Heißleiter
Heißleiter oder NTC-Widerstände (engl. Negative Temperature Coefficient Thermistors), manchmal auch „Thermistoren“, sind Materialien beziehungsweise Widerstände, deren Elektrischer Widerstand einen negativen Temperaturkoeffizienten besitzt.

Das bedeutet, dass sie bei hohen Temperaturen elektrischen Strom besser leiten als bei tiefen Temperaturen. Das Gegenteil von Heißleitern sind Kaltleiter beziehungsweise PTC-Widerstände, die bei geringer Temperatur besser leiten und somit einen positiven Temperaturkoeffizienten aufweisen.
Heißleitendes Verhalten zeigen reine Halbleitermaterialien, Verbindungshalbleiter und verschiedene andere Legierungen. NTC-Widerstände (kurz: NTCs) bestehen üblicherweise aus mit Bindemitteln versetzten, gepressten und gesinterten Metalloxiden. Dazu gehören Oxide von Mangan, Nickel, Kobalt, Eisen, Kupfer oder Titan. NTCs dienen als Temperatursensor oder als Einschaltstrombegrenzer. Um die typisch perlenförmigen Temperatursensor-NTCs zu kontaktieren, kommen Drähte aus einer Platinlegierung oder aus Nickel/Eisen[1] zum Einsatz. Sie verbinden sich beim Sintern der Perle mit dem NTC-Material. Andere Bauformen sind Scheiben, SMD-Chips oder zylindrische Formen – sie werden mittels metallisierter Oberflächen kontaktiert.
NTCs als Temperatursensor
Reproduzierbarkeit
Die Kennlinie der verwendeten Materialien ist aufgrund des zugrundeliegenden Halbleiter-Effektes in hohem Maß von Fehlstellen, u. a. der Dotierung (gezielten Verunreinigungen) der Grundstoffe abhängig. Die Verarbeitung (Mischen, Mahlen, Pressen, Sintern) hat einen großen Einfluss auf die Eigenschaften und die Langzeitstabilität. Daher waren NTCs lange Zeit nur mit von Charge zu Charge sehr unterschiedlichen Kennlinien herstellbar und haben den NTCs in ihrer Anfangszeit den Ruf eingebracht, für präzise Temperaturmessung wenig geeignet zu sein. Austauschbarkeit war nicht gegeben beziehungsweise es musste eine (Neu-)Kalibrierung vorgenommen werden. Bei der Austauschbarkeit geht es um möglichst geringe Abweichung der Messwerte von unterschiedlichen Sensoren des gleichen Typs für einen definierten Messbereich. Der amerikanische Hersteller YSI erreicht jedoch inzwischen bei seiner Serie 46000 über die Messspanne von 0 °C bis 70 °C eine Austauschtoleranz von ±0,05 K. Das heißt, dass die Abweichung der Kennlinie unterschiedlicher Thermistoren dieser Serie bei allen Temperaturen zwischen 0 °C und 70 °C so eng toleriert ist, dass die im Messgerät einprogrammierte Kurve bei einem Sensortausch nicht geändert werden muss. Übliche Toleranzen für Temperatursensoren sind heute um die ±0,2 K bis zu ±1,0 K bei Massenfertigung.
Kenngrößen
Der Nennwert eines Sensors gibt dessen elektrischen Widerstand bei 25 °C an:
- „NTC 10k“ bedeutet einen Widerstand von 10 kΩ bei 25 °C
- „NTC 12k“ bedeutet einen Widerstand von 12 kΩ bei 25 °C
- „NTC 1k8“ bedeutet einen Widerstand von 1,8 kΩ bei 25 °C
Unterschiedliche Sensortypen sind auch bei gleichem Nennwert meist nicht austauschbar, da eine weitere Kenngröße, der Nichtlinearitätskoeffizient B, die Krümmung der Kennlinie beschreibt. Mittels elektronischer Schaltungen kann die Kennlinie eventuell linearisiert oder an die Messaufgabe angepasst werden.
Die Dissipationskonstante (Zerstreuungskonstante) eines NTC ist eine weitere wichtige Kenngröße (Einheit W/K). Sie gibt die Leistung an, die den Sensor um 1 K gegenüber seiner Umgebungstemperatur erwärmt. Diese Eigenerwärmung aufgrund des für die Messung erforderlichen Stromes muss möglichst gering gehalten werden.
Einsatzbereiche

Heißleiter werden als Temperatursensoren, u. a. in Widerstandsthermometern oder zur Temperaturkompensation elektronischer Schaltungen eingesetzt. In Kraftfahrzeugen werden Heißleiter z. B. als Motortemperaturfühler verwendet.
Heißleiter zu Kontrollzwecken werden oft mit einem temperaturstabilen Widerstand in Serie an eine konstante Spannung geschaltet. So kann man zur Auswertung die Spannung am dadurch entstandenen Spannungsteiler messen. Ist die Speisespannung nicht konstant, kann man den NTC über eine Konstantstromquelle speisen, um anhand des Spannungsabfalles dessen dazu proportionalen Widerstand zu messen. Bei Temperaturmessungen muss die Eigenerwärmung durch den Strom kontrolliert bzw. berücksichtigt werden.
Der übliche Temperatur-Einsatzbereich liegt zwischen −80 °C und +250 °C, der somit für viele Automatisierungsaufgaben, Temperaturmessung an elektronischen Bauteilen oder Messaufgaben in der Medizintechnik, Biotechnologie und der Lebensmittelproduktion ausreicht. Aufgrund der hohen Auflösung (hoher Temperaturkoeffizient) werden inzwischen langzeitstabil herstellbare NTCs auch in der Luft- und Raumfahrt sowie bei Messgeräten verwendet, die deren Nichtlinearität softwareseitig korrigieren.
Grundlagen
Heißleiter gibt es mit eher flacher nichtlinearer Kennlinie für Messaufgaben und mit einer in einem bestimmten Temperaturbereich sehr steilen Kennlinie für die Einschaltstrombegrenzung. Widerstand und Kennlinie werden nach [2] durch folgende drei Herstellungsparameter beeinflusst:
- Mischungsverhältnis von Oxiden verschiedener Kristallstruktur
- Dotierung der Metalloxide
- Stöchiometrieabweichungen der Oxide - variierbar durch die Brennatmosphäre (Sauerstoffgehalt) und die Abkühlgeschwindigkeit
Es entstehen thermisch leicht aktivierbare Fehlstellen, sodass die Stromleitung stark mit der Temperatur zunimmt.
Es gilt näherungsweise:
mit
Die einzelnen Formelzeichen stehen für folgende Größen:
- RT … Widerstand in Ω bei der absoluten Temperatur T
- RN … Nennwiderstand in Ω bei Nenntemperatur
- T … Betriebstemperatur
- TN … Nenntemperatur (meist 25 °C, das heißt 298,15 K)
- EA … Aktivierungsenergie, einstellbar über die Bandlücke des Halbleitermaterials
- kB … Boltzmannkonstante
B ist eine Materialkonstante und wird vom Hersteller ebenso wie der Nennwiderstand im Datenblatt angegeben. Sie liegt etwa zwischen 2000K und 4000K.
Das Temperatur-Widerstandsverhalten eines NTC lässt sich auch durch die Steinhart-Hart-Gleichung beschreiben:
Weitere Anwendungen


Bei Lichterketten mit vielen in Serie geschalteten kerzenförmigen Glühlampen liegt parallel zu jedem Lämpchen ein Heißleiter. Normalerweise fließt so wenig Strom durch diesen Heißleiter, dass er kalt bleibt. Falls aber ein Lämpchen durchbrennt, fließt der komplette Strom durch den Heißleiter, dieser erwärmt sich und verringert seinen Widerstand. Deshalb sinkt die Spannung am Heißleiter so weit, dass die anderen Lämpchen fast normal leuchten. Damit wird vermieden, dass bei der Serienschaltung alle Lämpchen stromlos werden, wenn eines davon durchbrennt.
Einschaltstrombegrenzer
Heißleiter werden auch zur Begrenzung von Einschaltströmen angewandt. Ein Heißleiter in der Zuleitung eines elektrischen Geräts ist vor dem Einschalten kalt, leitet somit schlecht und verringert den Einschaltstrom . Nach dem Einschalten erwärmt er sich durch den Stromfluss sehr schnell und verliert seinen hohen Anfangswiderstand. Zusätzlich kann man den NTC nach wenigen Millisekunden mit einem Relais kurzschließen, damit er sich abkühlen kann. Das verlängert seine Lebensdauer und man erreicht später auch bei kurzen Ausschaltpausen eine sofortige Wiederbereitschaft.
Heißleiter zur Einschaltstrombegrenzung wurden bereits bei Geräten mit Elektronenröhren im Heizkreis bei Serienheizung eingesetzt, um die Heizfäden der Röhren und ggf. den Eisen-Wasserstoff-Widerstand beim Einschalten vor dem Durchbrennen zu schützen. Es waren sog. URDOX-Widerstände (Heißleiter aus Urandioxid, siehe rechts im Bild).
In Schaltnetzteilen (auch in Computernetzteilen) werden Heißleiter zur Einschaltstrombegrenzung eingesetzt, um das Auslösen der Sicherung beim Laden der darin befindlichen großen Kondensatoren zu verhindern.
Heißleiter zur Einschaltstrombegrenzung können nicht parallel geschaltet werden, um eine Last einzuschalten, die nur einen der NTC überfordern würde. Physikalisch spricht man von einem labilen Gleichgewicht – wegen P=U²/R steigt die Wärmeleistung mit steigender Temperatur, und das bereits wärmere Bauteil erwärmt sich noch weiter. In der Folge übernimmt einer der Heißleiter fast den gesamten Strom. Eine Reihenschaltung ist jedoch möglich, wenn es darum geht, die Hochlaufzeit zu vergrößern.
Heißleiter zur Einschaltstrombegrenzung sind durch ihren Kaltwiderstand und durch ihr Einschaltvermögen (oft angegeben als maximale Kondensatorlast) spezifiziert.
Weblinks
- Elektronik-Kompendium: Heißleiter
- Heißleiter-Anwendung 1: NTC-Einschaltstrombegrenzung mit Relaisüberbrückung (Audioverstärker)
- Heißleiter-Anwendung 2: NTC-Einschaltstrombegrenzung mit netzspannungsgespeistem Überbrückungsrelais
- Software zur Thermistor Berechnung bei sourceforge.net