Mutismus
Der Mutismus (psychogenes Schweigen) ist das beharrliche, (zunächst) absichtlich herbeigeführte oder psychisch bedingte Schweigen eines Menschen, ohne dass ein Defekt der Sprachorgane vorliegt.
Symptome und Beschwerden
Der mutistische Patient spricht überhaupt nicht (totaler Mutismus) oder er schweigt nur bestimmten Menschen gegenüber bzw. in bestimmten Situationen (selektiver Mutismus).
Ursachen
Mutismus kann aufgrund von Traumata auftreten. Die Störung ist oft mit Sozialangst, Rückzug oder Widerstand verbunden und bedarf einer multifaktorellen Therapie, die sich zwischen Sprachtherapie, Psychotherapie, Sonder- und Regelpädagogik bewegt.
Meist sprechen die selektiv mutistischen Kinder mit den Eltern und Geschwistern, in anderen definierbaren Situationen (mit Fremden, in der Schule etc.) sprechen sie jedoch nicht.
Bei Kindern ist ein totaler Mutismus äußerst selten. Dieser äußert sich dann als hysterische Reaktion aufgrund einer Psychose, die als Resultat eines schweren Traumas eintritt.
Daneben ist Mutismus auch im Endstadium der Alzheimerschen Krankheit bekannt.
Folgen und Komplikationen
Der Patient leidet unter Sozialangst, seelischem Rückzug oder Widerstand gegen andere oder unter einer depressiven Stimmungslage. Er hat Schwierigkeiten in der Schule, der Ausbildung oder im Beruf und wird teilweise von anderen Leuten gemieden.
Auch die anderen Leute leiden darunter, denn der Patient spricht nicht mit ihnen bzw. meidet sie.
Behandlung
Die Behandlung erfolgt sprachtherapeutisch, heil- und sonderpädagogisch und psychotherapeutisch.
Diagnostische Kriterien nach der ICD-10 sind:
A) Andauernde Unfähigkeit, in bestimmten Situationen zu sprechen, (in denen das Sprechen erwartet wird, z. B. in der Schule), wobei in anderen Situationen normale Sprechfähigkeit besteht.
B) Die Störung behindert die schulischen oder beruflichen Leistungen oder die soziale Kommunikation.
C) Die Störung dauert mindestens einen Monat (und ist nicht auf den ersten Monat nach Schulbeginn beschränkt).
D) Die Unfähigkeit zu sprechen ist nicht durch fehlende Kenntnisse der gesprochenen Sprache bedingt, die in der sozialen Situation benötigt wird oder dadurch, dass der Betroffene sich in dieser Sprache nicht wohl fühlt.
E) Die Störung kann nicht besser durch eine Kommunikationsstörung (z. B. Stottern) erklärt werden und tritt nicht ausschließlich im Verlauf einer tiefgreifenden Entwicklungsstörung (z. B Autismus), Schizophrenie oder einer anderen psychotischen Störung auf.
Im Gegensatz zur Schizophrenie bzw. Psychose treten beim Mutismus keine Wahnsymptome auf. Der Sozialverhalten und das Fehlen von Stereotypien differenziert die Störung vom Autismus sowie von Deprivationssyndromen (Hospitalismus). Der Mutismus kann nicht durch Stottern, Poltern oder Stammeln und auch nicht durch ein fehlendes Sprachverständnis erklärt werden.
ICD-10 Schlüssel
Die psychisch und nicht organisch bedingten Sprechstörungen (als Entwicklungsstörungen) wie der Mutismus sind in der Kategorie ICD-10 F80 verschlüsselt. ICD-10 F80.0 beschreibt die Artikulationsstörung, ICD-10 F80.1 und ICD-10 F80.2 die expressive bzw. rezeptive Sprachstörung. ICD-10 F80.3 ist die erworbene Aphasie mit Epilepsie.
ICD-10 F94.0 beschreibt den "selektiven" Mutismus als Störung sozialer Funktionen mit Beginn in Kindheit und Jugend.