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Kapitulation

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Eine Kapitulation ist völkerrechtlich eine einseitige Unterwerfungserklärung und ist in der Haager Landkriegsordnung festgehalten. Militärisch erklärt zum Beispiel eine Festung oder ein Schiff durch das Hissen einer weißen Fahne oder das Streichen der Flagge die Bereitschaft, keinen Widerstand mehr leisten zu wollen.

GFM Keitel unterzeichnet in Berlin-Karlshorst die bedingungslose Kapitulation Deutschlands (9. Mai 1945)

Bei der Kapitulation unterscheidet man zwischen

  • (bedingte) Kapitulation, bei der der Unterlegene Bedingungen nennt, von denen die Einstellung der Kampfhandlungen abhängig ist; meist sind dies die Schonung der Freiheit oder zumindest des Lebens der Unterlegenen - "Freier Abzug" oder „Behandlung als reguläre Kriegsgefangene“. Im Gegensatz zum Waffenstillstand wird die siegreiche Partei den Gegner immer entwaffnen, um einem Gesinnungswandel vorzubeugen.
  • bedingungslose Kapitulation, bei der außer der militärischen Kapitulation auch die staatlich-politische Kapitulation vollzogen wird. Die Befehsgewalt über alle Einrichtungen des Militärs geht dabei auf den Gegner über. Es ist aber stets das Militär, welches die Kapitulaion vollzieht. Der Begriff der bedingungslosen Kapitulation (unconditional surrender) wurde erstmals im amerikanischen Sezessionskrieg 1861/65 verwendet. Die Armeen der Südstaaten mussten dabei einzeln kapitulieren (Lee, Jonston ...). Die Südstaaten hörten auf, als unabhängiges staatspolitisches Gebilde zu existieren und kamen wieder unter die Herrschaft der Union (USA). Im Zweiten Weltkrieg wurde der Begriff der bedingungslosen Kapitulation 1943 auf der Konferenz von Casablanca zum ersten Mal von den Alliierten gegenüber Deutschland und Japan verwendet. Damit wurde die Möglichkeit eines Waffenstillstandes auch mit einer anderen politischen Führung ausgeschlossen. Der Gegner sollte entwaffnet, das Land besetzt und eine Militärregierung der Alliierten installiert werden.

Vor der Festlegung des Völkerrechts war eine Kapitulation ein sehr einseitiger Vertrag und verpflichtete den Sieger zu nichts - oft wurde die militärische Besatzung hingerichtet und die Zivilbevölkerung in die Sklaverei verkauft. Deshalb wurde oft bis zum bitteren Ende Widerstand geleistet, wenn mit der Gnade des Gegners nicht zu rechnen war. Das Völkerrecht bot den Unterlegenen die Möglichkeit, gewisse Grundrechte zu behalten, die ein derart barbarisches Gemetzel ausschlossen. Vorher gab es nur den Begriff der militärischen Ehre, was zwar sehr dehnbar war, aber zumindest ein Fortschritt gegenüber den ohne Regeln geführten Konflikten abseits jeglicher Ethik.

Beispiele

Eine bedingte Kapitulation, auch bezeichnet als ehrenvolle Kapitulation wurde der deutschen 6. Armee von Generaloberst Rokossowski am 8. Januar 1943 in Stalingrad angeboten:

Wir garantieren allen Offizieren, Unteroffizieren und Mannschaften, die den Widerstand aufgeben, Leben und Sicherheit sowie bei Kriegsende die Rückkehr nach Deutschland oder auf Wunsch der Kriegsgefangenen in ein beliebiges anderes Land.
Alle Wehrmachtangehörigen der sich ergebenden Truppen behalten ihre Uniform, ihre Rangabzeichen und Orden, die persönlichen Gebrauchs- und Wertgegenstände. Den höheren Offizieren werden Degen und Seitengewehr belassen.
Den Offizieren, Unteroffizieren und Mannschaften, die sich gefangengeben, wird sofort normale Verpflegung verabreicht. Allen Verwundeten, Kranken und Frostbeschädigten wird ärztliche Hilfe zuteil. Wir erwarten Ihre schriftliche Antwort am 9. Januar 1943 um 15 Uhr oo Minuten Moskauer Zeit durch einen von Ihnen persönlich bevollmächtigten Vertreter, der in einem mit weißer Flagge kenntlich gemachten Personenkraftwagen auf der Straße von der Ausweichstelle Konnij zur Station Kotluban zu fahren hat. Ihr Vertreter wird am 9. Januar 1943 um 15 Uhr oo Minuten von bevollmächtigten russischen Offizieren im Rayon >8<, 0,5 km südöstlich der Ausweichstelle 564, erwartet.
Sollte unsere Aufforderung zur Kapitulation von ihnen abgelehnt werden, so kündigen wir an, dass die Truppen der Roten Armee und der Roten Luftwaffe gezwungen sein werden, zur Vernichtung der eingekesselten deutschen Truppen zu schreiten. Die Verantwortung für deren Vernichtung tragen Sie.

Nachdem dieses Angebot durch die Deutschen zunächst abgelehnt worden war, mussten die verbleibenden Truppen am 31. Januar kapitulieren, ohne Bedingungen nennen zu können. Von 107.800 deutschen Soldaten kehrten nur 6.000 aus der Gefangenschaft zurück. Inwiefern sich die sowjetische Führung an die Bedingungen gehalten hätte, darf trotzdem bezweifelt werden, da die Bedingungen einer Kapitulation weder einklagbar sind noch durch Gewalt eingefordert werden können. Insofern ist eine Kapitulation - und erst recht eine bedingungslose - nur der letztmögliche Schritt, der eine vollständige Niederlage besiegelt.

Andere Bedeutungen des Begriffes

Vertrag

Kapitulation bezeichnet auch (von lat. capitulare = in Kapitel einteilen) einen Vertrag allgemein, speziell wird der Begriff in folgenden Fällen verwendet:

  • Die Verpflichtung von Soldaten für eine freiwillig verlängerte Dienstzeit.
  • Die Verträge zwischen dem Osmanischen Reich und europäischen Staaten im 18. und 19. Jahrhundert. In ihnen vereinbarten die Europäischen Staaten mit der hohen Pforte u.a. weitgehende wirtschaftliche Freiheiten.

Umgangssprache

Im umgangssprachlichen Gebrauch wird der Begriff der Kapitulation auch dann verwendet, wenn eine Seite geschlagen ist und vom Gegner diktierte Waffenstillstandsbedingungen annehmen muss. Hier fehlt jedoch die für eine Kapitulation erforderliche Besetzung und Entwaffnung. Beispiele wären die 1918 und 1940 in Compiègne bei Paris unterzeichneten Verträge. Das Deutsche Reich war 1918 zwar militärisch geschlagen, aber keinesfalls bereit, sein Schicksal in fremde Hände zu legen.


Siehe auch: Aufgabe (Beenden)