Ioane Petrizi
Ioane Petrizi (georgisch იოანე პეტრიწი; * frühestens spätes 11. Jahrhundert; † spätestens frühes 13. Jahrhundert) war ein georgischer Philosoph. Er ist hauptsächlich bekannt für seinen Kommentar zu Proklos, hatte aber auch starken Einfluss auf die Entwicklung der georgischen Sprache und Kultur.
Leben
Es gibt zwei Lebensdarstellungen zu Ioane Petrizi. Klassischerweise wird angenommen, dass Petrizi Ende des elften bis Anfang des zwölften Jahrhunderts lebte, dass er ein Schüler des Johannes Italos war, zuerst in Konstantinopel dann im Petrizonikloster (heute Kloster Batschkowo) in Bulgarien und schließlich in der Zeit Dawits IV. des Erbauers in der Akademie von Gelati in West-Georgien wirkte. Diese klassische Version wird heute nicht mehr uneingeschränkt geteilt. E. Cheldize hat sprachliche Untersuchungen an den georgischen Texten Petrizis vorgenommen und kommt zu dem Ergebnis, Petrizi habe in der zweiten Hälfte des zwölften und Anfang des 13. Jahrhunderts gelebt.
Werk
In der klassischen Version hat er vor allem in seiner Zeit in der Akademie von Gelati Texte von Josephus Flavius und Johannes Sinaites übersetzt. Er soll eine georgische Grammatik verfasst, Hymnen geschrieben und Übersetzungen aus der Bibel und Kommentare dazu verfasst haben.
In der neueren Lebensdarstellung, in der er rund 100 Jahre später lebte, hat er die bereits bestehenden Begriffe der Akademie von Gelati überarbeitet und in vielen Fällen die alten Begriffe durch eigene ersetzt. Dafür spricht auch die Tatsache, dass in der georgischen Literatur seit Ende des 12. Jahrhunderts eine Reihe neuer Begriffe auftauchen, die auch Petrizi verwendet, diese Begriffe dürften von ihm stammen. Er betätigte sich demnach stark als Übersetzer und Kommentator des Proklos, dessen Philosophie er auch vertrat.
Petrizi kommentierte die Elementatio theologica des Proklos. Er folgt Proklos in der Argumentationsweise, setzt jedoch Prioritäten. Neben dem Verhältnis zwischen dem allumfassenden Einen und den Vielen sind Petrizis Themen vor allem das Eine als das Gute, die Arten des Guten, Grenze und Grenzenlosigkeit, Heneaden, das wahrhaft Seiende, die Erkenntnisstufen, der Geist, die Seele, die Teilhabe, die Pronoia, die Ewigkeit, die Zeit, die Ursache und das Verursachte und die Materie. Er verwendet Beispiele aus der Mathematik, der Physik, der Logik und der Musik, um seine Sichtweise zu begründen. Außerdem kommentiert er auch andere Werke Proklos, so etwa den Kommentar zu Timaios, Parmenides und der Platonischen Theologie. Auch Aristoteles wird genannt, aber der „Göttliche“ und der „Theologe“, das ist für Petrizi nur Proklos.
Das Eine sei immer ganz anders und unfaßbar. Er vergleicht es mit der Sonne, die uns erleuchtet. Nur in Analogie lasse sich davon reden. Er wendet sich gegen Stoiker und Peripatetiker, die die Prizipien und Ursachen der Erkenntnis im Körper und im Einzelwesen finden wollen. Nach Petrizi ist es nicht möglich, das Intelligible und Eine aus dem Empirischen heraus zu erkennen.
Petrizi verweist im Epilog seines Kommentars ausdrücklich auf die Harmonie zwischen der platonisch-proklischen Philosophie und der biblisch christlichen Tradition. Aus theologischer Sicht wird dagegen heute kritisch betrachtet, dass Petrizi mehr an Proklos zu hängen scheint als an der christlichen Überlieferung. Dies wird an mehreren Punkten festgemacht:
- Das Eine ist für Petrizi die oberste Hypostase.
- Petrizi spricht kaum über den Willen Gottes. Die Schöpfung scheint eine ontologische Notwendigkeit zu sein.
- Petrizi sagt nichts über die Inkarnation Gottes.
- Die Materie ist die Niedrigste Stufe der Wirkung des Einen.
- Den Sündenfall interpretiert er ebenfalls als ontologische Notwendigkeit.
- Petrizi scheint nicht an die Auferstehung des ganzen Menschen, d. h. der Seele und des Körpers, zu glauben.
- Die Welt ist für Petrizi genauso wie für Proklos ewig.[1]
Literatur
- E. Chelidze: Über das Leben und das Wirken von Ioane Petrizi. In: Religion. 3-4-5 (1994), S. 113–126.
- Lela Alexidze, Lutz Bergamann: Ioane Petrizi Kommentar zur Elementatio des Proklos. (= Bochumer Studien zur Philosophie. Band 47). Verlag B. R. Grüner, Amsterdam 2009, ISBN 978-90-6032-378-6.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Alexidze, Bergamann, S. 30–33.