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Ökologisches Steuersystem

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Als ökologische Steuerreform werden gesetzliche Reformbestrebungen und -maßnahmen bezeichnet, die das Steuerrecht dazu nutzen, Anliegen der Umweltpolitik mit ökonomischen Instrumenten zu verwirklichen. In diesem Zusammenhang wird auch von einer "Ökologisierung" des Steuerrechts gesprochen; damit ist gemeint, dafür geeignete Gegenstände des Steuerrechts nach Art einer Lenkungssteuer auszugestalten. In Deutschland sind seit 1998 drei Gesetze zur ökologischen Steuerreform erlassen worden.

Grundgedanke

Der ökologischen Steuerreform lag die Kritik zugrunde, daß das bisherige Steuerrecht ökologische Kriterien des Wirtschaftens nicht oder nur unzureichend berücksichtige und unbeabsichtigt ökologisch schädliche Wirkungen hervorrufe. Ein Beispiel dafür war die Orientierung der Kraftfahrzeugsteuer allein an der Hubraumgröße. Inzwischen orientiert die Kraftfahrzeugsteuer sich überwiegend daran, wie gut das jeweilige Fahrzeug seine Abgase filtert.

Wie andere ökonomische Instrumente auch hat die Nutzung des Steuerrechts für Zwecke der ökologischen Modernisierung den Vorteil gegenüber der Einführung verwaltungsrechtlicher Pflichten, daß der einzelne in seiner Entscheidung frei bleibt, ein geringerer Kontrollaufwand verursacht wird und das Problem der Kontrolldefizite entfällt.

Gesetzliche Ausgestaltung

Bisher sind im Rahmen der ökologischen Steuerreform zwischen März 1999 und Dezember 2002 drei ausdrücklich so benannte Gesetze erlassen worden.

Mit dem Gesetz zum Einstieg in die ökologische Steuerreform vom 24. 3. 1999 (BGBl. I S. 378) wurde als neue Verbrauchsteuer eine Stromsteuer eingeführt, die für Strom aus regenerativen Energieträgern nicht erhoben wird und diese dadurch begünstigt. Für industrielle Großverbraucher wurde im Interesse ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit die Steuer ermäßigt, was von manchen als inkonsequent kritisiert wurde. Die Mineralölsteuer wurde nach ökologischen Kriterien gestaffelt; dabei wurden bestimmte Verwendungszwecke begünstigt, was ebenfalls die Kritik mancher auf sich zog.

Das Gesetz zur Fortführung der ökologischen Steuerreform vom 16.12.1999 (BGBl. I S. 2432) brachte eine befristete Mineralölsteuerbefreiung für Gas- und Dampfturbinenkraftwerke mit hohem Wirkungsgrad und einige Korrekturen des ersten Gesetzes, mit denen unerwünschte Auswirkungen vermieden werden sollten.

Als dritte Stufe wurde das Gesetz zur Fortentwicklung der ökologischen Steuerreform vom 23.12.2002 (BGBl. I S. 4602) erlassen, das eine weitere - nach den Umweltauswirkungen gestaffelte - Erhöhung der Mineralölsteuer enthielt.

Auswirkungen

Die Wirsamkeit der bisherigen Reformschritte wird überwiegend zurückhaltend bis skeptisch beurteilt. Die vor allem von Wirtschaftsverbänden geäußerte Befürchtung, die Konkurrenzfähigkeit der deutschen Wirtschaft werde beeinträchtigt, scheint sich nicht bewahrheitet zu haben. Eine deutliche Lenkungswirkung in Richtung auf die erwünschten Investitionen in neue, umweltverträgliche Technologien läßt sich bisher jedoch allenfalls in eng umgrenzten Teilbereichen beobachten, so z.B. in Gestalt einer erhöhten Nachfrage nach verbrauchsreduzierten PKW. Die weitreichenden Ausnahmeregelungen für energieintensive Industriezweige bewahren diese zwar vor Kostensteigerungen, bieten jedoch keinen Anreiz für Modernisierungsinvestionen oder technische Neuentwicklung.

Politische Problematik

Innerhalb des Binnenmarktes tragen alle nicht harmonisierten Steuern das Problem in sich, daß sie zur Verlagerung von Investitionen in andere Länder führen können und infolgedessen zu einem Wettbewerb der Länder um möglichst niedrige Steuern. Dies trifft auch für die Steuern zu, die durch die Ökologische Steuerreform verändert wurden. Dieses Problem ließe sich nur durch eine gemeinschaftsweite Regelung beheben, die jedoch nicht geplant ist.

Eine weitere, durch die Politik selbst verursachte Problematik liegt darin, daß die Steuer politisch nicht allein mit ihrer ökologischen Lenkungswirkung begründet wurde, sondern ein Zusammenhang mit der gesetzlich verordneten Senkung von Sozialversicherungsbeiträgen hergestellt wurde, deren erhoffte belebende Wirkung auf den Arbeitsmarkt ausgeblieben ist. Neben allgemeinen steuersystematischen Bedenken gegen derartige Zweckbindungen spricht gegen diese Verbindung der Umstand, daß das Steueraufkommen infolge der ökologischen Steuerreform tendenziell sinken muß, wenn die gewünschte Wirkung erzielt wird, während der Finanzbedarf der Sozialversicherungen tendenziell steigt und daher nicht dauerhaft aus diesem Teil des Steueraufkommens gedeckt werden kann.

Erläuterungen des deutschen Bundesumweltministeriums zur ökologischen Steuerreform

Steuerinterventionismus und Fiskalzweck der Besteuerung
Lenkung und Finanzierung als Problem lenkender (Umwelt-) Steuern
Fachartikel von Dr. Erik Gawel, Universität Bielefeld
http://www.uni-bielefeld.de/ZIF/Publikationen/99-2-Gawel.pdf