Amazon
Amazon.com, Inc.
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Rechtsform | Corporation |
ISIN | US0231351067 |
Gründung | 1994 |
Sitz | Seattle, Vereinigte Staaten |
Leitung | Jeff Bezos |
Mitarbeiterzahl | 33.700 (2009)[1] |
Umsatz | 48,1 Mrd. US-Dollar (2011)[2] |
Branche | Internethandel |
Website | www.amazon.com |


Amazon (deutsche Aussprache [E-Commerce-Versandhaus mit einer breit gefächerten Produktpalette. Über die integrierten Verkaufsplattformen „Marketplace“ und „z-Shops“ können auch Privatpersonen oder andere Unternehmen neue und gebrauchte Produkte anbieten. Unter eigener Marke wird neben dem Amazon Kindle als Lesegerät für elektronische Bücher auch der Amazon Kindle Fire, ein Tablet-Computer, vertrieben.
] bzw. englisch [ ]) ist ein amerikanischesNach eigenen Angaben hat Amazon als Internet-Marktführer die weltweit größte Auswahl für Bücher, CDs und Videos. Der Name des Unternehmens bezieht sich auf den südamerikanischen Strom Amazonas – der Verweis auf den stark verzweigten und wasserreichsten Strom der Erde sollte die mit Hilfe vieler Partner angestrebte Vormachtstellung im Internet-Handel versinnbildlichen.
Geschichte
1994 gründete Jeff Bezos das Stammhaus, das amerikanische Mutterunternehmen Amazon.com. Es ging im Juli 1995 online. Mit Übernahme des Unternehmens Telebook Inc. (Inhaberin der deutschen ABC Bücherdienst GmbH, dem damals führenden deutschen Internet-Versandbuchhändler und Online-Pionier) übernahm Amazon im Oktober 1998 den Verkauf in Deutschland via Tochter Amazon.de. Der deutsche Unternehmenssitz ist in München, die Distributionslager befinden sich in Bad Hersfeld, Koblenz, Rheinberg, Werne und Leipzig, der Kundendienst in Regensburg. Ebenfalls 1998 erfolgte die Übernahme von Bookpages Limited und der Filmdatenbank IMDb. Mitte August 2006 nahm Amazon in Leipzig ein weiteres Versandlager mit ca. 300 Arbeitsplätzen in Betrieb. Im September 2009 wurde ein zweites Logistikzentrum in Bad Hersfeld mit rund 2.500 Arbeitsplätzen fertiggestellt; es ist mit einer Fläche von 110.000 Quadratmetern der neue Standard für weitere Distributionszentren.[3] Der Neubau liegt direkt an der Autobahnausfahrt 32 (Bad Hersfeld) an der A4. Das bereits existierende Logistikzentrum mit 42.000 Quadratmetern und über 1.000 Mitarbeitern im Stadtteil Eichhof, welches seit 1999 besteht und 7 km entfernt ist, bleibt voraussichtlich bis mindestens 2018 in Betrieb.[4] Ein Vertriebszentrum mit 110.000 Quadratmetern ging im September 2011 in Rheinberg an den Start[5], welches am 17. Februar 2012 offiziell eröffnet wurde.[6] Ein weiteres wurde in Graben[7] bei Augsburg mit ebenfalls 110.000 Quadratmetern errichtet. Werne wurde auf rund 140.000 m² vergrößert, nachdem man auch die zweite ehem. IKEA-Halle langfristig anmietete und ist so das größte Logistikzentrum.
Die deutschsprachige Internetseite Amazon.de wird von Amazon EU S.a r.l. in Luxemburg betrieben. Die Entwicklungsabteilung der Amazon.de-Website in München wurde Mitte 2004 geschlossen und ein Großteil der Mitarbeiter musste entlassen werden.
Länderspezifische Anpassungen nehmen nun die britische Tochter Amazon.co.uk in Slough oder direkt Amazon.com in Seattle vor.
Amazon ließ sich den Vorgang der Bestellung mit nur einem Klick (US-Patent Nr. 5.960.411),[8] die auf der Cookie-Technik basiert, in den USA patentieren.[9] Die Firma verklagte in den USA erfolgreich andere Unternehmen, auf deren Websites ebenfalls Produkte mit nur einem Klick bestellt werden konnten, obwohl Cookies ursprünglich vom Unternehmen Netscape entwickelt worden waren und es sich bei der One-Click-Technik nach verbreiteter Meinung um ein sogenanntes Trivialpatent handelt. In Deutschland ist eine solche Patentierung nicht zulässig.
Ein weiteres Patent hat Amazon auf ein Nutzerrezensionssystem erhalten, in dem Kauf- und Nutzungserfahrungen der erworbenen Produkte von Kunden für Kunden veröffentlicht werden sollen.[10] Weiterhin hat der Onlinebuchhändler ein Bewertungssystem patentieren lassen, das dem Kunden erlaubt, per Mausklick Rezensionen nach ihrer Qualität zu bewerten.[11]
Nach Angaben der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) am 24. April 2009 hat sich Amazon.de mit 16,7 Millionen Kunden an die Spitze der deutschen Websites mit den meisten Online-Käufern gesetzt. Dadurch wurde eBay mit 16,3 Millionen Käufern auf Platz zwei verdrängt.[12]
Im Juli 2009 übernahm Amazon für rund 850 Millionen Dollar den Online-Schuhladen Zappos. Amazon kündigte an, den Kaufpreis mit eigenen Aktien im Wert von 807 Millionen Dollar begleichen zu wollen, zusätzlich mit 40 Millionen Dollar in bar für die Zappos-Beschäftigten.[13]
Der Marktwert von Amazon lag im November 2010 bei 80 Milliarden US-Dollar.[14] Im 3. Quartal 2012 betrug der Umsatz vom Amazon rund 13,81 Milliarden US-Dollar, wobei jedoch ein Verlust in Höhe von 274 Millionen US-Dollar erwirtschaftet wurde.[15]
Im März 2012 übernahm Amazon "Kiva Systems", einen Anbieter für Lagerhaus-Automation, für 775 Millionen US-Dollar.[16]
Standorte in Deutschland
Amazon unterhält in Deutschland folgende Standorte:[17][18]
- Kundenservicezentren Regensburg, Berlin (seit Sommer 2011)
- Logistikzentren in Graben (Lechfeld), Bad Hersfeld, Leipzig, Rheinberg, Werne, Koblenz und Pforzheim (die letzteren seit Herbst 2012)
Angebotene Dienste
- Über ein Partnerprogramm Amazons in den USA, das allerdings nie ausgeübte Patentrechte besitzt, können Betreiber einer Website Links zu Amazon setzen, die rückverfolgbar sind und erhalten bei Kaufabschluss eine Provision. Ergänzend zum Partnerprogramm bietet Amazon seit Sommer 2002 den Zugriff auf seine Produktdatenbank über den Amazon Web Service, einen Webservice, an.
- Neben dem klassischen Buchverkauf bietet Amazon seit einiger Zeit auch Auktionen und den privaten oder kommerziellen Verkauf von gebrauchten oder neuen Waren an. Diese Angebote über Amazon sind als Alternativen zum „offiziellen“ Amazon-Produkt (Amazon Marketplace) aufgelistet und erwirtschaften den Hauptanteil des Betriebsergebnisses. Pro verkauftem Artikel behält Amazon eine Provision von 15 Prozent des Verkaufspreises (zzgl. USt) und zusätzlich 1,14 Euro ein sowie eine von Produktgruppe und Käuferland abhängige Versandtransaktionsgebühr, bei Büchern nach Deutschland beispielsweise 1,16 Euro zzgl. USt. Diese Gebühr wird von Amazon auch in dem Fall berechnet, wenn der Artikel privat verkauft (und versendet) wird.
- Daneben gibt es weitere Hilfsmittel für Anbieter von Artikeln. Amazon Advantage gibt Unternehmen und natürlichen Personen die Möglichkeit, ihre Produkte über den Amazon-Produktkatalog zu offerieren. Den Versand erledigt die Amazon Logistik GmbH „on demand“ (auf Nachfrage). Im Gegensatz zu Amazon Marketplace (wo der Verkäufer den Versand und die Logistik organisiert) nimmt Amazon vom Anbieter die Artikel in Kommission und lagert sie im Logistikzentrum. Die Artikel werden im „normalen“ Amazon-Katalog geführt, d. h. nicht über die anderen verfügbaren Plattformen wie Shops, Auktionen oder den Marketplace.
- Amazon.com vertreibt seit April 2004 auch eigene Produkte unter verschiedenen Handelsmarken wie Strathwood für Gartenmobiliar, Pinzon für den Wohnbereich, Pike Street als Billigmarke und Denali für Werkzeuge.[19]
- Populär wurde Amazon u. a. auch durch den Einsatz von Recommendation Engines („Kunden, die Produkt A gekauft/gesucht haben, haben auch B gekauft!“).
- Seit 2005 bot Amazon.de einen DVD-Verleih an.[20] Ab Mitte September 2006 startete es den Verkauf von FSK-18-DVDs; einen Verleih von nicht jugendfreien Titeln plante das Versandhaus zunächst nicht. 2008 verkaufte Amazon diese Sparte an LoveFilm.[21] Der DVD-Verleih über Amazon.de wurde am 11. Juli 2008 eingestellt, die bisherigen Nutzer mussten ihr Konto zu LoveFilm transferieren.[22]
- Im Januar 2011 wurde bekannt, dass Amazon LoveFilm komplett übernehmen wird und damit wieder eine Versandvideothek in Deutschland anbietet.
- Als Erweiterung der Kunden-Rezensionen gab es von Januar 2007 bis Juni 2010 das Produkt-Wiki „Amapedia“.[23]
- Amazon.com betreibt auch die Einzelhandelsportale für Unternehmen und Organisationen wie Target, die NBA, Sears Canada, Bebe Stores, Timex, Marks & Spencer, Mothercare und Lacoste. Seit 2. November 2005 ist im Rahmen der Amazon Web Services die Betaversion des neuen Internetservices Amazon Mechanical Turk freigeschaltet, ein Marktplatz für einfache Arbeiten über das Internet.
- Auf der amerikanischen Amazon-Seite kann man mithilfe des „Amazon Honor System“ Spendenseiten einrichten, auf denen direkt durch die seiteneigene Kaufabwicklung bezahlt wird. Amazon behält Transaktionsentgelte pro Zahlungsvorgang. Es ist geplant, diesen Service in weiteren Ländern anzubieten.
- Anfang August 2007 startete Amazon eine Beta-Version der Online-Bezahlfunktion Flexible Payments Service (FPS).[24]
- Seit 2007 ist es für Websitebetreiber möglich, sich einen eigenen Amazon-Shop zu erstellen. Hinter „Amazon astore“ verbirgt sich ein neues Affiliate-Programm, mit dem sich Websitebetreiber den Amazon-Shop mit ausgewählten Produkten oder ganzen Produktkategorien direkt auf die eigene Internetseite holen können.
- Am 25. September 2007 startete der Online-Händler in den USA mit der öffentlichen Beta-Phase des Musik-Downloadshops Amazonmp3 und trat damit in den Wettbewerb der Online-Musikdienste ein. Die mehr als zwei Millionen Titel von über 180.000 Interpreten der Partner EMI, Universal und zahlreichen Independent-Labels werden DRM-frei im MP3-Format mit 256 kBit/s angeboten. Mit dem Verzicht auf einen Kopierschutz können die MP3-Dateien auf nahezu allen digitalen Musik-Playern abgespielt und ohne Einschränkung auf CD gebrannt werden. Ausgewählte Songs enthalten digitale Wasserzeichen, die die Dateien als Amazon-Music kennzeichnen. Die Einzeltitel kosten zwischen 89 und 99 US-Cent, Alben zwischen 5,99 und 9,99 US-Dollar. Eine Software zur Organisation der Downloads ist für Windows XP, Vista, Mac OS X und Linux erhältlich. Für Linux existieren seit März 2008 beziehungsweise Dezember 2009 alternativ die freien Downloader clamz und pymazon.[25][26]
- Seit November 2007 gibt es auch in Deutschland eine jährliche Versandkostenpauschale (Amazon Prime) für 29 Euro (in den USA seit 2005: 79 US-Dollar).
- Zum 30. Dezember 2008 beendete Amazon.de die seit September 2004 angebotene Tiefpreisgarantie für DVDs, Blu-rays und Videospiele. Mit ihr war es möglich, sich innerhalb von 14 Tagen die Preisdifferenz als Gutscheinguthaben erstatten zu lassen, wenn ein Produkt aus den teilnehmenden Kategorien bei einem in Deutschland ansässigen Händler zu diesem Zeitpunkt günstiger angeboten wurde. Dabei wurden von Amazon auch solche Preise akzeptiert, die nur in Ladengeschäften fernab des eigenen Wohnortes galten. Es ergab sich also die theoretische Möglichkeit, unabhängig vom eigenen Aufenthaltsort von den jeweils günstigsten Preisen, also auch von Aktions- und Eröffnungsangeboten in ganz Deutschland, zu profitieren. In der Folge entstand in der Online-Community ein regelrechter Wettbewerb, die gerade günstigsten Preise zu finden und anderen Nutzern zusammen mit einem entsprechenden Beleg zugänglich zu machen. In der Begründung der Einstellung dieser Leistung ist davon jedoch nicht die Rede; Amazon verweist lediglich allgemein auf eine gestiegene Transparenz, die den Preisvergleich heute erleichtere und eine solche Garantie aus ihrer Sicht überflüssig mache.[27] Im Februar 2011 wurde die Tiefpreisgarantie dann auch für Artikel aus den Sortimenten Spielwaren, Baby, Sport, Schuhe und Uhren abgeschafft.[28] Beibehalten hingegen wurde die Vorbesteller-Preisgarantie für Artikel aus den Bereichen Buch, Software, Video-Games, DVD, Video oder Musik. Diese sichert zu, dass man bei Bestellung eines noch nicht erschienenen Artikels den günstigsten Amazon-Preis erhält, der zwischen Bestell- und Lieferdatum Gültigkeit hatte.[29]
- Am 1. April 2009 startete der MP3-Download-Dienst in Deutschland.[30] Der Dienst bietet einige der über Amazon zum Verkauf stehenden CDs als digitale MP3-Downloads zu einem teilweise niedrigeren Preis an.
- Seit 1. Juli 2010 kann man auf Amazon.de auch Lebensmittel bestellen.[31] Bislang war das nur in den Vereinigten Staaten und im Vereinigten Königreich möglich.[32][33]
- Amazon Payments (auch „Bezahlen über Amazon“, engl. „Checkout by Amazon“) ist ein Dienst, mit dem Amazon-Kundenkonten auch bei Onlineshops genutzt werden können, die nicht zu Amazon gehören, ohne dass die Zahlungsdaten offengelegt werden müssten. Der Dienst, der seit 27. April 2011 bei den ersten deutschen Händlern verfügbar ist, ist für Kunden kostenlos, während Händler eine Gebühr pro Transaktion zu entrichten haben.[34]
- Seit dem 17. April 2012 können Nutzer in Deutschland auf Amazon.de auch Videospiele und Software herunterladen. Zuvor war dies nur für MP3-Dateien möglich.[35]
- Der bereits im März 2011 in den USA gestartete Amazon App-Shop ist seit 31. August 2012 auch in Europa verfügbar.
Tochtergesellschaften
Seit dem 3. Mai 2011 ist Javari.de ein Tochterunternehmen von Amazon Online. Javari ist ein Premiumanbieter für Schuhe, Handtaschen und Accessoires. Nach Zalando.de soll nun Javari.de den Onlinemarkt für Schuhe und Accessoires in Deutschland erobern. Beim Firmennamen Javari gibt es eine Analogie zu Amazon: der Fluss Javari liegt in Brasilien, ist ca. 1.180 km lang und mündet in den Amazonas.[36] Die Artikel werden derzeit von Bad Hersfeld (FRA3), Werne (EDE4) und Leipzig (LEJ1) aus versendet, Retouren gehen nach Bad Hersfeld (FRA3). Verantwortlicher Geschäftsführer für Javari.de ist Gregory Greeley. Vor Javari.de startete der Dienst im Vereinigten Königreich[37] und Japan[38].
Im August 2012 wurde bekannt, dass Amazon unter der Firma Amazon Game Studio ein Unternehmen gegründet hat, dessen Zweck die Entwicklung und Vermarktung von Browserspielen ist.[39] Gleichzeitig wurde bereits das erste Spiel mit dem Namen Living Classics auf Facebook veröffentlicht. Nutzer müssen in diesem zahlreiche bewegliche Objekte in animierten Landschaften aufspüren, die wiederum im Stil eines Cartoons gestaltet sind.
Weltweite Verbreitung
Amazon betreibt neben dem Hauptgeschäft zahlreiche weitere Websites wie beispielsweise die Suchmaschinen A9.com, Alexa Internet und die Filmdatenbank IMDb. Das Unternehmen liefert zwar in die ganze Welt aus, aber die Logistikcenter und Internet-Shops konzentrieren sich auf die sehr gut industrialisierten Länder und China. Im rumänischen Iași betreibt Amazon ein Entwicklungszentrum für Software.
Im Juni 2012 wurde bekannt, dass sich das Unternehmen auf zahlreiche neue Top-Level-Domains beworben hat.[40] Insgesamt wurden 76 Bewerbungen bei der ICANN eingereicht, womit Amazon auf dem zweiten Platz aller Teilnehmer liegt. Im Unterschied zu Google und anderen hat das Unternehmen seine Einreichung nicht in Nordamerika, sondern über die europäische Tochtergesellschaft mit Sitz in Luxemburg vorgenommen. Damit sollten die Chancen auf eine frühestmögliche Zuteilung erhöht werden.
Börsendaten
- Insgesamt gibt es 428,8 Millionen Aktien von Amazon.com (Stand 14. Dezember 2008). Die Aktien werden unter anderem an der elektronischen, amerikanischen Börse NASDAQ gehandelt.
- Die Börsenkapitalisierung (MarCap) von Amazon (Public, NASDAQ:AMZN) betrug am 25.Oktober 2011 rund 85 Mrd. US Dollar (zum Vergleich: Google: 130,93; eBay: 20,97; Yahoo: 20,84) bei einem Aktienkurs von 200,00 USD und 428,8 Millionen ausgegebenen Aktien, der operative Cashflow lag 2008 bei 1,697 Mrd. USD (zum Vergleich: Google: 7,852; eBay: 2,881; Yahoo: 1,880).
Kontroversen
Unternehmenspolitik
Parteien, Gewerkschaften und ehemalige Mitarbeiter haben mehrfach Kritik an den gezahlten Löhnen sowie den Arbeitsbedingungen geäußert.[41][42][43][44][45][46] Das Unternehmen nutzt systematisch eine Lücke des Sozialgesetzbuches aus, um Arbeitslose bevorzugt für das Weihnachtsgeschäft wiederholt als Saisonkräfte unbezahlt „einzuarbeiten“. Getarnt wird dies häufig in einer engen Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit als sogenanntes "Einstiegspraktikum" - Eine Maßnahme, die dafür vorgesehen ist, Arbeitslose wieder in eine dauerhafte Beschäftigung zu bringen. Viele Arbeitslose, die in der Region eines Logistikzentrums ansässig sind, werden vor allem in den Wintermonaten zur Personalakquise der Agentur für Arbeit aufgefordert. Bei Ablehnung droht dem Arbeitslosen in vielen Fällen nach § 159 SGB III (bis 31. März 2012 § 144 SGB III a.F) der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit.[47]Dazu wird während der Dauer des sogenannten „Einstiegspraktikums“ das Arbeitslosengeld weiterhin bezahlt. Auf diese Weise wird bei Amazon somit ein großer Teil der Lohnkosten eingespart. Dazu werden laut einem Bericht der ARD überwiegend befristete Arbeitsverträge abgeschlossen, die meist zum Jahresende auslaufen. Diese Geschäftspraxis wurde im ARD-Bericht aus dem Jahre 2011 als fragwürdig angesehen.[48]Zudem gilt Amazon laut Verdi als ein „Lohndrücker“: Während nach Tarif für den Großteil der Lagerarbeiten im Versandhandel zwischen 11,47 Euro und 11,94 Euro als Einstiegsgehalt gezahlt wird, gewährt Amazon seinen Mitarbeitern nur 9,65 Euro bis 11,12 Euro Stundenlohn. Die meisten Logistikzentren in Deutschland haben noch keinen Betriebsrat, auch Weihnachtsgelder werden zur Zeit nicht ausgezahlt.[49]
Verlage und Kritiker werfen Amazon vor, dass es seine Marktmacht dazu missbrauche, zu hohe Rabatte von den Verlagen zu fordern, was bei den Verlagshäusern zu nicht tolerierbaren Umsatzeinbußen führe. Außerdem würde das Unternehmen weniger Dienstleistungen bereitstellen als konventionelle Buchhändler. Dieses Missverhältnis und die aggressive Preispolitik Amazons führten zum Beispiel dazu, dass der Diogenes-Verlag seine Bücher mehrere Monate lang nicht mehr über Amazon vertreiben ließ.[50]
Amazon wird von mehreren Medien und Netzaktivisten kritisiert, da Amazon Ende 2010 die Vertragsbeziehungen mit WikiLeaks kündigte, welche die Amazon Web Services nutzte, um bis dato geheime diplomatische US-Depeschen zu veröffentlichen.[51]
Angebote
Amazon USA hatte bis April 2008 „I Love Hitler“-T-Shirts, weitere Nazi-Produkte und auch „I Love Stalin“-Kleidungsstücke im Angebot, die nach Presse-Kritik aus dem Programm genommen wurden.[52] Der Onlinebuchhändler hat volksverhetzende und strafbare Schriften mit rechtsextremen und antisemitischen Inhalten auf seinen Internetseiten vertrieben.[53]
Im April 2009 fiel auf, dass der Konzern (zunächst in den USA) Bücher mit erotischen und homosexuellen Inhalten nicht mehr in den verkaufsrelevanten Bestsellerlisten aufführte und auch in den Metasuchmaschinen Verweise fehlten. Zudem wurden Bücher mit homosexuellen Inhalten grundsätzlich als „Erwachsenenliteratur“ eingestuft (einschließlich Kinder- und Jugendliteratur). Betroffen waren u. a. Stephen Frys Autobiografie „Moab is My Washpot“, „Heather Has Two Mommies“ und „Lady Chatterley“. Über Ostern 2009 entstand eine Net-Kampagne, die in wenigen Stunden eine Petition an Amazon antrieb. Die Unternehmenssprecherin Patty Smith erklärte später, dass es sich um eine Störung des Systems gehandelt habe und insgesamt 57.310 Bücher aus mehreren Kategorien betroffen waren.[54]
Im Mai 2009 stellte der Verfassungsschutz des Landes Brandenburg fest, dass eine Regionalsektion der NPD offensichtlich in das Partnerprogramm bei Amazon.de eingestiegen war, für den Kauf rechtsextremistischen Propagandamaterials über Amazon warb und damit Einnahmen erzielte. Diese Geschäftsbeziehung stieß auf breite Kritik; einige prominente Politiker – so der Präsident des Berliner Abgeordnetenhauses Walter Momper – forderten einen Boykott von Amazon, sollte die Firma ihre Zusammenarbeit mit der rechtsradikalen Partei nicht beenden.[55] Amazon teilte auf Anfrage des Berliner Tagesspiegel mit, dass man das Angebot hinsichtlich der Einhaltung der Bedingungen ihres Partnerprogramms überprüfe und nach Abschluss der Prüfung gegebenenfalls entsprechende Maßnahmen ergreifen werde. Des Weiteren würden sie stets der Einschätzung von Gerichten, Staatsanwaltschaften und der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien folgen und normalerweise keine eigene Wertung hinsichtlich der Zulässigkeit des Vertriebs vornehmen.[56] Schließlich hat Amazon die NPD vom Partnerprogramm wieder ausgeschlossen.[57] Nach Protesten hat Amazon die kurze Zeit gelisteten Thor-Steinar-Produkte[58] entfernt und den Hinweis „Artikel, die den Nationalsozialismus verherrlichen oder verharmlosen“ in die Verkaufsrichtlinien unter der Überschrift „Verbotene Artikel“ aufgenommen.[59]
Die Tierschutzabteilung der Albert-Schweitzer-Stiftung ruft zum Protest und Boykott von Amazon auf, da das Unternehmen inzwischen auch Pelze, Pelzwaren, Hummer und Stopfleber vertreibt. Das Unternehmen argumentiert, es wolle den Bürger nicht entmündigen, indem es eine Vorauswahl der durch Drittanbieter angebotenen Waren vornehme.[60] Weiterhin startete die Jugendorganisation der PETA eine Protestaktion und rief dazu auf, eine Online-Petition gegen den Pelzhandel zu unterschreiben.[61]
Verbraucherschützer kritisieren den Lebensmittelhandel über Amazon. Es fehlen relevante Informationen und Produktdetails, nach Aussagen von Deutschen Verbraucherschützern ist diese Nichtnennung von Informationen ein Verstoß gegen geltendes Recht.[62]
Anfang Oktober 2012 vertreibt ein Privatanbieter durch Amazon erneut strafbare und volksverhetzende Waren, diesmal in Form von einem Dachau-Puzzle welches ein Foto des Krematoriums zeigt, sowie einem weiteren Puzzle welches die Aufschrift vom Eingang des Konzentrationslagers Auschwitz "Arbeit macht frei" proklamiert. Nach dem Skandal war Amazon kurzfristig nicht für eine Stellungnahme bereit, im Oktober 2012 lassen sich durch die US-Seite von Amazon eine Vielzahl weiterer antisemitische Produkte wie beispielsweise Armbinden mit Hakenkreuzen erwerben.[63]
Rezensionsfunktion
Das Kundenrezensionen-System des Onlinehändlers steht seit Langem in der Kritik.[64] Unternehmen beauftragen Mitarbeiter und auch Buchautoren, ihre Produkte auf der Amazon-Website selbst zu bewerten.[65] Es handele sich um eine regelrechte Kampagne, in der Unbekannte offenbar mit gefälschten Kundenrezensionen bestimmte Titel beworben und andere gezielt in Misskredit gebracht hätten.[66] Manche Bücher haben bereits Kundenrezensionen, bevor sie veröffentlicht werden.[67]
Datenschutz
Informationen über Buchbestellungen und andere Käufe sind den Zoll- und Einwanderungsbeamten der USA offenbar frei zugänglich. So wurde ein Fall bekannt, dass einem Reisenden an einem amerikanischen Flughafen möglicherweise aufgrund seiner Bestellungen bei Amazon die Einreise verweigert wurde.[68]
Preisparität
Im Herbst 2012 geriet Amazon wiederholt in die Kritik, da es gravierend in die Preispolitik dritter Händler auf dem Amazon Marktplatz eingreift. Das Unternehmen verpflichtet diese zu den gleichen Preisen wie im klassischen Handel, berechnet für Transaktionen aber zusätzlich Gebühren. Der hiesige Konkurrent Hood.de sieht darin ein wettbewerbswidriges Verhalten und hat Klage gegen Amazon eingereicht, außerdem wurden Ermittlungen des Bundeskartellamts aufgenommen.[69]
Steuerflucht
Amazon vermeidet mit legalen Buchungstricks wie dem Double Irish With a Dutch Sandwich-Prinzip Steuerzahlungen in Millardenhöhe. Diese Praktik wird zunehmend kritisiert.[70]
Literatur
- James Marcus: amazonia. Fünf Jahre im Epizentrum der E-Commerce-Revolution. – Berlin: Schwarzerfreitag Verlag 2006. ISBN 3-937623-24-8.
- Robert Spector: amazon.com. Get Big Fast. Jeff Bezos und die Revolution im Handel. – München: Deutsche Verlags-Anstalt 2000. ISBN 3-421-05425-8.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Annual Report. (PDF) Amazon, 26. April 2011, abgerufen am 11. November 2012 (367 KB).
- ↑ Notker Blechner: Amazon verschreckt die Anleger. Das Erste, 1. Februar 2012, abgerufen am 1. Februar 2012.
- ↑ Goodman stellt Logistikzentrum für Amazon in Bad Hersfeld fertig. VDI Verlag, 30. Oktober 2009, abgerufen am 2. Dezember 2009.
- ↑ Carla Ihle-Becker: Europas größtes Logistikzentrum. In: Frankfurter Rundschau. Abgerufen am 2. Dezember 2009.
- ↑ Amazon eröffnet neues Logistik-Zentrum in Rheinberg. In: Der Westen. Abgerufen am 27. Oktober 2011.
- ↑ Amazon – jetzt ganz offiziell. In: Rheinische Post. Abgerufen am 19. Februar 2012.
- ↑ Amazon gräbt das Lechfeld um. In: Augsburger Allgemeine. Abgerufen am 12. Mai 2011.
- ↑ Patent US5960411: Method and system for placing a purchase order via a communications network. Veröffentlicht am 28. September 1999.
- ↑ Amazon verteidigt 1-Click-Patent – Heise.de-Meldung am 3. Dezember 1999
- ↑ Amazon erhält Patent auf ein Anreizsystem für nützliche Kundenrezensionen. Heise-Online, 7. Oktober 2008.
- ↑ Christian Onnasch: Amazon erhält Patent für die Bewertungen von Kundenrezensionen. Handelskraft, 8. Oktober 2008.
- ↑ finanznachrichten.de: E-Commerce: Amazon.com überholt Ebay. 24. April 2009.
- ↑ Amazon schluckt Internet-Schuhhändler Zappos 22. Juli 2009
- ↑ Michael Arrington: Facebook Now Worth $50 Billion In Secondary Trading. TechCrunch, 29. November 2010, abgerufen am 30. November 2010 (englisch).
- ↑ Der Onlineversand erobert die Welt
- ↑ Übernahme von "Kiva Systems" für 775 Millionen US-Dollar
- ↑ Amazon: Wo wir sind
- ↑ Locations Europe, Germany
- ↑ Frank Patalong: Amazons Ableger: Der heimliche Hersteller. In: Spiegel online. 24. September 2009, abgerufen am 24. September 2009.
- ↑ Onlinevideothek: Amazon startet DVD-Verleih. In: manager-magazin.de. SPIEGELnet GmbH, 23. Juni 2005, abgerufen am 20. März 2009.
- ↑ heise.de: LoveFilm übernimmt DVD-Verleih-Service von Amazon Europe, 4. Februar 2008
- ↑ cinefacts.de: Amazon.de stellt Verleihservice ein, 31. Mai 2009.
- ↑ Torsten Kleinz: Online-Enzyklopädie: Amazon kopiert Wikipedia, focus.de, 28. Januar 2007
- ↑ docs.amazonwebservices.com: Amazon Flexible Payments Service Getting Started Guide
- ↑ Dominik Wagenführ: MP3-Dateien von Amazon herunterladen. In: freiesMagazin, 2010-09, ISSN 1867-7991. Wiederveröffentlicht in einem linux-community-Artikel. Abgerufen am 11. Oktober 2010.
- ↑ clamz downloads sowie pymazon source. Abgerufen am 18. Oktober 2010.
- ↑ Amazon.de: Ende der Tiefpreisgarantie, cinefacts.de 9. Januar 2009
- ↑ Tiefpreisgarantie bei Amazon.de komplett abgeschafft
- ↑ Amazon.de: Vorbesteller-Preisgarantie, Zugriff am 16. April 2011
- ↑ Amazon MP3-Downloads
- ↑ Jürgen Kuri: Amazon startet Online-Handel mit Lebensmitteln, heise online, 1. Juli 2010
- ↑ Nahrung per Mausklick – Amazon startet Online-Handel mit Lebensmitteln – Meldung vom Tagesspiegel am 02. Julia 2010
- ↑ lr-online.de: Amazon startet Online-Handel mit Lebensmitteln, abgerufen am 8. August 2010
- ↑ lr-online.de: Amazon Payments Blog: Checkout by Amazon Now Available in Germany, abgerufen am 23. Oktober 2011
- ↑ Amazon.de: Download-Portal für Games und Software gestartet, netzwelt, 17. April 2012. Abgerufen am 19. April 2012.
- ↑ Javari.de: Hilfe. In: javari.de. Abgerufen am 4. Mai 2011.
- ↑ Javari.co.uk: Help. In: javari.co.uk. Archiviert vom am 5. Juni 2011; abgerufen am 12. Juli 2012.
- ↑ Javari.jp: ヘルプ. In: javari.jp. Abgerufen am 4. Mai 2011.
- ↑ Thomas Freund: Amazon: Entwicklerstudio für Social Games gegründet. In: netzwelt. 7. August 2012, abgerufen am 9. August 2012.
- ↑ Lennart Schmid: 70 New-gTLD-Bewerber aus Deutschland - Google und Amazon Spitzenreiter. In: united-domains Blog. 13. Juni 2012, abgerufen am 6. Juli 2012.
- ↑ spiegel.de: Selbst Lidl zahlt besser, 9. Juni 2006
- ↑ Revealed: Amazon staff punished for being ill Times Online Artikel (englisch) – abgerufen am 23. Oktober 2009
- ↑ Eine Grippe reicht für den Rauswurf Focus Artikel – abgerufen am 23. Oktober 2009
- ↑ Report Mainz: Angst bei Amazon – Unbefristete Verträge sind bei dem Weltkonzern die Ausnahme, Das Erste, 1. November 2011
- ↑ Katja Sponholz, Simon Rahm, Thomas Rünker: Amazon beschäftigte Hunderte Arbeitslose unentgeltlich, WAZ, 4. November 2011
- ↑ Rauswurf von zwölf Mitarbeitern arabischer Herkunft bei Amazon Leipzig – Mitteldeutsche Zeitung, 19. Dezember 2011
- ↑ Amazon beschäftigt massenhaft Arbeitslose ohne Vergütung der spiegel, 27. November 2011.
- ↑ ARD Mediathek: REPORT MAINZ - Angst bei Amazon ardmediathek.de
- ↑ Tarifvergleich Amazon (PDF) amazon-verdi.de
- ↑ faz.net: Diogenes traut sich was gegen Amazon, 1. Juni 2004
- ↑ Die nachstehende Seite ist nicht mehr abrufbar, festgestellt im Format invalid. (Suche in Webarchiven.) tagesschau.de
- ↑ Amazon vertreibt „I Love Hitler“-T-Shirts pressetext.at Artikel, abgerufen am 23. Oktober 2009
- ↑ Anzeige gegen Amazon Die Zeit online-Artikel, abgerufen am 23. Oktober 2009
- ↑ Amazon: Homosexuelle Literatur aus Rankings verschwunden Die Presse.com vom 14. April 2009
- ↑ Politiker kritisieren „Geschäftsbeziehung“ zwischen Amazon und NPD, Heise online, 5. Juni 2009
- ↑ Frank Jansen, Florian Kneist: Politiker drohen Amazon mit Boykott. In: Der Tagesspiegel, 4. Juni 2009.
- ↑ Peter-Michael Ziegler: Amazon schließt NPD von Partnerprogramm aus. In: Heise online, 8. Juni 2009.
- ↑ Thor Steinar nun auch bei Amazon. In: Endstation Rechts, 1. Oktober 2009.
- ↑ Verbotene Artikel In: amazon.de, 2. Oktober 2009.
- ↑ Pelz bei Amazon – Tierschutzorganisation mit Petition gegen Vertrieb von Pelzwaren auf Amazon
- ↑ peta2.de :: Stoppt den Pelzverkauf auf Amazon.de zuletzt gesichtet am 17. Oktober 2010
- ↑ Deutsche Verbraucherschützer kritisieren Amazon-Lebensmittelhandel – Meldung von derStandard.at am 15. Juli 2010, 14:22 Uhr
- ↑ Hasselfeldt schreitet gegen KZ-Puzzle ein, spiegel.de.de, abgerufen am 1. Oktober 2012
- ↑ Verleger klagen über gefälschte Kundenrezensionen bei Amazon – Heise-Artikel vom 8. Februar 2008
- ↑ Belkin: Firma untersucht Amazon-Kundenrezensionen – Computer Bild-Meldung am 20. Januar 2009
- ↑ Guerilla-Marketing bei Amazon – Spiegel Online-Artikel von Helmut Merschmann
- ↑ Volker König: Der Troll als Leser, Telepolis, 24. Oktober 2006
- ↑ Michael Voregger: Datenhunger: Amazon, Terror-Abwehr und der Staatsschutz, spiegel.de, 26. Juli, 2005
- ↑ Lars Budde: Ärger für Amazon.de: Händler klagt gegen Preisparität, auch Kartellamt ermittelt. In: t3n Magazin. 9. November 2012, abgerufen am 11. November 2012.
- ↑ Die Steuertricks von Apple und Amazon. In: Hamburger Abendblatt. 26. November 2012, abgerufen am 15. Dezember 2012.
Koordinaten: 47° 37′ 22″ N, 122° 20′ 10″ W