Else Reventlow
Charlotte Pauline Else Reventlow geb. Reimann (*3. Februar 1897 in Elbing/Westpreußen, † 11. September 1984 in München) war eine Redakteurin.
Charlotte Pauline Else Reimann wurde am 3.2.1897 in Elbing/Westpreußen geboren. Nach dem Besuch von Mädchenmittelschule, Lyzeum und Oberlyzeum absolvierte sie 1916 das Abitur und 1917 die Lehramtsprüfung. Sie erhielt ihre erste Anstellung an der Knabenmittelschule in Hameln/Weser.
Seit Oktober 1918 Mitglied der SPD, absolvierte Else Reimann ein Volontariat bei der "Fränkischen Tagespost" und wurde Zeugin der ersten öffentlichen nationalsozialistischen Versammlung auf deutschem Boden.
Noch im selben Jahr schrieb sich Else Reimann in Jena für ein Studium der Nationalökonomie ein, ihr Interesse galt allerdings weniger den Studieninhalten als dem Aufbau der sozialistische Studentengruppe, zudem nahm sie als jüngste Delegierte am ersten sozialistischen Frauenkongress in Jena teil. Reimann begann im folgenden Jahr in München Literaturgeschichte, Kunstgeschichte und Theaterwissenschaften zu studieren, engagierte sich auch hier wieder in der Studentenbewegung. Während der Auseinandersetzungen zwischen völkischen Studenten und Republikanischem Studentenbund in Folge der Ermordung Walter Rathenaus verließ sie nach dem Sturm auf das Hotel Grünwald im Januar 1923 die Stadt und folgte ihrem Mann, dem Fotografen Rolf Reventlow, den sie am 1.3.1921 geheiratet hatte, nach Berlin. Sie wurde Vorsitzende der sozialistische Studentengruppe, was zu der Verweigerung eines Stipendiums führte und den Studienabschluss unmöglich machte.
Else Reventlow finanzierte ihren Lebensunterhalt mit Übersetzungsarbeiten und Sprachkursen, bereitete außerdem die Herausgabe der Werke ihrer Schwiegermutter Franziska zu Reventlows vor. 1925 zogen die Reventlows nach Heidelberg, wo Rolf Reventlow als Gewerkschaftssekretär der freien Angestelltenverbände arbeitete. Am 20.12.1926 wurde Tochter Beatrice in München geboren. Im selben Jahr erschienen die "Gesammelten Werke" Franziska zu Reventlows, 1928 gab Else Reventlow auch deren Briefe heraus. Da allerdings im Jahre 1935 der Albert-Langen-Verlag ganz in die Hände der NSDAP überging, konnte sie keinerlei Einkünfte mehr aus den veröffentlichten Büchern verbuchen, zumal auch die Lizenz vom Verlag nicht herausgegeben wurde.
In den Jahren 1927 bis 1933 arbeiteten Else und Rolf Reventlow bei der "Volkswacht" in Breslau. Else Reventlow war hier zunächst als Kulturkritikerin tätig, dann als Redakteurin und Korrespondentin. Dazu übernahm sie die Redaktion der „Schlesischen Provinzkorrespondenz“ und arbeitete für diverse andere Publikationen. Im September 1929 zog Else Reventlow der Gesundheit ihrer Tochter zuliebe mit dieser ein Jahr nach Ascona, verdiente dort den Lebensunterhalt als Lehrerin.
Mit Übernahme der Regierung durch die Nationalsozialisten verließen die Reventlows das Land. Während Rolf Reventlow in die CSSR reiste, floh Else Reventlow mit ihrer Tochter in die Schweiz. In Ascona arbeitete sie als Lehrerin im Auftrag des "Comité suisse d'aide aux enfants d’émigrés". In den Jahren von 1937 bis 1940 studierte sie darüber hinaus an den Universitäten Genf und Basel Französisch, Englisch und Russisch. In Genf legte sie das französische Staatsexamen ab und am dortigen Bureau International de travail die Übersetzerprüfung für Deutsch. Vom Februar 1938 bis Mai 1940 lebte sie in Basel. Da Reventlow ihre Tochter im Landerziehungsheim Paulus Geheebs untergebracht hatte, arbeitete sie jeweils in den Sommermonaten in der dortigen Verwaltung und Verpflegung.
Sie reichte die Scheidung von dem inzwischen in Oran lebenden Rolf Reventlow ein, am 20.12.1939 erfolgte in Basel das Scheidungsurteil.
Im April 1940 wurde Else, Rolf und Beatrice Reventlow in Abwesenheit die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt.
Dessen ungeachtet kehrte Else Reventlow Anfang Juni 1940 nach Deutschland zurück und wurde sofort verhaftet. Nach vierzehn Tagen Haft am 19.6.1940 wieder entlassen, blieb Reventlow unter der Aufsicht der Gestapo. Sie musste sich zunächst wöchentlich, dann monatlich vorstellen. Durch den Verlust der Staatsbürgerschaft hatte sie keinerlei Aussicht, eine Arbeit zugewiesen zu bekommen. Da ihre beiden Brüder aber an der Front waren, durfte sie offiziell als Geschäftsführerin das Möbelgeschäft in Elbing leiten, nachdem dieses als "kriegswichtig" eingestuft worden war.
Als russische Truppen einmarschierten, machte sich Reventlow mit ihrer Tochter im Januar 1945 auf die beschwerliche Flucht nach Preetz / Holstein. Im Frühjahr ging sie nach Marquartstein in Oberbayern, im August nach München.
Hier arbeitete sie von Oktober 1945 bis Ende 1948 als Redakteurin bei der gerade von den Amerikanern gegründeten "Neuen Zeitung". Nach mehrmaligem Wechsel der Redaktionsleitung und internen Auseinandersetzungen kündigte Reventlow zum 31.12 1948.
Da sie seit 1946 auch Beiträge für "Radio Munich" geliefert hatte, wurde sie auf Betreiben Walter von Cubes am 1.1.1949 offiziell vom Bayerischen Rundfunk eingestellt. In der Politischen Redaktion verfasste sie Kurzkommentare und "Mittwochskommentare". Anfang 1950 verließ sie die politische Abteilung und wechselte in die Nachrichtenabteilung des Bayerischen Rundfunks, wo sie die Funktion der stellvertretenden Leiterin einnahm.
Von September 1952 bis Januar 1953 führte eine Studienreise sie in die USA. Auf Einladung des US State Department traf Else Reventlow im Rahmen des Programms "Assistance to Women Journalists in Press and Radio" mit US-Journalisten zusammen und konnte den US-Präsidentschaftswahlkampf mitverfolgen. Nach dem Erreichen des Rentenalters schied Else Reventlow am 31.7.1962 aus dem Bayerischen Rundfunk aus, widmete sich der Familie und ihren ehrenamtlichen Aktivitäten.
Seit der Nachkriegszeit gehörte Else Reventlow dem Vorstand des Bayerischen Journalistenverbandes an und war 1948-1968 Vorsitzende des Prüfungsausschusses des Verbandes sowie Mitglied in dessen Ehrengericht.
Darüber hinaus war sie zunächst als Vorsitzenden des Süddeutschen Frauenarbeitskreises aktiv, den sie von 1945 bis zu seiner Auflösung im Jahre 1953 leitete. Sie gehörte zwischen 1950 und 1962 der Arbeitsgemeinschaft der Wählerinnen an, übernahm auch hier organisatorische Aufgaben. Else Reventlow war auf regionaler Ebene in der SPD aktiv im Ortsverein Bogenhausen und im Unterbezirk München.
Im Juli 1949 trat Reventlow, zunächst nur in der Absicht, Ilse Weitsch auf der Konstituierenden Versammlung zu vertreten, in den Deutschen Rat Europäischer Bewegung ein. Sie war Mitglied verschiedener Verbände wie der IG Druck und Papier, der Arbeiterwohlfahrt. Sie gehörte der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen an und engagierte sich als Mitglied des Kuratoriums der Gesellschaft für Auslandskunde, der sie beinahe 30 Jahre angehörte.
Seit den siebziger Jahren erschienen wiederum im Albert-Langen-Verlag die Werke Franziska zu Reventlows. Else Reventlow, die sich im übrigen auch schon für die früher publizierten Lizenzausgaben anderer Verlage stark gemacht hatte, gab erneut die Tagebücher, aber auch Novellen und Skizzen, Briefe, so auch 1975 die Briefe Franziska zu Reventlows an Emanuel Fehling, heraus.
Else Reventlow starb am 11.9.1984 in München.