Sigmar Gabriel

Sigmar Gabriel (* 12. September 1959 in Goslar) ist ein deutscher Politiker (SPD).
Seit dem Jahr 2009 ist Gabriel SPD-Parteivorsitzender, von 1999 bis 2003 war er Ministerpräsident des Landes Niedersachsen. In den Jahren 2005 bis 2009 war er Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Seit 2005 ist er Abgeordneter des Deutschen Bundestages für den Bundestagswahlkreis Salzgitter – Wolfenbüttel.
Herkunft und Ausbildung
Gabriel wurde als Sohn eines Kommunalbeamten († 2012) und einer Krankenschwester in Goslar geboren. Die Eltern trennten sich, als er drei Jahre alt war.[1] Gabriel wuchs mit seiner Schwester in Goslar-Jürgenohl beim Vater auf [2] und machte 1979 Abitur am Ratsgymnasium Goslar. Von 1979 bis 1981 leistete er seinen Wehrdienst als Zeitsoldat in einer Luftwaffenradareinheit in Goslar und Faßberg (letzter Dienstgrad Obergefreiter). 1982 begann Gabriel an der Georg-August-Universität Göttingen in den Fächern Germanistik, Politik und Soziologie ein Lehramtsstudium (Sekundarstufe II), an dessen Ende 1987 das Erste Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien stand. Vom Schuljahr 1987/88 an war Gabriel Studienreferendar am Christian-von-Dohm-Gymnasium in Goslar. Sein Referendariat schloss er 1989 mit dem zweiten Staatsexamen ab. Im Schuljahr 1989/90 war er in der Erwachsenenbildung als Berufsschullehrer beim Bildungswerk Niedersächsischer Volkshochschulen (BNVHS GmbH) in Goslar tätig.
SPD-Politiker
SPD-Jugendfunktionär (1976 bis 1989)
1977 - damals Gymnasiast - trat Gabriel 1977 in die SPD ein. Von 1976 bis 1989 war Gabriel im SPD-nahen Jugendverband Sozialistische Jugend Deutschlands – Die Falken (SJD) aktiv. Kurz nach seinem Eintritt in den Jugendverband wurde er Vorsitzender des Ortsverbandes Goslar. Bald danach wurde er zum Mitglied des Braunschweiger Bezirksvorstands gewählt, zunächst als Referent für antimilitaristische Arbeit, später als SJD-Ringleiter und schließlich als Bezirksvorsitzender. Als Vertreter des Bezirks Braunschweig, der dem marxistischen Flügel zugerechnet wurde, gehörte er eine Zeit lang dem Bundesvorstand der SJD – Die Falken an.[3]
Kommunalpolitiker in Goslar (1987 bis 1999)
Von 1987 bis 1998 war Gabriel Mitglied des Kreistages des Landkreises Goslar und von 1991 bis 1999 Ratsherr der Stadt Goslar.
Landespolitiker in Niedersachsen (1990 bis 2005)
Von 1990 bis 2005 war Gabriel Mitglied des Niedersächsischen Landtages. Von 1997 bis 1998 war er stellvertretender Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion, von 1998 bis 1999 sowie von 2003 bis 2005 ihr Vorsitzender. Von 1999 bis 2005 gehörte Gabriel dem SPD-Parteivorstand an.
Am 15. Dezember 1999 übernahm Gabriel das Amt des Niedersächsischen Ministerpräsidenten (Kabinett Gabriel) und war damit der dritte Regierungschef innerhalb einer Legislaturperiode. Sein Vorgänger Gerhard Glogowski war am 28. Oktober 1998 auf Gerhard Schröder nach dessen Wechsel in das Amt des Bundeskanzlers gefolgt und kurz darauf mit Affärenvorwürfen konfrontiert worden und zurückgetreten. Bei der Landtagswahl am 2. Februar 2003 verlor die SPD unter Gabriel gegen die CDU unter der Führung von Christian Wulff mit 33,4 % (−14,5 Prozentpunkte gegenüber 1998; CDU: 48,3 %, +12,4 Prozentpunkte).
Von 2003 bis 2005 war Gabriel stellvertretender Vorsitzender des SPD-Landesverbandes Niedersachsen, von 2003 bis 2009[4][5] Vorsitzender des SPD-Bezirks Braunschweig. Außerdem übernahm Gabriel nach dem Ausscheiden aus dem Amt des Ministerpräsidenten von 2003 bis 2005 das neugeschaffene Amt des Beauftragten für Popkultur und Popdiskurs der SPD (kurz Popbeauftragter), was ihm in Anlehnung an den Sänger Iggy Pop den Spitznamen Siggi Pop einbrachte.[6]
Neben seiner Tätigkeit als Fraktionsvorsitzender im Landtag war Gabriel in dieser Zeit auch bei der Firma „Communication Network Service (CoNeS) GbR“ als Berater tätig, wo er einen Auftrag für die Volkswagen AG zur europäischen Industriepolitik bearbeitete.
Bundespolitiker (seit 2005)
Bei der Bundestagswahl 2005 gewann Gabriel mit 52,3 % der Erststimmen das Direktmandat im Wahlkreis Salzgitter – Wolfenbüttel, das er bei der Bundestagswahl 2009 trotz eines starken Stimmenrückgangs auf 44,9 % verteidigen konnte. Aus Unzufriedenheit mit seinem Landesverband hatte Gabriel 2009 auf einen aussichtsreichen Listenplatz verzichtet[7]. Vom 22. November 2005 bis 27. Oktober 2009 war Gabriel Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Als solcher hat er maßgeblich das allmähliche Verbot der herkömmlichen Glühlampen in der EU angestoßen und durchgesetzt.[8]
SPD-Vorsitzender (seit 2009)
Am 5. Oktober 2009 wurde Gabriel vom Parteivorstand mit 77,7 % für das Amt des SPD-Bundesvorsitzenden nominiert[9]. Bei der Wahl auf dem SPD-Bundesparteitag in Dresden am 13. November 2009 konnte Gabriel 94,2 % der Delegiertenstimmen auf sich vereinen. Auf dem SPD-Parteitag im Dezember 2011 wurde Gabriel für weitere zwei Jahre im Amt des Parteivorsitzenden bestätigt.
Politische Positionen

Als Umweltminister setzte Gabriel die Politik von Jürgen Trittin fort und trat für ein Ende der Nutzung der Kernenergie ein (Atomausstieg). Bei der Weiterentwicklung des Klimaschutzabkommen von Kyoto strebte Gabriel eine europäische Führungsrolle an. Im 1. Halbjahr 2007 hatte Deutschland die EU-Ratspräsidentschaft inne und richtete im Juni 2007 den G8-Gipfel in Heiligendamm aus. Die Klimapolitik spielte dabei auf der politischen Agenda eine zentrale Rolle. Zusammen mit Frank-Walter Steinmeier setzt sich Gabriel außerdem für einen sozial-ökologischen New Deal ein[10], einen Gesellschaftsvertrag zwischen Wirtschaft, Umwelt und Beschäftigung.
Gabriel tritt für die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung ein.[11]
In einem Antwortbrief an einige SPD-Mitglieder umschrieb Gabriel die Situation der Partei nach der Bundestagswahl 2009 wie folgt: „Unsere SPD befindet sich in einem katastrophalen Zustand“. Die SPD werde lange brauchen, um sich von dieser Krise zu erholen. Des Weiteren forderte Gabriel „eine richtige Strukturreform der SPD“, mit der „wir vor allem wieder Meinungsbildung von unten nach oben schaffen (ohne politische Führung abzuschaffen)“.[12]
Gabriel gehört dem Leitungskreis des SPD-intern als konservativ geltenden Seeheimer Kreises sowie dem Netzwerk Berlin an, in dem zumeist jüngere SPD-Abgeordnete zusammengeschlossen sind.
Anlässlich eines Besuchs im israelisch besetzten Hebron postete er auf Facebook, dass die dortigen Palästinenser in einem „rechtsfreien Raum“ lebten, und fügte hinzu: „Das ist ein Apartheids-Regime.“[13]
Im Zuge eines Urteils des Kölner Landgerichts am 7. Mai 2012, das die Beschneidung an Jungen als strafbare Körperverletzung einstuft, gaben Parteichef Sigmar Gabriel und Brigitte Zypries am 13. Juli 2012 eine Erklärung ab, dass religionsbedingte Beschneidungen bei Jungen auch in Zukunft straffrei sein sollen.
Sonstiges
Gabriel ist evangelisch[14] und seit 2012 in zweiter Ehe mit der 17 Jahre jüngeren Magdeburger Zahnärztin Anke Stadler verheiratet.[15] Sie leben in Goslar und Magdeburg. Aus erster Ehe hat er eine erwachsene Tochter (* 1989),[1][16] mit seiner jetzigen Ehefrau eine weitere (* 2012)[17].
Gabriel ist Mitglied des Netzwerks Atlantik-Brücke[18] und des Kuratoriums der Stiftung Schüler Helfen Leben.
Am 10. Januar 2013 erschien die Wochenzeitung Die Zeit mit dem Titel-Thema Die Schuld meines Vaters. Sigmars Vater Walter war bis zu seinem Tod ein Nazi, der seinen Sohn Sigmar drangsalierte. Sigmar setzt sich hier erstmals öffentlich mit seinem Vater auseinander. [19] [2] Die Zeit nutzte dieses Thema auch, um "Hitlers Erbe in deutschen Familien" zu thematisieren.
Weblinks
- Biographie beim Deutschen Bundestag
- Homepage von Sigmar Gabriel
- Literatur von und über Sigmar Gabriel im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Sigmar Gabriel auf abgeordnetenwatch.de
Einzelnachweise
- ↑ a b Siggi Peppone aus dem Harz. Constantin Magnis, Cicero, Dezember 2009
- ↑ a b Siehe auch "SPD-Chef Sigmar Gabriel lässt kranken Vater allein", www.berliner-kurier.de , 2012
- ↑ Sigmar Gabriel auf der SPD-Seite
- ↑ Bericht der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung, abgerufen 31. Mai 2011
- ↑ Braunschweiger Zeitung: Gabriel soll Vorsitzender des SPD-Bezirks Braunschweig werden. 4. Februar 2003, abgerufen am 1. Juni 2011.
- ↑ Weltkrise privat. Wenn Siggi Pop rockt von Thomas Tuma; aus Spiegel Online vom 20. Oktober 2009, abgerufen am 17. Februar 2012.
- ↑ Gabriel nur auf Platz 24 der Landesliste Niedersachsen, Hannoversche Allgemeine
- ↑ Jochen Bittner: Ein Schlag auf die Birne. Die Zeit, 4. September 2009, abgerufen am 11. September 2012.
- ↑ Nur 77,7 Prozent für Gabriel, faz.net
- ↑ Die SPD und der grüne New Deal, Daniel Friedrich Sturm, Berliner Morgenpost, 22. Juni 2009
- ↑ Spiegel Online: SPD fordert Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung. 2. Mai 2011, abgerufen am 30. Januar 2012.
- ↑ nachrichten.t-online.de: Gabriel sieht seine Partei in „katastrophalem Zustand“, 22. Oktober 2009
- ↑ Gabriel erntet Kritik nach Apartheid-Vergleich, Spiegel-Online vom 15. März 2012
- ↑ evangelisch.de über das Engagement evangelischer Christinnen und Christen in der SPD, abgerufen am 7. Januar 2012
- ↑ Spiegel Online: SPD-Chef im Glück - Sigmar Gabriel heiratet langjährige Lebensgefährtin, 17. August 2012
- ↑ RP Online: SPD-Chef wird Vater mit 52. 4. Februar 2012, abgerufen am 26. Februar 2012.
- ↑ "Heute früh ist unsere kleine Marie in Magdeburg zur Welt gekommen", DerWesten, 10. April 2012
- ↑ Atlantikbrücke-Neuer Zoff im feinen Club? Manager-Magazin, 21. Januar 2011
- ↑ zeit.de: "Sigmar Gabriel spricht über Nazi-Vergangenheit seines Vaters", Zeit Online, 10. Januar 2013
Personendaten | |
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NAME | Gabriel, Sigmar |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Politiker (SPD), MdL, MdB |
GEBURTSDATUM | 12. September 1959 |
GEBURTSORT | Goslar |