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Schweres akutes Atemwegssyndrom

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Über das Schwere Akute Atemnotsyndrom (Severe Acute Respiratory Syndrome, SARS) ist bis jetzt (21. April 2003) nicht sehr viel bekannt. Laut dem Tropeninstitut in Hamburg entspricht das klinische Bild einer atypischen Lungenentzündung (Pneumonie). Als Erreger von SARS ist ein bislang unbekanntes Coronavirus identifiziert worden. Bakterielle Erreger wie Chlamydien, Mykoplasmen oder Legionellen, welche normalerweise die atypische Lungenentzündung versursachen, wurden bisher nicht gefunden. Deshalb sind sich die Ärzte mittlerweile ziemlich sicher, dass die Ursache ein Virus ist. Dafür spricht auch die Tatsache, dass die Erkrankten auf eine Behandlung mit Antibiotika nicht ansprechen.

Laut den Tagesthemen vom 18. März 2003 wurden zunächst Paramyxoviren als Ursache von SARS vermutet. Um den 26. März 2003 erhärtet sich der Verdacht auf Coronaviren. Es wird vermutet, dass ein bekanntes Coronavirus entweder mutiert ist oder dass eine Virusart, die bisher nur Tiere befallen hat, auf den Menschen "übergesprungen" ist. Die derzeitigen Untersuchungen konzentrieren sich daher auf das neu entdeckte Coronavirus und als weitere Faktoren auf Chlamydien und Paramyxoviren. Bisher sei nichts gefunden worden, "was gegen die ursächliche Rolle des Coronavirus spricht", heißt es aus Fachkreisen. Kanadischen Forschern gelang es kürzlich, das Genom des Coronavirus zu entschlüsseln, was Hoffnungen auf die baldige Entwicklung eines Impfstoffes weckt.

Einige Experten glauben, das Virus hinter der asiatischen Lungenkrankheit könnte von seltenen wilden Tieren stammen, die in Südchina gerne als Delikatesse verzehrt werden. Letzteres wird durch Berichte in der chinesischen Tageszeitung «Lianhe Wanbao» unterstützt, wonach die Krankheit vom Koch eines Spezialitätenrestaurants für wilde Tiere in Shenzhen in Südchina ausgegangen sein könnte. Auch Virologen eines WHO-Teams halten diese Theorie für plausibel.

Die Inkubationszeit beträgt 2 bis 7 Tage. Symptome sind laut Weltgesundheitsorganisation (WHO):

Die Krankheit überträgt sich wohl überwiegend durch Tröpfcheninfektion und damit bei engem Kontakt mit hustenden und niesenden Infizierten.

Die Lungenkrankheit geht nach Angaben der WHO mit Sicherheit von der chinesischen Provinz Guangdong aus. Beobachtet wurde das erste Auftreten der Krankheit in Hanoi, Vietnam am 26. Februar 2003. Bis Mitte März 2003 wurden der WHO 150 weitere Krankheitsfälle, meistens aus den asiatischen Ländern China, Vietnam, Hong Kong, Indonesien, Singapur, Thailand und den Philippinen, gemeldet. Inzwischen sind aber auch über 30 Fälle in Kanada aufgetreten. Auch in Japan wurden bei Personen, die in die betroffenen asiatischen Regionen gereist waren, die ersten SARS-Verdachtsfälle registriert. Am 12. April wird gemeldet, dass sogar in der chinesischen Inneren Mongolei erstmals 2 Menschen an SARS gestorben sind. Zudem hätten sich in der abgelegenen Region weitere 8 Menschen mit dem Virus infiziert. Inzwischen werden dort 25 Betroffene eingeräumt. In Großbritannien und Deutschland wurden bis zum 14. April je 6 Fälle einer SARS-Infektion gemeldet. Erstmals wurde auch innerhalb Europas ein Mensch mit SARS angesteckt, ohne dass er nach Südostasien gereist war. Der betroffene britische Geschäftsmann wird auf der Intensivstation eines Londoner Krankenhauses behandelt.

Am 15. März 2003 wurde von der WHO eine Reisewarnung ausgesprochen, was als sehr drastische Maßnahme angesehen werden kann. Reisende, die nach dem Besuch betroffener Regionen Symptome bemerken, sollen sofort medizinische Hilfe in Anspruch nehmen. Doch braucht niemand in Panik zu verfallen. Nur etwa 5 Prozent aller Infizierten sterben an der Virusinfektion. Reisende, die in Südostasien unterwegs sind, sollten jedoch Vorsichtsmaßnahmen beachten und etwa Menschenansammlungen meiden und in Verkehrsmitteln einen Mundschutz tragen. Obwohl die WHO auch die Übertragung durch Tiere nicht ausschließt, ist die wichtigste Infektionsquelle vermutlich die Tröpfcheninfektion über die Atemluft. Das heißt, Personen können sich z.B. über den Husten von Infizierten in einem Umkreis von rund einem Meter anstecken. Daneben kann das Virus auch indirekt übertragen werden, vor allem über Gegenstände, die Infizierte angefasst haben. Doch ist das Virus an der Luft nicht sehr resistent. Es überlebt nur drei bis sechs Stunden außerhalb des menschlichen Körpers. Eine Übertragung über Klimaanlagen hält man daher für nicht sehr wahrscheinlich. Bedenkt man ferner, dass nach derzeitigen Erkenntnissen das Virus offenbar erst in größeren Mengen und ab einem bestimmten Entwicklungsstadium der Krankheit ansteckend ist, dürfte es angesichts der getroffenen Sicherheitsmaßnahmen zu einer Ausbreitung von SARS in Deutschland nicht kommen. Es gibt aber auch einige neuere Hinweise darauf, dass das Virus doch stärker über die Umwelt verbreitet werden könnte, als man bisher dachte.

Das Lungenvirus hat bislang (21. April) 218 Menschen getötet, davon 94 in Hongkong und 86 in den 5 chinesischen Provinzen. 14 SARS-Tote gab es in Kanada, 16 in Singapur, 5 in Vietnam, 2 in Thailand, je einen in Malaysia und in der Mongolei. Über 3800 Personen sind mittlerweile in 25 verschiedenen Ländern weltweit infiziert, vor allem in asiatischen Ländern. In Hongkong sterben immer mehr jüngere Menschen an SARS. In China wird die Zahl der Erkrankten mit rund 1800 angegeben. In Peking wurden offiziell 455 SARS-Fälle gemeldet. Das Zentrum der Epidemie ist Guangdong mit rund 1300 Kranken und 44 Toten. In Hongkong, wo es offenbar die verlässlichsten Daten gibt, sind über 1400 Personen infiziert. Besonders verbreitet ist das Virus hier unter Klinikmitarbeitern. Vor wenigen Wochen starb auch erstmals ein Ausländer in China am akuten Atemnotsyndrom. Es handelt sich dabei um einen 53jährigen Finnen, der für die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) in Peking eine Konferenz vorbereitet hatte. Der deutsche Online-Dienst Stern.de meldete unter Berufung auf Krankenhausärzte, in Peking habe es weit mehr Todesfälle gegeben, als von den chinesischen Behörden offiziell eingeräumt wird. Am 20. April 2003 wurden der chinesische Gesundheitsminister Zhang Wenkang und der Bürgermeister von Peking Meng Xuenong wegen steigender Kritik in ihrem Umgang mit der Gefahr durch SARS ihrer Ämter enthoben. Kurz davor legte China deutlich höhere Zahlen von Infektionen vor.

Am 29. März 2003 starb der italienische Arzt Carlo Urbani, der als erstes auf die Lungenkrankheit aufmerksam gemacht hatte, selbst in Thailand an dem Virus. Der erste bekannte deutsche SARS-Patient im sauerländischen Hemer ist nach Auskunft seiner Ärzte "klinisch gesund".

Spezielle Behandlungsmaßnahmen gibt es bisher keine. Ärzte verabreichen zunächst das Anti-Viren-Medikament Ribavirin sowie Steroide. Danach erhalten die Betroffenen meist einen Cocktail aus verschiedenen Antibiotika, um die begleitende Entzündung der Atemwege durch Bakterien abheilen zu lassen. Die zusätzliche bakterielle Infektion macht nämlich die Lungenentzündung erst so gefährlich. Der genetische Code des mutmaßlichen SARS-Erregers ist zwar in Kanada entschlüsselt worden, jedoch ist die Entwicklung eines wirksamen Medikaments noch nicht in Sicht. Mit Hilfe der Gen-Daten könnten zwar neue Diagnoseverfahren entwickelt werden; bis Arzneimittel oder Impfstoffe zur Verfügung stünden, könnten aber Wochen oder Monate vergehen.

Sorgen bereiten in jüngster Zeit die Aussagen des Hongkonger Mikrobiologen Yuen Kwok Yung. Der Forscher hält es für möglich, dass das SARS-Virus zu einer Biowaffe entwickelt werden kann. Auf einer Konferenz von 2.000 Wissenschaftlern zur Bekämpfung der Seuche in der taiwanischen Hauptstadt Taipeh sagte Yuen am 21. April: "Das Virus aus der Familie der Corona-Viren schädigt nicht nur die Atemwege, sondern auch Rückgrat, Milz und Nervensystem." Weil es ständig mutiere und gefährlicher werde, ähnele es den Milzbrandsporen.