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Independent

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Independent (engl. = unabhängig), kurz Indie, bezeichnet einerseits eine bestimmte ökonomische Produktionsform von Musik, andererseits einen bestimmten Musikstil, der von einer gemeinsamen Ästhetik geprägt ist, obwohl die einzelnen Ausdrucksformen sehr unterschiedlich sein können.

Independent als Produktionsform

Independent steht hier für Unabhängigkeit von den globalisierten Konzernen des Musikmarktes (Major Labels). Deren Fixierung auf Massenerfolge und größtmöglichen Umsatz am Weltmarkt ohne Beachtung künstlerischer Qualität und Integrität provozierte während der vergangenen Jahrzehnte immer wieder Gegenbewegungen. Allgemeinen ist Independent eine kritische Haltung, die gesellschaftliche und politische Abläufe hinterfragt. So war besonders in den späten 1970er/frühen 1980er Jahren die Gründung vieler Independent-Labels eine bewusste Absage an die Politik und die Ästhetik der großen Plattenfirmen. Ein weitaus profanerer Entscheidungsgrund eines Künstlers, bei einem Independent-Label zu unterschreiben, ist, bei einem Major-Label nicht unter Vertrag genommen zu werden, weil er nicht verkaufsträchtig genug erscheint. So ist besonders beim Aufkeimen neuer Musikrichtungen auch immer eine sprunghaft steigende Zahl von "independent" Musikfirmen (engl. "label") zu beobachten gewesen.

Obwohl es aus solch allgemeiner Perspektive "independent" Bands/Labels in jeder Richtung populärer Musik gibt, erlangte dieses Konzept nach dem Ende der ersten Punk-Welle in den späten 70er Jahren besondere Popularität. Das wohl auch, weil "do it yourself" (kurz: "DIY") in der Punk-Szene ohnehin zu den Grundüberzeugungen gehört. Dort gab es nach dem Abebben der ersten Punk-Welle in den späten 1970er Jahren keine anderen Möglichkeiten, als Produktion und Vertrieb in die eigenen Hände zu nehmen, da die Musikindustrie keinerlei Bereitschaft zeigte, weiter in diesem Bereich zu investieren. Aus dieser Ablehnung wuchs in der punk-orientierten Rockszene ein weltweiter Trend, in dessen Entwicklung alles definiert wurde, was seit den frühen 90er Jahren als Alternative bezeichnet wird.

Ein typisches Beispiel für diesen Prozess ist das britische "Rough Trade"-Label, das sich vom Schallplattenladen zum führenden europäischen Indie-Label der 1980er entwickelte. Auf US-amerikanischer Seite vergleichbar wäre das von Mitgliedern der Hardcore-Band Black Flag gegründete Label "sst", dessen größter Erfolg aus heutiger Sicht ist, als eins der ersten Labels Grunge-Pioniere wie Soundgarden unter Vertrag genommen zu haben. Eines der bekannteren deutschen Independent-Labels ist L'age d'or. Vor diesem Hintergrund hat eine allgemein kritisch-oppositionelle Grundüberzeugung in der Independent-Szene Tradition. Die meisten Mitglieder der Indie-Szene bzw. Subkultur haben auch eine mehr oder minder stark ausgeprägte antikommerzielle und antikonsumorientierte Haltung. Dies zeigt sich in der Ablehnung rein kommerzieller Musikbands, der Abgrenzung von übermäßigem und vor allem "primitivem" Konsum (sowohl in materieller als auch geistig-kultureller Hinsicht, z.B. durch das Tragen von Second-Hand-Kleidung) und manchmal auch generell von allgemeinen Verhaltensmustern, wie sie von Jugendlichen oder jungen Menschen aufgezeigt werden.

Independent als Musikstil

Auf musikalischer Ebene steht "Independent" für den allgemeinen Trend seit den 1980ern, auf der Basis der Philosophie von Punk (Do it yourself) die Ausdrucksmöglichkeiten im Pop- und (hauptsächlich) Rock-Bereich stetig zu erweitern.

Dabei geht es um eine ästhetische Abgrenzung vom musikalischen Mainstream, obwohl die Bands heute durchaus auf Major Labeln vertreten sein können – entstanden ist der "Stil" jedoch jenseits der Major-Label. Für Major-Labels waren diese Klänge ursprünglich zu gewagt, zu kritisch, nicht massentauglich genug, und damit finanziell nicht rentabel, zumeist aber wussten sie nicht einmal um ihre Existenz. Nach und nach geschah dann eine Bedeutungsverschiebung, das Wort, das ursprünglich die wirtschaftlichen Produktionsbedingungen thematisierte, beschrieb zunehmend einen speziellen Klang, der in diesen wirtschaftlichen und kulturellen Nischen entstanden und von Punk geprägt war. Nun brachten im Zuge der Grunge-Welle auch Major-Labels erfolgreiche Indie-Acts heraus, boten ihnen bessere Verträge und besseres Marketing an als die Indie-Labels es konnten, oder erschufen sog. Klon-Bands, also gecastete, musikalisch und ästhetisch sehr ähnliche Bands, aber mit harmloseren Texten und Botschaften und gefälligerer Musik "aus der Retorte". Die Grenzen zwischen Indie und Mainstream verschwammen zunehmend.

Auch weniger aggressiven Postpunkstile, die von Pop-, elektronischen, aber auch Folk-, Country-, Blues-Elementen bestimmt sind, werden als "Indie" bezeichnet. Charakteristisch sind hierfür Bands wie die Go-Betweens, Violent Femmes oder The Feelies.

Trotz ähnlicher Wurzeln und streckenweise identischem Umfeld entwickelte sich besonders in Nordamerika zeitgleich eine breite Bewegung subkultureller Rockbands mit direkterem Punk-Bezug, die für sich den Begriff Hardcore bevorzugten, was bis in die 90er Jahre hinein der Oberbegriff für massivere Sounds blieb.

Mit Beginn dieses Jahrzehnts hatte die subkulturell neu definierte Rockmusik eine solche Breitenwirkung erzielt, dass die Musikindustrie nun wieder verstärkt in diesem Bereich zu investieren begann. Eine direkte Folge davon war der Grunge-Boom rund um Nirvana.

Vor diesem Hintergrund kam die subkulturelle Entwicklung zum Erliegen und der Begriff "independent" als Bezeichnung für unkommerzielle Rockmusik wurde nahezu vollständig von der allgemeineren Bezeichnung Alternative abgelöst, die auch auf große Teile der ehemaligen Hardcore-Szene angewendet wird.

Siehe auch: Underground (Kunst), Portal:Rockmusik, [1]Ein deutschsprachiges Wiki zum Thema Indie- und Popkultur.


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