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Beschränktes Wachstum

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Beschränktes Wachstum

Als beschränktes Wachstum (begrenztes Wachstum) wird in der Mathematik ein Wachstum bezeichnet, das durch eine natürliche Schranke (auch Kapazität(-sgrenze) oder [[Sättigung (Wachstum)|Sättigung(-sgrenze/-swert) genannt) begrenzt ist. Das Wachstum kann sowohl nach oben als auch nach unten (beschränkte Schrumpfung) beschränkt sein.


Eigenschaften

Beim klassischen Wachstumsmodell des beschränkten Wachstums ist die Änderungsrate bzw. proportional zum Sättigungsmanko (auch Restbestand bzw. Sättigungsdefizit genannt). Das Sättigungsmanko selbst nimmt exponentiell ab. Dieser Rest gibt des Fehlbetrag bis zum Erreichen der Schranke an. Der Bestand ergibt sich wiederum aus der Differenz von Sättigungsgrenze und Sättigungsmanko.

Wesentliche Begriffe und Notation

  • bezeichnet die Zeit.
  • sei die betrachtete Bestandsgröße.
  • kennzeichnet den Anfangsbestand (Anfangsbedingung) zum Zeitpunkt .
  • bezeichnet die natürliche Schranke, die als Grenzwert von der Bestandgröße (theoretisch) nicht überschreiten kann. Sie bildet die Asymptote der Wachstumsfunktion und verhindert, dass der Bestand ins Unendliche wächst wie bei linearem und exponentiellen Wachstum.
  • sei die Wachstumskonstante.
  • gibt die Wachstumsgeschwindigkeit bzw. die Wachstumsrate an.

Differentialgleichung

Differentialgleichungen (DGL) dienen der Beschreibung des kontinuierlichen Wachstumsmodells. DGL für beschränktes Wachstum: Die DGL bildet eine lineare inhomogene Differentialgleichung mit konstanten Koeffizienten und kann die Methode der Variablentrennung gelöst werden.

Explizite Darstellung (Wachstumsfunktion)

Die spezielle Lösung der DGL wird als explizite Darstellung bezeichnet und bildet gleichzeitig die Wachstumsfunktion. Sie lautet für ein nach oben beschränktes Wachstum: : Der Graph der Funktion steigt streng monoton und beschreibt eine Rechtskurve. Das Wachstum ist degressiv, das bedeutet, dass die Wachstumsgeschwindigkeit mit der Zeit abnimmt.

Für ein nach unten beschränktes Wachstum mit gilt: Der Graph der Funktion steigt fällt monoton und beschreibt eine Linkskurve. Das Wachstum ist degressiv.

Für hat die Wachstumsfunktion die Gestalt: . Hier fällt Schranke mit der x-Achse (Abszisse) zusammen und liegt der klassische Fall einer exponentiellen Abnahme vor.

Rekursive Darstellung

Zur Beschreibung des diskreten Modells als rekursive Darstellung dienen aus Differenzen abgeleitete Folgen.

Exakte Diskretisierung

Es sei . Dann lautet die Rekursionsformel: mit , wobei beginnend mit eine äquidistante Folge von Zeitpunkten dasrstellt und die entsprechenden Bestandsgrößen meint.

Genäherte Diskretisierung

Folgende Näherung ergibt sich durch Anwendung des expliziten Eulerverfahrens: mit

Vergleich zwischen der exakten und der genäherten Darstellung

Der Koeffizientenvergleich der exakten und der Näherungsformeln zeigt, dass beide identisch wären, wenn

Das ist offensichtlich nicht der Fall. Die Reihenentwicklung der e-Funktion:

zeigt jedoch, dass beide Darstellungen bis auf Terme höherer als 1. Ordnung übereinstimmen. Das Näherungsverfahren ist somit ein Verfahren erster Ordnung.


Beschränktes logistisches Wachstum

Neben dem klassischen Modell ist ein Wachstum, was sich durch eine [logistische Funktion]] beschreiben lässt, ebenfalls nach oben hin beschränkt. Hier ist die Änderungsrate proportional zum Produkt aus Bestand und Sättigungsmanko .

siehe auch: Wachstum (Mathematik)

Beispiele

Nach oben beschränktes Wachstum

  • Erwärmung eines Kaltgetränks:
Liegt die Temperatur eines Kaltgetränks unterhalb der Umgebungstemperatur, erwärmt sich das Getränk bis auf die Umgebungstemperatur, welche die obere Grenze bildet.
  • Ausbreitung eines Gerüchts in eine festen Gruppe:
Ausgehend von einer Gruppe an Personen, die den Inhalt des Gerüchtes kennen breitet es sich so lange aus, bis alle Mitglieder der festen Gruppen von dem Gerücht Kenntnis haben. Die Gruppengröße bildet die obere Grenze.
  • Verkauf von Mobilfunkanschlüssen in einen festen Ort:
Wenn alle Einwohner des Ortes einen Mobilfunkanschluss besitzen, bildet die Grenze die Einwohnerzahl.
  • Medikamenteneinnahme:
Zu Beginn der Einnahme baut sich ein Wirkstoffniveau auf, dass bei kontinuiertlicher Medikamentation die obere Grenze beschreibt.
  • Ausbreitung einer Population in einem begrenzten Raum:
Eine Population z.B. Fische breiten sich nicht immer weiter aus, sondern aufgrund von begrenzten Resourcen wie Futter, Sauerstoff, Platz etc. existiert eine natürlich Grenze.

Nach unten beschränktes Wachstum

  • Abkühlung eines Heißgetränks:
Liegt die Temperatur eines Heißgetränks oberhalb der Umgebungstemperatur, kühlt sich das Getränk bis auf die Umgebungstemperatur ab, welche die untere Grenze bildet.

Literatur

  • Hermann Haarmann, Hans Wolpers: Mathematik zur Erlangung der allgemeinen Hochschulreife, Nichttechnische Fachrichtungen. 2. Auflage. Merkur Verlag, Rinteln 2012, ISBN 978-3-8120-0062-8.
  • Klaus Schilling: Analysis: Qualifikationsphase. EINS Verlag, Köln 2012, ISBN 978-3-427-06660-6.
  • Joachim Engel: Anwendungsorientierte Mathematik: Von Daten zur Funktion. Springer Verlag, Heidelberg 2010, ISBN 978-3-540-89086-7.
  • Walter Seifritz: Wachstum, Rückkopplung und Chaos: Eine Einführung in die Welt der Nichtlinearität und des Chaos. Hanser Verlag, München 1987, ISBN 3-446-15105-2.
  • Harro Heuser: Gewöhnliche Differentialgleichungen: Einführung in Lehre und Gebrauch. Teubner Verlag, Wiesbaden, 5. Auflage 2006, ISBN 978-3-519-42227-1.

Weblinks

[[Kategorie:Analysis]] [[Kategorie:Folgen und Reihen]] [[Kategorie:Differentialgleichungen]]