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Ustascha

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Ustascha (kroatisch: Ustaša, Mehrzahl: Ustaše, zu dt. "die Aufständischen") war eine kroatische faschistische Bewegung, die 1929 von Ante Pavelić gegründet wurde, der kurz zuvor nach Italien ins Exil gegangen war.

Vorgeschichte

Die Ustascha-Bewegung bildete sich aus Gruppierungen, die in den 1920er Jahren den rechten Rand der kroatischen Opposition gegen die zentralistische Staatsordnung des Königreiches der Serben, Kroaten und Slowenen gebildet hatte. Deren wichtigste war die Hrvatska Stranka Prava, die aus dem rechten, strikt antijugoslawischen Flügel der gleichnamigen älteren Partei entstanden war. Zu den führenden Mitgliedern dieser Partei gehörte in den 1920er Jahren auch der spätere Ustascha-Führer Ante Pavelić. Größeren Einfluss konnten diese und ähnliche Gruppierungen jedoch zunächst nicht erlangen. Die dominierende politische Kraft in Kroatien war und blieb zu dieser Zeit die Kroatischen Bauernpartei unter Führung von Stjepan Radić.

Gründung der Ustascha

Während der Staatskrise in Form von Nationalismus bei einigen kroatischen Politikern, der die Ermordung Stjepan Radićs folgte, führte König Alexander I. Anfang 1929 einen Staatsstreich durch. Er löste das Parlament auf, suspendierte die Verfassung von 1921 und proklamierte die Königsdiktatur. Grund hierfür war, den aufkommenden Nationalismus und Antijugoslawismus einiger Politiker zu unterbinden und den Bestand des Einheitsstaates weiterhin garantieren zu können.

Im selben Jahr emigrierte Ante Pavelić nach Italien und gründete die Ustascha-Bewegung.

Die Ustascha verstand sich als Unabhängigkeitsbewegung gegen die serbische Hegemonie in Jugoslawien. Später entwickelte sie sich aber zu einer faschistischen Bewegung, die sich an Mussolini und Hitler als Vorbildern orientierte.

Sie wurde in den Jahren 1929 bis 1934 vom faschistischen Regime Mussolinis aktiv unterstützt, um Jugoslawien, das einer italienischen Vorherrschaft an der Adria und auf dem Balkan im Wege stand, zu destabilisieren.

Im Gegensatz zu anderen kroatischen oppositionellen Gruppen (wie der Kroatischen Bauernpartei) versuchte die Ustascha ihre Ziele primär mit gewaltsamen Mitteln, auch durch Terror zu erreichen. Die Regierung reagierte auf die Aktivitäten der Ustascha mit der gewaltsamen Unterdrückung jedes potentiellen Widerstandes. Dabei wurden auch mehrere nicht an den terroristischen Aktivitäten beteiligte Oppositionelle, unter anderem Milan Šufflay, von Agenten des jugoslawischen Geheimdienstes ermordet, was internationale Proteste nach sich zog.

Attentat auf Alexander I.

Höhepunkt ihrer Aktivitäten war die gemeinsam mit mazedonischen Nationalisten (IMRO-Organisation) durchgeführte Ermordung des jugoslawischen Königs Alexander I. und des französischen Außenministers Louis Barthou Außenministers durch Welitschko Kerin-Dimitrof in Marseille im Jahre 1934.

Nachdem die Täterschaft bekannt geworden war und zu einer Krise in den französisch-italienischen Beziehungen geführt hatte, wurde Pavelić von Mussolini unter Hausarrest gestellt und gezwungen, seine Terrorkampagne vorläufig einzustellen. Die Ustascha verlagerte daraufhin den Schwerpunkt ihrer Aktivitäten auf den Aufbau von Unterstützergruppen unter kroatischen Emigranten und wartete eine Gelegenheit ab, mit deutscher oder italienischer Hilfe die Macht zu ergreifen.

Zweiter Weltkrieg

Nach der Besetzung und Zerschlagung Jugoslawiens durch deutsche und italienische Truppen im Frühjahr 1941 wurde der Ustascha von diesen die Macht in dem für "selbständig" erklärten Unabhängigen Staat Kroatien (kroat. Nezavisna Država Hrvatska) übertragen, nachdem die Kroatische Bauernpartei die Kollaboration verweigert hatte.

Staatsordnung des "Unabhängigen Staates Kroatien"

Das Territorium des Unabhängigen Staates Kroatien umfasste auch ganz Bosnien-Herzegowina und Teile Serbiens (Syrmien), die von der Ustascha als "ursprünglich kroatische Länder" beansprucht wurde; große Teile Dalmatiens mit knapp 380.000 Menschen musste er hingegen an Italien abtreten.

Der Unabhängige Staat Kroatien wurde als Führerstaat nach dem Vorbild seiner faschistischen Verbündeten organisiert. Pavelić übernahm unter dem Titel Poglavnik (wörtlich soviel wie Oberhaupt) die Rolle des Führers, die Ustascha-Bewegung (Ustaški pokret) wurde zur Einheitspartei, und parallel zur Aufstellung einer auf Wehrpflicht basierenden regulären Armee (an deren politischer Verlässlichkeit Zweifel bestanden) wurde nach dem Vorbild der SS die Ustascha-Miliz (Ustaška vojnica) als Prätorianergarde des Regimes gebildet.

Demokratische Wahlen, die das Ustaša-Regime vor dem kroatischen Volk legitimiert hätten, wurden zuvor nicht abgehalten.

Deutsche und italienische Besatzungstruppen blieben auf seinem Gebiet präsent und operierten oft auch ohne Rücksicht auf die "Staatsorgane" des offiziell "unabhängigen" Staates. Die Enttäuschung über die Ustascha in der Bevölkerung war sehr groß und der Rückhalt in der Bevölkerung nahm schon nach wenigen Monaten rapide ab.

Völkermord

Der Ustascha-Staat erließ Rassengesetze nach dem Vorbild des Dritten Reiches, die sich gegen Juden und Roma, aber vorwiegend gegen Serben richteten, die kollektiv zu Feinden des kroatischen Volkes erklärt wurden.

Serben, Juden, Roma und kroatische Antifaschisten wurden in Konzentrationslagern, deren größtes das KZ Jasenovac war, eingesperrt und vor allem von der Ustascha-Miliz auf zumeist brutalste Weise ermordet. Die zahlenmäßig stärkste Gruppe unter den Opfern stellten dabei die Serben dar.

Wieviele Menschen dem Völkermord der Ustascha zum Opfer fielen, ist bis heute umstritten. Die Kroatische Landeskommission zur Feststellung der Verbrechen der Besatzer und ihrer Helfer schätzte in ihrem Bericht zur den Verbrechen im Lager Jasenovac 1946 allein die Zahl der Opfer des KZ Jasenovac auf 500.000 bis 600.000. Das Simon-Wiesenthal-Zentrums gibt die Zahl der Menschen, die im KZ Jasenovac ermordet worden sind, mit 600.000 an, das staatliche United States Holocaust Memorial Museum in Washington hingegen mit 100.000.

Die Bosniaken wurden hingegen von der Ustascha zu Kroaten muslimischer Konfession erklärt und offiziell mit denjenigen katholischer Konfession gleichgestellt und ebenso wie die katholischen Kroaten zum Wehrdienst in der Armee herangezogen. Parallel dazu wurden unter deutscher Anleitung jedoch auch eigene Bosnische SS-Einheiten aufgestellt.

Politische und militärische Entwicklung

Der Ustascha-Staat blieb bis 1945 ein treuer Verbündeter des Deutschen Reiches und entsandte auch Truppen zur Unterstützung des deutschen Feldzuges gegen die Sowjetunion. Militärisch war er jedoch hauptsächlich mit dem Kampf gegen die von Tito angeführten Partisanen, als auch mit den Tschetniks (Jugoslawische Nationalmonarchistische Bewegung) beschäftigt, die schnell einen großen Teil seines offiziellen Territoriums unter ihre Kontrolle brachten.

Der NDH-Innenminister Mladen Lorković und der Verteidigungsminister Ante Vokić nahmen in den Jahren 1943/1944 Kontakt zu den Alliierten auf und versuchten den Sturz des Pavelić-Regimes herbeizuführen. Dieser Putschversuch wurde jedoch entdeckt, die Beteiligten verhaftet und im Sommer 1944 hingerichtet.

Nach dem Sieg der Tito-Partisanen

Nach Beendigung des Krieges ergaben sich kroatische Zivilisten, Reste der Ustascha und der regulären Armee (Domobrani) sowie jugoslawische Verbände, die der neuen Regierung ein Dorn im Auge waren, den Briten nahe Bleiburg in Österreich. Diese wurden jedoch an die Tito-Partisanen ausgeliefert. Unangefochtene Zahlen gibt es auch hier nicht.

Der Großteil von ihnen wurde kurz nach der Gefangennahme erschossen oder in monatelangen Todesmärschen oder in Lagern ermordet. Dieser Vorfall wurde als das Massaker von Bleiburg bekannt.

Exil in Argentinien

Am Ende des Zweiten Weltkrieges floh die Führung der Ustascha um Pavelić im Mai 1945 aus Kroatien. Über die so genannte Rattenlinie (ratline) gelangten einige hundert Angehörige der Ustascha nach Italien und verschifften sich in Richtung Argentinien, Amerika, Kanada und Spanien. Pavelić selbst erreichte 1947 Argentinien und lebte bis kurz vor seinem Tod Ende der fünfziger Jahre in Buenos Aires, wo er als Sicherheitsberater des argentinischen Diktators Perón fungierte. Dort bildete er eine "Exilregierung", die jedoch von keinem Staat anerkannt wurde. Aufgrund von persönlichen und politischen Rivalitäten spaltete sie sich in mehrere Gruppierungen, die jeweils einen Alleinvertretungsanspruch für sich erhoben.

Aktivitäten der Ustascha von 1945 bis 1989

In der Folgezeit wurde von den emigrierten kroatischen Rechtsradikalen eine Europazentrale in der Nähe von München gegründet. Von hier aus wurden Attentate auf jugoslawische Politiker, Staatsbeamte des jugoslawischen öffentlichen Dienstes im Ausland und auf Kroaten, die aus ihren Reihen austreten wollten, geplant und verübt.

Die schwerwiegendste Tat war die Ermordung des jugoslawischen Botschafters in Stockholm und eine Entführung eines Passagierflugzeuges der jugoslawischen Fluggesellschaft JAT.

Eingruppierung der Ustascha zu anderen Terrornetzwerken

Bis zum Jahre 1989 galten die kroatischen Ustascha neben der RAF, IRA und palästinensischen Hissbollah zu den am gefährlichsten und größten Terrornetzwerken der Welt.

Ustaschas in Kroatien von 1990 bis heute

Während des Bestandes Jugoslawiens wurden die Ustascha als Vaterlandsverräter und Massenmörder gehandelt. Heute werden diese jedoch in Kroatien, vor allem in der Ära des verstorbenen kroatischen Präsidenten Franjo Tudjman, zu Helden hochsterilisiert und verehrt.

Unter dem Namen "Ustascha" kämpften kroatische Freiwilligenverbände gegen Bosniaken und Serben in Bosnien-Herzegowina und gegen Serben auf dem Territorium des heutigen Kroatiens in der Republik Serbische Krajina.

Literatur

  • "Der Königsmord von Marseille", ISBN: B0000BLMK5, Vladeta Milicevic
  • "Der Schattenkrieger - Klaus Kinkel", ISBN: 3430180147, Erich Schmidt Eenboom
  • "Macht außer Kontrolle - Geheime Weltpolitik von Chruschtschow bis Bush", ISBN: 3351025610, Ullrich Schiller