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Differenzkontrakt

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Ein Differenzkontrakt, auch Contract for Difference (CFD), stellt die laufzeitunabhängige Vereinbarung über einen Barausgleich aus der Differenz zwischen dem Kauf- und Verkaufspreis eines Finanzinstruments dar. Er reflektiert damit die genaue Kursentwicklung des zu Grunde liegenden Basiswertes, ohne dass dieser durch entsprechenden Kapitaleinsatz erworben werden muss. Differenzkontrakte gehören zur Gruppe der derivativen Finanzinstrumente. CFDs sind hochspekulative Instrumente, bei durch denen durch Marktpreisrisiken der Totalverlust des ursprünglich eingesetzten Kapitals und darüber hinaus Nachschusspflichten drohen. Es besteht auch die Gefahr des Betrugs.[1][2]


Geschichte

Differenzkontrakte wurden in den frühen 90er-Jahren im Investmentbanking bei der UBS in London entwickelt, um so die britische Stempelsteuer zu umgehen. Durch diese mussten bei jeder Aktientransaktion an der London Stock Exchange 0,5 % Stempelsteuer an den Staat abgeführt werden. Durch die Konstruktion der Differenzkontrakte war jedoch ein außerbörslicher Handel möglich, wodurch die Steuerzahlungen umgangen wurden[3].

Nicht nur aufgrund der großen Spekulationsmöglichkeiten, die CFDs bieten, sondern auch als einfaches Mittel zum Hedging, gewannen CFDs schnell an Bedeutung. Mittlerweile wird geschätzt, dass bis zu 25 % des täglichen Handelsvolumens der Londoner Börse auf CFDs zurückzuführen sind.

In den USA sind CFD gemäß den Regeln der Aufsichtsbehörde SEC verboten.[4]

Funktionsweise

Im Gegensatz zu den meisten anderen Derivaten sind Differenzkontrakte keine Termingeschäfte, denn sie verfügen über keine Fälligkeit und die Haltedauer ist unbegrenzt. Mit Differenzkontrakten kann man sowohl auf steigende Kurse (sog. „Long gehen”) als auch auf fallende Kurse (sog. „Short gehen”) des Basiswertes spekulieren.

Beim Handel mit Differenzkontrakten muss eine Sicherheitsleistung (Margin) auf die zu Grunde liegende Position hinterlegt werden, weil die Emittenten bzw. Market Maker dem Bonitätsrisiko des Anlegers ausgesetzt sind. Da diese Margin nur einen kleinen Teil des tatsächlichen Werts des Basiswerts ausmacht, ergibt sich ein „Hebeleffekt” (Leverage). Broker bieten in der Regel eine Auswahl für den Hebel zwischen 5:1 bis 100:1 an. Je größer der Hebel, desto größer die Chancen und Risiken.

Risiken

Da CFDs fremdfinanzierte („gehebelte“) Geschäfte sind, besteht das Risiko des Totalverlustes und noch darüber hinaus: Steht auf dem Konto nicht mehr genügend freies Kapital zu Verfügung, um die Sicherheitsleistung in voller Höhe zu erbringen, wird die Position geschlossen. Durch Kurssprünge kann es dennoch vorkommen, dass die Position zu einem Kurs jenseits der Sicherheitsleistung geschlossen wird. Dann muss der Anleger über sein hinterlegtes Kapital hinaus noch Geld nachschießen.

Einige Anbieter bieten einen Schutz gegen diese Nachschusspflicht, indem sie einen bestimmten Stopp-Loss-Kurs zu Handelszeiten garantieren oder eine Nachschusspflicht ausschließen.

Wegen der enormen Verlustrisiken kritisieren Aktionärsschützer diese Derivate als hoch spekulativ und raten vor allem unerfahrenen Klein- und Privatanlegern davon ab.

Handelsplatz

Der CFD-Handel findet direkt mit dem Emittenten („over the counter“) und somit unreguliert statt. Die gestellten Kurse können daher zum Nachteil des Kunden von denen an der Referenzbörse abweichen.[5] Der CFD-Broker FXdirekt bot seit Frühjahr 2009 bis zu seiner Insolvenz Ende 2012 in Zusammenarbeit mit der Bayerischen Börse[6] einen überwachten Handel mit CFDs an. Das Angebot stand von Anfang an in der Kritik.[7] Es bot keinen Börsenhandel, sondern bestand lediglich aus dem nachträglichen Versand von Kursen des gewöhnlichen außerbörslichen CFD-Handels an Mitarbeiter der Handelsüberwachung der Bayerischen Börse.[8]

Beispiel

Die Sicherheitsleistung beim CFD-Handel betrage 5 % des aktuellen Kurswertes, es sollen 200 Aktien gekauft werden, der Finanzierungszinssatz für CFDs betrage 5 % p. a.

Benötigtes Kapital

Es werden jeweils 200 Aktien zu einem Kurs von 40,00 € gekauft:

Beschreibung Aktienhandel CFD-Kontrakt
Kaufkurs 40,00 €
Kapitaleinsatz 8000,00 € 400,00 €

Finanzierungskosten

Der CFD wird über eine Woche (fünf Handelstage) im Depot gehalten, die Zinsen für die Finanzierung betragen 5 % p. a.:

Kursentwicklung

Bei gegenläufiger Kursentwicklung – also fallenden Kursen des Basiswertes bei einer Long-Position oder steigenden Kursen bei einer Short-Position – muss weiterhin Kapital nachgeschossen werden, bis die Sicherheitsleistung wieder 5 % des Kurswertes beträgt.

Fällt der Kurs des Basiswertes nun um −2,0 % (= 0,80 €) auf 39,20 €:

Erforderliche Margin: 39,20 € · 200 · 0,05 = 392,00 €
Bereits hinterlegt (abzgl. Kursverlust): 400,00 € − 200 · 0,80 € = 240,00 €
Nachzuschießen: 240,00 € − 392,00 € = −152,00 €

Entwickelt sich der Kurs jedoch wie erwartet, d. h. steigt er bei einer Long-Position bzw. fällt er bei einer Short-Position, so wird dem Händler der entsprechende Betrag gutgeschrieben.

Steigt der Kurs des Basiswertes nun um +2,0 % (= 0,80 €) auf 40,80 €:

Erforderliche Margin: 40,80 € · 200 · 0,05 = 408,00 €
Bereits hinterlegt (zzgl. Kursgewinn): 400,00 € + 200 · 0,80 € = 560,00 €
Gutschrift: 560,00 € − 408,00 € = +152,00 €

Schließen der Position

Wird der CFD geschlossen, erhält der CFD-Händler seine Sicherheitsleistung zurück. Etwaige Gewinne oder Verluste wurden ihm bereits während der Haltedauer gutgeschrieben bzw. belastet.

Zusammenfassung und Vergleich

Es werden sowohl beim Aktien-, als auch beim CFD-Handel pauschal Transaktionskosten in Höhe von 0,1 % des Kurses angenommen.

Beschreibung Aktienhandel CFD-Kontrakt
Kaufkurs 40,00 €
Kauf −8000,00 € −400,00 €
Kommission −8,00 €
Finanzierungskosten (5 Nächte) 0,00 € −7,51 €
Szenario 1: Verlust
Kurs fällt um 0,80 € 0,00 € −152,00 €
Verkauf mit Verlust 7840,00 € 392,00 €
Kommission −7,84 €
Nettoverlust (ROI) −175,84 €
(−2,2 %)
−183,35 €
(−45,8 %)
Szenario 2: Gewinn
Kurs steigt um 0,80 € 0,00 € 152,00 €
Verkauf mit Gewinn 8160,00 € 392,00 €
Kommission −8,16 €
Nettogewinn (ROI) 143,84 €
(1,8 %)
120,33 €
(30,1 %)

Zu den Finanzierungskosten: Im obigen Beispiel wird der Einfachheit halber angenommen, dass der Kurs der Aktie fünf Tage lang konstant bleibt.

Wie man am Beispiel sieht, ist es beim CFD-Handel möglich, mit einem Bruchteil an eigenem Kapital die gleiche Menge Aktien zu handeln. Auch schlagen sich Gewinne und Verluste sofort auf dem Verrechnungskonto nieder, so dass Verluste erst beglichen werden müssen, wenn sie entstehen und andererseits Gewinne sofort ausgezahlt werden.

Steuerliche Behandlung

In Deutschland fallen seit Anfang 2009 auch alle Gewinne aus CFDs unter die Abgeltungsteuer (Deutschland). Bis zum 31. Dezember 2008 galt für CFDs nicht das Halbeinkünfteverfahren nach § 3 Nr. 40 EStG, sondern entsprechend Termingeschäften unterlagen sie § 23 Abs. 1 Nr. 4 EStG.

Abgrenzung zu Optionsscheinen, Optionen, Futures und Hebelzertifikaten

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen börsengehandelten Derivaten (Futures und Optionen) und unregulierten Derivaten, die über sogenannte "black Pools" oder OTC ("over the counter") gehandelt werden. Unregulierte Derivate werden Mini-Futures (in Anlehnung an die börsengehandelten echten Futures), CFD, FX oder pink Sheets genannt. Bei unregulierten Derivaten stellt die Gegenpartei (also Broker oder Bank) die Kurse für den Kunden, während bei börsengehandelten Derivaten die Börse die Kurse stellt.

Auch mit Optionsscheinen, Optionen und Hebelzertifikaten können Basiswerte mit hohem Hebel gehandelt werden. Es gibt jedoch einige wesentlich Unterschiede:

  • Im Gegensatz zu Optionen und Optionsscheinen ist der Wert der CFDs nicht abhängig von der Restlaufzeit (Zeitwert) und Volatilität des Basiswerts.
  • Die Konstruktion der CFDs ist einfacher, da lediglich die Kursveränderung des Basiswertes den Wert der CFDs beeinflusst.
  • Sehr ähnlich sind jedoch Hebelzertifikate. Statt eine Margin zu hinterlegen, muss vom Anleger hingegen der aktuelle Wertpapierpreis bezahlt werden. Vom Emittenten wird dabei ein Wertpapierkredit gewährt. Sie sichern sich durch ein Knock-out-Level ab, bei dem das Zertifikat wertlos wird. Eine Nachschussmöglichkeit oder -pflicht besteht hier nicht.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. http://www.wiwo.de/finanzen/boerse/fxdirekt-ermittler-haben-wenig-in-der-hand/7427670-3.html
  2. http://boerse.ard.de/boerse-ard-de-klaert-auf/handel_nicht_mit_den_schmuddel_brokern100.html
  3. CFD - Der Hebel macht die Differenz
  4. http://www.fow.com/Article/3061394/AssetClasses/26535/Exclusive-NYSE-shelves-plans-for-CFD-market.html
  5. http://www.wiwo.de/finanzen/geldanlage/insider-packen-aus-die-zweifelhaften-geschaefte-der-fxdirekt-bank/7219416.html
  6. Bayerische Börse: Geschichte, abgerufen am 28. Oktober 2012
  7. http://www.finanzen.net/eurams/bericht/Boerse-der-anderen-Art-1292184
  8. http://www.wiwo.de/finanzen/boerse/fxdirekt-banken-handelten-blauaeugig/7427670-5.html