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Nötigung (Österreich)

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Die Nötigung ist ein Straftatbestand, der die persönliche Freiheit des einzelnen schützt. Konkret geschütztes Rechtsgut ist die Freiheit der Willensentschließung und Willensbetätigung. Der Nötigungstatbestand wird in der Laiensphäre häufig mit der Erpressung verwechselt. Der Unterschied zwischen Nötigung und Erpressung besteht in der Vermögensverfügung, die bei der Erpressung kausal zur Nötigung hinzutreten muss.

Wortlaut

Der Tatbestand der Nötigung in § 240 StGB lautet:
(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1. eine andere Person zu einer sexuellen Handlung nötigt,
2. eine Schwangere zum Schwangerschaftsabbruch nötigt oder
3. seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger mißbraucht.

Merkmale und Auslegung

Die Nötigung gilt als ein "offener" Tatbestand, zu der die Rechtswidrigkeit gesondert festgestellt werden muss, denn die Drohung mit einem empfindlichen Übel könnte schon dann verwirklicht sein, wenn es sich um einen erheblichen Nachtteil bspw. im Geschäftsverkehr handelt. Insofern könnte jegliches Verhalten, das in Form von psychischen Zwängen ausgeübt wird, tatbestandsmäßig sein. Daher ist zusätzlich die Verwerflichkeit als Rechtswidrigkeit nach § 240 Abs. 2 StGB festzustellen.
Die Verwerflichkeit ist aber in der Regel schon immer dann gegeben, wenn ein körperlicher (also physischer Zwang) ausgeübt wird. Für den Begriff der Gewalt wurde eine ausufernde Rechtssprechung des Bundesverfassungsgericht provoziert - dies erstreckte sich auf sog. Sitzblockaden, die eine Überdehnung des Versammlungsrechts darstellen, aber nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts nicht die Intensität erreichen, sodass ein strafrechtlicher Verfolgungsanspruch bestünde. Diese Frage ist noch nicht abschließend geklärt.
Als Gewalt wird insoweit sowohl vis absoluta (überwältigende Gewalt, die vor allem körperlich hervorgerufen wird) als auch vis compulsiva (beugende Gewalt, die in die Richtung eines psychichischen Zwanges geht) verstanden.
Die Nötigung als Straftat stellt ein Vergehen dar. Die Strafbarkeit des Versuches ergibt sich aus § 240 Abs. 3 StGB. Die besonders schweren Fälle sind Regelbeispiele der Strafzumessung. Problematisch ist dabei die Nötigung einer anderen Person zu einer sexuellen Handlung, da die sexuelle Nötigung selbst ein eigenständiger Straftatbestand ist. Hier wird jedoch eine Strafbarkeitslücke für diejenigen Fälle geschlossen, in denen der Täter bei einer Drohung mit einem empfindlichen Übel z.B. sexuelle Handlungen ohne körperlichen Kontakt verlangt.