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Platon

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Platon (griechisch Πλάτων; latinisiert Plato; eigentlich Aristokles) war ein antiker griechischer Philosoph und lebte in Athen von 428 v. Chr. bis 347 v. Chr. Er gilt als einer der bedeutendsten Philosophen in der Geschichte.

Plato
Plato
Platon

Leben und staatstheoretische Hauptwerke

Platon stammte aus einem angesehenen altadligen Geschlecht Athens, dem der Kodriden, dem auch Solon angehört hatte. Er hätte wie dieser in der Politik Karriere machen können. Aber die Hinrichtung seines Lehrers Sokrates 399 v. Chr. ließ in ihm die Überzeugung reifen, dass die Stadt von den Sitten der Väter abgefallen sei und überhaupt alle Staaten schlecht verwaltet wären (Plat. VII. Brief 325 f.; die Mehrheit der modernen Forscher geht davon aus, dass der Brief echt ist). Acht Jahre lang hatte Platon Sokrates gehört, jetzt nach dem Tod seines Lehrers, verließ er Athen und ging auf Reisen.

Er besuchte u.a. die Pythagoreer in Unteritalien und nahm 388 v. Chr. Verbindung mit Dionysios I., dem Tyrannen von Syrakus auf Sizilien auf. Er überwarf sich mit diesem, schloss aber Freundschaft mit Dion, dem Schwager und Schwiegersohn des Tyrannen (Plutarch, Dion 11 ff.). Nach seiner Rückkehr begründete Platon in Athen um 387 v. Chr. im heiligen Hain des Heros Akademos die danach benannte Akademie als die erste Athener Philosophenschule. Sie blieb die bedeutendste Eliteuniversität der antiken Welt, bis sie von dem oströmischen Kaiser Justinian I. 529 n. Chr. als letzte heidnische Philosophenschule geschlossen wurde (Johannes Malalas, 451).

Der Gesprächscharakter der Lehre spiegelt sich in der Dialogform von Platons Schriften. Sie bieten nicht ein Lehrgebäude als fertiges System, sondern mimen dessen Entstehungsprozess. Hauptredner in den frühen Dialogen ist Sokrates. Ihm legt Platon seine philosophischen Theorien in den Mund. Diese Dialoge sind die hauptsächliche Quelle für die Philosophie des Sokrates, der selbst keine schriftlichen Aufzeichnungen hinterlassen hat. Jedoch ist die Grenzlinie zwischen Platons eigener Philosophie und der des Sokrates schwer zu ziehen. Man geht davon aus, dass Platon vor allem in den sogenannten Frühdialogen (Apologie, Kriton, Phaidon, Sophistendialoge) die Ideen des Sokrates wiedergibt, während er in den Spätdialogen seine eigenen Gedanken niedergeschrieben hat. Platons staatstheoretisch wichtigstes Werk ist der Dialog über den Staat, die "Politeia" (lat. de re publica), den er um 370 v. Chr. verfasst hat. Der Untertitel lautet: Über das Gerechte, to dikaion. Er resultierte aus Platons Verzweiflung an der attischen Demokratie und dem ungerechten Todesurteil, welches das Volksgericht über Sokrates gefällt hatte.

In seinem Dialog betrachtete Platon (Nom. 829 A) den Staat als einen Menschen im Großen. Der Idealstaat, den er entwickelte, wird als vergrößertes Abbild der Seele des gerechten Menschen vorgestellt. 366 v. Chr. unternahm Platon eine zweite Reise nach Syrakus auf Einladung des Tyrannen Dionysios II. Er hoffte, den Machthaber dafür gewinnen zu können, seinen Idealstaat in der Realität zu verwirklichen. Doch zeigte sich Dionysios ebenso unbelehrbar wie der Philosoph Platon unbeugsam. So endete auch diese 2. Reise mit einer herben Enttäuschung.

Um 350 v. Chr. legte Platon nach seinen Erfahrungen in Sizilien in seinem unvollendeten Alterswerk über die "Gesetze" (Nomoi, De Legibus)- Platons Sekretär Philippos von Opus hat es postum redigiert und ediert: Diogenes Laertios III 37 - einen zweiten Staatsentwurf vor, der theorieferner und praxisnäher ist und bei seinen Bürgern nicht soviel Opferbereitschaft voraussetzt wie noch der Staat der "Politeia".

Philosophische Themen und Positionen

Plato gemalt von Raffael

Grundlegendes zur Ideenlehre

Auf die aporetischen Definitionsdialoge der frühen Schriften folgte in den mittleren Werken die Einführung der Ideen-"Lehre" (hier wird häufig die Trennlinie zwischen sokratischer und platonischer Philosophie gesehen). Platon entwickelte die Ideenlehre, nach der die sinnlich wahrnehmbare Welt einer unsichtbaren Welt der Ideen nachgeordnet ist. Von einer "Ideenlehre" zu sprechen ist jedoch in zwei Hinsichten missverständlich. Erstens formuliert Platon in seiner Philosophie keine einheitliche Lehre. So werden etwa Elemente, die in früheren Dialogen Teil einer solchen Systematik zu sein scheinen, in späteren Dialogen kritisiert, wenn nicht gar verworfen. Zweitens findet sich in Platons Philosophie für diese Entitäten - wie in vielen anderen Fällen - keine einheitliche Terminologie. So bezeichnet er häufig die "Idee des Schönen" als "das Schöne selbst" oder als "das Schöne an sich". Diese Ideen weisen folgende Merkmale auf: Sie sind

  1. ontologisch höherrangig (primär) d.h. in höherem Maße seiend als die sinnlich wahrnehmbaren Einzelgegenstände;
  2. epistemisch höherrangig (primär);
  3. unvergänglich;
  4. unveränderlich;
  5. Ursache dafür, dass etwas so ist, wie es ist.

Ontologisch höherrangig meint, dass die Ideen in höherem Maße seiend, die einzig wahrhaft seienden Wesenheiten sind. Die sinnlich wahrnehmbaren Gegenstände haben für Platon nur ein unbedeutendes Sein inne (eine Auffassung, die er aus der Ontologie des Parmenides übernimmt). Ursache sein meint, dass etwa das Schöne (Gerechte, Gleiche, etc.) selbst Ursache dafür ist, dass die einzelnen Dinge, die schön (gerecht, gleich, etc.) sind, genau dies sind. Eine Rose ist etwa deshalb schön, weil sie an der Idee des Schönen teilhat. Die Teilhabe (méthexis) bezeichnet neben dem Verhältnis der Einzelgegenstände zu den Ideen auch das Verhältnis unseres Erkenntnisvermögens zu den Ideen sowie das Verhältnis einiger Ideen untereinander.

Ideen und Erkenntnis

Wissen ist für Platon nicht Abstraktion, gewonnen aus Erfahrung und Überlegung, wie es sein Schüler Aristoteles annimmt. Vielmehr ist für Platon etwa die Erkenntnis, dass zwei Gegenstände oder zwei Zahlensummen gleich groß sind, nur dadurch möglich, dass sowohl die Erkennenden als auch die wahrgenommenen Gegenstände an der Idee des Gleichen teilhaben. In einigen Dialogen scheint Platon zudem die Position zu vertreten, dass vermeintliche Erkenntnis dadurch zustande kommt, dass wir ein vorgeburtliches Wissen (apriorisches Wissen) in unserer Seele besitzen, an das wir uns erinnern (Anamnesis).

Die Idee des Guten

Datei:Hoehlengleichnis.png
das Höhlengleichnis

Jede Idee ist einzigartig und da sie Sein hat, ist sie auch immer mit sich selbst identisch. Die Ideen untereinander haben insofern teil aneinander, als eine bestimmte Idee anderen Ideen übergeordnet ist. Diese höchste Idee ist - der Politeia zufolge - die Idee des Guten bzw. die Idee der Ideen. Sie ist die höchste Idee, da die "gewöhnlichen" Ideen aus ihr hervorgehen. D.h. explizit, dass die Idee des Guten den Ideen ihr Sein und Wesen verleiht. In gewisser Hinsicht ist die Idee des Guten daher eine Art Meta-Idee. Als höchste (um nicht zu sagen absolute) Idee hat sie ihr Sein und Wesen aus sich heraus (vgl. Aseität), nicht erst durch Teilhabe. Auf Grund der ursächlichen Funktion der Idee des Guten ist es das höchste Ziel des Philosophen (φιλόσοφος; wörtlich: "Freund der Weisheit"), die Idee des Guten zu erkennen, insofern dies möglich ist, und laut der Politeia Voraussetzung dafür, Philosophenherrscher zu werden. Platon lässt Sokrates an einigen Stellen verdeutlichen, welche "Meinungen" er von der Idee des Guten hat, er tut dies mit Hilfe der drei berühmten Gleichnisse: Sonnengleichnis, Liniengleichnis und Höhlengleichnis.

'Wissen(schaft) ist nur als Einheit möglich.'

Die Thesen (a), dass die besten Herrscher die Philosophen sind und (b) dass die Philosophen in der Idee des Guten das höchste Wissen erlangt haben, sind charakteristisch für folgende zentrale Ansicht Platons: (c) "Wissen bzw. Wissenschaft (ἐπιστήμη) ist nur als Einheit möglich." Diese Position besagt, dass es keine voneinander getrennten Einzelwissenschaften geben kann (etwa die Politik, die Astronomie, die Mathematik, etc.), die unterschiedliche Grundprinzipien besitzen. (In dieser Ansicht wird Aristoteles Platon widersprechen.) Folgerichtig sind die verschiedenen Bereiche der Philosophie Platons miteinander verbunden. So sind Erkenntnis- und Seinslehre (Ontologie) verbunden mit einem Menschenbild (Anthropologie), das allein aus der Liebe, dem Eros zum Guten aus edler Menschlichkeit, der Kalokagathia, die lebensnotwendige und erkenntnisstiftende Dynamik erhält. Nicht unwesentlich für Platon ist auch das Komplement des dynamischen Eros, das beständig freundliche Gefühl der Philia, das unverzichtbare irrationale Element einer stabilen Ganzheit (Einzelseele, persönliche Freundschaft, Staat, Kosmos).

Philosophische Methode: Dialektik

"Dialektik" (griechisch διαλεκτική (τέχνη)) bedeutet eigentlich "(die Kunst der) Gesprächsführung". Der Begriff soll (nach Aussage des Aristoteles) von dem Philosophen Zenon von Elea geprägt worden sein, uns tritt er aber in den Werken Platons zum ersten Mal entgegen.

In Platons früher Philosophie bedeutet "Dialektik" einfach eine bestimmte Form der Gesprächsführung, bekannt als sokratischer Dialog: Zwei Partner unterhalten sich über einen Gegenstand. Ausgangspunkt ist eine Begriffsdefinition des Sprechers A (Proponent). Auf der Grundlage dieser Definition stellt B (Opponent) dann Fragen an A. Die Rollen sind dabei auf charakteristische Weise verteilt: Der Definitionsgeber A antwortet meist auf Fragen seines Opponenten, dieser jedoch (in platonischen Dialogen in aller Regel Sokrates, nach eigenem Bekennen ein notorischer "Nicht-Wisser") stellt darauf hin weitere Fragen. Das Gespräch endet oft in einer Aporie; der Erkenntnisgewinn durch die dialektische Methode besteht dann also darin, dass nicht haltbare Definitionen als unzulänglich entlarvt werden. Siehe auch: Mäeutik.

Der platonische Eros

Der platonische Eros ist der stufenweise Weg zur Erkenntnis des Schönen und Guten an sich. Platon legt ihn im Symposion dar, bzw. er lässt ihn Sokrates in einer Art Mythos verkünden, den dieser von der Priesterin Diotima empfangen haben will. Der echte Philosoph geht demnach von der Liebe zu einem schönen Menschen hinauf zur Liebe zu allem Schönen und schließlich zur Liebe zum Schönen selbst, zur Idee des Schönen an sich. Jedoch ist dieses "Stufenverfahren" kein Weg zur systematischen Erkenntnis aller anderen Ideen.

Staatsaufbau (politische Philosophie)

Platon baut in seinem Werk Politeia den idealen Staat analog zur Seele des Menschen auf. Drei Stände entsprechen drei Seelenteilen (Vernunft, Emotionen, Triebe), wobei jeder Stand sich durch eine ihm in besonders hohem Maße innewohnende Veranlagung auszeichnet:

Die Philosophen (Rgenten) besitzen eine von Natur aus gegebene Veranlagung zur Intelligenz. Diese wiederum muss durch weitere Ausbildung und Erziehung gefördert werden, zum Zwecke der Hervorbringung der diesem Stand zufallenden Tugend, nämlich der Weisheit. In Analogie zur menschlichen Seele ist hiermit der rationale Seelenteil angesprochen, welcher ebenfalls die Tugend der Weisheit anstreben soll. Die besondere Veranlagung ist hierbei die Vernunft des rationalen Seelenteils. Platon schreibt, dass nur Philosophen Herrscher sein sollen, da nur sie das nötige Wissen um die Idee des Guten haben. Zudem schließt Platon das weibliche Geschlecht als Herrscher/in nicht aus, da nicht die Physiognomie oder Natur der Frau von Belang ist sondern nur die Erkenntnis der Idee des Guten.

Der zweite Stand, die Krieger(Wächter), zeichnet sich vor allem durch eine starke emotionale Komponente ihres Charakters aus. Durch Ausbildung und Mäßigung sollen sie Mut erlangen, um die Interessen des Staates sowohl nach innen als auch nach außen durchzusetzen, und zu stützen. Dieser Stand wird mit der emotionalen Seite der Seele des Menschen gleichgesetzt, dem von Natur aus eine gewisse Erzürntheit innewohnt, die in Analogie zu den Kriegern, durch Erziehung und Mäßigung, zu einem muterfüllten Seelenteil ausgebildet werden soll. Erfährt der Wächter jedoch eine erweiterte Ausbildung und setzt sich selbst mit philosophischen Problemen auseinander, so kann er nach einer möglichen Erkenntnis der Idee des Guten zu einem Herrscher aufsteigen.

Der dritte Stand (Bauern und Handwerker) ist durch ein hohen Grad an Begehren und damit Begierden charakterisiert. Die ihm entsprechende Tugend ist dabei die Mäßigung. Ähnliches gilt daher auch für die dem Menschen innewohnenden Triebe.

Wichtig ist vor allem noch die hierarchische Einteilung der Stände (später, sehr simplifiziert: "Lehr-, Wehr- und Nährstand"). Wobei die Weisungsbefugnis den Philosophen bzw. dem rationalem Seelenteil zusteht, die Durchsetzung den Kriegern bzw. Emotionen, und letztlich hat der dritte Teil der Gesellschaft bzw. der Seele diesen beiden obigen zu folgen.

Ein Mensch ist nur dann glücklich, und ein Staat auch nur dann gerecht, wenn seine drei Seelenteile bzw. Stände sich im Gleichgewicht befinden, wenn also jeder Teil die ihm obliegende Aufgabe übernimmt ("τὰ ἑαυτοῦ πράττειν" = "das tun, was einem jeden zukommt"). Am Rande seiner Philosophie vom besten Staat erwähnt Platon auch die Insel Atlantis.

Platon nimmt einen Wandel der Staatsformen an: Monarchie, Aristokratie und "Politie", sowie deren jeweilige Entartungsformen Oligarchie, Demokratie und Tyrannis. Dabei stellt er dar, dass jede der "positiven" Erscheinungsformen zunächst in die entsprechende Entartungsform umschlagen muss, bevor wieder eine positive, aber weniger hochwertige Staatsordnung zu Stande kommt.

Zusammenfassung

  • Staat und Seele: Gegenstand der Erörterung ist eigentlich die menschliche Seele. Der ideale Staat ist ein "vergrößertes Abbild" derselben und wird deshalb ausführlich entwickelt. Die Analogien lassen sich schematisch folgendermaßen darstellen:
"Stand" im Staat Seelenteil besondere Tugend
Herrscher / Philosophen vernunftbegabter Seelenteil Weisheit
"Wächter" mutvoller Seelenteil Tapferkeit
Gewerbetreibende begehrlicher Seelenteil Mäßigung / Besonnenheit
  • Gerechtigkeit ist eine übergeordnete Tugend. Sie ist verwirklicht, wenn jeder "Stand" bzw. jeder Seelenteil das ihm Zukommende tut ("τὰ ἑαυτοῦ πράττει").
  • Reale Staaten haben die Tendenz zu degenerieren, hierbei gibt es eine bestimmte Abfolge von Entartungserscheinungen. Platon hielt aber den von ihm konzipierten Idealstaat prinzipiell für politisch umsetzbar (s. hierzu besonders sein Werk Nomoi).

Wirkungsgeschichte

Als begnadeter Stilist ist Platon - vor allem mit seinen Frühdialogen - bis heute immer wieder im Stande, seine Leser für die Philosophie zu begeistern. Schon in der Antike galt er als Meister des urbanen Dialogs; seine Schriften wurden mehr geschätzt als die exoterischen Schriften des Aristoteles, die wohl ähnlich gestaltet waren, aber nicht erhalten geblieben sind (s. Corpus Aristotelicum).

Platons Philosophie hat Auswirkungen bis in die heutige Zeit. Sein bekanntester Schüler Aristoteles hat seine Philosophie allerdings weitgehend abgelehnt, vor allem die Ideenlehre, und in seinem Werk Nikomachische Ethik eine eigene Ethik entworfen. Die platonische Schule entwickelte zunächst einen philosophischen Skeptizismus, fand dann aber im 1. / 2. Jahrhundert zu einer systematischen Lehre (Mittelplatonismus). Im 3. Jahrhundert n. Chr. begründete Plotin das weltanschauliche System des Neuplatonismus; zentrale platonische Schrift für diese Neubelebung des Platonismus ist der Dialog Timaios. Lehren Platons und seiner Schule sind über die Kirchenväter (s. Patristik) in das christliche Glaubens- und Gedankengut eingeflossen.

Rezeption

Datei:PLATON Enseigne.jpg
Platon mit Schülern, Mosaik aus Pompeji

Platon ist es gelungen, eine auf der Aktivität und Struktur des menschlichen Geistes gründende Erkenntnistheorie darzulegen, die nach ihm von Augustinus von Hippo weiterentwickelt und in dieser Höhe auch vom rationalen Idealismus späterer Jahrhunderte nicht übertroffen worden ist. Da praktisch alle Themen, die in der Philosophiegeschichte eine Rolle spielen, bereits bei Platon zu finden sind (auch wenn die Antworten der späteren Philosophen sich von denen Platons oft stark unterscheiden), bemerkte Alfred North Whitehead einmal pointiert, dass alle späteren Entwürfe der europäischen Philosophie im Grunde nur Fußnoten zu Platon seien (Process and Reality. An Essay on Cosmology 1929, 63). Auch Sir Karl Raimund Popper (The open society and its enemies, Bd. 1, dt. Der Zauber Platons 1944, 2. Auflage 1970, 141) hat sich mit Platon intensiv auseinandergesetzt und ihn zum größten Philosophen aller Zeiten erklärt. Auch wer das für übertrieben hält, wird einräumen, dass Platon das römische, das christliche, das islamische und neuzeitliche Staatsdenken wie kein zweiter antiker Philosoph inspiriert hat. Zuletzt hat Francis Fukuyama ("Das Ende der Geschichte" 1992, 444) erklärt, die liberale Demokratie unserer Zeit sei deswegen die beste aller möglichen Staatsformen, weil sie jene Prinzipien verwirkliche, die Platon in der "Politeia" aufgestellt habe, und so das Gleichgewicht der drei Seelenteile verbürge.

Werke

Anm.: Die Aufteilung der Werke in diese Gruppen ist nicht von Platon selbst. Einige Dialoge und die meisten Briefe werden für "unecht" gehalten, d.h. es ist ziemlich sicher, dass Platon nicht der Autor dieser Werke ist.

Werkausgaben und Übersetzungen

Friedrich Schleiermacher schuf 1804-1810 eine Übersetzung der Platondialoge. An dieser sind insbesondere die Einleitungen zu den Dialogen, aber auch die sprachliche Qualität hervorzuheben.

Platons sämtlichen Werke sind 1994 auf deutsch bei Rowohlt in einer Paperbackausgabe erschienen. Titel: Platon: Sämtliche Werke. Band I-IV. Hamburg 1994. Die einzelnen Schriften darin werden im Vorspann mit den im Text wieder auftauchenden Überschriften als Inhaltsverzeichnis eingeleitet. Übersetzung nach Schleiermacher. Die Ausgabe enthält kein Register.

  1. Platon: Apologie des Sokrates, Kriton, Ion, Hippias II, Theages, Alkibiades I,Laches, Charmides, Euthyphron, Protagoras, Gorgias, Menon, Hippias I, Euthydemos, Menexemos. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1994 ISBN 3-49-955561-1
  2. Platon: Lysis, Symposion, Phaidon, Kleitophon, Politeia, Phaidros. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1994 ISBN 3-49-955562-X
  3. Platon: Kratylos, Parmenides, Theaitetos, Sophistes, Politikos, Philebos, Briefe. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1994 ISBN 3-49-955563-8
  4. Platon: Timaios, Kritias, Minos, Nomoi. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1994 ISBN 3-49-955564-6

Eine griechisch-deutsche Taschenbuch-Gesamtausgabe in zehn Bänden hat 1991 der Insel-Verlag herausgegeben. Titel: Platon: Sämtliche Werke. Band I-X. Frankfurt a. M. und Leipzig 1991. Auch hier wurde überwiegend auf Schleiermachers Übersetzungen zurückgegriffen, aber auch auf einige andere Übersetzer weniger bekannter Schriften. Derzeit vergriffen; neue Auflage in Planung.

Die Werke Platons werden im Allgemeinen nach der sogenannten Stephanusbezifferung zitiert. Dies geht zurück auf die Werkausgabe von Henricus Stephanus, Platonis opera quae extant omnia in 3 Bänden, Paris 1578, auch als Edicio Princeps bekannt. Die Stephanusziffern geben die Seiten- und Abschnittszahl des Zitats an, so verweist zum Beispiel Politeia 514a auf das Höhlengleichnis (Beginn des 7. Kapitels der Politeia). Die Authentizität einiger Werke der Stephanusausgabe wird heute angezweifelt, dazu zählen unter anderem die 13 Briefe und die Dialoge Alkibiades, Theages und Minos.

Literatur

Es gibt eine Fülle von Literatur zu Platon. Eine brauchbare Übersicht hierzu liefert:

  • Herwig Görgemanns: Platon. Heidelberger Studienhefte zur Altertumswissenschaft. Heidelberg 1994, ISBN 3-82-530203-2. (Bibliographisches, Informationen zur Quellenlage, Biographie, philosophiegeschichtl. u. liter. Übersicht über den Inhalt d. meisten Werke.)

Einführungen:

  • Julia Annas: Plato. A very short introduction., Oxford 2003. (Einführung einer renommierten Platonkennerin.)
  • Michael Bordt: Platon, Freiburg 1999.
  • Karl Bormann: Platon, August 2003. (Ehemaliger Universitätsprofessor, der die zentralen Gebiete der platonischen Lehre klar gegliedert darstellt.)
  • Richard Kraut (Hg.): The Cambridge Companion to Plato, Cambridge 1992. (Mehrere einzelne Aufsätze, herausgegeben von einem der bekanntesten modernen Platonforschern.)
  • Thomas A. Szlezak: Platon lesen. Stuttgart-Bad Cannstatt 1993. (Führt v.a. die Funktion Dialogs aus; favorisiert dabei die Ungeschriebene Lehre.)
  • Barbara Zehnpfenning: Platon zur Einführung, Hamburg: Junius, 1997, ISBN 3885069474

Zur Philosophie Platons:

  • Franz von Kutschera: Platons Philosophie, Paderborn 2002. 3 Bde. (Bd.1: frühe, Bd.2 mittl. u. Bd. 3 späte Werke). (Stellt kurz dar und interpretiert jede(!) platon. Schrift und stellt sie in den Kontext des Gesamtwerks. Zudem enthält Bd. 3 allg. Kapitel über Ungeschriebene Lehre, Ideenlehre, Dialektik, und Staatsphilosophie.)
  • Hauptwerke, Kröner Verlag 1973 ISBN 3520069083 (Platons Gedanken werden anhand zentraler, einzeln kommentierter Passagen aus seinen wichtigsten Dialogen dargestellt)
  • Gernot Böhme: Platons theoretische Philosophie, Stuttgart (Wissenschaftliche Buchgesellschaft) 2000. (Mit ausführlicher Darstellung der platonischen Dialektik.)

Lexika/Wörterbücher:

  • Friedrich Ast: Lexicon Platonicum sive vocum Platonicarum index. Nachdr. WBG, Darmstadt 1956.
  • Christoph Horn und Christof Rapp: Wörterbuch der antiken Philosophie. München 2002.

Staatsphilosophie:

  • Henning Ottmann: Geschichte des politischen Denkens, Bd. 1, 2. Hälfte, Stuttgart und Weimar 2001.

Siehe auch

Höhlengleichnis, Griechische Philosophie, Platonisches Jahr, Platonischer Körper, Platonische Liebe, Universalienproblem, Atlantis, Gesellschaft für antike Philosophie

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