Konkurrierende Gesetzgebung
Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung weist das Grundgesetz das Gesetzgebungsrecht in Deutschland grundsätzlich den Ländern zu, außer der Bund macht von seinem intervenierenden Gesetzgebungsrecht nach Art. 72 GG ("Bedürfnisklausel") Gebrauch. Dieses gibt dem Bund das Recht, in Bereichen gesetzgebend tätig zu werden, in denen Angelegenheiten durch Ländergesetzgebungen nicht wirkungsvoll geregelt werden können oder Regelungen einzelner Länder die Interessen anderer Bundesländer beeinträchtigen. Das Gesetzgebungsrecht des Bundes muss jedoch den Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG entsprechen, damit der Bund nicht alle Kompetenzen ohne weiteres an sich ziehen kann. Soweit der Bund von seinem Recht Gebrauch macht, ist es den Ländern nicht erlaubt, selbst Gesetze zu erlassen, die denselben Regelungsgegenstand betreffen. Auch wenn der Bund bewusst keine Regelung bezüglich einer bestimmten Materie trifft, scheidet eine Gesetzgebungskompetenz der Länder aus.
Zu den Rechtsbereichen der konkurrierenden Gesetzgebung zählen unter anderem:
- bürgerliches Recht
- Strafrecht und Strafvollzug
- Personenstandswesen
- Vereinsrecht
- Aufenthalts- und Niederlassungsrecht von Ausländern
Kritik
Befürworter eines Wettbewerbsföderalismuses bezeichnen die Artikel 72 und 74 GG, der die Bereiche der konkurrierenden Gesetzgebung enumeriert, als das Trojanische Pferd des Zentralismuses, weil der Grundsatz der gleichwertigen Lebensverhältnisse des Artikel 72 in ausschweifender Art und Weise ausgelegt werden kann und der Katalog des Artikel 74 inzwischen zu viele Bereiche umfasse. Das Problem der Länder dabei ist, dass ihrer Auffassung nach, zu viele Kompetenzen an den Bund gehen.
Diesem vermeintlichen Problem wurde mit einer Grundgesetzänderung vom 27. Oktober 1994 erstmals versucht Rechnung zu tragen, als der Satzteil "Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse" durch "gleichwertige Lebensverhältnisse" ersetzt wurde. Bundespräsident Horst Köhler hat jedoch für Akzeptanz für die ungleichwertigen Lebensverhältnisse in Nord- und Süd- bzw. Ost- und Westdeutschland geworben. Während Befürworter diese Äußerung nur als offenes Aussprechen einer Wahrheit ansahen, interpretierten Kritiker die Worte so, dass das Ziel der Angleichung der Lebensverhältnisse zwischen Ost und West als Verfassungsziel nun aufgegeben würde.
Siehe auch
Ausschließliche Gesetzgebung, Grundgesetz