Hainer Hof

(Fotografie von Carl Friedrich Fay)
Der Hainer Hof war ein historisches Klostergut im Kern der Altstadt von Frankfurt am Main. Teile der mittelalterlichen Anlage wurden in den 1930er Jahren beseitigt, die übrigen historischen Gebäude im Zweiten Weltkrieg vernichtet. Reste der damals errichteten historisierenden Neubebauung sind zusammen mit Architektur der Wiederaufbauzeit auf dem alten Grundriss bis heute erhalten.
Geografische Lage

(Chromolithografie von Friedrich August Ravenstein von 1862 mit Überlagerung nach Nahrgang 1949)
Die Anlage liegt zwischen der Blockrandbebauung der Fahrgasse im Osten und der Kannengießergasse im Süden, über die auch der Zugang erfolgt; nach Westen und Norden schloss einst eine dichte Altstadtbebauung zwischen der Borngassse (jetzt Domstraße) und Schnurgasse (jetzt Berliner Straße) an.
Geschichte
Vorgeschichte
Der Hof gehört in die Reihe von Anlagen, die in ihrer Nordgrenze genau auf die Braubach stießen, einen im ersten christlichen Jahrtausend verlandeten Nebenarms des Mains, der im Altstadtbereich ungefähr dem Verlauf der heutigen gleichnamigen Straße folgte. Der vorgelagerten ersten Stadtmauer der Stadt, die nach dem gegenwärtigen Stand der Forschung zur Zeit der ottonischen Herrscher um das Jahr 1000 entstand, diente diese als vorgelagerter natürlicher Graben.
Bernhard von Clairvaux, selbst Zisterzienser, soll bereits im Jahr 1146 an dieser Stelle gewohnt, gewirkt und zum zweiten Kreuzzug aufgerufen haben. Verschiedene urkundliche Berichte und diesen folgende Literatur, wonach dort bereits 1152 eine Kapelle mit dem Namen Bernhards zum Gedenken an diese Ereignisse geweiht wurde, erscheinen im Lichte der Quellenkritik unwahrscheinlich, zumal Bernhard erst 1174 heiliggesprochen wurde.
Wirtschaftshof des Klosters

(Aquarell)
Die älteste erhaltene urkundliche Nennung stammt aus dem Jahr 1240 und spricht von einer „curiam quandam in Franckenvort iuxta cimiterium sitam“, also einer damals schon vorhandenen Stiftskurie, die in Frankfurt nahe dem Friedhof (Kirchhof) des Kaiserdoms St. Bartholomäus liegt. Das Schriftstück wurde anlässlich des Verkaufs jener Kurie durch Friedrich von Marburg und seiner Gemahlin Mathildis sowie des Herrn von Willandesdorf und seiner Gemahlin Irmgard an das namensgebende Zisterzienserkloster Haina, in der Urkunde Hegene genannt, in Wetzlar ausgestellt.
Nach dem Kauf war das Kloster rasch um eine Erweiterung der Räumlichkeiten bemüht: 1243 verkauften die Richter, Schöffen und die Bürger der Stadt dem Kloster Haina die das Grundstück umgebende Mauer und verliehen im einen angrenzenden Garten. Bei der erwähnten Mauer dürfte es sich um die ottonische Stadtmauer gehandelt haben. Jetzt erst wird auch eine Kapelle als ein für ein Kloster notwendiger geweihter Raum – zumal dort nur zwei Mönche ihren Dienst verrichteten – mit dem Namen Bernhards errichtet worden sein.
Durch konsequenten Ausbau wies die Anlage zuletzt zehn eigenständige Gebäude respektive Hausnummern nach deren Einführung auf. Das Kloster lagerte und vermarktete hier, im städtischen Umfeld, Agrarprodukte aus seinen Gütern, vornehmlich der Wetterau. Allerdings wurden immer Teile der Anlage vermietet: Beispielsweise erhielten 1429 der Schreiber Johannes Grunauwer und seine Frau Katharina zwei Häuser für jährlich 4 1/2 Gulden sowie die Verpflichtung, diese „in redelichem buwe vnd besserunge“ zu halten.
Ende des 15. Jahrhunderts zeichnete sich ab, dass das Kloster zunehmend Schwierigkeiten bekam, den Hof zu unterhalten. Die Zahl der Vermietungen nahm zu, und 1501 schrieb der Rat der Stadt den Abt des Klosters Haina, dass sich die Nachbarn über ein einsturzgefährdetes Haus beschwert hätten, in dem eine Witwe wohne, welcher zur Instandsetzung desselben nicht in der Lage sei. Zugleich drohte man, das Haus abbrechen zu lassen, sollte es nicht binnen eines Monats wieder hergerichtet werden.
Der Abt entgegnete in seinem Antwortschreiben, dass das Haus zwar von seinen Vorgängern verliehen worden sei, das Kloster als Zinsherr des Hauses aber nicht verpflichtet sei, es zu renovieren oder Geld dazu zu geben. Wenn das Haus ohne Bezahlung wieder in den Besitz des Klosters übergehe, dann werde man es bauen. Der Streit endete, nachdem akute Einsturzgefahr eingetreten war, damit, dass der Rat das Haus auf eigene Kosten instandsetzen ließ.
Teil dieser Entwicklung war auch, dass die Bernhardskapelle verfiel, ohne dass das Kloster etwas dagegen unternommen hätte. 1474 wurde sie auf testamentarischem Wunsch des Patriziers Jakob Inkus zu Schwanau gotisch neu erbaut, und das Wappen von ihm und seiner Frau in die Fenster eingesetzt.
Nachreformatorische Zeit
Mit dem Untergang des Klosters in der Reformation übernahm die Landgrafschaft Hessen-Kassel dessen Vermögen und damit auch den Hainer Hof. Er diente in der Folgezeit als hessische Poststation in Frankfurt, auch die Kapelle wurde spätestens seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts nur noch zu profanen Zwecken genutzt. 1726 merkte Johann Balthasar Ritter in seinem Buch Evangelisches Denkmal der Stadt Frankfurt am Mayn an, dass die Kapelle nicht länger unterhalten werde.
Wie viele Teile der historischen Altsstadt von Frankfurt wurde auch der Hainer Hof im Laufe des 19. Jahrhunderts Wohnquartier für Unterschicht und Arbeiter. Die Kapelle, wohl noch im 18. Jahrhundert zwecks besserer Ausnutzung seines hohen gewölbten Innenraums durch eine Bretterdecke in zwei Teile getrennt, wurde damals sporadisch von kleinen religiösen Genossenschaften wieder zu Gottesdiensten in Anspruch genommen, aber auch Nutzungen als Wirtschaft oder Tanzsaal waren üblich.
20. Jahrhundert
Nach 1938 fiel ein Teil der historischen Bebauung, die als abgewirtschaftet, unmodern und herunter gekommen bewertet wurde, im Zuge der nationalsozialistischen „Altstadtgesundung“. Abgerissen wurden die Häuser Hainer Hof 4, 5, 6, 7 und 8, Fahrgasse 35–39 sowie der gesamte daran anschließende Württemberger Hof zugunsten eines dreiteiligen Wohnblocks in städtisch angehauchtem Heimatstil, „geziert“ von einem Reichsadler.
Im Zweiten Weltkrieg vernichteten die Luftangriffe im März 1944 alle historischen Teile der Anlage, darunter auch die bei den Umbauten bewusst ausgesparte Bernhardskapelle. Bilder von 1947 zeigen die Gewölbe als völlig zerstört und zwei von vier Außenwänden eingestürzt. An Stelle der Altbauten wurden im Stil der 1950er Jahre Wohnbauten errichtet, die nur gering beschädigten Teile aus den 1930er Jahren waren rasch repariert. Dabei wurde auch ein Standbild im Hof aufgestellt, der „Postereiter“, von Albrecht Glenz, der an die Zeit erinnert, als sich hier die Poststation befand.
Literatur
- Johann Georg Battonn: Oertliche Beschreibung der Stadt Frankfurt am Main – Band III. Verein für Geschichte und Alterthumskunde zu Frankfurt am Main, Frankfurt am Main 1864 (online), S. 151–159, 223 u. 231.
- Frank Berger und Christian Setzepfand: 101 Unorte in Frankfurt. Frankfurt am Main 2011, S. 76f.
- Carl Friedrich Fay, Carl Friedrich Mylius, Franz Rittweger, Fritz Rupp: Bilder aus dem alten Frankfurt am Main. Nach der Natur. Verlag von Carl Friedrich Fay, Frankfurt am Main 1896–1911, Text zu Tafel 39 in Heft 4.
- Rudolf Jung, Carl Wolff: Die Baudenkmäler in Frankfurt am Main – Band 1, Kirchenbauten. Selbstverlag/Völcker, Frankfurt am Main 1896, S. 223–227.
- Hans Lohne: Frankfurt um 1850. Nach Aquarellen und Beschreibungen von Carl Theodor Reiffenstein und dem Malerischen Plan von Friedrich Wilhelm Delkeskamp. Verlag Waldemar Kramer, Frankfurt am Main 1967, ISBN 3-7829-0015-4, S. 188–190.
Weblinks
Koordinaten: 50° 6′ 41,8″ N, 8° 41′ 9,6″ O