf der Rückreise.
- Pan chen Blo bzang Phrin las lHun grub Chos kyi rGyal mtshan (Panchen Lobsang Tschrinle Lundrup Tschökyi Tschältsen, 1938-1989). Er wurde 1944 von China proklamiert, das seine Anerkennung durch Tibet erzwang.
- Gedhun Tschökyi Nyima (*1989), ist verschollen, seit er 1995 angeblich von der chinesischen Regierung gekidnapped wurde, die an seiner Stelle rGyal mtsen Nor bu (Gyaltsen Norbu, *1989) unterstützt.