Chichén Itzá

Chichén Itzá ist eine Ruinenstätte auf der mexikanischen Halbinsel Yucatán, ca. 120 km östlich von Mérida.
Nach dem Manuskript von Chumayel wurde Chichén Itzá in den Jahren 435 bis 455 vom Volk der Maya gegründet. Dem widersprechen allerdings Dokumente, deren früheste Erwähnung der Stadt Chichén Itzá auf das Jahr 879 zurückgeht. Die Tempelstadt mit etwa einem Kilometer Durchmesser war um zwei große Cenoten errichtet worden, von denen eine die Wasserversorgung der Stadt sicherstellte. Bewohnt wurde die Stadt nur von Priestern und Regierungsfunktionären, da sie die Hauptstadt des Maya-Reiches darstellte. Die armen Bauern, die in der Umgebung Ackerbau betrieben, wohnten um die Anlage herum in Stroh- und Lehmhütten.
Das Volk der Maya verließ Chichén Itzá bereits ungefähr 200 Jahre später wieder, nämlich 682 oder 690, je nach Quellenangabe. Ein erneutes Aufblühen erlebte die Stadt um das Jahre 987, als das Volk der Tolteken unter Führung ihres Herrschers Tula die Anlagen neu besiedelte. Die Tolteken, vermischt mit dem Volke der Chichimeken, teilten sich nach der Vertreibung des später zum Gott erhobenen Herrschers Quetzalcoatl auf. Ein Teil verließ die Hauptstadt Tollan (bzw. Tula) und beeinflusste die im südlichen Mexiko ansässigen Mixteken, während sich die restlichen Tolteken gen Norden wandten und die Mayastädte Chichén Itzá, Tulúm und Uxmal eroberten.
In Chichén Itzá veränderten die Tolteken vor allem den Baustil, sodass das Castillo toltekischen Pyramiden nicht unähnlich ist. Neuerdings erklärt man sich den toltekischen Einfluss allerdings nicht mehr durch eine gewaltsame Eroberung, sondern dadurch, dass fremde Händler Auswirkungen auf die Kultur der Maya gehabt haben könnten.
Nach dem Untergang von Chichén Itzá durch stetige Abwanderung wurde die Hafenstadt Tulúm neues Zentrum der Maya, die sich nun auf den Seehandel ausrichteten und so auch kurz vor ihrem Niedergang auf die spanischen Entdecker treffen. Es lässt sich jedoch sagen, dass mit dem Ende der Stadt auch die Blütezeit der Maya vorüberging.
Castillo - das Schloss

Im Zentrum der Tempelanlagen von Chichén Itzá befindet sich die als Castillo (span. für „das Schloss“) bezeichntete große Stufenpyramide. Das dreißig Meter hohe Bauwerk hat als Zugang vier Treppen auf allen Seiten. Diese Treppen bestehen aus je 91 Stufen, mit vier multipliziert und mit der letzten Stufe vor dem Tempel addiert ergibt das die Zahl von 365 Treppenstufen. Diese Zahl stellt nicht nur zufällig die Zahl der Tage im Jahr dar. Die Konstruktion der Tempelpyramide in Chichén Itzá beweist mit anderen Worten, welche enormen Kenntnisse der Astronomie die Maya bereits besaßen.
Das Castillo trägt auf seiner Spitze den Tempel von Kulkulkan, der Schlangen-Gottheit der Maya, deren Namen sich direkt vom aztekischen und toltekischen Quetzalcoatl ableitet. Der sechs Meter hohe Tempel auf der Pyramide musste bei der Entdeckung der Stadt Chichén Itzá zuerst wieder aus seinen Ruinen aufgebaut werden, da er im Laufe der Jahrhunderte zerfallen war.
Im Innern des Tempels des gefiederten Schlangengottes fanden die Entdecker einen herrlichen Jaguar aus Stein, der in rot bemalter Form und Augen aus Jade als Sitz gestaltet war und so wohl einst als Thron eines Hohepriesters gedient haben könnte. Archäologen sehen zudem einen Zusammenhang zwischen dem Baustil der Tolteken und der Architektur der Stufenpyramide Castillo, weshalb die bereits bestehende Annahme erhärtet wurde, dass die Kultur der Mayas unter toltekischem Einfluss stand.
Das „Castillo“ ist der unbestrittene Publikumsmagnet in Chichén Itzá. Es besitzt diesen Rang allerdings nicht nur aufgrund seiner beeindruckenden Bauweise und Größe, sondern auch aus einem weiteren Grund. Zweimal im Jahr, zur Tag- und Nachtgleiche, versinkt eine Seite der Pyramide fast vollständig im Schatten, dann wird nur noch die Treppe von der Sonne angestrahlt und auf ihr zeichnen sich die Stufen der Pyramide ab. Dieses gezeichnete Band vereint sich schließlich mit einem Schlangenkopf am Fuß der Pyramide und stellt so eine gefiederte Schlange dar. Die Gottheit Kulkulkan, zu deren Ehren die Stufenpyramide erbaut worden war, stellt die Wissenschaftler bis heute noch immer vor Rätsel.
Templos de los guerreros - Der Kriegertempel
Der Kriegstempel ist ein schönes Beispiel für die Maya-Toltekische Architektur. Er steht nordöstlich der Pyramide von Kukulán, am nördlichen Ende der 1000 Säulen.
Die oberste Plattform erreicht man über eine Treppe, die allerdings für Touristen gesperrt ist. Dort ist der Gott Chac Mol in halb liegender Haltung zu sehen. Durch einen Irrtum wurde ihm der Name Chac Mol durch einen französischen Archäologen verliehen, er hat nichts mit dem Regengott Chac zu tun. Die unteren Wände sowie einige Säulen sind mit Maskenreliefs geschmückt. Jene Masken stellen Krieger und Adler dar, welche Menschenherzen zerfressen. Auf der oberen Plattform befindet sich der Tempeleingang, der mit zwei Schlagpfeilern markiert ist. Diese Schlagpfeiler entsprechen toltekischem Stil. Hingegen entstammen die Rüsselnasen des Regengottes Chac, wie sie an den Tempelrändern zusehen sind, dem Baustil der Maya.
Auf der Nordseite des Tempels befindet sich eine Treppe, die ins Tempelinnere führt. Dieser Tempel ist von einer prunkvollen Säulenhalle umgeben, die als „Halle der 1000 Säulen“ bezeichnet wird (span. Grupo de las Mil Columnas).
Iglesia - Kirche
Die sogenannte Iglesia (Kirche) befindet sich am südlichen Rand der Stätte und gehört zu einer Gruppe weiterer Puuc- Monumente wie dem Haus der Nonnen. Sie ist mit langnasigen Göttermasken bedeckt und weist die zurückgesetzten Friese auf, die für die endklassische Architektur der Puuc-Region charakteristisch waren. Die Iglesia ist dem Regengott Chac gewidmet. Sie besitzt nur eine Tür und die Fassade ist vollständig ausgeschmückt mit Abbildungen von Tieren und Göttern. Man nimmt an, dass die Iglesia eine Grabanlage gewesen ist.
Caracol - Schneckenturm
Der Caracol liegt im Süden von Chichén Itzá, direkt neben der Iglesia. Das Bauwerk in Chichén Itzá ist nicht zu verwechseln mit Caracol, einer Urwaldstadt der Maya im heutigen Belize. Das Gebäude in Chichén Itzá stellt ein Observatorium dar, in der Bauweise mit einem runden Gebäude mit steinerner Kuppel erinnert es auch an eine europäische Sternwarte. Runde Gebäude sind eigentlich in Mittelamerika selten.
Caracol bedeutet „Schneckenturm“, dieser Begriff kommt von der Wendeltreppe im Inneren, die in den obersten Aufbau des Gebäudes führt. Die oben gelegene Beobachtungskammer ist mit ihren drei Fenstern so ausgerichtet, dass man die Venus, den Sonnenuntergang und den astronomischen Süden sehen konnte. Baustil des Schneckenhauses war der Puuc-Stil, in dem bis zur Endklassik Gebäude errichtet wurden.
Juego de Pelota - Der Ballspielplatz
In Chichén Itzá hat man insgesamt neun Ballspielplätze gefunden. Der Juego de Pelota stellt den größten und bedeutendsten von mehr als 520 Ballspielplätzen auf Yucatán dar. Er befindet sich ungefähr einhundert Meter nordwestlich der Pyramide von Kulkulkan. Die Ausmaße des Spielfeldes betragen 168 x 38 m und es wird von acht Meter hohen Mauern flankiert, die unter anderem für das Publikum gedacht waren. Die Form der Spielfläche erinnert an zwei gegeneinandergestellte „T“.
Das Ballspiel war an sich unmenschlich anstrengend. In der Höhe von sieben Metern ist an jeder Seite je ein schlangenverzierter Ring befestigt, durch den der Ball geschlagen werden musste. Der Ball wog etwa soviel wie heute ein Medizinball, weil er aus massivem Kautschuk, also Gummi bestand.
Die Motive der beiden Ringe lassen Rückschlüsse auf das Spiel zu, es gilt als wahrscheinlich, dass der Kapitän der Verlierermannschaft geopfert wurde. Das lässt sich daraus schließen, dass auf den Steinhauereien der Kapitän der Siegermannschaft ein Messer in der einen und den blutenden Kopf des Opfers in der anderen Hand hält. Jede Mannschaft hat zwischen fünf und sieben Spieler, bisweilen auch ungleich aufgeteilt. Zudem besaßen die Spieler Protektoren an Armen und Beinen, denn es durfte nur mit diesen gespielt werden, die Benutzung von Händen und Füßen war nicht erlaubt. Ebenfalls durfte der Ball den Boden nicht berühren.
Besondere Aufmerksamkeit jedoch sollte der Akustik des Spielplatzes gewidmet werden. Heute, da die interessanten Stellen abgesperrt sind, stellt man sich jeweils in die mittigen Kopfgebäude, so kann man sich in Ruhe unterhalten, obwohl der andere fast 200 Meter weit entfernt ist, ohne dass Drittpersonen die Unterhaltung mitbekommen. Was allerdings heute noch funktioniert, ist, dass wenn man irgendwo auf dem Platz in die Hände klatscht, man ein wahres Feuerwerk an Echo erhält. Eine solche Konstruktion ist eine wahre Meisterleistung architektonischen Handwerks.
Cenote - Brunnen
Etwa vierhundert Meter geradewegs nördlich der Pyramide von Kulkulkan liegt die beeindruckende Cenote Sagrada, zu Deutsch der heilige Brunnen. Von ihm hat Chichén Itza auch seinen Namen, nämlich Brunnen der Itza. Im Stadtgebiet von Chichén Itzá befinden sich zwei Cenoten, von denen die eine ein heiliger Opferplatz war. Auf seinem Grund fand man große Mengen von Gegenständen, unter anderem Schmuckstücke, Jade, Gold und verschiedene Keramiken. Zudem barg man über fünfzig Skelette der Geopferten.
Um 1960 wurden die bedeutendsten Untersuchungen an der Cenote vorgenommen, die viele tausend Fundstücke zutage brachten. Die Bedeutung dieses Brunnens übertrifft die jedes anderen auf Yucatàn.
Weitere Gebäude in Chichen Itza
Zu den weiteren Gebäuden in der Tempelstadt Chichén Itzá gehörte zu den bereits genannten architektonischen Meisterleistungen die Plattform der Venus. Sie befindet sich neben der großen Pyramide, die Treppen der Plattform werden flankiert von einem Schlangenkopf, der Quetzalcoatl-Kulkulkan als Morgenstern darstellt.
Am Rande Chichén Itzás stehen das Grab des hohen Priesters und das rote Haus. Ersteres ist pyramidenförmig gebaut, wobei Schlangen die Treppen säumen. In seinem Innern führt ein vierundzwanzig Meter tiefer Schacht zu den Gräbern hinunter. Das rote Haus wiederum erhielt seinen treffenden Namen von den rot bemalten Fragmenten, die man im Inneren des Hauses fand. Das Gebäude diente wahrscheinlich öffentlichen und religiösen Zwecken.
Der Markt der Tempelstadt Chichén Itzá ist ein Beispiel für Hofgalerien, die nach der Blütezeit der Maya entstanden. Der Platz ist gesäumt von Säulen und kann über weite Treppen erreicht werden. Weitere Bauten sind die Gräberplattform, die nordöstliche Kolonnade, die skulpierten Säulen und das Nonnenkloster. Das Gebäude, dessen Zweck nichts mit einem Kloster zu tun hat, wurde von den Spaniern benannt. Sie glaubten, es diene als Wohnstätte zur Opferung bestimmter Jungfrauen.