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Kanton Glarus

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Der Kanton Glarus ist ein Kanton im Zentrum der Schweiz.

Deutsch: Glarus; Französisch: Glaris; Italienisch: Glarona; Rätoromanisch: Glaruna; Englisch: Glarus .

Kanton Glarus
Flagge des Kantons
Flagge des Kantons
Basisdaten
Hauptort: Glarus
Fläche: 685 km²
Einwohner: 38'700 (2003)
Bevölkerungsdichte: 56 Einw./km²
Beitritt: 1352
Abkürzung: GL
Sprachen: Deutsch
Website: Kanton Glarus
Karte
Lage des Kantons
Lage des Kantons

Geographie

Der Kanton umfasst das Einzugsgebiet der Linth bis zum Walensee, begrenzt u. a. im Westen und Süden vom Glärnisch und den Glarner Alpen, im Osten vom Surenstock.

Das Glarnerland ist eines der steilsten Alpentäler. Eindrücklich prägen grosse Höhenunterschiede sein Bild. Es steht nur gegen Norden, zur Linthebene hin, offen. Die Gegensätze widerspiegeln sich im Klima. Es wechselt innerhalb weniger Kilometer von mild am Walensee, wo südliche Flora zu finden ist, zu hochalpin auf den vergletscherten Berggipfeln, und bläst der Föhn durchs Tal, können Temperaturrekorde gemessen werden.

Der 685 km² grosse Kanton entspricht etwa dem Einzugsgebiet der Linth. Das Sernf- oder Kleintal bietet als einziges Seitental dörflichen Siedlungen Platz. Das Klöntal, das wichtigste westliche Seitental, ist, wie Carl Spitteler rühmt, mit seinem Bergsee «so schön, wie es kein Traum errät».

Am Eingang ins Sernftal befindet sich eine der berühmtesten geologischen Stellen der Alpen. In der Lochsite überlagern ältere Gesteinsschichten jüngere, was die Geologen den Schlüssel zur Erkenntnis der Überschiebung von Gebirgsdecken finden ließ. Eine naturgetreue Kopie findet sich im American Museum of Natural History New York.

Als sichtbarster Eingriff des Menschen zur Zähmung der Natur zeigt sich das imposante Linthwerk, welches das Antlitz der ganzen Region prägt. Die Linthkorrektion wird 1807 als erstes Nationalwerk der Schweiz in Angriff genommen. Die Linth wird in den Walensee geleitet und ihr Lauf in den Zürichsee kanalisiert. Zuvor floss sie, den Ausfluss des Walensees immer mehr zurück stauend, ungeregelt, die Linthebene versumpfend, Krankheit, Elend und Armut bringend, träg dem Zürichsee zu.


Bevölkerung

Die 27 politischen (bis 31.12.2003: 29) Gemeinden des Kantons Glarus bieten knapp 40.000 Personen Heimat. Der Talboden ist mit deutlich über 400 Einwohnern je Quadratkilometer stark besiedelt. Der Ausländeranteil beträgt etwa 20 Prozent. Knapp die Hälfte der Bewohner bekennt sich zur evangelisch-reformierten und rund 40 Prozent zur römisch-katholischen Konfession.

Die Glarner Mundart ist nicht einheitlich, gemeinsam jedoch ist den glarnerischen Idiomen die melodiöse, singende Sprache.

Die Glarnerinnen und Glarner lieben ihre Heimat, ziehen aber trotzdem gerne in die Ferne. Sehr früh mit den wechselnden Läufen von Industrialisierung und Handel konfrontiert, pflegten und pflegen viele von ihnen weltweite, mannigfaltige Beziehungen.

Sprachen

83,6 % deutsch- und 6,8 % italienischsprachig


Wirtschaft

In der Landwirtschaft überwiegt die Vieh-, besonders die Milchwirtschaft. Hauptwirtschaftszweig ist die Industrie, vor allem Textilindustrie, Maschinen- und Apparatebau, Holzverarbeitung und Baustoffindustrie. Daneben sind Elektrizitätsgewinnung durch Wasserkraftwerke und Fremdenverkehr wichtig.


Wirtschaftsgeschichte

Der Kanton Glarus ist der am stärksten industrialisierte Kanton der Schweiz. Von 18.750 Voll- und Teilzeitarbeitsstellen bietet im Jahre1998 der zweite Sektor deren 7700 (41%) und der dritte Sektor 9300 (50 %) an. Im ersten Sektor arbeiten 1750 Personen (9 %).

Ein Blick in die Wirtschaftsgeschichte zeigt, dass die Glarner schon früh keine Selbstversorger mehr sind. Sie sichern sich bereits im 15. Jahrhundert ihr Auskommen mit Viehexport und Handel mit Milchprodukten - zu denen damals schon der Glarner Ziger gehört. Der Alpwirtschaft kommt heute noch Bedeutung zu. Die 96 Alpen werden von 125 Sennten mit knapp 14'000 Tieren bestossen. Je Alpsommer werden rund 4000 Tonnen Milch verarbeitet.

Von etwa 1500 bis 1800 bildet die Reisläuferei eine der Hauptverdienstquellen der Glarner. Fast 1000 bringen es in fremden Diensten zum Offizier, einige zudem zu Ruhm, Ansehen und Reichtum; und noch viel mehr verlieren als Soldaten das Leben. Der Herrschaftssitz von Kaspar Freuler zeugt von den Möglichkeiten eines Heerführers jener Zeit. Heute beherbergt dieses schönste Bürgerhaus der Schweiz aus dem 17. Jahrhundert das äusserst sehenswerte Museum des Landes Glarus (mit Textildruck-, Skisport-, Militär- und Waffenabteilung).

Im 16. und 17. Jahrhundert kommt der Handel mit gewerblichen Produkten (Schiefertafeln und -tische, Griffel, gestrickte Strümpfe, Kappen, Mätzenwebereiwaren) und später, in einer Zeit der Verdienstlosigkeit, die Handspinnerei auf.

Um 1740 hält mit der ersten Zeugdruckerei die Fabrikindustrie Einzug ins Tal, was dazu führt, dass die Weberei aufgenommen wird. In Zeiten des Niedergangs - wegen der Maschinenspinnerei und -weberei - kommt es zu Auswanderungswellen. Mitte des 19. Jahrhunderts verlässt jede zwölfte Person das Glarnerland. An diese wirtschaftlich schlimmen Situationen erinnert die Siedlung «New Glarus» im Staate Wisconsin/USA, die 1845 von ausgewanderten Glarnern und Glarnerinnen errichtet wird, und zu der immer noch gute Beziehungen bestehen. Einige Jahre später (um 1865) kommt es zum «glarnerischen Wirtschaftswunder». Die Bevölkerung wächst stark an. Die Textilindustrie bietet über 10'000 Arbeitsplätze an und ihre Produkte gelangen dank ausgezeichneter Qualität, Kundenbedürfnisse wahrnehmender Marktforschung vor Ort, weit verzweigtem Netz an Handelsniederlassungen in jeden Winkel der Erde.

Der Niedergang der Druck- und Textilindustrie gegen Ende des Jahrhunderts trifft das Land hart. Doch schafft, wie die oben erwähnten Zahlen belegen, die glarnerische Wirtschaft den Strukturwandel. So finden sich heute beispielsweise im denkmalgeschützten «Hänggiture» - Holzturm, an und in dem einst die bedruckten bunten Tücher zum Trocknen ausgehängt waren - High-Tech-Unternehmen. Die gewonnene Vielseitigkeit ließ die glarnerische Wirtschaft widerstandsfähiger werden; geblieben ist die enorme Exportabhängigkeit.

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Tourismus

Dem Tourismus kommt - insbesondere in den Orten Braunwald, Elm und Filzbach - grosse Bedeutung zu, der Dienstleistungssektor wächst stetig und die Infrastruktur im Tal lässt kaum Wünsche offen


Geschichte

Bronzezeitliche (13.- 9. Jh. v. Chr.) Funde sind erste Belege menschlicher Anwesenheit im Glarnerland. Für die keltische Besiedlung (3. Jh. v. Chr.) sprechen Bodenfunde und Ortsbezeichnungen. So leitet sich der Name des Talflusses Linth vom keltischen Linta ab, was die Geschmeidige oder Schlange, Drache bedeutet.

Reste römischer Bauten finden sich am Walensee und auf Kerenzen. Zu Beginn unserer Zeitrechnung gehört das Glarnerland zur Provinz Rätien.

Die erste Talkirche wird im 6. Jahrhundert in Glarus gebaut. Um 700 wandern die Alemannen ein, deren Sprache sich aber erst im 11. Jahrhundert allgemein durchsetzt. Zu dieser Zeit untersteht das Glarnerland dem Kloster Säckingen.

Im 13. Jahrhundert kommt es unter habsburgische Vormacht, die die Glarner abzuschütteln versuchen. Sie verfügten nämlich über eine gewisse Eigenständigkeit, urkundet doch 1282 die Gemeinschaft der Männer des ganzen Tales Glarus. 1351 lassen sie sich von Zürchern und Innerschweizern erobern. Nachdem sie 1352 einen ersten Rückeroberungsversuch Habsburgs zurückgeschlagen haben, schließen sie den Bund mit den Eidgenossen und errichten unterhalb Näfels eine Letzimauer, von der Überreste heute noch festzustellen sind. Nach der Schlacht bei Sempach erobern sie das Städtchen Weesen, das durch eine verräterische Mordnacht im Februar 1388 wieder verloren geht.

An der ersten ausführlich dokumentierten Landsgemeinde geben sie sich 1387 eigene Satzungen und legen damit den Grundstein zur heutigen demokratischen Verfassung.

Am 9. April 1388 schlagen sie in der Schlacht bei Näfels ein mehrfach überlegenes habsburgisches Heer und befreien sich mit diesem Sieg von der habsburgischen Herrschaft. - Seither erinnert die am ersten Donnerstag im April begangene Näfelser Fahrt an dieses Ereignis.

1395 kaufen sie sich von Säckingen los, zahlen dem Frauenkloster aber noch bis zum Umsturz Ende des 18. Jahrhunderts einen ewigen Jahreszins.

Schon vor 1530 ist die Mehrheit der Glarner und Glarnerinnen reformiert. Ulrich Zwingli hatte während zehn Jahren in Glarus als Pfarrer gewirkt und seine Reformationsschrift 1523 Ammann, Rat und Gmeind des Lands Glaris gewidmet. Nur Näfels und Oberurnen bleiben beim alten Glauben und einige wenige andere Gemeinden werden paritätisch. Erste Grundsätze von Religionsfreiheit vermögen jedoch die Spannungen zwischen den Konfessionen nicht zu verhindern. Immerhin überdauert das Simultanverhältnis an der Kirche von Glarus: bis zur Weihe der katholischen St. Fridolins Kirche 1964 nutzen beide Konfessionen die gleiche Kirche; daran vermag selbst der verheerende Brand von Glarus (1861) nichts zu ändern. Die Staatsgewalt jedoch teilt sich. Es gibt drei Landsgemeinden: je eine der Angehörigen der beiden Glaubensgruppen und die gemeinsame. Auch die Gerichte, das Militär- und Postwesen und der Salzhandel trennen sich. Es gelten gar, weil die Reformierten den Gregorianischen Kalender ablehnen, während eines Jahrhunderts zwei Kalender. 1836 hebt die neue Kantonsverfassung diese konfessionelle Landesteilung auf.

1799 wird das Glarnerland zum Kriegsschauplatz fremder Heere. Die Franzosen zwingen die über den Pragelpass und das Klöntal vorgestossenen Russen unter General Suworow zum verlustreichen Rückzug über den verschneiten Panixerpass. - Aus dem ausgehungerten Land ziehen 1200 Kinder in andere Kantone, wo sie Ernährung und Hilfe finden müssen.

Seit alters her an das Mitbestimmen an der Landsgemeinde gewohnt, prägt die Glarner Arbeiterschaft zusammen mit sozial gesinnten Ärzten und Pfarrern die Sozialgesetzgebung im 19. und 20. Jahrhundert. So wird zum Beispiel 1856 die Fabrikarbeit für unter 12-jährige verboten und 1864 das erste demokratisch durchgesetzte Fabrikgesetz erlassen. Es reduziert die tägliche Arbeitszeit auf zwölf Stunden (1872 auf elf Stunden), verbietet Nacht- und Kinderarbeit, schreibt Arbeitssicherheits- und Hygienemassnahmen vor und bringt einen bescheidenen Wöchnerinnenschutz. 1916 stimmt die Landsgemeinde der Schaffung einer kantonalen Alters- und Invalidenversicherung zu. Diese erste obligatorische Sozialversicherung findet mit der AHV erst 1948 eine Entsprechung auf Bundesebene. Ebenfalls ist es die Glarner Landsgemeinde, die 1925, als erstes seiner Art, das Gesetz über die Arbeitslosenversicherung erlässt. Der Fabrikarbeiterverein Schwanden gründet 1864 den ersten Konsumverein der Schweiz.

Städte und Orte

Im Kanton Glarus gibt es keine Städte (Einwohnerzahl mind. 10'000). Gemeinden über 1'000 Einwohner sind:

siehe auch: Gemeinden des Kantons Glarus

Bezirke

Der Kanton Glarus kennt keine Einteilung in Bezirke.

Sonstiges

Ausbildung und Freizeit

Das Schulsystem des Kantons Glarus ist gut ausgebaut: Kindergarten, Volksschule (teilweise Einführungsklassen, Sonder- und Hilfsschule) mit den Oberstufenzügen Ober-, Real- und Sekundarschule zudem Werkjahr, Freiwilliges 10. Schuljahr, hauswirtschaftlicher Jahreskurs, Integrationsklasse.

An der Kantonsschule Glarus kann die schweizerische Maturität erlangt und die Diplommittelschule besucht werden. Es finden auch Volkshochschulkurse statt.

In Ziegelbrücke wird eine Gewerbliche Berufsschule, in Glarus diejenige der kaufmännischen Berufe und die Pflegeschule geführt. Im Kanton können in rund 400 Lehrbetrieben etwa 130 Berufe erlernt werden.

Die reichen Angebote von Landesarchiv und vor allem der modernen Landesbibliothek dienen nicht nur den Bildungshungrigen sondern auch geschichtlich und kulturell Interessierten oder einfach dem Lese-, Hör- und Sehvergnügen.

Das kulturelle Leben ist vielseitig. Glarus besitzt ein renommiertes, als solches errichtetes Kunsthaus. Auch die weitbekannte Galerie Tschudi in Glarus und verschiedene private Galerien zeigen immer wieder Sehenswertes aus dem Bereich der darstellenden Künste, die von zahlreichen Künstlern und Künstlerinnen im Kanton ausgeübt werden.

Die Musikwoche Braunwald ist die traditionsreichste solche Veranstaltung in ganz Europa. Sie lädt die Teilnehmenden nicht nur zum Zuhören sondern auch zum aktiven Mittun ein. Die Musikschule Glarus trägt, zusammen mit zahlreichen Vereinen und Gruppen, zum reichen Musikleben bei.

Die Glarner Konzert und Theatergesellschaft bringt im Winterhalbjahr bekannte Musiker und Bühnen ins Glarnerland, während im Kultur- und Vereinszentrum Holenstein Glarus vor allem alternative Kultur gelebt wird.

Im sportlichen Bereich ist das Angebot durch verschiedene Sportzentren ebenso vielfältig und die nahen Berge und Seen laden dazu ein, die Freizeit auf sinnvolle und bereichernde Weise zu verbringen. Nicht umsonst wurde die erste SAC Hütte der Schweiz im Kanton Glarus, am Tödi, erstellt und stand die Wiege des schweizerischen Skisports im Glarnerland!


Wappen

Das Glarner Wappen zeigt als einziges Kantonswappen einen Menschen: den heiligen Fridolin mit Wanderstab und Bibel.

Der Legende nach war Fridolin ein irischer Glaubensbote, der anfangs des 6. Jahrhunderts lebte und durch dessen Einfluss die Bewohner des Glarnerlandes zu Christen geworden waren. In kirchlichen Darstellungen wird er von einem Skelett begleitet. Die Sage berichtet, Fridolin, der vom sterbenden, reichen Ursus grosse Teile des Glarnerlandes geschenkt bekam, habe diesen im Erbstreit mit dessen Bruder Landolf aus dem Grab um Hilfe geholt. Landolf sei, als er den bereits in Verwesung übergegangenen Bruder vor Gericht erscheinen sah, darob so erschrocken und beschämt worden, dass er Fridolin auch seinen Teil des Glarnerlandes schenkte. Auf diese Art wurde die Zugehörigkeit des Glarnerlandes zum von Fridolin gegründeten Kloster Säckingen (im heutigen Deutschland) erklärt, und Fridolin gilt als Schutzpatron vor Erbschleicherei.


Siehe auch: Glarus (Ort)

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