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Johann Reinhold Forster

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Johann Reinhold Forster

Johann Reinhold Forster (* 22. Oktober 1729 in Dirschau, Preußen (Tczew, Polen); † 9. Dezember 1798 in Halle a.d.Saale) war ein deutscher Naturwissenschaftler und trug auch Wesentliches zur Ethnologie bei.

Leben

Johann Reinhold Forster entstammte einer Familie die sich auf die alte Familie der Lords Forrester in Schottland, Anhänger des Königs Karl I., zurückführte. J.R.Forsters Vorfahre Georg Forster (wie J.R. auch seinen ersten Sohn nannte) emigrierte, nachdem die Familie durch Cromwells Bestrebungen England in eine Republik zu verwandeln den Großteil ihrer Besitztümer verloren hatte, wie viele andere Engländer und Schotten zu jener Zeit nach Preußen, in die Region um Danzig. J.R.Forster erblickte am 22. Oktober 1729 als Sohn von Georg Reinhold Forster und der 1927 geehelichten Tochter des Bürgermeisters Johann Wolff das Licht der Welt. Auch J.R.Forsters Vater war so wie schon J.R.'s Großvater Georg und der um 1666 in jene Stadt gezogene Urgroßvater Adam (wiederum Sohn des oben genannten aus Schottland stammenden Georg Forster) Bürgermeister von Dirschau.

J.R.Forster, ein Anhänger von Carl von Linné und dessen Binäre Nomenklatur, war ein äußerst vielseitiger Naturforscher und trug unter anderem etwa maßgeblich zur Ornithologie Europas und Nordamerikas bei. Er wurde hauptsächlich als naturwissenschaftlicher Begleiter James Cook's zweiter Pazifik-Reise bekannt, auf der er von seinem Sohn Georg begleitet wurde. J.R. Forster sprach eine Vielzahl an Sprachen, darunter Latein, Polnisch, Deutsch, Russisch, Englisch, Französisch, Koptisch und Samaritanisch.

Kindheit

Bereits in seiner Kindheit fiel J.R.Forster in seinem Umfeld durch seine außerordentlichen Sprachkenntnisse auf. Während sein Vater - aufgrund seiner Mißbilligung der Art und Weise wie in den Schulen zu jener Zeit Latein gelehrt wurde - ausschließlich Latein und seine Mutter (auf Wunsch des Vaters) sowie das polnische Kindermädchen Polnisch mit ihm sprachen, beherrschte Forster im Alter von vier Jahren beide dieser Sprachen fließend. Deutsch, die eigentliche Landessprache zu jener Zeit, erlernte er hingegen erst im Alter von sechs Jahren durch den zunehmenden Kontakt mit Gleichaltrigen.

Wissenschaft, Beruf & Familie

J.R.Forster studierte an der Universität Halle - entgegen der jahrzehntelangen Familientradition - nicht Rechtswissenschaften, sondern entschied sich, da sein insgeheimer Wunsch Medizin seitens seines Vaters keine Unterstützung gefunden hätte, für die Theologie. Dennoch besuchte er regelmäßig die medizinischen Hörsäle. Nach seinem Studium diente er als evangelischer Pastor in der kleinen Gemeinde Hochzeit (Wislina) am Ufer der Mottlau, nahe Nassenhuben. Dort heiratete er seine Cousine, die aus Marienwerder (Kwidzyn) stammende Ratsherrentochter Justine Elisabeth Nicolai, mit der er acht Kinder zeugte, von denen sieben die Kindheit überlebten. Das erste seiner Kinder war der 1754 geborene Georg, dessen kindliche Neugier J.R. dazu bewegte, sich - nach bereits während seines Studiums begonnenen, dahingehenden Bemühungen - mit der Naturgeschichte und somit insbesondere mit Linné's Schriften genauer auseinanderzusetzen. Außerdem unterrichtete er seinen Sohn Georg im Schreiben, Rechnen, in Latein und Französisch.

J.R.Forster vertiefte sich außerdem in die Chronologie, die antike Geographie und setzte sich im Besonderen mit der koptischen Sprache auseinander. Aufgrund seiner Begeisterung für die Wissenschaft gab er nach und nach das gesamte Erbe seines Vaters und Onkels aus um seine private Bibliothek auf einen Stand von ca. 2500 Titeln zu bringen. Die Wissenschaft spielte bald schon eine wichtigere Rolle als Beruf und Familie. Eine Anekdote aus dieser Zeit berichtet von dem Umstand, dass J.R.Forster während eines Gottesdienstes neben der Kanzel einschlief, da er seine Predigt offenbar erst bei Nacht und schwarzem Kaffee verfasst hatte. Seine Privatbibliothek hingegen verlor schon wenige Jahre später wieder an Größe, als seine Frau sich während J.R.Forsters Arbeiten in Russland, zu denen nur Georg ihn begleitete, gezwungen sah, durch Bücherverkäufe das Überleben der restlichen in Preußen verbliebenen Familie zu sichern.

An der Wolga

Nach dem Sturz des Zaren Peter III. durch Katharina II. im Jahre 1762 und durch die daraufhin wiederaufgegriffenen Pläne die noch unerschlossenen Gebiete im Süden Russlands zu kolonisieren, wurden Deutsche mit Hilfe von finanziellen und ideellen Anreizen wie Steuerfreiheit von 30 Jahren, Befreiung vom Militärdienst, Berufs- & Religionsfreiheit u.ä. angeworben um die Gebiete an der unteren Wolga zu besiedeln und die dort lebenden Nomadenvölker zu verdrängen. Aufgrund der sehr unwirtlichen Siedlungsbedingungen dieser Region und dem Umstand, dass die ausgewanderten Deutschen erst in St.Petersburg ihren eigentlichen Bestimmungsort erfuhren, gerieten die in deutschsprachigen Gebieten agierenden russischen Agenten rasch in Argumentationsnöte.

Um den in deutschen Gebieten kursierenden Gerüchten über die Siedlungsgebiete an der unteren Wolga einen positiveren Charakter zu verleihen, wurde J.R.Forster, der sich zuvor bereits vergeblich über einen ehemaligen Studienkollegen um eine Professur in St.Petersburg beworben hatte, dank einer Empfehlung durch den russischen Residenten in Danzig, Oberst Hans Wilhelm von Rehbinder, im Jahre 1765 von der zuständigen und unter der Leitung von Grigori Orlow stehenden Vormundschaftskanzlei für Ausländer in St.Petersburg für die Erforschung der deutschen Wolgakolonisten und der Gebiete der Kolonien engagiert. Auf dieser für J.R.Forster vor allem aus naturhistorischen Gründen interessanten Forschungsreise wurde er von seinem zu jener Zeit erst 10 Jahre alten Sohn Georg begleitet. Von seinen Aufgaben als Pastor wurde er für die Zeit seines Auftrages beurlaubt und von einem Prediger namens Turner ersetzt.

Neben den von Orlow geforderten Informationen zur Region und der Lage der Kolonisten, sammelte J.R.Forster auch Antiquitäten alter nomadischer Völker. In einem an Orlow gerichteten, mit Karten ausgestatteten Memorandum zu den Ergebnissen seiner Untersuchungen, fanden auch die Klagen der Kolonisten insbesondere bezüglich ihrer rechtlichen Lage und dem offenbar willkürlich regierenden Woiwoden Strojew von Saratow ausführliche Erwähnung. Auf Verlangen von Katharina II. wurden J.R.Forster und ein zweiter reformierter Prediger namens Dilthey damit beauftragt in Vertretung der deutschen Kolonisten ein den Siedlern eigenes Gesetzesbuch zu kreieren. Während dieser Zeit ging J.R.Forsters Beurlaubung für seine Pastorenstelle in Preußen zu Ende und im Mai 1766 erfuhr er, dass er die Stelle an jemand anderen verloren hatte. Auch die Verfassung des Gesetzesbuches und dessen Abgabe bei Grigori Orlow führte nicht zu den erwarteten Ergebnissen und letztendlich reisten Vater & Sohn Forster ohne Erfolg und Belohnung aus Russland ab. Die Verwaltung der kolonisierten Gebiete wurde im Übrigen umorganisiert, dem Woiwoden von Saratow entzogen und einer von Orlows Vormundschaftsbehörde eröffneten Agentur übertragen. An der Situation der Kolonisten änderte sich dadurch im Wesentlichen nichts.

England & die Südsee

Im Jahre 1766 reiste J.R.Forster mit seinem Sohn Georg nach England. Er gab drei Jahre lang Unterricht in Warrington und zog dann nach London, wo er bereits zuvor als Naturhistoriker bekannt und Ehrenmitglied der Society of Antiquaries of London geworden war. Als Joseph Banks kurz vor der Abreise, aufgrund einiger auf ihn zurückgehender Komplikationen bezüglich der Reiseplanungen und Vorbereitungen, von der Admiralität als offizieller wissenschaftlicher Begleiter Cook's zweiter Pazifik-Reise fallen gelassen wurde, ging dessen Auftrag an J.R. und Georg Forster. Im Juli 1772 segelten sie an Bord der Resolution von Plymouth aus los und kamen im Juli 1775 wieder in England an. Bei einem Aufenthalt in Kapstadt stellte Forster den zu jener Zeit 28jährigen Schweden Dr. Anders Sparrman für 50 Pfund pro Jahr als seinen Assistenten ein.

Beide Forsters führten Tagebücher mit genauen Einzelheiten von Allem was sie auf der Reise sahen. Sie unterhielten großartige Sammlungen von naturgeschichtlichen und geschichtlichen Funden die sie aufgrund von wiederkehrenden Geldnöten schrittweise wieder verkauften. Nach der Rückkehr veröffentlichte J.R.Forster, nachdem ihm der Auftrag für die Verfassung des offiziellen Reiseberichtes zu Cook's zweiter Reise entgegen aller Erwartungen entzogen wurde, auf eigene Faust seine Observations Made during a Voyage round the World (1778).

Die Zeit nach England

Im November 1779 wurde er zum Professor der Naturkunde und Mineralienforschung an der Universität Halle ernannt. Dort blieb er bis zu seinem Tode im Jahre 1798.

Werke

Einige der unter dem Namen Johann Reinhold Forster veröffentlichten Werke und Übersetzungen wurden nicht von ihm selbst, sondern vielmehr von seinem Sohn Georg verfasst. Demgegenüber fanden etwa in dem von Georg Forster 1777 vor dem offiziellen Reisebericht zu Cook's zweiter Pazifikreise verfaßten und veröffentlichten A Voyage round the World sowohl Georgs als auch J.R.'s Aufzeichnungen ihre Verwendung. Eine klare Abgrenzung zwischen den Werken J.R.Fosters und jenen seines Sohnes ist aufgrund ihrer langjährigen engen Zusammenarbeit nicht immer einwandfrei möglich.

  • Observations Made during a Voyage round the World (1778)

Zitate

  • "Sire, ich habe bereits fünf Könige gesehen, drei wilde, zwei zahme; aber wie Ew. Majestät keinen." - zu Friedrich dem Großen