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Viktorshöhe (Bad Godesberg)

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Eingang zum russischen Generalkonsulat

Die Viktorshöhe in Schweinheim, einem Ortsteil des Bonner Stadtbezirks Bad Godesberg, geht auf einen Gutshof aus dem Beginn des 20. Jahrhunderts zurück. Sie war 1949/50 Amtssitz des ersten Bundespräsidenten und von 1976 bzw. 1989 bis 1999 Sitz der sowjetischen (ab 1991 russischen) Botschaft in der Bundesrepublik Deutschland. Seit 1999 ist hier das Generalkonsulat der Russischen Föderation ansässig.

Lage

Die Viktorshöhe befindet sich im Norden des Ortsteils Schweinheim auf 163 m ü. NN sowie am Südhang des Klufterbergs. Im Norden und Osten wird das Gelände von Wald begrenzt, im Süden von der Waldstraße.

Geschichte

Bis zum Zweiten Weltkrieg

1901 erwarb Hermann Wendelstadt, Sohn des früheren Godesberger Bürgermeisters und Kölner Bankiers Victor Wendelstadt, das Gelände auf der sog. „Schweinheimer Heide“ – nun zu Ehren seines Vaters in Viktorshöhe umbenannt. Er ließ dort eine Parkanlage nach dem Vorbild englischer Landschaftsgärten errichten. 1910 entstand dort die Villa Wendelstadt, die 1920 auch zum dauerhaften Wohnsitz Hermann Wendelstadts wurde. 1933 kaufte die Stadt Bad Godesberg das Anwesen von Wendelstadt, um dort eine Sportschule für die österreichische Sturmabteilung (SA) einzurichten. 1938 übernahm die Deutsche Reichsbahn die Villa zur Unterbringung einer Schule. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs dienten die Räumlichkeiten der Reichsbahnschule auf der Viktorshöhe als Sitz der Reichsbahndirektion Köln, deren bisheriges Hauptgebäude zerstört worden war. Aufgrund deren strategischer Bedeutung bombardierten die alliierten Luftstreitkräfte im Februar 1945 auch die Viktorshöhe, wobei die Villa Wendelstadt Schäden erlitt.

Nutzung durch den Bund

Nach dem Zweiten Weltkrieg diente die Viktorshöhe als Erholungsheim für zuletzt etwa 30–40 Beschäftigte der Reichsbahn. Als Bonn 1949 zum vorläufigen Regierungssitz der Bundesrepublik Deutschland bestimmt wurde, bot sich die Viktorshöhe als übergangsweiser Dienstsitz des im September 1949 erstmals zu wählenden Bundespräsidenten an. Der Bund mietete das Gelände von der Reichsbahn an und ließ es ab dem 3. September nach Plänen des Architekten Hans Schwippert bei Kosten von 350.000 D-Mark umbauen und einrichten. Am 5. September zogen die letzten Bewohner des Erholungsheims aus, schon zum Zeitpunkt der Bundespräsidentenwahl am 12. September musste die Viktorshöhe bezugsfertig sein. Insgesamt neun Bauunternehmen waren an dem von der Bauleitung der Reichsbahn ausgeführten Umbau beteiligt, mit der Gartengestaltung war das Büro von Hermann Mattern beauftragt.

Am 12. September 1949 bezog der erste Bundespräsident Theodor Heuss die Viktorshöhe am Tag seiner Wahl gemeinsam mit zunächst 25 Mitarbeitern des Bundespräsidialamts – am 19. September 1949 erhielten dort die Mitglieder des ersten Bundeskabinetts ihre Ernennungsurkunden. Für die Bewachung des Amtssitzes, für die vor Ort seit dem Umbau ein Wachhaus bestand, waren zunächst 28 Beamte der Polizei des Regierungsbezirks Köln zuständig und ab April 1950 die Stadtkreispolizei Bonn. Heuss bewohnte mit seiner Familie drei Zimmer in der oberen Etage der Villa, in der auch die zuletzt über 60 Mitarbeiter des zunächst recht unorganisierten Präsidialamts tätig waren. Zu den auf der Viktorshöhe empfangenen Staatsgästen gehören die Außenminister Dean Acheson (USA) und Robert Schuman (Frankreich).

Am 15. Dezember 1950 konnte der Bundespräsident die Viktorshöhe verlassen und seinen Amtssitz in die umgebaute Villa Hammerschmidt im Zentrum des neuen Parlaments- und Regierungsviertels verlegen. Daraufhin übernahm das Bundesministerium für Verkehr im Februar 1951 die Viktorshöhe, um dort unter anderem die bisher in Offenbach untergebrachte Abteilung Straßenverkehr unterzubringen.[1]

Botschaft der Sowjetunion

Die erste Botschaft der Sowjetunion nach Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1955 befand sich im Hotel Rolandseck-Groyen in Rolandswerth. Anfang der 1970er-Jahre wurden Planungen für einen Umzug der Botschaft in eine größere Liegenschaft aufgenommen. Die Bundesregierung bot der Sowjetunion neben etwa 30 anderen Objekten im Gegenzug für ein Grundstück der deutschen Botschaft in Moskau auch die fünf Hektar umfassende[2] Viktorshöhe an, die 1971 für 13,5 Millionen D-Mark von der Bundesbahn in den Besitz des Bundes übergegangen war. 1975 verabschiedete der Bonner Stadtrat einen Bebauungsplan für das entsprechende Gelände in Schweinheim, der einen Neubau für die sowjetische Botschaft ermöglichte. Daraufhin erwarb die UdSSR die Viktorshöhe vom Bund, der damalige Botschafter Valentin Michajlowitsch Falin bezog bereits 1976 eine nahegelegene Residenz in der Venner Straße 31.

Nach einem ersten Bauantrag im Mai 1980[3] wurde im April 1984 wurde der Grundstein für die Botschafts-Neubauten auf der Viktorshöhe gelegt, die unter der Leitung des Unternehmens Hochtief erfolgten und eine vollwertige Infrastruktur zur Deckung aller wesentlichen Bedürfnisse der Botschaftsmitarbeiter schufen. Als Kanzleigebäude entstand südwestlich der Villa Wendelstadt ein 18 Meter hoher Komplex, der aus einem Atriumhaus und einem angeschlossenen, im Grundriss nach innen gebogenen und zur Parkanlage hin geöffneten Trakt besteht. Westlich daran schließen sich vier versetzt aneinandergereihte Wohngebäude (etwa 120 Familien) an, die seitlich von einem Schul- und einem Kinogebäude flankiert werden. Die Anlage umfasst auch eine Turnhalle und einen Kindergarten, außerdem ein Pförtnerhaus und eine für 150 PKW konzipierte Tiefgarage.

Im Juni 1989 wurde die Botschaft durch Michail Gorbatschow eingeweiht, 1990 waren die letzten Neubauten fertiggestellt. Nach der Auflösung der Sowjetunion im Dezember 1991 wurde die Botschaft in die diplomatische Vertretung der Russischen Föderation in Deutschland umgewandelt. Im Zuge der Verlegung des Regierungssitzes nach Berlin zog die Botschaft 1999 nach Berlin um. In der Viktorshöhe wurde daraufhin ein russisches Generalkonsulat eingerichtet, das zunächst für fünf Länder mit 200.000 Staatsangehörigen zuständig war und als größtes Konsulat Russlands in Europa galt. Nach der Einrichtung eines weiteren Generalkonsulats in Frankfurt am Main liegen die Länder Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und das Saarland im Zuständigkeitsbereich des Generalkonsulats in Bonn. Am 30. November 2012 wurde hier ein neues Visazentrum eröffnet.

Literatur

  • Michael Wenzel: Kleine Geschichte(n) Bad Godesberger Botschaften, 2. Auflage 2011, S. 62–64.
Commons: Ehemalige Botschaft der Sowjetunion/Russischen Föderation – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Stadt Bonn (Hrsg.); Helmut Vogt: „Der Minister wohnt in einem Dienstwagen auf Gleis 4“. Die Anfänge des Bundes in Bonn 1949/50, Bonn 1999, ISBN 3-922832-21-0, S. 59/61, 61/62, 100/101, 105, 160, 194/195, 228.
  2. Helmut Vogt: Wächter der Bonner Republik. Die Alliierten Hohen Kommissare 1949–1955, Verlag Ferdindand Schöningh, Paderborn 2004, ISBN 3-506-70139-8, S. 108.
  3. Institut für Zeitgeschichte (Hrsg.): Akten zur auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland 1981, Oldenbourg Verlag 2012, S. 79

Koordinaten: 50° 41′ 5,8″ N, 7° 7′ 58,8″ O