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Benutzer:Ot/Hannah-Begriffe

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Die Wirkungsgeschichte Machiavellis beginnt nach Otfried Höffe mit der Genehmigung der Drucklegung durch Clemens VII. Die Discorsi wurde ein Jahr früher, 1531, gedruckt. Mit der Gegenreformation setzte „die massive Polemik“[1] ein, so dass Papst Paul IV. das Fürstenbuch auf „den ersten Index der verbotenen Bücher“ setzte. Trotzdem wird nach Höffe „Machiavellis Denken, insbeondere das des Principe, ... im Verlauf des 16. Jahrhunderts zum europäischen Kulturgut“.[2]

Die „Dämonisierung“ des Fürstenbuches begann nach Höffe schon vor der Drucklegung durch Agostino Nifo und die erste boshafte Kritik schrieb Kardinal Reginald Pole. Pole schreib, „der Principe sei mit dem Finger Satans geschrieben worden.“[3] Innocent Gentillet[4] „bekannte Discours sur les moyens de bien gouverner bekräftigte die Wahrnehmung Machiavellis als des Urhebers eines zutiefst amoralischen und atheistischen Politik.“[5] Gentillet wirft Machiavelli „sogar vor, die geistige Ursache der französischen Konfessions- und Bürgerkriege, also letzlich der grausamen Bartholomäusnacht[6] zu sein.

Nach Höffe führt Jean Bodin in Die sechs Bücher über die Republik 1576 eine konstruktive Kritik. Er lehnt zwar Machiavellis Amoral ab, aber die Trennung von Staat und Kirche übernimmt er zum Beispiel. Pedro de Ribadeneira erklärt Machiavelli 1595 „zum Antichrist“ und Giovanni Botero greift zwar 1589 Machiavelli an, aber er erhebt die Staatsräson „zum Prinzip der gegenreformatorischen Kirche.“[7] Auch Paolo Paruta stimmt dem zu.

Traiano Boccalini Satire Ragguagli di Parnaso (1612-13) legt „schonungslos das Wesen der von Machiavellisten und Antimachiavellisten gleichermaßen vertretenen Staatsräson frei.“[8] Dagegen wenden sich Hermann Conring (1661) und Amelot de la Houssaye (1683) „in ihren kommentierten Übersetzungen des Principe“, welches von Voltaire und Friedrich den Großen benutzt wurde.[9]

Es gab auch Stimmen die Machiavelli verteidigten. Zu ihnen gehörte Giordano Bruno, „der in Spaccio de la bestia trionfante (1584) seine Wertschätzung des Principe nicht verheimlicht“[10] und Alberico Gentili hält Machiavelli für einen „äußerst leidenschaftlichen Befürworter der Demokratie; geboren, gebildet und geehrt in einer Republik; ein Todfeind der Tyrannei.“[11]

Scipione Ammiratos Discorsi (1594) beruht auf Tacitus und sind nach Jürgen von Stackelberg nur ein halber Antimachiavell, da auch hier „Gesetzesübertretungen zu einem Privileg des Herrschers“[12] gehören.

Nach Höffe entfalten die obigen Gegenstimmen keine große Wirkung, sondern in der „breiten Öffentlichkeit herrscht die Dämonisierung vor, sichtbar in ihrer Präsenz auf dem Theater.“[13] Im englischsprachigen Raum wird Machiavelli als „Old Nick“ zum Synonym des Teufels. Christopher Marlowe, William Shakespeare und John Webster ließen „Old Nick“ „als typisierten Bösewicht auftreten“.[14]

Francis Bacon, Michel de Montaigne, Ludovico Zuccolo, James Harrington und Andrew Fletcher (Politiker) würdigen die republikanische Gesinnung Machiavellis und Baruch de Spinoza das 15. Kapitel des Fürstenbuches, wenn Spinoza kritisiert, dass frühere Philosophen „die Menschen nicht wie sie sind, sondern wie sie sie haben möchten“[15] betrachten.

Johann Friedrich Christ ist nach Höffe der erste, der begründet, warum Machiavelli als Tyrannenfeind und als Befürworter einer Republik gilt. „Dabei gibt er das Muster für viele spätere Machiavelli-Befürworter vor: Die Discorsi wird auf-, der Principe dagegen abgewertet.“[16]

Denis Diderot und vor allem Jean-Jacques Rousseau würdigen das Fürstenbuch als „das Buch der Republikaner“.[17]

[18]



Fußnoten

  1. Otfried Höffe (Hrsg.): Niccolò Machiavelli: Der Fürst, Berlin 2012, S. 180
  2. Otfried Höffe (Hrsg.): Niccolò Machiavelli: Der Fürst, Berlin 2012, S. 180
  3. Otfried Höffe (Hrsg.): Niccolò Machiavelli: Der Fürst, Berlin 2012, S. 181
  4. en:Innocent Gentillet
  5. Otfried Höffe (Hrsg.): Niccolò Machiavelli: Der Fürst, Berlin 2012, S. 181
  6. Otfried Höffe (Hrsg.): Niccolò Machiavelli: Der Fürst, Berlin 2012, S. 182
  7. Otfried Höffe (Hrsg.): Niccolò Machiavelli: Der Fürst, Berlin 2012, S. 183
  8. Otfried Höffe (Hrsg.): Niccolò Machiavelli: Der Fürst, Berlin 2012, S. 183
  9. Otfried Höffe (Hrsg.): Niccolò Machiavelli: Der Fürst, Berlin 2012, S. 183
  10. Otfried Höffe (Hrsg.): Niccolò Machiavelli: Der Fürst, Berlin 2012, S. 183 f
  11. Alberico Gentili: De legationibus libri tres, 1585, Buch III, Kap.9, In: Otfried Höffe (Hrsg.): Niccolò Machiavelli: Der Fürst, Berlin 2012, S. 184
  12. Otfried Höffe (Hrsg.): Niccolò Machiavelli: Der Fürst, Berlin 2012, S. 184
  13. Otfried Höffe (Hrsg.): Niccolò Machiavelli: Der Fürst, Berlin 2012, S. 184
  14. Otfried Höffe (Hrsg.): Niccolò Machiavelli: Der Fürst, Berlin 2012, S. 184
  15. Otfried Höffe (Hrsg.): Niccolò Machiavelli: Der Fürst, Berlin 2012, S. 185
  16. Otfried Höffe (Hrsg.): Niccolò Machiavelli: Der Fürst, Berlin 2012, S. 185
  17. Jean-Jacques Rousseau: Vom Gesellschaftsvertrag oder Prinzipien des Staatsrechtes, S. 409, In: Otfried Höffe (Hrsg.): Niccolò Machiavelli: Der Fürst, Berlin 2012, S. 186
  18. Otfried Höffe (Hrsg.): Niccolò Machiavelli: Der Fürst, Berlin 2012, S. 1