Zum Inhalt springen

Herrschaft

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 9. April 2004 um 21:16 Uhr durch AlexR (Diskussion | Beiträge) (Aküs). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Der Begriff wird in den Sozialwissenschaften häufig in Anlehnung an Max Weber verwendet, der ihn in wie folgt definiert: "Herrschaft soll heißen die Chance für einen Befehl bestimmten Inhalts bei angebbaren Personen Gehorsam zu finden", im Unterschied hierzu ist die Definition von Macht bei Weber weniger konkret. Herrschaft unterscheidet sich von Macht dadurch, dass sie legitimiert ist.

Weber unterscheidet drei Idealtypen von Herrschaft:

  • rationale Herrschaft, die auf dem Glauben der an die Legalität gesatzter Ordnungen (zum Beispiel Gesetze) ruht, Beispiel: Bürokratie
  • traditionale Herrschaft, die auf dem Alltagsglauben an die Heiligkeit von jeher geltender Traditionen und der Legitimität der durch sie Berufenen ruht, Beispiel: Patriarchat, Feudalismus
  • charismatische Herrschaft, die auf der außeralltäglichen Hingabe an die Heiligkeit oder Heldenkraft oder die Vorbildlichkeit einer Person und der durch sie geschaffenen Ordnung ruht. Sie versachlicht sich stets in eine rationale oder traditionale Herrschaft, Beispiel: Prophet

Herrschaft steht im Gegensatz zur Anarchie im Sinne von Immanuel Kant.

Die Definition von Max Weber widerspricht Karl Marx, dessen Herrschaftsbegriff auf Macht basierte. Der Begriff von Max Weber ähnelt eher dem Gesellschaftsvertrag. Wichtig ist daher, dass bei einer Herrschaft die Beteiligten sich mehr oder weniger freiwillig der Herrschaft unterordnen, im Gegensatz zu Macht, bei der die Interessen der Herrschenden und Beherrschten sich gegenüberstehen können (aber nicht müssen). Damit entspricht die sozialwissenschaftliche Verwendung des Begriffs Herrschaft nicht immer dem alltäglichen Verständnis von Herrschaft.

Ein gutes Beispiel ist die Gerontokratie, die Herrschaft der Ältesten. Sie gehört zur traditionalen Herrschaft. Die Ältesten besitzen hierbei die Herrschaft beispielsweise eines Stammes, ihre Legitimation entspringt ihrer Kenntnis der Traditionen, und ihre Macht über den Stamm ist begrenzt wiederum durch die Tradition, da diese ihre Macht legitimieren.

Historisch nicht selten ist eine Doppelherrschaft: zum Beispiel das Doppelkönigtum der Römer und Sabiner, ebenso in Sparta; monarchieähnlich ist auch die doppelte Staatsspitze des heutigen Andorra ausgestaltet. Auch eine Doppelspitze von Republiken kommt vor (Zwei Schofeten im antiken Karthago, zwei Konsuln im antiken Römischen Reich, zwei Staatsoberhäupter im heutigen San Marino. Im heutigen deutschen Privatrecht kommt sie oft in der Offenen Handelsgesellschaft oder in der Gesellschaft bürgerlichen Rechts vor - dort auch mehrköpfige Herrschaftsformen.

Der Mensch glaubt manchmal, er sei zum Besitzer, zum Herrscher erhoben worden. Das ist ein Irrtum. Er ist nur ein Teil des Ganzen. Seine Aufgabe ist die eines Hüters, eines Verwalters, nicht die eines Ausbeuters. Der Mensch hat Verantwortung, nicht Macht. (Oren Lyons,Häuptling der Onondaga-Nation)


Quellen

Max Weber: Wirtschaft und Gesellschaft. Tübingen, 1985. Kapitel 1, Paragraph 16; Kapitel 3.

siehe auch: Typen der Herrschaft bei Weber[1]