Disco (Musik)
Disco ist eine Stilrichtung der Popmusik, die vor allem in den 1970er Jahren populär war, aber auch heute im Rahmen der Retrowelle gern gehört wird. Texte, Melodie und oft auch der Gesang treten bei Disco-Musik in den Hintergrund - Groove, Beat und Mix stehen im Vordergrund.
Disco und Discothèque
Der Begriff Disco ist die Abkürzung von Discothèque, stammt aus dem Französischen und tauchte um das Jahr 1941 erstmalig in der Umgangssprache auf. Sprach man von einer Discothèque, so meinte man einen Nachtclub, in dem die Musik vom Band, anstatt von einer Band auf der Bühne kam. Bei dem Wort handelt es sich also um ein Portmanteau, Disk bedeutet Schallplatte, bibliothèque heißt Bibliothek.
Entstehungsgeschichte
Vom Soul zum Underground-Disco
Wie bei vielen Musikgenres ist es schwierig auszumachen, wann Disco als Genre begonnen hat, sich zu entwickeln. Für manche liegen die ersten Wurzeln bereits in den 1960er Jahren, als in den USA Diskotheken populär wurden, in denen tanzbare und eingängige Soul- und Funk Musik gespielt wurde. Diese neue Art der Musik entfaltete eine eigene Dynamik. In Philadelphia entstand in den späten 1960er-Jahre der weiche, opulent arrangierter Soul-Unterstil Phillysound, in den frühen 70ern kam dann in Verbindung mit Einflüssen aus anderen Genres der Musikstil Disco auf und verbreitete sich schnell im Underground, bei afroamerikanischen und homosexuellen Publikum in US-amerikanischen Großstädten.
In den Mainstream
Die Verknüpfung mit massentauglichen Refrains machte den Disco-Sound allmählich auch für das Mainstream-Radio interessant und schafften zwischen 1974 und 1975 die ersten Disco-Hits den Sprung in den Charts: Rock Your Baby von George McCrae (1974 die meist verkaufte Single in Deutschland), Kung Fu Fighting von Carl Douglas (1974) oder Shame, Shame, Shame von Shirley & Company (1975). Als die Plattenfirmen das kommerzielle Potential erkannten, begann man Platten speziell für Diskotheken zu produzieren. In Europa begann 1976 der Erfolgsweg von Boney M mit Daddy Cool. Der Munich-Sound - geprägt durch die Dominanz von Violinklängen zu sich ständig wiederholenden Refrains - bringt Welthits wie "Love To Love You Baby" von Donna Summer und "Fly, Robin, Fly" und "Get Up And Boogie" des Mädchentrios Silver Convention zuvor. Aufgrund ihrer Eingängigkeit und Tanzbarkeit wurde die Disco-Musik Mitte der 1970er Jahre auch im Mainstream populär und verlor größtenteils ihren subkulturellen Charakter. Die Beliebtheit gipfelte in der Disco Ära von 1977 bis 1980, die auch auf den Film Saturday Night Fever (1977]) zurückging. Die Handlung des Films entsprach in etwa dem Lebensgefühl der Disko-Generation: Wie tanze ich in der Discothek so, daß jeder andere "alt" aussieht und jeder auf mich aufmerksam wird?
Nur wenigen Künstlern gelang es, als Star der Disco-Welle über das Genre hinaus eine lang anhaltende Karriere aufzubauen: Donna Summer wurde ein Weltstar, ebenso wie Barry White. Die Bee Gees schafften mit dem Disco-Sound ein riesiges Comeback und waren auch maßgeblich am Erfolg des Saturday Night Fever-Albums beteiligt. Jedoch konnten die Bee Gees sich selber produzieren, eine Tatsache, die besonders in der Disco-Ära wichtig war. Selten zuvor hatten Produzenten bessere Chancen selber Stars zu werden. Giorgio Moroder (Donna Summer, The Three Degrees, Blondie, etc.), Jacques Morali (Village People, The Ritchie Family, Patrick Juvet, etc.); Nile Rodgers (Chic, Sister Sledge etc.) oder Van McCoy (Melba Moore, Peaches & Herb, Gladys Knight) zählten zu den einflußreichsten Persönlichkeiten der Disco-Ära.
Einflüsse auf Pop- und Rockmusik der 1970er Jahren
Auch unzählige Pop- und Rockstars (Rolling Stones, Rod Stewart, Queen, Cher, etc.) gaben ihren Songs eine discoartige Note. Inflationär weitete sich der Disco-Beat in fast alle Genre aus, bis selbst Country-Künstler wie Dolly Parton oder Hard Rock-Gruppen wie Kiss, den Disco-Beat übernahmen und mehr oder weniger große Hits feiern konnten. Das hatte zur Folge, dass in den späten 70er Jahren Anti-Disco-Kampagnen gestartet wurden ("Disco Sucks"), die in Platten-Verbrennungen und Boykott-Aufrufen im Radio gipfelten.
Einfluss auf neue Stilrichtungen seit den 1970er Jahren
Nichtsdestotrotz hatte die Disco-Musik in den 80er Jahren weiter Einfluß, unter anderem im House und Hi-NRG mit verstärkt elektronischer Instrumentalisierung und Verwendung von Samples. Während in Europa sich in den 80er Jahren Euro Disco und Italo Disco, die aber mehr dem Synthie Pop als dem Soul und Funk der 70er Jahre entstammen entwickelte, wurde vor allem in den USA R&B wieder populär. Aus diesen Stilen hat sich dann auch ein Teil der Dance-Musik entwickelt. Mit der eigentlichen Discomusik aus den 70er Jahren hat vor allem House eine engere musikalische Verwandtschaft. Heute wird Discomusik meist umgangssprachlich generell für tanzbare Musikstile elektronischen Ursprungs, die in Discotheken gespielt werden verwendet. Disco-Musik prägte auch die Punkmusik, die sich mit aller Macht gegen die Disco-Musik stellte. Siehe Pogo.
Bekannte Bands und Interpreten der Disco-Ära
- ABBA
- A Taste Of Honey
- Alicia Bridges
- Amanda Lear
- Anita Ward
- Aretha Franklin
- AWB (Average White Band)
- Baccara
- Bar Kays
- Barry White
- Bee Gees
- Billy Griffin
- Billy Ocean
- Blondie
- Boney M.
- Bonnie Pointer
- Brothers Johnson
- Carl Douglas
- Commodores
- Con Funk Shun
- Curtis Mayfield
- Supermax
- Charo
- Cheryl Lynn
- Chic
- Claudja Barry
- Crown Heights Affair
- Dan Hartman
- Detroit Emeralds
- Diana Ross
- Disco Tex & His Sex-O-Lettes
- Donna Summer
- Dr. Buzzard's Original Savannah Band
- D-Train
- Emotions
- Enzo Carella
- Eruption
- Earth, Wind & Fire
- ELO (Electric Light Orchestra)
- Evelyn "Champagne" King
- France Joli
- Frankie Valley
- George Benson
- Gloria Gaynor
- Grace Jones
- Hot Chocolate
- Hues Corporation
- James Brown
- Jeffrey Osborne
- Joe Simon
- KC & The Sunshine Band
- Kool & The Gang
- Leo Sayer
- Leon Haywood
- Linda Clifford
- Lipps Inc.
- Luisa Fernandez
- Love & Kisses
- LTD
- Madleen Kane
- McFadden & Whitehead
- MFSB (Mother Father Sister Brother)
- Michael Zager Band
- O'Jays
- Odyssey
- Oliver Cheatham
- Patrick Juvet
- Patti Labelle
- Pointer Sisters
- Ramsey Lewis
- Real Thing
- Rodney Franklin
- Romy Haag
- Roy Ayers
- Salsoul Orchestra
- Santa Esmeralda
- Selena
- Sheila B. Devotion
- Silver Convention
- Sister Sledge
- Sly & the Family Stone
- Stacy Lattisaw
- Sylvester
- Tavares
- The Four Seasons
- The Jackson Five
- The Ritchie Family
- The Spinners
- The Three Degrees
- The Trammps
- The Whispers
- Thelma Houston
- Tina Charles
- Van McCoy
- Vicki Sue Robinson
- Village People
- Viola Wills
- Voyage
- Wild Cherry
Literatur
- Alan Jones, Jussi Kantonen: Saturday Night Forever – The Story Of Disco. Mainstream Publishing, 1999
- Kitty Hanson: Disco-Fieber. Heyne, 1979
- Andy Blackford: Disco Dancing Tonight. Octopus Books, 1979