Duftveilchen
Duftveilchen | ||||||||||||
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Systematik | ||||||||||||
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Das Duftveilchen (Viola odorata), auch Märzveilchen oder Wohlriechendes Veilchen genannt, ist eine Art der Familie der Veilchengewächse. Es ist im Mittelmeergebiet bis hin zum Kaukasus und Kurdistan beheimatet. Im Garten wird es seit der Antike kultiviert, weil es sowohl im religiösen Ritus als auch in der Heilkunde schon sehr früh Verwendung fand. Spätestens seit dem frühen Mittelalter wurde es auch in Mitteleuropa als Zier- und Heilpflanze angebaut.
Merkmale
Die Veilchenart ist vor allem wegen ihres süßen Dufts bekannt. Es handelt sich um eine in Europa heimische, rhizombildende Staude, die bis zu 10 cm hoch werden kann. Die grasgrünen, ei- bis herzförmig geformten Blätter stehen in einer Rosette und sind schwach gekerbte. Vom späten bis zum zeitigen Frühjahr erscheinen die kleinen violetten Blüten und sind eine der ersten Blumenblüten im Jahr.
Das Duftveilchen bevorzugt als Standort lichte- bis halbschattige Plätze und fühlt sich unter sommergrünen, nicht zu dicht stehenden Sträuchern im Garten sehr wohl. In der freien Natur ist es an Waldrändern und in sommergrünen Hecken und Gebüschen zu finden.
Die Pflanze hat einen kriechenden Wurzelstock, so dass sie sich allmählich teppichförmig ausbreitet, wenn man sie ungestört wachsen läßt. Die Früchte werden auch von Ameisen vertreitet, so dass das Duftveilchen einmal angesiedelt überall im Garten auftauchen können.
Inhaltsstoffe
Das Duftveilchen enthält Saponine, ätherische Öle, hohen Schleimgehalt, organische Säuren, in den Blüten Salizylsäureverbindungen, in der Wurzel das Alkaloid Odoratin.
Verwendung
Verwendung als Duftpflanze
Das wohlriechende Veilchen ist das einzig duftende seiner Gattung in Europa. Veilchenparfüms wurden vor allem im 19. Jahrhundert entwickelt. Heutzutage wird der Veilchenduft jedoch aus der Wurzel der florentinischen Schwertlilie gewonnen, die wesentlich einfacher zu ernten ist als die kleinen blauen Blüten des Veilchens. In der Parfümerie-Industrie werden jedoch immer noch die Blätter des Veilchens verwendet, aus denen ein sogenannter „grüner“ Duft extrahiert werden kann.
Verwendung in der Küche
In der mittelalterlichen Küche Englands wurden die Blüten des Veilchens häufig für Suppen, Saucen, Salate und Desserts verwendet. Kandierte Veilchen verwendet man heute noch als Dekoration von Torten und Desserts. Dafür werden die Veilchenblüten mit halbsteif geschlagenen Eiweiß bestrichen und mit feinem Zucker dünn bestreut. Anschließend lässt man sie auf einem feinen Gitter etwa zwei Tage trocknen. Veilchentee kann man sehr einfach selbst herzustellen. Dazu werden zwei Esslöffel getrockneter Veilchenblüten unter 100 g schwarzen Tee gemischt.
Ein außergewöhnlicher, aber fast vergessener Likör ist der Parfait Amour, bei dem Veilchen und fernöstliche Blütenessenzen die Basis bildeten. Abgerundet mit Destillaten und Konzentraten aus Zitrone, Orange und Koriander erhält dieser Likörklassiker sein Aroma, der bei vielen Mixprofis als Geheimtipp gilt – auch weil es keinen anderen Likör gibt, der Cocktails violett einfärben kann. Der Likör war besonders zu Beginn des 20. Jahrhunderts und nach dem Ersten Weltkrieg beliebt.
Verwendung in der Pflanzenheilkunde
Bereits Hippokrates verwendete Veilchen als Arzneipflanzen. Er empfahl es zur Austreibung für die tote Geburt und Dioskurides nahm es als Magenmittel. Veilchen helfen bei Erkrankung der Atemwegen wie Bronchitis, Reizhusten und grippalen Infekten. Mit Veilchentee (ein Teelöffel getrocknete Blüten pro Tasse kochendem Wasser) gurgelt man bei Halsentzündungen und Schluckbeschwerden.
Die Inhaltsstoffe des Veilchens sollen sogar gegen bestimmte Krebsarten (Lungen-, Bronchial- und Brustkrebs) wirken. In der Homöopathie werden Veilchenverdünnungen bei Ohrenschmerzen, gewissen Augenkrankheiten und Keuchhusten verwendet. Aus Veilchenwurzel wurde ein Brechmittel hergestellt und Veilchensirup wurde als Hausmittel Kindern bei Husten gegeben.
Verwendung als Schnittblume
Eine der beliebtesten Blumen des 19. Jahrhunderts waren die Veilchen. Züchter entwickelten für den Schnittblumenhandel besonders großblütige und langstielige Sorten, von denen einige wie etwa die Sorte Kaiserin Augusta heute noch im Gartenhandel erhältlich sind.
Die Erzeugung von Schnittveilchen erfolgte überwiedend durch Treiberei unter Glas und begann im Dezember. Das Verschenken von Veilchen kam jedoch mit Beginn des 20. Jahrhunderts allmählich zurück. Die französische Schriftstellerin Colette gab jedoch immerhin noch 1940 ihren Leserinnen in einem Beitrag für die Frauenzeitschrift Marie- Claire praktische Tips, wie Veilchen korrekt zu behandeln seien:
- „Sparsame Hausfrauen, die ihr Blüten und Blätter von Heilpflanzen in eurer Freizeit sammelt, wißt ihr, warum euer Veilchentee so fade schmeckt? Weil ihr die Veilchen in der Sonne gepflückt habt. Pflückt sie ausschließlich im Schatten, in den ersten Tagen ihrer Blüte, ohne Stiel und laßt sie im Schatten auf weißem Papier trocknen, nicht aber auf einem Tuch. Bei uns sagt man, daß der Stoff ‚den Duft aufsaugt‘. Meidet den Marmortisch, denn Kälte die warmen Blütenblätter ‚erschrickt‘, sie verdorren läßt und ihnen einen Teil ihrer Seele raubt.“
Das Veilchen in Mythologie, Brauchtum, Kunst und Literatur
Altertum
Das Veilchen war im griechischen und römischen Altertum eine mehreren Gottheiten geweihte Kultpflanze. Am Tag des Saturns bekränzten die Feiernden sich mit Veilchenblüten; Pan wurden Veilchensträuße dargebracht und auch Persephone war die Pflanze geweiht. Aufgrund des Duftes und der dunklen Blüten galt das Veilchen den Griechen auch als Blume der Liebe. Schon sie schenkten Veilchen gerne der Angebeteten, um so auf die sich regende Zuneigung hinzuweisen.
Mythologie
Wie bei vielen anderen Pflanzen auch erklärten sich die Griechen das Entstehen des Veilchens mythologisch: Eine für ihre Schönheit bekannte Tochter des himmeltragenden Gottes Atlas wurde vom Sonnengott mit seinen Strahlen verfolgt. Die spröde Schönheit floh jedoch vor ihm und bat Zeus verzweifelt um Beistand. Er hatte Mitleid und verwandelte das verschüchterte und verzweifelte Mädchen in ein Veilchen. Geschützt vor den Strahlen des Sonnengottes wächst es seitdem im Gebüsch des Waldes.
Die griechische und römische Mythologie behauptet auch, dass es dem keineswegs gutaussehenden Gott Vulkan, der hoffnungslos in Venus verliebt war, dennoch gelang, von der Göttin geküsst zu werden, weil er nach Veilchen duftete. Und Zeus, der die Nymphe Io als Schutz vor der eifersüchtigen Hera in eine bezaubernde Färse (= Kuh, die noch kein Kalb zur Welt gebraucht hat) verwandelte, ließ für sie eine ganze Wiese duftender Veilchen erblühen. Einzig diese Pflanze war eine ihrer Schönheit angemessene Speise.
Nach einer wendischen Sage wurde die Tochter des Götzen Tschernebog in ein Veilchen verwandelt, dass alle zehn Jahre einmal in der Walpurgisnacht blüht. Wer es dann pflückt, erlöst die Jungfrau und erhält sie mit all den Schätzen ihres Vater als Frau.
Brauchtum
Als eine der erste Boten des Frühlings erfreute sich das wohlriechend Veilchen von jeher besonderer Wertschätzung. Am Wiener Hof wurde schon um 1200 das erste Veilchen mit einem rauschende Fest gefeiert. Nach dem Sagensammler Perger war das Feiern des ersten Veilchens ein im Mittelalter in ganz Süddeutschland gefeierter Brauch.
Die Anhänger Napoléons erkoren das Veilchen zu ihrem Emblem, als der Kaiser nach Elba verbannt wurde und schwor, dass er mit den Veilchen nach Paris zurückkehren werde. Mit Veilchensträußen und dem Tragen veilchenfarbener Kleidungsstücke demonstrierten die Anhänger Napoleons ihre politische Gesinnung. Angeblich war das Veilchen die Lieblingspflanze Napoleons, nachdem ihm seine große Liebe Josephine Beauharnais ihm am Abend ihres Kennenlernens einen Veilchenstrauß zuwarf. Nach seinem Tode fand man auf seiner Brust in einer goldenen Kapsel zwei getrocknete Veilchen.
Kunst
Veilchen symbolisieren Demut und Bescheidenheit und sind deshalb gelegentlich als Attributpflanze Mariens auf Bildern des späten Mittelalters und der Renaissance zu finden. Nach Beuchert symbolisieren Veilchen neben dem Kreuz Christi als violette Trauerfarbe sowohl den Schmerz über Christi Tod wie auch die weltweite Verbreitung seiner Lehre, die in diesem Augenblick begann.
Auf Postkarten und Postern weit verbreitet ist auch ein von Dürer gemalter Veilchenstrauß.
Literatur
Der Frühlingsbote Veilchen ist die Lieblingsblume vieler Dichter und Schriftsteller. Zu diesen zählen u.a. Homer, Goethe sowie die Troubadoure.
Theodor Storm schreibt über das Veilchen:
- Die Kinder haben die Veilchen gepflückt,
- all, all, die da blühten am Mühlengraben.
- Der Lenz ist da; sie wollen ihn fest
- In ihren kleinen Fäusten haben.
Und Goethe schreibt:
- Ein Veilchen auf der Wiese stand
- Gebückt in sich und unbekannt;
- Es war ein herzigs Veilchen.
- Da kam eine junge Schäferin
- Mit leichtem Schritt und munterm Sinn
- Daher, daher,
- Die Wiese her, und sang.
- Ach! Denkt das Veilchen, wär‘ ich nur
- Die schönste Blume der Natur,
- Ach, nur ein kleines Weilchen,
- Bis mich das Liebchen abgepflückt
- Und an dem Busen matt gedrückt!
- Ach nur, ach nur
- Ein Viertelstündchen lang!
- Ach, aber ach! Das Mädchen kam
- Und nicht in acht das Veilchen nahm,
- Ertrat’s, das arme Veilchen.
- Und sank und starb und freut sich noch:
- Und sterb‘ ich denn, so sterb ich doch
- Durch sie, durch sie,
- Zu ihren Füßen doch!
Als Frühlingsbote hat Eduard Mörike das Veilchen in seinem Gedicht „Er ist’s“ verewigt:
- Frühling läßt sein blaues Band
- Wieder flattern durch die Lüfte;
- Süße, wohlbekannte Düfte
- Streifen ahnungsvoll das Land.
- Veilchen träumen schon,
- wollen balde kommen.
- - Horch von fern ein leiser Harfenton !
- Frühling, ja du bist’s
- Dich hab ich vernommen !
Weniger poetisch sind die sittsamen Sprüche, die sich junge Mädchen noch vor wenigen Jahren ins Poesiealbum schrieben:
- Dem kleinen Veilchen gleich,
- das im Verborgnen blüht,
- sei immer fromm und gut,
- auch wenn dich niemand sieht.
- Sei wie das Veilchen im Moose
- Sittsam,bescheiden und rein
- und nicht wie die stolze Rose
- die immer bewundert will sein
Literatur
- Marianne Beuchert: Symbolik der Pflanzen, Frankfurt am Main, 1995
- Karen Duve, Thies Völker; Lexikon berühmter Pflanzen, Zürich 1999
- Heinz-Dieter Krausch: Kaiserkron und Päonien rot...., Hamburg 2003
- Gertrund Scherf; Zauberpflanzen - Hexenkräuter; Mythos und Magie heimischer Wild- und Kulturpflanzen, München 2002