Kroaten in Bosnien und Herzegowina

Die Kroaten in Bosnien und Herzegowina, seit dem Bosnienkrieg häufig vereinfacht auch als Bosnische Kroaten bezeichnet, bilden eines der drei konstitutiven Völker des Staates Bosnien und Herzegowina.
Nach Schätzungen leben etwa 600.000 Kroaten in Bosnien-Herzegowina, die damit 14,3 % der Gesamtbevölkerung von Bosnien und Herzegowina stellen (Stand: 2000).[1] Präzise Bevölkerungszahlen liegen nicht vor, das UNHCR veröffentlichte im Jahr 1996 lediglich einen inoffiziellen Zensus. Zwischen 150.000 bis 200.000 Kroaten (je nach Quellenangabe) sind während des Bosnienkrieges nach Kroatien geflohen oder übergesiedelt.
Aufgrund der Kriegseinwirkungen und den damit verbundenen ethnischen Säuberungen im Bosnienkrieg, lebt heute der Großteil der Kroaten auf dem Gebiet der Föderation Bosnien und Herzegowina (sogenannte „Bosniakisch-Kroatische Föderation“), einer der beiden Entitäten des Staates Bosnien und Herzegowina.
Der Hauptort der bosnischen Kroaten ist Mostar, die Stadt mit den meisten kroatischen Einwohnern in Bosnien und Herzegowina und gleichzeitig das politische und kulturelle Zentrum der Herzegowina. Seit dem Bosnienkrieg leben mehr Kroaten in der Herzegowina als in Bosnien.
Geschichte
Zur Zeit der osmanischen Herrschaft verließ ein Teil der katholischen Einwohner Bosnien-Herzegowina und siedelte sich in den zu Österreich-Ungarn und der Republik Venedig gehörenden Gebieten Kroatien-Slawoniens und Dalmatiens an.
Der Franziskaner-Orden bildete über Jahrhunderte hinweg die religiöse Grundstütze der Katholiken in Bosnien und Herzegowina und trug durch sein Eintreten für die Katholiken vor allem unter der osmanischen Herrschaft zum Fortbestand der Katholischen Kirche in diesen Gebieten bei.
Bevölkerungsentwicklung im zweiten Jugoslawien
Grün: Bosniaken
Rot: Serben
Blau: Kroaten
Während des zweiten Jugoslawien (1945-1991) sank die Zahl der Kroaten im Land um etwa ein Viertel. Bei der der Volkszählung von 1991 zählten sich noch 17,3 % der Bevölkerung zu den Kroaten. Die meisten Kroaten leb(t)en in den Regionen der westlichen Herzegowina, Westbosniens, Zentralbosniens und in der Posavina.
In den folgenden Gemeinden bilden die Kroaten Bosnien-Herzegowinas die relative Bevölkerungsmehrheit: Livno, Tomislavgrad, Kupres, Posušje, Ljubuški, Široki Brijeg, Grude, Čapljina, Čitluk, Mostar, Neum, Prozor-Rama, Ravno, Stolac, Domaljevac-Šamac, Odžak, Orašje, Novi Travnik, Jajce, Busovača, Dobretići, Kiseljak, Kreševo, Vitez, Usora und Žepče.
Nach dem Bosnienkrieg kehrten die meisten kroatischen Vertriebenen nicht in ihre Heimatorte zurück, besonders in der nun nahezu menschenleeren Posavina. Sämtliche Ortschaften in diesem Gebiet wurden geplündert und niedergebrannt, der Wiederaufbau geht nur schleppend voran. Entschädigungszahlungen wurden bisher nicht geleistet.
Kultur

Eine der bedeutendsten kulturellen Institutionen für die Kroaten in Bosnien und Herzegowina ist die Kroatische Kulturgemeinschaft Napredak.
Die Universität Mostar ist das einzige Bildungsinstitut in Bosnien und Herzegowina, in dem Vorlesungen in kroatischer Sprache gehalten werden. Viele Kroaten des Landes besuchen jedoch Universitäten in Kroatien, wobei die Universität Zagreb die begehrteste ist.
Gegenwärtig gibt es zwei kroatische Musikfestivals im Land: Das Ethnofest Neum und Melodije Mostara. Bei diesen Festivals treten regelmäßig die besten kroatischen Künstler des Landes auf.
Sprache
Die meisten Kroaten in Bosnien und Herzegowina verwenden als Standard die kroatische Sprache; gesprochen werden sowohl der ijekavische als auch der ikavische Dialekt. Kroatische Schulkinder haben einen Anspruch auf Schulunterricht in Kroatisch. Es existiert allerdings kein eigenes Fernsehprogramm in kroatischer Sprache.
Religion

Siehe auch:
Die überwiegende Mehrheit der Kroaten gehört der römisch-katholischen Kirche an. Diese hat in Bosnien und Herzegowina insgesamt ein Erzbistum, dem vier Bistümer (Diözesen) unterstellt sind: das Bistum Banja Luka mit Sitz in Banja Luka sowie das Bistum Mostar-Duvno mit Sitz in Mostar, das Bistum Trebinje-Mrkan sowie die Diözese Skopje. In Međugorje befindet sich ein bedeutender Pilgerort, der jährlich von über einer Million Menschen aus aller Welt besucht wird.
Politik
Die bedeutendsten Parteien der Kroaten in Bosnien und Herzegowina sind die Kroatische Demokratische Union in Bosnien und Herzegowina, die Kroatische Demokratische Union 1990 und die Kroatische Partei des Rechts in Bosnien und Herzegowina.
Die Kroaten stellen ein Präsidiumsmitglied auf Staatsebene. Seit der Wahl im Oktober 2006 hat dieses Amt der Vertreter der multiethnischen SDP Željko Komšić inne. Vertreter der bei der Wahl unterlegenen nationalkroatischen Parteien zweifeln die Rechtmäßigkeit der Wahl an, da der bekennende Atheist Komšić hauptsächlich von der bosniakischen Mehrheitsbevölkerung in der Föderation Bosnien und Herzegowinas direkt, und somit nicht durch die konstitutive kroatische Bevölkerung Bosnien-Herzegowinas gewählt worden sei[2][3][4].
Quelle
- ↑ CIA World Factbook - Bosnia and Herzegovina. Abgerufen am 17. Januar 2013.
- ↑ vgl. http://volksgruppen.orf.at/kroatenungarn/aktuell/stories/56778/ orf.at
- ↑ vgl. http://volksgruppen.orf.at/kroatenungarn/aktuell/stories/57003/ orf.at
- ↑ vgl. http://www.pincom.info/bih/opsirnije.asp?ID=42237 pincom.info