Samen (Volk)




Die Sámi sind ein in Lappland - in Norwegen (40.000), Schweden (20.000), Finnland (6.500) und Russland (2.000, auf der Halbinsel Kola) - lebendes indigenes Volk. Die Sprache der ca. 70.000 Sámi gehört zur Familien der uralischen Sprache. Andere Bezeichnungen/Schreibweisen: Lappen, Samen, Samit, Sami, Saami, Sámi
Geschichte
Frühgeschichte
Schon seit der Jungsteinzeit bewohnten die Sámi große Teile Skandinaviens. Beweise dafür liefern 10.000 Jahre alte Funde von Menschen, zum Beispiel Reste von Feuerplätzen oder Pfeilspitzen. Man hat auch 6.000 Jahre alte Felsmalereien im nordnorwegischen Alta gefunden. In dieser Zeit lebten die Sámi als Jäger, Sammler und Fischer. Ihr damaliges Siedlungsgebiet erstreckte sich vom Norden bis weit in den Süden Skandinaviens und bis zum Weißen Meer in Russland. Aus der Zeit von 1500 v. Chr. bis 300 n. Chr. haben Archäologen Asbestkeramik gefunden, die ein Merkmal der samischen Bevölkerung ist. Daneben wurden auch Fanggruben entdeckt. Mit ganzen Fanggrubensystemen hat man Elche und Rentiere gefangen. Aber auch in Schriften aus dieser Zeit gibt es Hinweise auf die Sámi, so werden sie von Tacitus im Jahre 98 n. Chr. und vom griechischen Historiker Prokopius 555 n. Chr. als Skrithfinoi erwähnt.
Mittelalter
Im Mittelalter begann das Zeitalter der Wikinger, welches auch für die Sámi Auswirkungen hatte. Zu dieser Zeit bevölkerten sie zwei Drittel der Fläche Skandinaviens. In samischen Erzählungen wird erkennbar, dass es einen lang andauernden Konflikt zwischen ihnen und den Wikingern gegeben haben muss. Später begannen die Sámi mit den Wikingern Handel zu treiben. Tierhäute und Felle tauschte man gegen Salz, Edelmetalle zur Schmuckherstellung und Metallklingen ein. Mit der Zeit begann man auch mit Reisenden aus dem Norden des europäischen Festlandes zu handeln. Diese Beziehungen bewirkten einen kulturellen Sprung in der samischen Gesellschaft. Von einem steinzeitlich geprägten Volk entwickelten sie sich zu einer Gesellschaft mit einem eigenen Währungssystem. Ihre Währung wurde als Tjoervie bezeichnet. Allerdings beginnt im Mittelalter auch die Unterwerfung der Sámi durch die benachbarten größeren Völker. Schon damals begannen der norwegische König und der russische Zar damit, Steuern zu erheben. So begann mit dem Ende des Mittelalters für die Sámi nicht das Zeitalter der Aufklärung und Erleuchtung wie für viele Teile Europas, sondern im Gegenteil die systematische Eroberung des samischen Siedlungsgebietes durch die angrenzenden Nationen.
Frühe Neuzeit
Zuerst versuchte man, die Sámi durch Christianisierung in die Nationalstaaten einzugliedern. So wurde 1603 die erste Kirche in Lappland errichtet. 1635 wurde in Nasafjäll eine Mine eröffnet, in der Eisenerz abgebaut werden sollte. Die Sámi wurden gezwungen, in der Mine zu arbeiten. Wer sich widersetzte, wurde brutal bestraft. Weil daraufhin viele versuchten, aus diesem Gebiet zu fliehen, schickte die Regierung Truppen um diese Abwanderung an „Arbeitskräften“ zu verhindern. 1673 war der offizielle Start zur Kolonisation des heutigen Lappland. Die Regierung schickte Siedler in die Gebiete der Sámi und gab ihnen das Recht auf Nutzung ihres Bodens und der Gewässer. Die Siedler durften von den Sámi sogar Abgaben fordern. Durch die unkontrollierte Jagd, die die Siedler betrieben, verkleinerten sich die Bestände der Tiere rasant; einige Arten wurden beinahe ausgerottet. Aufgrunddessen kam es bei den Sámi teilweise zu Nahrungsknappheit und Hungersnöten. Die Christianisierung wurde so radikalisiert, dass solche Sámi, die sich nicht bekehren wollten und ihrem eigenen Glauben nachgingen, zum Tode verurteilt wurden. Auch die religiösen Stätten der Sámi wurden zerstört. Von 1720 bis 1729 wurde ein Teil der Sámi in für sie vorgesehene Gebiete umgesiedelt. Dies wurde so vom schwedischen König angeordnet. Durch einen weiteren königlichen Beschluss wurde 1751 mit einem Gesetz „Lappland“ gegründet. Durch dieses Gesetz wurden die Jagdrechte zwischen den Siedlern und den Sami aufgeteilt. Trotzdem blieben die Sami stark benachteiligt und es sollte noch länger dauern, bis die wirkliche Gleichstellung vollzogen sein würde. 1755 wurde das Neue und 1811 das Alte Testament in die samische Sprache übersetzt. 1809 begann eine weitere schwierige Zeit für die Sami. Im Norden wurde die Grenze zwischen Finnland und Norwegen festgesetzt, was sich ab 1852 negativ für die Sámi auswirken sollte: Durch einen religiösen Streit in der Grenzregion wurden die Grenzen geschlossen. Dies bedeutete, dass die Sami von den Rentierherden abgeschnitten wurden, was zu Nahrungsmangel führte.
20. und 21. Jahrhundert
In der Zeit von 1860 bis 1920 wurde versucht, Gesetze und Verordnungen zu schaffen, die eine Verbesserung der Lage der Sámi bewirken sollten. Es wurden jedoch auch viele Gesetze geschaffen, die den Siedlern Vorteile gewährten. Auch als 1917 und 1918 erste nationale Sámi-Konferenzen stattfanden, blieben die Sámi offiziell ein minderwertiges Volk. Einige versuchten sich aus diesem Schicksal zu befreien und sich in die schwedische Gesellschaft zu integrieren oder neben der Rentierzucht zu einem Nebenverdienst zu kommen. 1952 ging in Schweden das erste Radio von und für Sámi auf Sendung. Als sich 1986 die Katastrophe von Tschernobyl ereignete, wurden 73.000 Rentiere allein in Schweden radioaktiv belastet und somit fehlten den Sami wichtige Nahrungsquellen. Die Regierungen versprachen Entschädigungen, die jedoch weit niedriger ausfielen als benötigt wurde. In den 1980er Jahren wurden in Norwegen der Samische Rechtsausschuss und der Samische Kulturausschuss gegründet. Ein Samisches Parlament (Samediggi) wurde vom Samischen Rechtsausschuss geschaffen und schließlich im September 1989 gewählt. 1993 wurde auch in Schweden ein Parlament von den Sámi gewählt. In einer öffentlichen Ansprache des norwegischen Königs Harald V. im Jahre 1997 entschuldigte er sich für die Art und Weise, mit der die samische Bevölkerung in der Vergangenheit behandelt wurde. Im Jahre 2000 wurde ein samischer Nationalfond in der Höhe von 75 Millionen norwegischen Kronen (ca. 10 Mio. Euro) eingerichtet. Er soll zu Stärkung der samischen Sprache und Kultur verwendet werden und als Entschädigung für die durch Unterdrückung verursachten Schäden und Ungerechtigkeiten dienen. In Schweden gab es jedoch in der letzten Zeit noch einige Konflikte im Zusammenhang mit den Rentieren und deren Besitzer. Die Stellung der Sámi hat sich also in den letzten 20 Jahren stark verbessert. Dennoch gibt es in Vielem noch Handlungsbedarf.
Gegenwart
Die Lebensweise der verbliebenen von der Rentierzucht lebenden Sámi (sie machen etwa 8% aus) ist zunehmend von Konflikten mit privaten Landbesitzern bedroht, die ihnen den Zugang zu den traditionellen Winterweiden versagen.
1956 gründeten Sámi aus Finnland, Norwegen und Schweden als Interessenvertretung den Nordischen Sámi-Rat.
Sprache
siehe dazu den Hauptartikel Samische Sprachen
Kultur
Zur Kultur der Sámi gehört die Pflege des in Europa einzigartigen Joik-Gesangs. Das Joiken gehört u. a. auch zum Repertoire der zur Zeit bekanntesten Sámi-Musikerin, der in Norwegen geborenen Mari Boine. Ein anderer bemerkenswerter Sámi-Musiker ist der in Finnland geborene Wimme. Beide mischen die traditionellen Lieder ihrer Vorfahren und Stammesbrüder mit modernen Elementen und Rhythmen und werden deswegen auch den so genannten Weltmusik-Künstlern zugerechnet.
Der deutsche Völkerkundler Erich Wustmann hat viele Jahre in Lappland gelebt und mehrere Filme und Bücher über Lappland und die Sámi veröffentlicht.
Eine umfangreiche Sammlung zu Kultur und Geschichte der Sámi beherbergt das Siida Sámi Museum in Inari, Finnland.
Siehe auch: Flagge der Sami
Weblinks
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- Seite der Idre Sámi Siida, der südlichsten Samengemeinschaft Schwedens
- Sami Radio des Finnischen Rundfunks (engl.)
- An introduction to the Sami people (engl.)
- Artikel über die Sámi in der Nordic FAQ (engl.)
- Sami Radio des norwegischen Rundfunks als Webradio (Streaming-Links)
Literatur
- Hemmer, I. (1996): Die samische Rentierwirtschaft 10 Jahre nach Tschernobyl. In: Geographische Rundschau, Band 48, Heft 7/8, S.461-465
- Lindemann, R. (1990): Die Samen - eine Minderheit in Nordeuropa. In: Geographie heute, Band 85, S. 28-31