Sainte-Laguë-Verfahren
Das Sainte-Laguë/Schepers-Verfahren (im angelsächsischen Raum: Webster-Verfahren; auch: Divisorverfahren mit Standardrundung, Methode der ungeraden Zahlen) ist ein Sitzzuteilungsverfahren, welches 1842 vom US-Senator Daniel Webster entwickelt wurde. Der französische Mathematiker Andre Sainte-Laguë war der Erste, der das Verfahren mit der optimalen Erfüllung der Erfolgswertgleichhheit der Wählerstimmen rechtfertigte. In Deutschland wurde es auf Landesebene erstmals in Bremen zur Berechnung der Mandatsverteilung in der Bürgerschaft eingeführt. Der Bundestag setzt es seit der 9. Legislaturperiode (Beginn 1980) auf Vorschlag des Physikers und Bundestagsverwaltungsmitarbeiters Hans Schepers für die Verteilung der Ausschusssitze ein. Von 1880 bis 1940 wurde es für die Zuteilung der Mandatsansprüche der US-Bundesstaaten im US-Repräsentantenhaus verwendet.
Das Sainte-Laguë/Schepers-Verfahren ist von seiner Systematik her mit dem D'Hondt-Verfahren vergleichbar. Allerdings werden die Stimmenzahlen hier nicht durch die Zahlen 1; 2; 3 usw., sondern durch 1; 3; 5 usw. (alternativ durch 0,5; 1,5; 2,5 usw.) geteilt, und die Sitze in der Reihenfolge der größten sich ergebenen Höchstzahlen zugeteilt. Hierdurch treten nicht die Verzerrungen zu Gunsten großer Parteien auf, wie es beim Höchstzahlverfahren nach d′Hondt der Fall ist.
Alternativ kann folgende Vorgehensweise gewählt werden: Die Stimmen der Parteien werden durch einen geeigneten Divisor (Stimmen pro Sitz) dividiert und nach Standardrundung gerundet. Werden im Ergebnis zu viele Sitze verteilt, muss die Berechnung mit einem größeren Divisor wiederholt werden, im umgekehrten Fall mit einem kleineren Divisor.
Bei der Bestimmung der Ausschussbesetzung im Bundestag wird das Sainte-Laguë/Schepers-Verfahren nicht als Höchstzahl-, sondern als Rangmaßzahlverfahren verwendet. Durch Berechnung des Kerwerts der jeweiligen Höchstzahlen erhält man Rangmaßzahlen. Die Sitze werden in der Reihenfolge der kleinsten Rangmaßzahlen zugeteilt.
Aufgrund der Konsistenz des Verfahrens sind auch das Wählerzuwachsparadoxon sowie unlogische Sprünge (siehe Alabama-Paradoxon) ausgeschlossen, die bei Verwendung von Quotenverfahren - das Hare-Niemeyer-Verfahren dürfte das bedeutendste sein - auftreten können.
Beispiel
In einem Parlament sind insgesamt 15 Sitze zu vergeben.
10.000 Wählerstimmen sind abgegeben worden, von denen 5.200 auf Partei X, 1.700 auf Partei Y und 3.100 auf Partei Z entfallen.
Daraus ergibt sich folgendes Bild:
| Divisor | Partei X | Partei Y | Partei Z |
|---|---|---|---|
| 0,5 | 1 10.400,00 | 4 3.400,00 | 2 6.200,00 |
| 1,5 | 3 3.466,67 | 10 1.133,33 | 6 2.066,67 |
| 2,5 | 5 2.080,00 | 680,00 | 8 1.240,00 |
| 3,5 | 7 1.485,71 | 485,71 | 12 885,71 |
| 4,5 | 9 1.155,56 | 377,78 | 15 688,89 |
| 5,5 | 11 945,45 | 309,09 | 563,64 |
| 6,5 | 13 800,00 | 261,54 | 476,92 |
| 7,5 | 14 693,33 | 226,67 | 413,33 |
| 8,5 | 611,76 | 200,00 | 364,71 |
Partei X erhält die Sitze 1, 3, 5, 7, 9, 11, 13 und 14. Insgesamt also 8 der 15 Sitze.
Partei Y erhält die Sitze 4 und 10. Insgesamt also 2 der 15 Sitze.
Partei Z erhält die Sitze 2, 6, 8, 12 und 15. Insgesamt also 5 der 15 Sitze.