Flächenträgheitsmoment
Das Flächenträgheitsmoment, auch als Flächenmoment 2. Grades bezeichnet, ist ein Maß für den Widerstand eines Körpers gegenüber einer Kraft oder einem Moment, die diesen Körper beanspruchen und verformen wollen.
Grundlagen
Arten der Flächenmomente
Grundsätzlich gibt es drei Flächenmomente 2. Grades:
- Das axiale Flächenmoment 2. Grades, auch als Flächenträgheitsmoment bezeichnet, ist ein Maß für den Widerstand, den ein Körper einer Kraft entgegensetzt, welche ihn auf Biegung beansprucht - siehe Körper (1) und (2) im Bild.
- Das biaxiale Flächenmoment 2. Grades, auch als Flächendeviationsmoment, Deviationsmoment oder Zentrifugalmoment bezeichnet, ist ein Maß dafür, wie sich ein irregulärer Körper unter Last verbiegt - siehe Körper (3) im Bild.
- Das polare Flächenmoment 2. Grades, auch als polares Flächenträgheitsmoment bekannt, ist ein Maß für den Widerstand, den ein Körper einem Moment entgegensetzt, der den Körper auf Torsion belastet - siehe Körper (4) im Bild.
Flächenträgheitsmomente werden in der technischen Mechanik und den Ingenieurwissenschaften benötigt, um bei der Auslegung einer Konstruktion die Verformungen an Bauteilen zu berücksichtigen.
Praktischer Bezug
Wenn ein Körper auf einer Seite fest eingespannt wird und auf der anderen Seite mit einer Kraft belastet wird, dann biegt er sich unter dieser Last durch. Das Bild zeigt einen Körper, der einem Lineal vergleichbar ist. Er wird jeweils mit der gleichen Kraft im jeweils gleichen Abstand von einer Einspannung belastet, aber die Kraft wirkt auf unterschiedliche Seiten.
Die Erfahrung sagt nun, dass bei Belastung der schmalen Seite (1) eine geringere Durchbiegung zu erwarten ist, als bei Belastung der breiten Seite (2): ; Wenn der Werkstoff isotrop (d.h. es ist in allen Richtungen gleich, ein Gegenbeispiel für ein anisotropes Material wäre Holz) ist, dann kann offenbar nur die Form (Geometrie) des Körpers für die unterschiedliche Durchbiegung verantwortlich sein. Dieser geometrische Einfluss wird mathematisch durch das axiale Flächenmoment 2. Grades beschrieben, gilt für alle Körper mit gleichen Abmessungen und ist unabhängig von der Kraft und dem verwendeten Werkstoff.
Wenn der Körper irregulär geformt ist, dann verdrillt sich der Körper unter der Belastung. Dies wird durch das das Flächendeviationsmoment (biaxiales Flächenmoment 2. Grades, Deviationsmoment oder Zentrifugalmoment) berücksichtigt.
Auch gegen Verdrehung (Torsion) widersetzt sich jeder Körper. Den geometrischen Einfluß erfasst man mit dem polaren Trägheitsmoment.
Anwendungsbereich
In der Praxis sind Flächenträgheitsmoment und Widerstandsmoment nur im Bereich der linearleastischen Verformungen (Hookscher Bereich) relevant. Für die gängigen Formen sind Flächenträgheitsmomente in der technischen Fachliteratur und teilweise auch in der mathematischen Literatur tabelliert.
Für die technische Betrachtung ist vor allem das Widerstandsmoment von Bedeutung. Es berücksichtigt neben dem Flächenträgheitsmoment auch den Abstand von der neutralen Faser zur Randfaser. Dadurch wird auch die Belastbarkeit des Körpers berücksichtigt.
Mit dem Flächenträgheitsmoment rechnen wir immer dann, wenn uns die Biegung eines Körpers im elastischen Bereich interessiert. Dazu gibt es in den einschlägigen Quellen viele Fallbeschreibungen. Reichen diese nicht mehr aus, dann kommt man mit dem weiter.
Berechnung der Flächenmomente
Die axialen Flächenmomente 2. Grades lassen sich durch diese Gleichungen beschreiben:
- , Einheit: [m4]
- , Einheit: [m4]
Das biaxiale Flächenmoment 2. Grades wird durch diese Gleichung beschrieben:
- , Einheit: [m4]
Das Deviationsmoment ist Null, wenn entweder die y-Achse oder die z-Achse eine Symmetrieachse des Querschnitts ist.
Das polare Flächenmoment 2. Grades setzt sich aus den beiden Flächenträgheitsmomenten Iy und Iz zusammen:
- , Einheit: [m4]
Alle hier genannten Flächenmomente 2. Grades werden auf einen speziellen Punkt, nämlich den Flächenschwerpunkt bezogen. Für alle anderen Punkte kann das Flächenmoment 2. Grades mit dem Steinerschen Satz berechnet werden.
Flächenträgheitsradien
Für geometrisch ähnliche Bauteile (z.B. Rechtecke mit gleichem Breiten/Höhen-Verhältnis) läßt sich auch der dimensionslose Flächenträgheitsradius definieren, mit dem man Körper vergleichen kann, die im Sinne des Flächenmomentes 2. Grades ähnlich sind:
Beispiele

(1): Für ein Rechteck mit der Breite b, der Höhe h ist das Flächenträgheitsmoment
- mit der Fläche
- Das Verhältnis der Flächenträgheitsmomente
- Beispielsweise ist ein Messer (kleine Dicke b, große Höhe h) in der Schnittebene z-x außerordentlich steif; senkrecht dazu läßt es sich leicht verbiegen.
Holz-Deckenbalken werden mit ihrer Schmalseite auf das tragende Mauerwerk aufgesetzt. - Ein Quadrat kann als Spezialfall des Rechtechs mit h = b angesehen werden:
(2): Für ein Dreieck mit der Grundfläche a und der Höhe h, welches symmetrisch zur z-Achse ist, ist das Flächenträgheitsmoment
- mit der Fläche
(3): Der Kreisring mit dem Innenradius r und dem Außenradius R hat das Flächenträgheitsmoment
- Wegen der Symmetrie gilt diese Gleichung für jede Achse, die durch den Mittelpunkt des Kreisrings geht.
- Ein Kreis kann als Spezialfall des Kreisrings mit r=0 betrachtet werden. Das Flächenträgheitsmoment ist dann:
- mit der Fläche
(4,5,6): Für das Kastenprofil, I-Träger bzw. (Doppel-T-Träger) und C-Profil ist das axiale Flächenträgheitsmoment um die y-Achse gleich, wenn die Breiten b, B und die Höhen h, H identisch sind. Das Flächenträgheitsmoment ist:
Das Trägheitsmoment um die z-Achse ergibt sich durch Vertauschen von b mit h und B mit H;
- Für ein gleichschenkliges Trapez mit der Basis B parallel zur z-Achse und der Höhe h
Siehe auch
- Flächenmoment, Trägheitsmoment, Satz von Castigliano
- Das Widerstandsmoment berücksichtigt auch die Zonen der maximalen Belastung
- Die FEM-Simulation kommt in der Regel ohne die Kenntnis der Flächenträgheitsmomente aus und eignet sich daher für die Berechnung komplexer Geometrien
- Technische Mechanik