Braun SK 4


Modell „Phonosuper SK 61“ von 1962
Der Braun SK 4 oder auch „Phonosuper SK 4“ ist eine Radio-Plattenspieler-Kombination die 1956 vom Unternehmen Braun vorgestellt wurde. Sie besteht aus einem Röhrenradio und einem Plattenspieler in einem ganzseitig geschlossenem Gehäuse aus Metall und Holz mit Acrylglasdeckel. Entworfen wurde der „Phonosuper SK 4“ von Hans Gugelot und Dieter Rams. Er war eines der ersten Braun-Produkte welches das damalige neue Produktdesign des Unternehmens wiedergab und repräsentierte.
Entstehung
Bereits 1952 beschlossen Artur und Erwin Braun, Geschäftsführer der Max Braun OHG, das Erscheinungsbild der Braun-Produkte zu ändern. Für dieses Ziel wurde die Abteilung für Formgestaltung eingerichtet, deren Aufgabe es war, klar gestaltete und funktionelle Produkte für Braun zu entwickeln. Eines dieser Produkte war der „Phonosuper SK 4“, die sich nicht nur durch die verwendeten Materialien, sondern auch durch ihre kompakte optische Erscheinung von den damals gängigen Musiktruhen unterschied.
Eine Besonderheit des „Phonosupers SK 4“ ist die durchgehende Plexiglasabdeckung, damals eine Neuheit für Produkte der Unterhaltungselektronik. Ursprünglich hatten Hans Gugelot und Dieter Rams für den „SK 4“ eine Haube aus Blech vorgesehen, es stellte sich jedoch heraus, dass diese bei größerer Lautstärke klappern würde. Dieter Rams schlug als Lösung eine Haube aus Acrylglas vor, einem Material, das damals gerade auf dem Markt erschienen war.[1][2] Die klare Abdeckung wirkte prägend für Jahrzehnte und brachte dem Gerät die umgangssprachliche Bezeichnung „Schneewittchensarg“ ein. Die ursprünglich etwas abwertend gemeinte Bezeichnung stammte von Hans Gugelot, der Plexiglas für eine Modeerscheinung hielt.[3] Die „Phonosuper SK 4“ wurde im Braun-Radio-Prospekt vom November 1956 als „Neuartige Radio-Phono-Kombination in ganzseitig geschlossenem Gehäuse aus Metall und Holz“ präsentiert und kostete 295 DM.
Der „SK 4“ ist eines der frühen Braun-Produkte, das durch sein zeitloses Design auffällt und wegweisend für die Entwicklung nachfolgender Geräte der gesamten Unterhaltungselektronik-Branche wurde. Der „Phonosuper SK 4“ kann als Vorläufer der heutigen Kompaktanlagen gesehen werden.
Die Phonosuper-SK-Modelle
SK 4
Radioteil
Das Röhrenradio im „Phonosuper SK 4“ (Type SK4) ist für UKW- und Mittelwellen-Empfang ausgelegt und hat 15 Empfangskreise, sechs Kreise die Amplitudenmodulation (AM) und neun Kreise für die Frequenzmodulation (FM). Es ist mit fünf Elektronenröhren der Typen ECC85, EF89, EF89, EABC80 und EL84 bestückt. Wie auch schon beim Braun „Tischradio SK 1“ handelt es sich um einen „Kleinsuperhet“-Radioempfänger, eine elektronische Schaltung, die mit möglichst wenigen Elektronenröhren auskommt.
Der SK 4 verfügt über eine eingebaute Ferritstabantenne, einen Anschluss für eine Dipolantenne und einen Lautsprecheranschluss für einen externe Lautsprecherbox. Die Ausgangsleistung beträgt 3 Watt, die an einem abschaltbaren Ovallautsprecher abgegeben wird. Die Klangfarbe kann über einen Tonregler eingestellt werden.
Plattenspieler
Der Braun-Plattenspieler Modell „PC3“ wurde von Wilhelm Wagenfeld gestaltet. Er verfügt über einen Asynchronmotor mit Reibradantrieb und besitzt keine Automatik, sondern nur einen Motorstop. Er hat drei Geschwindigkeiten: 33, 45 und 78 Umdrehungen pro Minute. Der Tonarm hat kein Gegengewicht und keine Antiskatingfunktion. Der Mono-Plattenspieler hat einen Kristalltonabnehmer, der mit zwei Saphir-Nadeln bestückt wurde. Der Plattenspieler „PC3“ weicht in seiner gerundeten Form von der geradlinigen Struktur des SK 4 ab, er wurde auch in anderen Braun-Produkten eingesetzt, wie beispielsweise im „Phonokoffer PC3“ oder im Steuergerät „Atelier 1“.
Gehäuse
Das lackierte Blechgehäuse mit ausgestanzten Lüftungs- und Lautsprecherschlitzen geht auf Hans Gugelot zurück, die Typografie der Skala folgt den Maßgaben von Otl Aicher.[4] Die seitlichen Holzwände mit rötlichem Rüsterfurnier (Ulme) stellen eine Verbindung zum traditionellen Einrichtungsstil der damaligen Zeit her. Das Ziel, die Bedienung möglichst einfach zu machen, wurde durch Weglassen von allen verzichtbaren Elementen und das Ordnen der benötigten erreicht. So sind alle Bedienelemente des Radios und natürlich auch des Plattenspielers oben angebracht und nicht mehr, wie bis dahin üblich, auf der Vorderseite des Geräts. Alle Regler und Taster sind hellgrau, ebenso wie das Plattenspieler-Chassis.
SK 4/1
Der überarbeite „Phonosuper SK 4/1“ von 1957 ist identisch mit dem „SK 4“, verfügt aber über getrennte Höhen- und Tiefenregler, der Plattenspieler Modell „PC3“ wurde gegenüber dem Vorgänger von drei auf vier Geschwindigkeiten erweitert: 16, 33, 45 und 78 Umdrehungen pro Minute. Auf dem Plattenteller wurden fünf statt bisher drei Gummiauflagen angebracht.
SK 4/1a
Baugleich mit SK 4/1
SK 4/2
Baugleich mit SK 4/1
SK 5
Der „SK 5“ ist baugleich mit dem SK 4/1, das Radioteil wurde aber für den Langwellen-Empfang (LW) erweitert, der Plattenspieler Modell „PC3 SV“ wurde mit einem Stereo-Kristalltonabnehmer-System ausgestattet und dadurch für die Wiedergabe von Stereo vorbereitet (SV). Zum Hören von Stereo-Schallplatten muss der SK 5 allerdings umgerüstet werden, er bleibt daher eine Mono-Anlage.
SK 6
Der „SK 6“ (Typ RC4) war das erste Stereo-Modell aus der Phonosuper-Serie. Um die Stereo-Wiedergabe von Schallplatten zu ermöglichen, musste die elektronische Schaltung des „SK 6“ verändert werden. So wurde das Radioteil mit sechs Elektronenröhren bestückt: ECC85, EF89, EBF89, ECC83, EL95, EL95. Bei den vorherigen Modellen waren es nur fünf Elektronenröhren. Der Stereo-Röhrenverstärker hat eine Ausgangsleistung von 2 x 2 Watt sowie einen Schiebeschalter auf der Rückseite, der einen Seitenwechsel der Lautsprecherboxen bei Stereo-Wiedergabe ermöglicht.
Eine weitere Änderung war das der neue Braun Stereo-Plattenspieler Modell „PC4“ verbaut wurde, der über einen Stereo-Kristalltonabnehmer ELAC KST102 verfügt, sowie eine halbautomatische Aufsetzhilfe. Der Plattenteller wurde mit einen schwarzen Gummiring anstelle der bisher verwendeten fünf Gummiauflagen ausgestattet. Die bis dahin verbaute getrennte Höhen- und Tiefenregelung wurde durch einen Klangregler sowie einen Balance-Regler ersetzt.
SK 61
Der „SK 61“ (Typ RC41) von 1962 ist äußerlich und in seinen Funktionen identisch mit dem „SK 6“, unterscheidet sich jedoch im elektronischen Aufbau. Das Empfängerteil des Radios arbeitet bei Amplitudenmodulation (AM) mit sechs Kreisen und bei Frequenzmodulation (FM) mit 10 Kreisen. Die vorherigen Modelle hatten sechs AM-Kreise und neun FM-Kreise. Das Empfängerteil besteht aus drei Elektronenröhren vom Typ ECC85, ECH81 und EBF89, die beim Plattenspieler- oder Tonbandbetrieb abgeschaltet werden, während die zweite Endstufenröhre (EL95) eingeschaltet wird. Daher ist im Radiobetrieb nur die Mono-Wiedergabe möglich. (Erst 1964 begann die Rundfunk-Übertragung mit Stereo-Ton auf UKW).
Der Stereo-Röhrenverstärker des „SK 61“ arbeitet mit einer ECC83 als Vorstufe und zwei Endstufenröhren vom Typ EL95, die Leistung beträgt 2 x 3 Watt. Ein Schiebeschalter auf der Rückseite ermöglicht einen Seitenwechsel der Lautsprecherboxen bei Stereo-Wiedergabe. Im „SK 61“ wurde auch der Stereo-Plattenspieler „PC4“ mit halbautomatischer Aufsetzhilfe verbaut. Dieser verfügt über einen Stereo-Kristalltonabnehmer ELAC KST102 sowie einem weißen geraden Tonarm.
Als der Stereo „Phonosuper SK 61“ 1962 vorgestellt wurde kostet dieser 448,- DM und 1963 schon 495,- DM.
SK 55
Der „SK 55“ (Typ RC32) von 1963 ist das letzte Modell aus der Phonosuper-SK-Reihe und zeigt auch äußerlich die stärkste Veränderung gegenüber den Vorgängermodellen. So wurden die beiden bis dahin ungleich langen Ausstanzungen an der Gerätefront und Rückseite für die Lüftungs- und Lautsprecherschlitze vereinheitlicht. Die bisher längeren Schlitze im Bereich des Lautsprechers bekamen einen Mittelsteg, was die Stabilität der Lamellen erhöht.
Die Farbe des Senderabstimmungsknopf änderte sich in weiß und hat, korrespondierend zu den Kanalmarkierungen der Skala, einen orange-roten Punkt. Es wurden auch Modelle des „SK 55“ mit einem vollständig orange-roten Senderknopf produziert. Die Farbe der Regler und Tasten war nun nicht mehr hellgrau, sondern graphit, ebenso wie die des Tonabnehmergehäuses des neuen Plattenspielers Modell „P2“. Die Beschriftungen an den Bedienelementen ist in Kleinschreibung ausgeführt: höhen, tiefen, volumen bei den Tasten: ein aus, phono, lw, mw, ukw und sender.
Der Plattenspieler „P2“ hat einen gebogenen Aluminium-Tonarm mit justierbarem Gegengewicht, sowie den Stereo-Kristalltonabnehmer ELAC KST107. Das Plattenspieler-Chassis wurde nun weiß genau wie das Gehäuse und es wurde auf die Geschwindigkeit von 78 Umdrehungen pro Minute verzichtet, da diese nur für Schellackplatten benötigt wird. Da Schellackplatten seit 1958 nicht mehr produziert werden und von den „Vinyl“-Schallplatten abgelöst wurden, gab es 1963 auch nur noch ein geringes Angebot.
Der „SK 55“ verfügt über die Wellenbereiche UKW, MW und LW und ist nur für die reine Mono-Wiedergabe ausgelegt. Das Empfangsteil hat sechs Kreise für LW und MW und 10 für UKW und es kommen wieder fünf Elektronenröhren zum Einsatz: ECC85, ECH81, EF89, EABC80 und als Endstufe eine EL84. Die Verstärkerleistung beträgt 3 Watt. Der „Phonosuper SK 55“ kostete 1963 438,- DM und wurde bis 1968 parallel mit dem „Phonosuper SK 61“ verkauft, der mit 495,- DM etwas teurer war.
Die Exportmodelle
Für den US-amerikanischen und Kanadischen Markt wurden ab 1958 auch Exportmodelle von Braun produziert. Diese wurden von dem kanadischen Unterhaltungselektronik-Hersteller Clairtone vertrieben. Wie bei allen von Clairtone verkauften Braun-Produkten, steht über dem Braun-Logo zusätzlich der Schriftzug Clairtone.
Der „Phonosuper SK 5-c“ (c = „Clairtone“) von 1960 ist Baugleich mit dem „SK 5“, verfügt auch über einen UKW- und Mittelwellen-Empfangsbereich, aber statt des Langwellenempfängers über einen Kurzwellenempfänger. Der UKW-Bereich reicht von 87 MHz bis 108 MHz, das Netzteil für die Stromversorgung wurde nur für 110 Volt ausgelegt. Die Beschriftung an den Bedienelemente ist Englisch, bei den Reglern stehen die Bezeichnungen: Tone, Balance, Volume Control und Tuner; bei den Tasten: on off, PH, AM, SW und FM.
Der 1962 erschienene „Phonosuper SK 61-c“ ist Baugleich mit dem „SK 61“.
Modell-Übersicht
Übersicht aller Phonosuper-SK-Modelle, die von 1956 bis 1968 von Braun angeboten wurden.
Die Phonosuper-SK-Modelle von Braun | |||||
---|---|---|---|---|---|
Modell | Erscheinungsjahr | Radiochassis Type[* 1] |
Plattenspieler Modell |
Plattenspieler Type |
Bemerkung |
Phonosuper SK 4 | 1956 | SK4 | PC 3 | PC3 | Mono-Anlage |
Phonosuper SK 4/1 | 1957 | SK4/1 | PC 3 | PC3 | Mono-Anlage |
Phonosuper SK 4/1a | 1957 | SK4/1a | PC 3 | PC3 | Mono-Anlage |
Phonosuper SK 4/2 | 1958 | SK4/2 | PC 3 | PC3 | Mono-Anlage |
Phonosuper SK 5 | 1958 | SK5 | PC 3 SV | PC3 SV | Stereo-Vorbereitet |
Phonosuper SK 5-c | 1960 | SK5-c | PC 3 SV | PC3 SV | Export-Anlage |
Phonosuper SK 6 | 1961 | RC4 | PC 4 | PC4 x | Stereo-Anlage |
Phonosuper SK 61 | 1962 | RC41 | PC 4 | PC4 x | Stereo-Anlage |
Phonosuper SK 61-c | 1962 | RC41-c | PC 4 L | PC4 L | Export-Anlage |
Phonosuper SK 55 | 1963 | RC32 | P 2 | P 2 | Mono, Stereo-Plattenspieler |
Lautsprecherbox „L 1“
Die Lautsprecherbox „L 1“ von 1957 ist ein Außenlautsprecher für das Braun Steuergerät „Atelier 1“, eine Radio-Plattenspieler-Kombination, wurde aber auch als Ergänzung zur „Phonosuper SK 4/1“ angeboten. Das Gehäuse aus Holz mit weißer Kunststoff-Oberfläche und Seitenteilen aus Rüster-Furnier beinhaltet einen 34 x 18 cm großen ovalen Konzertlautsprecher und einen 10 cm großen Hochtonlautsprecher, beide von Isophon. Die Belastbarkeit beträgt 6 Watt, die Abmessung sind 58,5 x 23,8 x 29 cm. Der Preis betrug 1957 110,00 DM.
Bilder
„Phonosuper SK 5“ von 1958
„Phonosuper SK 61“ von 1962
Literatur
- Sophie Lovell: Dieter Rams: As Little Design as Possible. Verlag Phaidon, London 2011, ISBN 978-0-7148-4918-8.
- Hartmut Jatzke-Wigand, Jo Klatt: Design + Design, unabhängige Zeitschrift für Design-Sammler. Ausgabe zero: Wie das Braun-Design entstand/The Development of the Braun Design. Dezember 2011, ISBN 978-3-9811106-4-7.
- Hans Wichmann: Mut zum Aufbruch. Erwin Braun 1921–1992. Verlag Prestel, München 1998, ISBN 3-7913-2023-8.
- Dieter Rams, Designer, Die leise Ordnung der Dinge, Hrsg. v. Industrie Forum Design Hannover, Göttingen, Steidl Verlag, 1990. ISBN 978-3-8824316-7-4.
Weblinks
- Daten des SK 4
- Schaltplan des SK 4
- Fotos der Folgemodelle SK 4/1, SK5, SK 55, SK61, SK61c
Einzelnachweise
- ↑ Ausstellung im Museum of Modern Art, San Francisco, USA: Less and More, The Design Ethos of Dieter Rams, 27. August 2011 - 20. Februar 2012, Foto aus der Ausstellung zum Thema SK 4“
- ↑ Guus Gugelot über den SK 4
- ↑ Snow White's Coffin
- ↑ Bernd Polster (Hrsg.): Wohndesign Deutschland: Die Klassiker, 572 Seiten, Dumont, Köln 2008, Seite „1956/1“
Anmerkungen
- ↑ Typ nach Typenschild-Angabe.