Hippocampus
Der Hippocampus ist ein Bestandteil des Gehirns und zählt zu den evolutionär ältesten Strukturen des Gehirns. Er ist eine zentrale Schaltstation des limbischen Systems.
Im Gegensatz zu einem (u.a. auch von Günther Jauch am 28.11.2005 bei "Wer wird Millionär?") weit verbreiteten Irrtum sieht der Hippocampus beim Menschen NICHT wie ein Seepferdchen aus, sondern annähernd wie ein Huf. So stammt der Name auch nicht von dem Fisch mit einem pferdähnlichen Kopf (Seepferdchen lat. Hippocampus), sondern von einem Meeresungeheuer aus der griechischen Mythologie. Die vordere Hälfte (etwa bis zur Hüfte) eines Hippocampus (griechisch: hippo - Pferd, kampos - Seeungeheuer, Wurm) ist ein Pferd, der hintere Teil ist ein Fisch (samt Fischschwanz).
Anatomie

Der Hippocampus ist der medial gelegene Teil des Telencephalons (Großhirn) und bildet den sogenannten Archicortex.
Zum Hippocampus gehören mehrere Strukturen, weshalb man auch von einer Hippocampus-Formation spricht:
Aufgrund histologischer Unterschiede kann man den Hauptteil des Hippocampus (Hippocampus proper) weiter in vier Felder CA1-4 untergliedern (CA=Cornu ammonis). Der Hippocampus bezieht Afferenzen aus verschiedenen Bereichen des Neocortex (Gyrus cinguli, Frontallappen). Efferent ist er über Corpus mamillare, vorderen Thalamus, Gyrus cinguli ebenfalls mit dem Neocortex verbunden. Reziproke Verbindungen bestehen zur Area entorhinalis und zur Area septalis.
Funktionelle Aspekte
Im Hippocampus fließen Informationen verschiedener sensorischer Systeme zusammen, die verarbeitet und von dort zum Kortex zurückgesandt werden. Damit ist er eminent wichtig für die Gedächtniskonsolidierung, also die Überführung von Gedächtnisinhalten aus dem Kurzzeit- in das Langzeitgedächtnis. Menschen, deren Hippocampi (es gibt einen pro Hemisphäre) entfernt oder zerstört wurden, können keine neuen Erinnerungen formen und weisen somit eine anterograde Amnesie auf. Alte Erinnerungen bleiben jedoch meist erhalten. Der Hippocampus wird somit als Struktur gesehen, die Erinnerungen generiert, während die Gedächtnisinhalte an verschiedenen anderen Stellen in der Großhirnrinde gespeichert werden.
Es wurde nachgewiesen, dass sich im erwachsenen Gehirn im Hippocampus neue Verbindungen zwischen bestehenden Nervenzellen bilden (synaptische Plastizität) und dass diese Neubildung mit dem Erwerb neuer Gedächtnisinhalte zusammenhängt. Prädistiniert für die Erforschung von molekularen Lernprozessen ist die Schaffer Kollaterale, die Verbindung zwischen der CA3 und CA1 Area. Hier befinden sich spezielle Glutamat-Rezeptoren (NMDA), die an der Langzeit-Potenzierung beteiligt sind. Darüber hinaus konnte man neben der Neuverknüpfung von Nervenzellen kürzlich auch das Entstehen von neuen Nervenzellen (Neurogenese) nachweisen. Die These, dass es im erwachsenen Gehirn zu keiner Neuentstehung von Nervenzellen kommt, wurde nun schon an mehreren Orten widerlegt.
Neueste Forschungen bei Nagetieren belegen auch, dass Zellen im Hippocampus als Merkpunkte im Gehirn für reale Orientierungspunkte dienen und dass Orientierungstraining die Zellbildung im Hippocampus fördert. Bei Tieren hat er große Bedeutung für die räumliche Orientierung.
Der Hippocampus ist auch für die Koordinierung der verschiedenen Gedächtnisinhalte verantwortlich. Beispielsweise besteht die innere "Karte", die man von z.B. einer Stadt besitzt, aus zahlreichen Eindrücken, die auch zu unterschiedlichen Zeitpunkten gewonnen wurden. Im Hippocampus werden diese zusammengefügt und man kann sich orientieren.
Außerdem hat er Einfluss auf das Verhalten, insbesondere hinsichtlich der Problembewältigung.
Beim Menschen können verschiedene Erkrankungen zu einer Veränderung des Hippocampus führen. Allen voran können Abbauprozesse bei Demenzerkrankungen diese Hirnstruktur schädigen. Darüber hinaus spielt der Hippocampus eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Epilepsieerkrankungen. Die mit der Temporallappenepilepsie verbundene Veränderung, eine sogenannte Hippocampussklerose, kann mittels hochauflösender bildgebender Verfahren (Magnetresonanztomographie) identifiziert werden. Die einseitige neurochirurgische Entfernung dieser Hirnstruktur stellt heute eine Möglichkeit zur Behandlung von medikamentös unbeherrschbaren Anfällen dar.
Die Neurogenese im menschlichen Hippocampus konnte bisher nur in einer Studie belegt werden. Auch das Ausmaß der Zellteilungen ist bis jetzt unklar. Die Neubildung von Nervenzellen des Hippocampus medikamentös zu stimulieren wäre zwar wünschenswert, ist aber derzeit beim Menschen zumindest utopisch.
Weblinks
Hippocampus ist auch die zoologische Bezeichnung für Seepferdchen.