Sarah Baartman
Sarah Baartman ist der bürgerliche Name der in Europa zu Weltruhm gelangten Hottentot Venus, französisch Vénus hottentote (1789-1815).
Biographie
Herkunft
Sarah Baartman gehörte dem heute Khoi, Khoi Khoi oder Khoi San, damals Hottentotten genannten Volk an. Ihr ursprünglicher Name in Khoi ist unbekannt. Zu ihrer Zeit wurde sie "Sartjie" oder "Sartjee" genannt, das sind die Koseformen auf Africaans bzw. Englisch von Sarah. In ihrer gerichtlichen Einvernahme gibt sie an, sehr jung gewesen zu sein, als sie ans Kap kam. Sie habe zwei Brüder und vier Schwestern sowie ein Kind von einem Trommler gehabt, mit dem sie zwei Jahre zusammen war, das Kind sei freilich gestorben. Ihre Mutter sei gestorben, als Sarah eins oder zwei war. Ihr Vater sei, als er Vieh ans Kap trieb, von "bosmen" getötet worden.
London
Der englische Schiffsarzt Alexander (in einigen Quellen auch: William) Dunlop entdeckte Sarah Baartman als Hausmädchen auf dem Hof eines Buren im Kapland. Zusammen mit dessen Bruder Hendrick Caezar brachte er sie 1810 nach London und stellte sie als Hottentot Venus aus. Ihre besondere Attraktivität beruhte auf ihren stark entwickelten Glutäen (Steatopygie) sowie auf dem Gerücht, die äußeren Schamlippen seien besonders stark entwickelt. Die Vorstellung wurde als sittenwidrig angezeigt, außerdem verstoße sie gegen das seit 1807 bestehende Verbot des Sklavenhandels. Die African Institution unter Zachary Macaulay (dem Vater des großen Historikers Thomas Babington Macaulay) machte sich anheischig, Sarah Baartman in ihre Heimat zurückzubringen. Das lehnte diese jedoch ab. Es ist unbekannt, ob sie unter Druck gesetzt wurde, ob sie eine Heimkehr ins Kapland fürchtete, weil ihr Volk dort mit an Genozid grenzender Härte verfolgt wurde, oder ob sie an ihren Bühnenauftritten auch Spaß gefunden hatte – auch eine Kumulation dieser drei Gründe ist möglich.
Englische Provinz
Nach dieser Aufsehen erregenden gerichtlichen Einvernahme war an weitere Auftritte in London nicht zu denken, Hendrick Caezar zog mit seinem freak durch die englische Provinz. Am 1. Dezember 1811 wurde Sarah Baartman von Reverend Joshua Brooks mit schriftlicher Genehmigung des Bischofs von Chester in der Christus-Stifts- und Pfarrkirche in Manchester getauft.
Paris
1815 taucht sie unter einem neuen Impresario, dem Dompteur Réaux, in Paris auf und erregt wiederum großes Aufsehen, diesmal vor allem bei der Wissenschaft. Sie wird im Jardin des Plantes versammelten Ärzten, Anatomen und Naturgeschichtlern vorgestellt und von professionellen Graphikern porträtiert. Ende 1815 ist sie angeblich an einer Lungenentzündung verstorben.
Nachgeschichte
Der Anatom Georges Cuvier führt eine Sektion durch. Skelett, Gehirn und Geschlechtsteil werden konserviert, nachdem vom Körper ein Gipsabdruck angefertigt wurde. Dieser (bemalt) sowie das Skelett wurden im Musée de l’histoire naturelle ausgestellt, aus dem später das Musée de l’homme wurde. Erst Aufsätze von Stephen Jay Gould und Elisabeth de Fontenay rücken 1982 den Sexismus und Ethnozentrismus dieser Ausstellungspraxis ins europäische Bewusstsein. Dennoch verweigert sich das akademische Establishment Frankreichs, einen Präzedenzfall befürchtend, lange der Herausgabe der Überreste von Sarah Baartman an Südafrika, die von Nelson Mandela gefordert wird. Erst im Mai 2002 erfolgt die Überführung und die feierliche Beisetzung am River Gamtoos im Bereich Bavianskloof. Thabo Mbeki hält die aufwühlende Traueransprache. Nicht unerheblichen Einfluss auf die Herausgabe von Sarah Baartmans Überresten hatte das Gedicht „Tribute to Sarah Baartman“, geschrieben von Diana Ferrus.
Literatur
- Gérard Badou: L'Énigme de la Vénus Hottentote, Paris 2002, deutsch unter dem Titel "Die schwarze Venus", München und Zürich 2001
- Stephen Jay Gould: The Hottentot Venus, in Natural History 1982, deutsch in Stephen Jay Gould: Das Lächeln des Flamingos, Frankfurt 1995, S. 229-240
Fiction und Film
- Suzan-Lori Parks: VENUS, a drama in 3 acts, 1990-95
- Zola Maseko: The Life and Times of Sarah Baartman, Dokumentarfilm, 1998
- Barbara Chase-Riboud: Hottentot Venus, a novel, New York 2003
Weblinks
- http://www.southafrica.info/ess_info/sa_glance/history/saartjie.htm
- http://www.baviaans.net/sarah.htm
- http://www.carlagirl.net/words/venbib.html
- http://www.nationalarchives.gov.uk/pathways/blackhistory/culture/curiosities.htm