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Hall-Effekt

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Verdeutlichung des Hall-Effekts
Legende:
1 Elektronen
2 Hallelement oder Hallsonde
3 Magneten
4 Magnetfeld
5 Spannungsquelle
In Zeichnung „A“ nimmt die Hallsonde an der Oberseite eine negative Ladung an (symbolisiert durch die blaue Farbe) und eine positive Ladung an der Unterseite (rote Farbe). In den Zeichnungen „B“ und „C“ sind das elektrische, bzw. magnetische Feld umgekehrt, so dass die Ladungspolarisation gespiegelt ist. In der Zeichnung „D“ sind beide Felder umgekehrt, so dass sich wieder die gleiche Polarsation wie in Zeichnung „A“ einstellt.

Der Hall-Effekt, 1879 von Edwin Hall entdeckt, ist das Auftreten einer elektrischen Spannung in einem stromdurchflossenen Leiter, welcher sich in einem stationären Magnetfeld befindet. Die Spannung fällt dabei senkrecht sowohl zur Stromfluss- als auch Magnetfeldrichtung am Leiter ab und wird Hallspannung genannt.

Die Größe der Spannung kann mit der Hilfe der weiter unten hergeleiteten Formel

aus Stromstärke , magnetischer Flussdichte , Dicke der Probe (parallel zu ) und einer Materialkonstanten – der sogenannten Hallkonstanten – berechnet werden.

Der Hall-Effekt trägt seinen Namen zu Ehren seines Entdeckers und hat nichts mit dem Nachhall in der Akustik zu tun, daher wird Hall englisch ausgesprochen.

Erklärung

Der Halleffekt tritt in einem stromdurchflossenen elektrischen Leiter auf, der sich in einem Magnetfeld befindet, wobei sich ein elektrisches Feld aufbaut, das zur Stromrichtung und zum Magnetfeld senkrecht steht und das die auf die Elektronen wirkende Lorentzkraft kompensiert.

Durch Anlegen einer Spannung an die Probe wird ein Strom angetrieben. Die Ladungsträger sind im allgemeinen Elektronen, es kann aber auch Löcherleitung in entsprechend dotierten Halbleitern vorherrschen. Die Elektronen bewegen sich entgegen der technischen Stromrichtung mit einer mittleren Geschwindigkeit (Driftgeschwindigkeit) durch den Leiter. Wegen der durch das Magnetfeld verursachten Lorentzkraft wird das Elektron senkrecht zu seiner Bewegungsrichtung abgelenkt. Hierdurch kommt es auf der entsprechenden Seite des Leiters zu einem Elektronenüberschuss (blau hervorgehoben), während die Elektronen auf der gegenüberliegenden Seite in dem selben Maße verarmen (rot hervorgehoben). Man hat es also mit einer Ladungstrennung analog zu einem Kondensator zu tun. Die sich gegenüberstehenden negativen und positiven Ladungsüberschüsse verursachen ein elektrisches Feld, das eine Kraft auf die Elektronen ausübt, die der Lorentzkraft entgegengesetzt ist. Die Verstärkung der Ladungstrennung kommt zum Stillstand, wenn sich beide Kräfte gerade kompensieren. Wie bei dem Kondensator kann eine Spannung abgegriffen werden, die hier als Hallspannung bezeichnet wird. Die Hallspannung folgt Strom- und Magnetfeldänderungen in der Regel unmittelbar. Sie steigt mit dem Magnetfeld linear an und ist indirekt proportional zur (vorzeichenbehafteten) Ladungsträgerdichte. Die Hallspannung ist insbesondere unabhängig von dem spezifischen Widerstand der Probe. Der Hall-Effekt wird sowohl zum Messen von Magnetfeldern (mit Hallsonde) als auch zur Bestimmung der Ladungsträgerart (Elektronen oder Löcher) und deren Dichte eingesetzt.

Die spezifischen Eigenschaften des Leitungsvorganges werden durch die Hallkonstante wiedergegeben.

Herleitung

An dieser Stelle soll eine kurze Herleitung der Formel für die Hallspannung skizziert werden. Zum Verständnis sind Grundkenntnisse in der Vektoranalysis und Elektrodynamik hilfreich.

Da wir bewegte Ladungsträger in einem magnetischen Feld betrachten ist unser Ausgangspunkt die Lorentzkraft:

Beim Hall-Effekt baut sich ein kompensierendes elektrisches Feld auf, welches die ablenkende Wirkung des Magnetfeldes neutralisiert. Für die resultierende Kraft auf die Ladungsträger muss folglich gelten:

Der Einfachheit halber wird das Koordinatensystem so gelegt, dass sich die Ladungsträger nur in -Richtung bewegen und das Magnetfeld nur in -Richtung wirkt. Es ist also und . Damit wird die -Komponente der obigen Gleichung nach Kürzen von zu:

Die Stromdichte im Leiter lässt sich allgemein durch ausdrücken. Löst man diese Beziehung nach auf und setzt sie in obige Gleichung, so erhält man

Über diese Beziehung wird die Hallkonstante definiert, welche die Stärke des Hall-Effektes charakterisiert.

Um die Gleichung etwas handlicher zu machen fassen wir den Leiter, in dem ja eine Ladungstrennung stattgefunden hat, als Plattenkondensator auf. Es gilt in diesem die Beziehung

.

Außerdem können wir die Stromdichte im vorliegenden Fall durch ausdrücken. Setzt man diese beiden Schreibweisen ein, so erhält man für die Hallspannung einen nur noch von einfach messbaren Größen abhängenden Ausdruck:

.
Verwendete Größen
– fließender Strom in Ampère [A]
– Driftgeschwindigkeit der Ladungsträger im Leiter
– Breite des Leiters beziehungsweise des Halbleiters
magnetische Flussdichte in Tesla [T]
– elektrischen Feldstärke
– Dicke des Leiters beziehungsweise des Halbleiters
– Ladungsträgerdichte
– Ladung eines Ladungsträgers (in Metallen eine negative Elementarladung)
– Hallkonstante (eine Materialkonstante)

Anwendung

In der Elektronik wird der Hall-Effekt in sogenannten Hallsonden zur Messung der magnetischen Flussdichte benutzt. Fließt ein Strom durch den Leiter, so kann durch das Messen der erzeugten Hallspannung nach obiger Formel berechnet werden. Materialien mit großer Hallkonstante zeichnen sich dabei mit einer hohen Empfindlichkeit aus. Aus diesem Grund werden meist Halbleitermaterialien verwendet. Die Massenfertigung zum breiten Einsatz in der Industrie wurde erst durch die Integration von Hallplatten in CMOS-Technologie möglich. Erst damit können Temperaturabhängigkeiten und andere Effekte kompensiert und die Hallspannung entsprechend ausgewertet und digital aufbereitet werden. Heute finden wir immer komplexere Hallsensoren auf CMOS-Basis in Anwendungen zur Winkel-, Positions-, Geschwindigkeits- und Strommessung.

Ein weiteres Anwendungsgebiet ist die Bestimmung von Ladungsträgerdichten durch Messen der Hallkonstanten. Durch eine zusätzliche Messung der elektrischen Leitfähigkeit (oder des spezifischen Widerstands) ist es zudem möglich, die Beweglichkeit der Ladungsträger im Material zu ermitteln.

Quanten-Hall-Effekt

Der Quanten-Hall-Effekt bewirkt, dass bei starken Magnetfeldern und tiefen Temperaturen um einige Kelvin die Hallspannung geteilt durch den Strom nicht beliebig variieren kann, wenn die Magnetfeldstärke variiert wird, sondern immer ein ganzzahliger Bruchteil der von-Klitzing-Konstante

(in der Einheit kOhm, ist die Plancksche Konstante, die Elementarladung) ist, also , , und so weiter. Die Genauigkeit, mit der diese Plateaus reproduziert werden können, ist so extrem gut, dass durch internationale Verträge als Standard für den elektrischen Widerstand festgelegt worden ist. Der Quanten-Hall-Effekt ist weitgehend verstanden. Klaus von Klitzing bekam für diese Entdeckung 1985 den Nobelpreis.

Siehe auch

Hall-Winkel