Zufallsprinzip
Das Zufallsprinzip bezeichnet eine Operation bzw. eine Methode, die sich hinsichtlich einer Vorgehensweise das Phänomen „Zufall“ zunutze macht. Es handelt sich damit um ein Prinzip, das keiner festgelegten Gesetzmäßigkeit oder einer gezielten Absicht unterliegt. Es wird teilweise auch als Zufallsverfahren bezeichnet und kann durch einen Zufallsgenerator realisiert werden. Umgangssprachlich wird der Begriff „Zufallsprinzip“ auch dann benutzt, wenn Kritik geübt und eine Meinung dargestellt werden soll. Ziel ist es damit einen Gegenstand wie beispielsweise die Ausbildung im Journalismusbereich als zufällig statt als systematisch zu deklarieren und damit negativ zu belegen.[1]
Beispiele
Der Ausdruck „Zufallsprinzip“ wird insbesondere im Zusammenhang mit Auswahlverfahren in unterschiedlichen Kontexten und Anwendungen verwendet. Beispiele dafür sind u. a.:
- aus der Spieltheorie: Teilnahmebedingungen für Gewinnspiele
- Hier ist gemeint, dass der Gewinner aus der Gruppe aller Teilnehmer bei völlig gleichen Chancen gezogen wird. Dies wird auch als Losverfahren bezeichnet. Das Losen gilt als älteste Form des Glücksspiels. Viele Stämme nutzen Steine, Münzen, Knöpfe oder auch Hölzer um Entscheidungen durch Auslosen herbeizuführen. Das Zufallsprinzip wird auch bei Glücksspielen verwendet, wie beim Lotto bzw. bei Lotterien (z.B. das Ziehung von Lottozahlen „6 aus 49“ oder „Bingo“), bei Kartenspielen (z.B. „Poker“) und Würfelspielen (z.B. „Kniffel“), dem Drehen von Glückrädern, bei Geldspielautomaten (z.B. der „Einarmige Bandit“) oder auch beim Münze werfen.
- aus der Informationstechnologie: Auswahl von IP-Adressen aus einem Pool verfügbarer Adressen
- Aus Sicherheits-, Geschwindigkeits-, oder sonstigen Gründen verwendet man statt ordefinierter, fester Werte zufällige, damit keine Voraussage über die künftige IP-Adresse eines Computers vor der Einwahl möglich ist.
- aus dem Bereich der Musik: Gestalten von Musikstücken
- Dies stellt hier eine besondere Art der Komposition von Musiktiteln dar. Hierunter fällt beispielsweise das Werk von John Cage „Concerto for Prepared Piano and Chamber Orchestra“ von 1951, dessen Orchesterstimmen u.a. auf Münzwurf und Losentscheidungen durch das chinesische Orakelbuch I Ching basieren.[2] Weiterhin nutzt ein musikalisches Würfelspiel einen Zufallsgenerator zur Erstellung von Musikkompositionen, dessen sich auch schon Wolfgang Amadeus Mozart bedient hat.
- aus dem Bereich der Kunst: Erstellen von Bildern
- Hier wird das Zufallsprinzip genutzt, um eine chaotische Wirkung des Bildes zu erzielen. Für viele Künstler stellt dies eine Möglichkeit dar, Kunst mit dem von Zufällen wesentlich bestimmten Leben zu füllen[3] und diesbezüglich eine Verbindung herzustellen. Gleichzeitig soll dies den kreativen Prozess des Malers unterstützen. Max Ernst prägt in diesem Zusammenhang auch den Begriff „Befreiende Verfahren“. Die konkrete Umsetzung des Zufallsverfahren reicht vom Spritzen von Farbe auf Leinwand („Klecksographie“) über sogenannte Murmelbilder bis hin zu computeranimierter Farbsteuerung. Erste Einflüsse des Zufallsprinzips in der Kunst gehen bereits auf Leonardo da Vinci zurück. Als weitere Künstler sind hier u.a. zu nennen: Marcel Duchamp, Hans Arp und Joan Miró.
- aus der Pädagogik: Zusammensetzung von Gruppen für das kooperative Lernen
- Häufig werden Lerngruppen aus pädagogischen Gründen nicht nach bestimmten, festgelegten Regeln zusammengesetzt. Ziel ist es, damit kooperatives Lernen zu fördern. Es soll damit sicher gestellt werden, dass sich möglichst viele Lernende am Lernprozess aktiv beteiligen. Die Realisierung der Gruppenauswahl kann u.a. durch Ziehen von Spielkarten, Postkarten oder Puzzleteilchen geschehen.
- bei der Polizei: Geschwindigkeitskontrollen
- Diese werden in einer Stadt nicht progressiv fortschreitend oder nach einem sonstigen logischen Muster, sondern nach dem Zufallsprinzip durchgeführt.
Generell wird das Zufallsprinzip überall dort angewandt, wo keine Voraussage über den ausgewählten Wert möglich sein darf (vgl. auch Stichprobe) oder eine durch die Nutzung des Zufallsprinzip angestrebte Wirkung erzielt werden soll. Die Verwendung des Zufallsprinzips kann in unterschiedlichem Ausmaße realisiert werden. Insbesondere im musischen und künstlerischen Bereich wird es mit weiteren, planmäßigen Verfahren kombiniert oder nur eingeschränkt für bestimmte Teile eines Werkes eingesetzt.
Literatur
- Hartmut Kuthan: Das Zufallsprinzip: Vom Ereignis zum Gesetz. Engelsdorfer Verlag, Leipzig 2012, ISBN 978-3-86268-892-0.
- Robert M. Gray: Probability, Random Prozesses and Ergodic Properties. 2. Auflage. Springer Verlag, Heidelberg 2009, ISBN 978-1-4419-1089-9.
- Eberhardt Brügel: Praxis Kunst Zufallsverfahren: Materialien für den Sekundärbereich 1 und 2. Schroedel Verlag, Hannover, 1996, ISBN 3-507-10234-X.
- Peter Gendolla, Thomas Kamphusmann: Die Künste des Zufalls. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1999, ISBN 3-518-29032-0.
- Alfred Beaujeau, Brigitte Esser: Harenberg Kulturführer Konzert. Meyers Lexikon Verlag, München 2006, ISBN 3-411-76161-X.
- Wolfgang Amadeus Mozart: Musikalisches Würfelspiel: Anleitung, Walzer und Schleifer mit zwei Würfeln zu komponieren. (Musiknoten) Schott Music Distribution, Mainz 2003, ISBN 979-0-00105229-0.
- Christian Janecke, Heinz Neidel: Kunst und Zufall. Verlag für moderne Künste, Nürnberg 1995, ISBN 3-928342-51-7.
- Ludger Brüning, Tobias Saum: Erfolgreich unterrichten durch kooperatives Lernen: Strategien zur Schüleraktivierung. Band 1, 5. Auflage. Neue Deutsche Schule Verlagsgesellschaft, Essen 2009, ISBN 978-3-87964-306-6.
Einzelnachweise
- ↑ Helmut Groß: Einstieg in den Jounalismus: Ausbildung nach dem Zufallsprinzip: Die meinsten Volontäre lernen zu wenig. In: Die Zeit. 15. Oktober 1982 Nr. 42, S. 1. (online aufgerufen am 4. Januar 2013)
- ↑ Alfred Beaujeau, Brigitte Esser: Harenberg Kulturführer Konzert. Meyers Lexikon Verlag, München 2006, ISBN 3-411-76161-X , S. 168.
- ↑ Frank Schulz: Kunst und Zufall Nr. 179. In: Kunst und Unterricht. Friedrich Verlag, Hannover 1994, S. 22.