Meteor von Tscheljabinsk
Tscheljabinsk innerhalb Russlands |

Am 15. Februar 2013 wurde um etwa 9:20 Uhr Ortszeit (4:20 Uhr MEZ)[1] in der Tscheljabinsker Oblast rund um die Stadt Tscheljabinsk im russischen Ural ein weithin sichtbarer Meteor beobachtet,[2] nachdem ein Meteoroid bzw. kleiner Asteroid in die Erdatmosphäre eingetreten war.
Der Meteor wurde vielfach beobachtet und gefilmt.[3] Unter anderem existieren auch viele Videoaufnahmen, die mit den in Russland weit verbreiteten Autokameras (sog. Dashcams) aufgenommen wurden.[4] Das Ereignis ging mit einem lauten Knall einher. Eine Druckwelle verursachte zahlreiche Schäden, vor allem zerbrochene Fenster. Schätzungsweise 3700 Gebäude wurden beschädigt.[5] Das Dach einer Fabrik stürzte ein.[6] Nach Angaben der Behörden gab es Schäden in sechs Städten der Region. 1491 Menschen wurden verletzt[7] und suchten medizinische Hilfe. Die meisten davon erlitten Schnittwunden durch splitterndes Glas, sowie Prellungen.[8] 43 Personen mussten stationär ins Krankenhaus. Presseberichten zufolge sei ein auf 80 Kilogramm geschätztes Bruchstück in den Tschebarkulsee nahe der gleichnamigen Stadt etwa 80 Kilometer südwestlich von Tscheljabinsk gestürzt, wo sich ein Loch von sechs Metern Durchmesser in der Eisdecke des zugefrorenen Sees fand.[9][10] Später wurde eine Weile ein Zusammenhang zu dem Meteoriten verneint.[11] Die durchgeführte Analyse der um das Loch gefundenen Partikel in einer Größe von 5 bis 10 mm ergab jedoch, dass es sich um einen überwiegend aus Stein bestehenden Meteoriten handelt. Der Meteorit wurde nach der nächstgelegenen Ortschaft Tschebarkul benannt.[12]
Wissenschaftliche Auswertung
Nach Angaben der Russischen Akademie der Wissenschaften vom Tag des Ereignisses wies das Objekt eine Masse von zehn Tonnen[13] auf und begann in einer Höhe von 30 bis 50 Kilometern zu zerbrechen.[14] Die NASA geht in einer neueren, aber weiterhin vorläufigen Schätzung hingegen von 10.000 Tonnen[15] bei einem Durchmesser von 17 m aus. Die durch Luftdetonation (Airburst) freigewordene Energie liege bei einem TNT-Äquivalent von annähernd 500 Kilotonnen.[16] Die Eintrittsgeschwindigkeit in die Atmosphäre wurde mit 18 km/s (= 64.800 km/h) angegeben, was etwa der 50-fachen Schallgeschwindigkeit entspricht. Der Aufprallwinkel auf die Erdatmosphäre betrug etwa 20°. Das Objekt erzeugte beim Eintritt in die Atmosphäre kurzzeitig ein Glühen, welches heller als die Sonne war.[17] Ursache dafür war die Kompression und dadurch hervorgerufene Erhitzung der Luft vor dem Objekt.[18] Im Rahmen des Kernwaffenteststopp-Vertrages von der CTBTO installierte Infraschall-Messstellen konnten das astronomische Ereignis ebenfalls detektieren. Ihre Daten dienten zur Abschätzung der freigewordenen Energie.[19][20][17]
NASA-Einschätzungen zufolge ist es der größte Meteor seit dem Eintritt des (möglichen) Tunguska-Meteoroiden im Jahr 1908.
Das Ereignis fand nur wenige Stunden vor der größten Erdannäherung des Asteroiden 2012 DA14 statt, der etwa den dreifachen Durchmesser hat und mit einer geschätzten Masse von etwa 130.000 Tonnen[21] sehr viel schwerer ist. Laut der Europäischen Weltraumorganisation und der NASA[17] haben beide Ereignisse aufgrund stark unterschiedlicher Bahnen der Objekte nichts miteinander zu tun.[22]
Eine erste Rekonstruktion der elliptischen Bahn des Tscheljabinsk-Meteoroids durch die NASA ergab, dass diese über den Marsorbit hinausführte.
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Zerbrochene Fenster im Schauspielhaus Tscheljabinsk durch die vom Meteor verursachte Druckwelle.
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Das von der Stoßwelle zerstörte Dach der Zinkfabrik in Tscheljabinsk.
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Erste Bestimmung der Bahn des Meteoroids von Tscheljabinsk (elliptisch) und die Bahn von 2012 DA14.
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Größenvergleich der geschätzten Größen des Tscheljabinsk-Meteors, des Barringer-Krater-Meteoriten, des Hoba-Meteoriten und einer Boeing 747
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Meteoriten-Fundstück der Uralischen Föderalen Universität Ural, gefunden am Tschebarkulsee in der Nähe des Meteor-Einschlags.
Weblinks
- Russischer Blogger mit zahlreichen Bildern
- Flugbahn des Meteoriten
- Russland: Reste des Tschebarkul-Meteoriten gefunden auf heise online vom 18. Februar 2013
- Russland: Viele Verletzte durch Meteoritenschauer auf heise online vom 15. Februar 2013
- Russian meteor path plotted in Google Maps
- Satellite images from the European MET-7 weather satellite
Einzelnachweise
- ↑ Russian Meteor. NASA, abgerufen am 15. Februar 2013.
- ↑ Rund 500 Verletzte durch Meteoriteneinschlag am Ural. In: RIA Novosti. 15. Februar 2013, abgerufen am 15. Februar 2013.
- ↑ Fireball sparks alarm in Russia. Abgerufen am 15. Februar 2013 (englisch).
- ↑ Kathrin Spoerr: Warum Russen Armaturenbrett-Kameras haben. In: Die Welt vom 15. Februar 2013. Abgerufen am 16. Februar 2013.
- ↑ http://online.wsj.com/article/SB10001424127887324162304578305163574597722.html?mod=WSJ_hpp_LEFTTopStories#
- ↑ 400 injured by meteorite falls in Russian Urals. Abgerufen am 15. Februar 2013 (englisch).
- ↑ Число пострадавших при падении метеорита приблизилось к 1500(russisch)
- ↑ Hunderte Verletzte durch Meteoritenschauer in Russland. Abgerufen am 15. Februar 2013.
- ↑ Militär entdeckt Sechs-Meter-Krater. Abgerufen am 15. Februar 2013.
- ↑ 20 Minuten Online: Wettersatellit filmte Eintritt in die Erdatmosphäre. Abgerufen am 15. Februar 2013.
- ↑ http://www.tagesschau.de/ausland/meteoritural102.html
- ↑ Ученые: Фрагменты метеорита найдены у озера Чебаркуль (russisch)
- ↑ Челябинский болид. Russische Akademie der Wissenschaften, 15. Februar 2013, abgerufen am 16. Februar 2013 (russisch).
- ↑ Russian meteorite crash: LIVE UPDATES. Abgerufen am 15. Februar 2013 (englisch).
- ↑ möglicherweise sind Amerikanische Tonnen (ca. 907 kg) gemeint
- ↑ Airburst Explained: NASA Addresses the Russian Meteor Explosion, universetoday.com; Der Meteor über Russland: Eine Zusammenfassung, scienceblogs.de/astrodicticum-simplex, abgerufen am 18. Februar 2013
- ↑ a b c NASA Jet Propulsion Laboratory: Russia Meteor Not Linked to Asteroid Flyby. Abgerufen am 16. Februar 2013.
- ↑ Meteoriten-Gefahr: Warten auf Gottes Hammer. Von Axel Bojanowski. Abgerufen am 16. Februar 2013
- ↑ Russian meteor largest in a century, nature.com
- ↑ CTBTO Infrasound Stations Detect Russian Meteorite Blast, ctbto.org
- ↑ NASA-Bericht vom 4. Februar 2013
veraltete Schätzung der ESA vom 15. März 2012 - ↑ 500 Menschen bei Meteoritenregen verletzt. Abgerufen am 15. Februar 2013.
Koordinaten: 55° 9′ 17″ N, 61° 22′ 33″ O