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Max Brod

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Max Brod (* 27. Mai 1884 in Prag; † 20. Dezember 1968 in Tel Aviv) war ein jüdischer Schriftsteller aus Prag und arbeitete als Schriftsteller, Übersetzer und Komponist.

Leben

Brod wurde als Sohn eines Prager Bankdirektors geboren. Nach Absolvierung des Stefansgymnasiums, nahm Brod das Jurastudium an der Prager Karls-Universität auf. Während der Studienzeit begegnete er am 23. Oktober 1902 in der Prager „Lese- und Redehalle der deutsche Studenten“ zum ersten Mal Franz Kafka. Brod hielt dort einen Vortrag über Arthur Schopenhauer. Auf dem Nachhauseweg sprach ihn Kafka an. In „Franz Kafka. Eine Biographie“ schreibt Brod 1937:

„Nach diesem Vortrag begleitete mich Kafka, der um ein Jahr Ältere, nach Hause. – Er pflegte an allen Sitzungen der,Sektion' teilzunehmen, doch hatten wir einander bis dahin kaum beachtet. Es wäre auch schwer gewesen, ihn zu bemerken, der so selten das Wort ergriff und dessen äußeres Wesen überhaupt eine tiefe Unauffälligkeit war, – sogar seine eleganten, meist dunkelblauen Anzüge waren unauffällig und zurückhaltend wie er. Damals aber scheint ihn etwas an mir angezogen zu haben, er war aufgeschlossener als sonst, allerdings fing das endlose Heim-Begleitgespräch mit starkem Widerspruch gegen meine allzu groben Formulierungen an.“

Max Bord. Franz Kafka. Eine Biographie. Dritte, erweiterte Auflage. Berlin und Frankfurt am Main: S. Fischer Verlag, 1954. S.57.

Brod und Kafka trafen sich fortan häufig, oft sogar täglich, und blieben bis zu Kafkas Tod eng befreundet. Franz Kafka war öfters Gast im Elternhaus der Brods und lernte dort auch 1912 seine spätere Freundin und Verlobte Felice Bauer kennen, die eine Kusine von Brods Schwager Max Friedmann war.

Nach der erfolgreichen Promotion 1907 erhielt Brod nach einigen Umwegen eine Anstellung bei der Prager Postdirektion. Ähnlich wie bei Kafka lockten ihn hier vor allem die kürzeren Arbeitszeiten, die ihm noch ausreichend Zeit ließen um sich seinen literarischen Projekten zu widmen. Doch im Gegensatz zu Kafka wurde Brod schnell zu einem erfolgreichen Schriftsteller.

Beginn der literarischen Karriere

Als 24-Jähriger veröffentlichte Brod bereits sein viertes Buch, den Roman „Schloß Nornepygge“, der vor allem in Berliner Literaturkreisen enthusiastisch als Meisterwerk des Expressionismus gefeiert wurde. Durch dieses und weitere Werke wurde Brod zu einer bekannten Persönlichkeit der deutschsprachigen Literatur. Er förderte uneigennützig Schriftsteller und Musiker; zu den von Brod Protegierten gehörte unter anderem der Dichter Franz Werfel, mit dem er sich aber später zeitweise überwarf, als Werfel sich vom Judentum abzuwenden begann und sich dem Christentum zuwandte; auch mit dem vom Judentum zum Katholizismus übergetretenen bekannten Publizisten und Schriftsteller Karl Kraus lieferte sich Brod polemische Auseinandersetzungen. Max Brod war in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg von einem „Indifferenten“ zu einem bewussten Juden geworden, der – wie Kafka – mit dem zionistischen Projekt von Theodor Herzl sympathisierte.

Der ungemein vielseitige „Poeta doctus“ (J. Urzidil) Max Brod, der auch als Übersetzer, Komponist und Publizist tätig war und mehrere umfangreiche philosophische Werke veröffentlichte, trug unter anderem wesentlich dazu bei, dass Jaroslav Haseks „Schwejk“ auf Berliner Bühnen gespielt und der tschechische Autor dadurch populär wurde. Auch die Opern Janaceks sind auf Brods Initiative hin in europäischen Opernhäusern aufgeführt worden. Nicht zuletzt wurde Max Brod zum entscheidenden Förderer und Mentor der Werke Kafkas. Immer wieder versuchte Brod den zweifelnden Kafka in seinen literarischen Bestrebungen zu unterstützen und drängte ihn, seine Arbeiten zu veröffentlichen. Es ist wahrscheinlich Brod zu verdanken, dass Kafka anfing, ein Tagebuch zu führen. Zwar verabredete man auch gemeinsame literarische Projekte, doch die waren aufgrund der unterschiedlichen Arbeitsweise der beiden Autoren nicht durchführbar. Auch nach seiner Heirat mit Elsa Taussig im Jahre 1913 blieb Brod weiterhin der engste Freund und Bewunderer Kafkas, der Kafka in seinen Lebenskrisen immer wieder beistand, wobei Brod andererseits auch bei eigenen Problemen öfters Rat und Hilfe Kafkas suchte und fand.

Nach dem Ersten Weltkrieg

Als sich die Tschechoslowakei nach dem Krieg konstituierte, wurde Brod kurzfristig Vizepräsident des Jüdischen Nationalrates. Nachdem Brod den Postdienst aufgab, arbeitete er als Kunstkritiker und freier Autor.

Brod als Nachlassverwalter Kafkas

Kafka starb 1924 und hatte letztwillig verfügt, alle seine literarischen Aufzeichnungen zu vernichten. Als Nachlassverwalter hatte er Max Brod eingesetzt. Brod aber glaubte, die letztwillig angeordnete Vernichtung von Kafkas Notizen kulturell nicht verantworten zu können. Er fühlte sich sittlich verpflichtet, die Welt auf Leben und Denken Kafkas aufmerksam zu machen. Brod hatte Kafka als den „größten Dichter unserer Zeit“ gerühmt, als dieser noch keine einzige Zeile veröffentlicht hatte. Nun nach Kafkas Tode sah Brod den Freund als genialen Weltweisen im Range von Goethe oder Tolstoi.

Bereits 1925 begann Brod mit der Veröffentlichung der Romanfragmente Kafkas. In den Dreißigerjahren folgte eine sechsbändige Werkausgabe und eine Biographie Kafkas. In zahlreichen Veröffentlichungen wehrte Brod sich gegen eine von ihm als einseitig angesehene Interpretation Kafkas. Brod hasste den Begriff „kafkaesk“ und war aufgrund seiner langen intimen Freundschaft Kafkas überzeugt, dass dieses Wort genau das bezeichnet, was Kafka nicht gewesen sei.

1939 bis zum Tod

Max Brod hat sich unter dem Einfluss Martin Bubers früh dem Zionismus zugewandt. Dies kann einer der Gründe sein, warum er 1939 nach Palästina auswanderte, als deutsche Truppen im März 1939 die restlichen Gebiete der Tschechoslowakei besetzten und das so genannte „Protektorates Böhmen und Mähren“ errichteten. Damit war das Leben aller Juden dieser Gebiete bedroht.

In Tel Aviv arbeitete und lebte Max Brod bis zu seinem Tod im Jahre 1968 als freier Autor, Journalist und Dramaturg am Nationaltheater Habimah.

Werke (Auswahl)

Literarische Schriften

  • Schloss Nornepygge (Roman) (1908)
  • Ein tschechisches Dienstmädchen (Roman) (1909)
  • Die Erziehung zur Hetäre (Novellen) (1909)
  • Jüdinnen (Roman) (1911)
  • Ein Kampf um Wahrheit (Romantrilogie):
    • Tycho Brahes Weg zu Gott (1916)
    • Reubeni, Fürst der Juden (1925)
    • Galilei in Gefangenschaft (1948)
  • Die Frau, die nicht enttäuscht (1934)
  • Novellen aus Böhmen (1936)
  • Annerl (1937)
  • Unambo (1949) (Roman aus dem jüdisch-arabischen Krieg)
  • Der Meister (1952) (Christus-Roman)
  • Beinahe ein Vorzugsschüler oder Piece touchee (1952)
  • Armer Cicero (1955)
  • Rebellische Herzen (1957)
  • Mira (1958) (Roman um Hofmannsthal)
  • Jugend im Nebel (1959)
  • Streitbares Leben (1960) (autobiographische Schrift)
  • Die Rosenkoralle. Ein Prager Roman. (1961)

Abhandlungen

  • Heidentum, Christentum und Judentum (1922)
  • Sternenhimmel. Musik- und Theatererlebnisse (1923)
  • Heinrich Heine (1934) (Biographie)
  • Rassentheorie und Judentum. Mit einem Anhang über den Nationalhumanismus von F. Weltsch (1936)
  • Franz Kafka (1937, erweitert 1954)
  • Diesseits und Jenseits (2 Bände):
    • Von der Krisis der Seelen und vom Weltbildes der neuen Naturwissenschaft (1946)
    • Von der Unsterblichkeit der Seele, der Gerechtigkeit Gottes und einer neuen Politik (1947)
  • Israels Musik (1951)
  • Streitbares Leben (Autobiographie) (1960)
  • Johannes Reuchlin und sein Kampf (1965)
  • Franz Kafka. Eine Biographie (1. Auflage 1937) (Es folgten weitere Auflagen mit erweitertem Umfang. Neuausgabe: Über Franz Kafka, 1974)
  • Franz Kafkas Glauben und Lehre (1948)
  • Franz Kafka als wegweisende Gestalt (1951)
  • Verzweiflung und Erlösung im Werke Franz Kafkas (1959)
  • Der Prager Kreis (1966)

Literatur

  • Wessling, Berndt W. Max Brod: Ein Porträt. Stuttgart, Berlin, Köln und Mainz: Kohlhammer, 1969. Neue Ausgabe: Max Brod: Ein Porträt zum 100. Geburtstag. Gerlingen: Bleicher, 1984.
  • Kayser, Werner. Max Brod. Hamburg: Christians, 1972. (Hamburger Bibliographien; Bd. 12)
  • Pazi, Margarita (Hg.). Max Brod 1884-1984. Untersuchungen zu Max Brods literarischen und philosophischen Schriften. Frankfurt am Main: Peter Lang, 1987.
  • Lerperger, Renate. Max Brod. Talent nach vielen Seiten (Ausstellungskatalog) Wien, 1987.

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