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Studio für Elektronische Musik (Köln)

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Die Gründung - 1951

Das Kölner Studio für elektronische Musik war weltweit das erste seiner Art. Am 18.10.1951 fand im Westdeutschen Rundfunk (WDR - damals noch NWDR) eine Besprechung anlässlich einer Sendung eines Nachtprogrammbandes über elektronische Musik am Abend des gleichen Tages statt. Durch einen Bericht über diese Besprechung informiert gab der Intendant des Senders, Hanns Hartmann, grünes Licht für die Einrichtung des Studios. Insofern kann der 18.10.1951 als Tag der Gründung des Studios für elektronische Musik angesehen werden.

An der Besprechung nahmen neben anderen teil: Werner Meyer-Eppler, Robert Beyer, Fritz Enkel und Herbert Eimert. Robert Beyer hatte bereits seit den zwanziger Jahren von einer Klangfarbenmusik gesprochen. Er sah nun endlich die Zeit reif für ihre Verwirklichung. Fritz Enkel war ein Techniker, der die erste Einrichtung des Studios konzipierte. Herbert Eimert war Komponist, Musikwissenschaftler und -journalist. Er hatte in den zwanziger Jahren eine Atonale Musiklehre geschrieben, wegen der er aus der Kölner Musikhochschule hinausgeworfen wurde (später machte sie ihn zum Professor). Er stand also seit seiner Jugend auf der Seite des radikalen musikalischen Fortschritts. Er veranstaltete zum Beispiel auch Konzerte mit Geräuschinstrumenten. Eimert wurde der erste Leiter des Studios für elektronische Musik. Werner Meyer-Eppler war Dozent am Institut für Phonetik und Kommunikationsforschung der Bonner Universität. Er hatte 1949 den Begriff "elektronische Musik" als erster verwendet im Untertitel eines seiner Bücher (Elektrische Klangerzeugung: elektronische Musik und synthetische Sprache). Nach einer Bestandsaufnahme der bis dahin entwickelten elektronischen Musikinstrumente in diesem Buch entwickelte Meyer-Eppler in seinem Bonner Institut experimentell eines der grundlegenden Verfahren der elektronischen Musik, nämlich die kompositorische Musikgestaltung unmittelbar auf Magnettonband.

Am Ende des genannten Berichtes wurde hingewiesen auf die Greifbarkeit der Herren Trautwein (Düsseldorf) und Meyer-Eppler (Bonn). Köln liegt zwischen Düsseldorf und Bonn. Friedrich Trautwein hatte anfangs der dreißiger Jahre das Trautonium entwickelt, eines der frühen elektronischen Musikinstrumente. Eine Version des Trautoniums, das Monochord, wurde für das Studio angeschafft. Meyer-Eppler führte seine Experimente in Bonn mit einem Melochord durch. Harald Bode hatte dieses Instrument - nach Meyer-Epplers Wünschen modifiziert - konstruiert. Auch für das Kölner Studio wurde deshalb ein Melochord angeschafft. Das Monochord und vor allem das Melochord lassen sich als Vorläufer bzw. als Frühform des Synthesizers auffassen. Synthesizer spielten in der späteren Geschichte des Studios eine wichtige Rolle.

Die erste Einrichtung des Studios

Die beiden erwähnten Instrumente Monochord und Melochord wurden in dem Studio zusammen mit weiteren Geräten verwendet. Ein Rauschgenerator lieferte ein Rauschsignal, wie man es z.B. im UKW-Radio auf den Frequenzen zwischen den Radiokanälen hören kann. Wichtig für Klangveränderungen waren Filter. Ein Oktavfilter schwächte ein Eingangssignal (wie z.B. das Rauschen) auf mehreren eine Oktave breiten Frequenzbändern ab. Zwei Bandpassfilter ließen von so einem Eingangssignal nur ein einziges Frequenzband durch. Bei den Bandpassfiltern war dieses Band in Breite und Mittenfrequenz einstellbar, im Unterschied zum Oktavfilter. Daneben gab es einen so genannten Ringmodulator, der zwei Eingangssignale miteinander multipiziert, im Unterschied zur additiven Mischung in einem Mischpult. Der Ringmodulator wurde zu einer sehr starken Klangverfremdung benutzt. Ein Oszilloskop diente zur Sichtbarmachung von Klängen. Ein Vierspurtonbandgerät erlaubte die Synchronisation von mehreren getrennt voneinander produzierten Abfolgen von Klängen. Zwei Einspurtonbandgeräte wurden zum Kopieren von einem Tonband auf ein anderes benutzt. Unter Benutzung des Mischpults ließen sich während dieses Kopierens weitere Klänge zusammen mit denen des ersten Tonbandes auf das zweite Tonband aufnehmen (ein Hauptgedanke Meyer-Epplers). Das Mischpult bestand aus zwei Gruppen zu jeweils acht Kanälen. Es hatte Fernsteuerungen für das Vierspurtonbandgerät und das Oktavfilter. Außerdem liefen hier Aus- und Eingänge aller Schallquellen, Filter, Modulatoren in einem Kreuzsteckschienenfeld zusammen, so dass die Verbindungen der einzelnen Geräte untereinander je nach Bedarf bequem herzustellen und zu verändern waren.

Erste Experimente - 1952

Weil ganz zu Beginn Monochord und Melochord noch nicht vorhanden waren - wohl aber Tonbandgeräte - beschränkten sich Robert Beyer und Herbert Eimert auf Klangmaterialien, die Meyer-Eppler in Bonn hergestellt hatte. Meyer-Epplers Bänder wurden bearbeitet und gemischt. Hiermit konnten Beyer und Eimert zwar noch nicht eigenständige Musik erzeugen, doch wesentliche Erfahrungen im Umgang mit der von Meyer-Eppler entwickelten Verfahrensweise machen. Als das Studio schließlich die oben beschriebene Form angenommen hatte, produzierten Beyer und Eimert - zusammen und alleine - einige Klangstudien. Diese Studien machen einen sehr freien Eindruck und verraten eine gewisse Unbekümmertheit bei ihrer Produktion. Wer die Klangfarben analoger Synthesizer kennt, wird hier so manchen vertrauten Ton hören können. Während Beyer ziemlich zufrieden mit den Ergebnissen gewesen zu sein scheint, war der strengere Eimert mit diesem improvisatorischen Spielen und Zusammensetzen nicht einverstanden. Eimert wollte das Kompositorische in der elektronischen Musik etablieren. Diese Meinungsverschiedenheit führte ein Jahr später zum Ausscheiden Beyers aus dem Studio.

Serielle Musik - 1953 -1954

Eimert folgte von nun an aktiv der Empfehlung aus dem eingangs erwähnten Bericht an den Intendanten: "Es wäre nur notwendig, diese Einrichtungen geeigneten, vom Rundfunk beauftragten Komponisten zugänglich zu machen." Das heißt, er lud junge Komponisten, die ihm geeignet erschienen, ein im Studio das Ideal einer komponierten elektronischen Musik zu verwirklichen. Seit Beginn der fünfziger Jahre waren die radikalsten europäischen Komponisten zu der Zielvorstellung einer in allen Aspekten total organisierten Musik gekommen. Sie gingen dabei von der Zwölftonmusik aus, die aber nur die Tonhöhen organisierte (und zwar in Reihen von Tonhöhen). Der französische Komponist Olivier Messiaen hatte Ende der vierziger Jahre als erster den Gedanken der Organisation von den Tonhöhen auch auf die Tondauern, -lautstärken und konzeptuell auch auf die Klangfarben übertragen. Messiaen hatte in Paris zwei Studenten, die seine Gedanken aufgriffen und fortan die bekanntesten Vertreter der seriellen Musik - wie man sie nannte - wurden: Pierre Boulez und Karlheinz Stockhausen. (Pierre Boulez wurde viel später (in den siebziger Jahren) Gründer und Leiter eines der wichtigen Institute auf diesem Gebiet, des IRCAM.) Stockhausen hatte in Paris schon Erfahrungen mit den verschiedenen Aufnahme- und Bandschnittverfahren sammeln können. Von daher wusste er, dass Tonhöhen, -dauern und -lautstärken zwar sehr genau bestimmt werden konnten, sich die Klangfarbe jedoch der seriellen Organisation entzog. Im Kölner Studio sah er die bereits erwähnten Instrumente Monochord und Melochord, die auf Empfehlung von Meyer-Eppler angeschafft worden waren, für die Produktion einer in allen Aspekten organisierten Musik als nutzlos an. Er wendete sich an Fritz Enkel, den Leiter der Messabteilung, und fragte nach Sinustongeneratoren, denn er wollte die Klangfarben aus einzelnen Sinustönen zusammensetzen. Und zwar nach eigenen kompositorischen Vorstellungen. Enkel war sehr skeptisch und sagte Stockhausen: "Das schaffen Sie nie!" Stockhausen setzte sich aber durch und bekam seinen Sinustongenerator aus der Messabteilung des Senders. In einer mühsamen Kleinarbeit wurde im Studio von Stockhausen, Eimert und anderen Komponisten für eine Zeit lang jeder Klang aus einzelnen Teiltönen "komponiert". Eimert lieferte die Definition der seriellen Musik: "Die serielle Musik dehnt die rationale Kontrolle auf alle musikalischen Elemente aus." Der "Parameter", wie man sagte, der dieser Kontrolle sich am längsten entzogen hatte, die Klangfarbe, wurde im Studio für elektronische Musik komponierbar. Jeder Sinuston konnte in Frequenz, Amplitude und Dauer exakt bestimmt werden. Übereinander kopiert entstanden aus den Sinustönen Klänge oder Tongemische, deren Farbe direkt durch den Kompositionsplan bedingt war und nicht mehr von der Tradition (wie im Falle mechanischer Instrumente) oder des Instrumentenentwicklers (wie im Falle des Melochords beispielsweise) abhängig. Der zugrundeliegende Gedanke war: Jeder Klang ist aus Sinustönen zusammengesetzt vorstellbar. Selbstverständlich war aber mit der vorhandenen Technik nur eine sehr beschränkte Anzahl von Sinustönen ohne gravierenden Verlust an Tonqualität so zusammensetzbar (aufgrund von mit jedem weiteren Kopiervorgang zunehmendem Rauschen und sowie von Verzerrungen). Die entstandenen Klänge und Tongemische waren zwar genau nach Plan, aber doch sehr einfach und grob strukturiert. Der Eindruck ist bei den Stücken, die auf diese Weise entstanden, weniger einer von Klangfarben, sondern von Akkorden, was Adorno dazu brachte zu sagen, elektronische Musik hörte sich an, als ob Webern auf der Wurlitzerorgel vorgetragen werde.

Nicht nur Adorno hatte eine wenig positive Auffassung von dieser Sinustonmusik, sondern die Komponisten waren selber enttäuscht. Nur aus Sinustönen befriedigende Klänge zu synthetisieren, erfordert nämlich einen technischen Aufwand, der in den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts einfach noch nicht realisierbar war. (Diese so genannte additive Synthese ist heute zwar mit Computern möglich, doch immer noch nicht perfekt.) Deshalb suchten sie nach Möglichkeiten, die starren Klänge lebendiger zu machen und den Arbeitsaufwand zu verringern. Dabei machten die Komponisten Gebrauch von den Möglichkeiten, die sich im Sender boten, beispielsweise von Hallräumen zur Hinzufügung von Nachhall, und von den im Studio verbliebenen Geräten, z.B. der Ringmodulator und die Filter. Monochord und Melochord wurden nicht mehr verwendet. Im Monochord gab es jedoch einen Impulsgenerator, der nun verstärkt eingesetzt wurde.

Klangkontinuum 1955 - 1962

Ab Mitte der fünfziger Jahre wurden im Studio zur Klangerzeugung drei Arten von Generatoren verwendet: der Sinustongenerator, der Rauschgenerator und der Impulsgenerator. Letzterer erzeugte keine andauernden Signale sondern extrem kurze Knacke. Der zeitliche Abstand zwischen den Knacken konnte eingestellt werden. Bei Abständen bis zu circa 1/16 Sekunde konnten die Knacke noch einzeln wahrgenommen werden. Bei kürzeren Abständen begann die Wahrnehmung einer Tonhöhe, die um so höher war, je kürzer diese Abstände wurden. Es entstand ein Klang, der sehr viele und hohe Teiltöne enthielt, sehr hell bis schrill wirkte und daher ein ideales Objekt für die Filter war, die aus dem Klang die gewünschten Teile wieder wegnehmen konnte.

Außer dem Oktavfilter und den Bandpassfiltern gab es jetzt auch ein Terzfilter. Mit dem Terzfilter konnten Frequenzbänder vom Umfang des Intervalls einer Terz in ihrer Stärke angehoben und abgesenkt werden. (Heutzutage ist das Terzfilter unter der Bezeichnung Graphic Equalizer immer noch gebräuchlich.) Alle Klänge mit vielen Teiltönen (sogenannte Breitbandsignale) konnten so nach Wunsch quasi neu eingefärbt werden.

Ein weiteres Filter war ein sogenannter Abstimmbarer Anzeigeverstärker. Dieses Gerät - ein spezielles Bandpassfilter - konnte im Extrem auf eine so enge Bandbreite eingestellt werden, dass es auf der eingestellten Mittelfrequenz selbst sinusförmig zu schwingen begann. Ansonsten konnte es zum Beispiel bei Breitbandsignalen einzelne Teiltöne isoliert hörbar machen.

Stockhausen entschied sich nach zwei Sinustonkompositionen, auch Schallmaterial zu verwenden, das nicht von den Geräten im Studio erzeugt werden konnte, nämlich Sprache und Gesang. (Zweifellos wurde er dabei durch Meyer-Eppler beeinflusst, bei dem er in dieser Zeit Phonetik studierte.) Er stellte Verbindungen her zwischen den verschiedenen Kategorien der menschlichen Lauterzeugung auf der einen Seite und jenen der drei wesentlichen Arten der Klangerzeugung im Studio auf der anderen Seite. Vokale (a, e, i, o, u ...) entsprachen dabei den Sinustönen und deren Kombinationen, Plosivlaute (p, k, t) den Impulsen und Konsonanten (f, s, sch ...) dem Rauschen. Stockhausen unterwarf einerseits die Aufnahme einer Kinderstimme den gleichen Manipulationen wie die im Studio erzeugten Klänge und Geräusche und versuchte andererseits, die Letzteren in verschiedenen Graden an die Stimmlaute anzunähern. Damit wollte er ein Klangfarbenkontinuum zwischen elektronischen und menschlichen Lauten erzielen. Jedenfalls war damit der erste Schritt getan in Richtung auf die Einbeziehung anderer Klangmaterialien als nur rein elektronisch erzeugter. Die elektronische Musik aus dem Kölner Studio näherte damit konzeptionell der Musique Concrète aus Paris an.

Gottfried Michael Koenig, der im Studio Stockhausen und anderen Komponisten bei der Realisation ihrer Stücke assistierte, war selbst Komponist elektronischer Musik und vor allem der konsequenteste Theoretiker der elektronischen Musik. Ihn ließ vor allem das Instrumentalmusikalische nicht ruhen, das sich (trotz der Verbannung von Monochord und Melochord) nun über die "Instrumente" Sinustongenerator, Rauschgenerator, Impulsgenerator hartnäckig in der elektronischen Musik hielt. Das Denken in den Parametern Tonhöhe, Tondauer, -stärke usw. war ja aus der Instrumentalmusik übernommen worden. Je länger nun im Studio Erfahrungen gesammelt worden waren, desto deutlicher wurde, dass diese Begriffe komplexen klanglichen Phänomenen, wie sie bei der intensiven Benutzung aller technischen Möglichkeiten entstanden, nicht mehr angemessen waren. Dies spiegelte sich auch an den Schwierigkeiten wieder, die bei den Versuchen zur Notation der elektronischen Musik entstanden. Konnten einfache Sinustonkompositionen mit Angaben über Frequenzen, Dauern und Schallpegel noch vergleichsweise einfach graphisch dargestellt werden, war dies bei den zunehmend komplexeren Stücken ab der Mitte der fünfziger Jahre nicht mehr möglich. Koenig wollte eine Musik schaffen, die wirklich "elektronisch", das heißt von den gegebenen technischen Möglichkeiten des Studios her gedacht war und nicht mehr versteckte Reminiszenzen an überlieferte instrumentale Vorstellungen mitschleppte. Er fing deshalb sozusagen bei Null an, fragte sich, was kann das einzelne Gerät, was für Kombinationen zwischen den Prozessen innerhalb mehrerer Geräte gibt es (gleichzeitig oder mittels Bandspeicherung nacheinander), und welche Möglichkeiten gibt es diese Prozesse zu steuern. Praktisch stellen seine Stücke, die er bis 1964 im Studio realisierte, systematische Experimente zur Auslotung der elektronischen Klanglichkeit dar. Dabei war ihm aber theoretisch schon 1957 - zu einer Zeit also, als Max Mathews in den USA die allerersten Experimente mit der Klangerzeugung durch einen Computer machte - klar, dass die technischen Möglichkeiten dieses Studios doch sehr begrenzt waren. Wenn der Sinuston sozusagen das nicht weiter zerlegbare Element des Schalls war, konnte er mit seinen Eigenschaften Frequenz und Stärke immer noch als "instrumental" aufgefasst werden. In einem Aufsatz, der einige von Koenigs Konsequenzen aus der Arbeit im Studio darstellt, sprach er von der einzelnen "Amplitude", welche er bestimmen möchte. Ein Sinuston ist ja schon eine Reihe von aufeinander folgenden "Amplituden". Heutzutage bezeichnet der Begriff "Sample" das, was Koenig meinte, nämlich die Elongation (Abstand von der Nullachse) eines Signals zu einem Zeitpunkt. (Später entwickelte Koenig ein Computerprogramm, das Folgen von "Amplituden" produzieren konnte ohne Rücksicht auf übergeordnete "instrumentale" Parameter.)

Stockhausen wendete in einem weiteren Werk dieser Zeit seine Idee vom Klangkontinuum auf instrumentale Klänge an. Die elektronischen Klänge sollten sich den Klängen von Schlaginstrumenten der Kategorien Metall, Holz und Fell annähern. Der Erzeugung "metallischer" Klänge kam beispielsweise die Tatsache zu gute, dass das Studio nun über eine Hallplatte zur Erzeugung von Nachhall verfügte. Außerdem wurde nach seinen Ideen eine Vorrichtung zur Rotation von Klängen im Raum gebaut, ein Rotationslautsprecher, dessen Klänge von um ihn aufgestellten Mikrophonen aufgenommen wurden.

Der Studioleiter Herbert Eimert verzichtete in seinem längsten "elektronischen" Werk gänzlich auf durch Generatoren erzeugte Klänge und verwendete als Ausgangsmaterial ausschließlich die Aufnahme eines durch einen Schauspieler vorgetragenen kurzen Gedichtes. Hier wurde die Idee des Kontinuums eigentlich vollkommen verwirklicht, denn alles Hörbare stellt lediglich stärkere oder schwächere Abwandlung des Ausgangsmaterials dar (wobei die schwächste Abwandlung mit dem Original identisch ist, das am Anfang sowie in Teilen im weiteren Verlauf des Stückes zu hören ist). Bei der Produktion kam in herausragender Weise ein so genanntes Tempophon zur Verwendung. Damit konnten einerseits Dehnungen und Stauchungen von Dauern ohne Tonhöhenveränderung (Transposition) vorgenommen werden sowie andererseits Transpositionen ohne Dauernänderung. Im Extremfall konnte damit ein kurzer Sprachlaut (z.B. das m in dem Wort 'Fischermann') auf beliebige Dauer verlängert werden.

(wird fortgesetzt)

Literatur:

Eimert, Herbert: Was ist elektronische Musik? in: Melos 20 (Januar 1953), S. 1-5.

ders.: Artikel "Elektronische Musik", in: Die Musik in Geschichte und Gegenwart 3, Spalten 1263-1268, Kassel 1954.

ders.: Einführung in die elektronische Musik. Akustische und theoretische Grundbegriffe. Zur Geschichte und Kompositionstechnik (Langspielplatte), Mainz 1963.

ders.: Notizen zum Epitaph und den sechs Stücken, in: Beiheft zur Schallplatte "Herbert Eimert: Epitaph für Aikichi Kuboyama. Sechs Stücke", Mainz o.J. (circa 1963), S. 1-6.

Evangelisti, Franco: Vom Schweigen zu einer neuen Klangwelt, in: Musik-Konzepte 43/44, München 1985, S. 40-166.

Meyer-Eppler, Werner: Elektronische Kompositionstechnik, in: Melos 20 (Januar 1953), S. 5-9.

Morawska-Büngeler, Marietta: Schwingende Elektronen. Eine Dokumentation über das Studio für Elektronische Musik des Westdeutschen Rundfunks Köln, Köln-Rodenkirchen 1988.

Koenig, Gottfried Michael: Artikel "Elektronisches Musikstudio", in: Die Musik in Geschichte und Gegenwart 16, Spalten 59-62, Kassel 1976.

ders.: Ästhetische Praxis. Texte zur Musik. Band 1. 1954-1961, Saarbrücken 1992.

ders.: Ästhetische Praxis. Texte zur Musik. Band 2. 1962-1967, Saarbrücken 1992.

ders.: Ästhetische Praxis. Texte zur Musik. Band 3. 1968-1991, Saarbrücken 1993.

ders.: Ästhetische Praxis. Texte zur Musik. Band 4. Supplement I, Saarbrücken 1999.

ders.: Ästhetische Praxis. Texte zur Musik. Band 5. Supplement II, Saarbrücken 2002.

Ruschkowski, André: Elektronische Klänge und musikalische Entdeckungen, Stuttgart 1998.

Schwind, Elisabeth: Museum oder Produktionsstätte. Das Studio für elektronische Musik des WDR, in: Neue Zürcher Zeitung vom 19.10.2001.

Stockhausen, Karlheinz: Texte zur elektronischen und instrumentalen Musik. Band 1, Köln 1963.

ders.: Texte zu eigenen Werken, zur Kunst Anderer, Aktuelles. Band 2, 3. Aufl., Köln 1988.

ders.: Texte zur Musik 1970-1977. Band 4, Köln 1978.

Ungeheuer, Elena: Wie die elektronische Musik »erfunden« wurde... . Quellenstudie zu Werner Meyer-Epplers Entwurf zwischen 1949 und 1953, Mainz 1992.