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András Schiff

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András Schiff [ˈɒndraːʃ ʃif] (* 21. Dezember 1953 in Budapest) ist ein ungarischer Pianist und Dirigent.

Leben

Schiff wuchs als Einzelkind in einer musikalischen Familie auf. Sein Vater arbeitete als Frauenarzt, sammelte Schallplatten und musizierte in seiner Freizeit. Seine Mutter wollte Konzertpianistin werden, ein Vorhaben, das der Zweite Weltkrieg durchkreuzte.

András begann mit fünf Jahren Klavier zu spielen, mit elf Jahren intensivierte sein Übungspensum. Er lernte zunächst bei Elisabeth Vadász. Schiff, Generationskollege von Zoltán Kocsis und Dezső Ránki, nahm mit 14 Jahren sein Studium an der Franz-Liszt-Musikakademie in Budapest auf, unter anderem bei Ferenc Rados, Pál Kadosa und György Kurtág, später in London beim englischen Dirigenten und Cembalisten George Malcolm, dem er viel von seinem Bach-Verständnis verdankt.

Schiff tritt international auf, sowohl als Solist als auch zusammen mit bekannten Orchestern, beispielsweise dem Chicago Symphony Orchestra, den Wiener Philharmonikern und den Berliner Philharmonikern. Schiff ist seit 1999 Gründer und Dirigent des international auftretenden Kammerorchesters Cappella Andrea Barca.

Von 1989 bis 1998 leitete Schiff das Mondsee-Festival in der Nähe von Salzburg. Gemeinsam mit Heinz Holliger gründete er 1995 die „Ittinger Pfingstkonzerte“ in der Kartause Ittingen.

Im Jahr 2000 sagte Schiff seine die Teilnahme bei der Schubertiade in Feldkirch ab und drückte seinen Protest die Beteiligung der rechtsgerichteten FPÖ an der österreichischen Bundesregierung aus.[1] Gegen das ungarische Mediengesetz und die Einmischung der Politik in die Kultur unter der Orbán-Regierung verfasste Schiff im Januar 2011 mit mehreren Künstlern eine Resolution. In Interviews teilte er mit, dass er nicht mehr in Ungarn konzertieren werde, weil er dort Persona non grata sei[2] und er von antisemitischer Hetze persönlich bedroht werde[3][4].

Schiff ist mit der Violinistin Yuuko Shiokawa verheiratet. Er lebt in London[5] und Florenz.

Auszeichnungen - Preise

Repertoire

Schiff gilt als feinsinniger Interpret der Musik von Mozart, Beethoven und Schubert. Besonders wichtig ist ihm die Pflege des Klavierschaffens seines Landsmannes Béla Bartók. Daneben widmet er sich intensiv dem Werk von Johann Sebastian Bach, der für ihn das „Alpha und Omega der Musik“ ist. Dabei folgt er nicht der historischen Aufführungspraxis, sondern bietet die Musik Bachs üblicherweise auf modernen Flügeln, allerdings verschiedener Bauart (Bösendorfer, Steinway) dar. Trotzdem gehört für ihn die Beschäftigung mit historischen Erkenntnissen (Verzierungen, Artikulation, Phrasierung) untrennbar zum Interpretationsvorgang. Gleichzeitig verzichtet er auf jegliche pianistische Selbstdarstellung, so dass seine Interpretationen eine introvertierte und beinahe intime Prägung haben. Schiff trat 1994 auch als Solist bei Beethovens Klavierkonzert G-Dur unter dem Dirigat von Dietrich Fischer-Dieskau auf. Zuletzt waren Schiff und Fischer-Dieskau gemeinsam bei den Ittinger Pfingstkonzerten 2003 in „Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke“ von Viktor Ullmann zu hören.

Aufnahmen und Veröffentlichungen

Von Schiff liegen Einspielungen sämtlicher Sonaten von Mozart, Beethoven und Schubert sowie der Klavierkonzerte Mozarts vor, außerdem aller großen Solo-Klavierwerke J. S. Bachs. Zusammen mit Peter Schreier hat er Lieder von Beethoven, Schubert und Schumann aufgenommen, mit Robert Holl Lieder von Brahms und Schumann. Er musizierte 1991 und 1992 mit Dietrich Fischer-Dieskau Schuberts „Die schöne Müllerin“, bei TDK ist eine DVD-Aufnahme des denkwürdigen Konzertes von der Schubertiade in Feldkirch 1991 erschienen. cpo veröffentlichte 2007 eine Box mit 6 CDs (Klavier solo).[8]

Im Herbst 2011 erschien eine Doppel-CD mit Werken von Schumann beim Label ECM.[9]

Literatur

  • Beethovens Klaviersonaten und ihre Deutung - „Für jeden Ton die Sprache finden...“. András Schiff im Gespräch mit Martin Meyer. Verlag Beethoven-Haus Bonn / Carus-Verlag 2007. ISBN 978-3-88188-107-4
  • Thomas Steinfeld, 'Gerechtigkeit für jeden Ton. Da capo al fine: András Schiffs großartige Einspielung der Goldberg-Variationen', in: Süddeutsche Zeitung Nr. 229 (6. Oktober 2003), S. 30.

Einzelnachweise

  1. Informationen über Schiff auf der Website des NDR (Abruf am 9. Dezember 2012).
  2. news.de: András Schiff will nicht mehr in Ungarn auftreten
  3. Interview mit Alex Rühle: Wo man Europas Werte mit Füßen tritt, Süddeutsche Zeitung, 8. April 2011
  4. Interview mit Peter Laudenbach: Europa muss endlich Druck machen, Der Tagesspiegel, 14. Januar 2012
  5. The Telegraph, 19. November 2012
  6. Schumann-Preis für András Schiff. In: Saarbrücker Zeitung (Kultur) vom 9. Februar 2011, S. B4
  7. Pressemitteilung zur Aufnahme in den Orden Pour le Mérite
  8. jpc.de
  9. www.ecmrecords.com