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Tierversuch

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Als Tierversuche werden Experimente mit oder an Tieren bezeichnet. Sie dienen der Grundlagenforschung als Erkenntnisgewinn und werden in der Medizin zur Entwicklung und Erprobung neuer Therapiemöglichkeiten durchgeführt.

Anwendungen

Neben neuen Medikamenten werden an Tieren auch Krankheitserreger, manche Lebensmittel sowie Gase, Säuren, Schmiermittel, Hautcremes, Suchtmittel, Chemikalien, Wasch- und Putzmittel sowie andere Substanzen, deren Kontakt mit Menschen nicht ausgeschlossen werden kann, getestet. Vor allem werden diese Produkte auf Erbgutschädigung (Mutagenität), Krebserzeugung (Kanzerogenität), Schädigung der Frucht im Mutterleib (Teratogenität) und Giftigkeit (Toxizität) hin untersucht. 2003 wurden allein in Deutschland laut Bundesministerium für Verbraucherschutz über 2 Millionen Tiere in Versuchslabors für diese Zwecke eingesetzt. Auch bereits vor Jahrzehnten auf den Markt gebrachte Produkte, deren Risiken und schädigende Wirkungen von der Europäischen Union als nicht erforscht angesehen werden, sollen im Rahmen der Erstellung der neuen EU-Chemikalienverordnung in den kommenden Jahren an Tieren getestet werden.

Die Grundlagenforschung an Tieren und Mensch ist für das Verstehen der Ursachen von Krankheiten nicht von zentraler Bedeutung, weil der Aufbau eines Tieres nicht mit dem eines Menschen vergleichbar ist. Auch die angewandtere medizinische Forschung, bei der es gezielter um die Entwicklung von Therapien geht, hätte ohne Tierversuche Fortschritte zu verzeichnen.

Versuchstiere

Versuchstiere in Deutschland sind insbesondere die Modellorganismen, die alle großen Tiergruppen von den Fadenwürmern und Insekten über Amphibien und Vögel bis zu den Säugetieren abdecken. Das verbreiteste Tiermodell ist die Maus. Primaten (insbesondere Rhesusaffen, Javaneraffen und Totenkopfaffen) werden ebefalls als Versuchstiere verwendet, weil kein anderer Organismus dem Menschen stärker ähnelt. Sie werden zum Beispiel in den Bereichen Kognitionsforschung und Prionenforschung beansprucht. In der HIV-Forschung werden keine Primaten mehr verwendet, weil inzwischen mit Mäusen (und ähnlichen Tieren) ein brauchbares Tiermodell zur Verfügung steht.

Für Tierversuche werden speziell gezüchtete Tiere verwendet, da man für aussagekräftige Resultate genaue Daten über diese Tiere braucht, z.B. durchschnittliche Lebensdauer, aber auch Daten darüber, welche Krankheiten (Krebs, Diabetes etc.) wie häufig normalerweise in der Population auftreten. Darüber hinaus gibt es auch Populationen, die z.B. garantiert an Leberkrebs erkranken. In der freien Wildbahn eingefangene Tiere werden aus diesen Gründen niemals verwendet. Gerüchte über "Tierfänger", die im Auftrag von Pharmaunternehmen Haustiere einfangen (insbesondere streunende Katzen) gehören in den Bereich der "Urban Legends".

Kontroverse um Tierversuche

Die Konsequenzen aus dem möglichen Rückzug von Tierversuchen müssen überdacht werden. Ein Beispiel: Deutschland führt seit einiger Zeit keine Versuche an Schimpansen mehr durch. In den U.S.A. jedoch werden Schimpansen zur Gewinnung von Hepatitis-Medikamenten verwendet. Obwohl Deutschland keine Versuche an Schimpansen mehr durchführt, werden Hepatitis-Medikamente aus den U.S.A. importiert.

Tierrechtler und Tierschützer sowie beispielsweise auch die Organisation Ärzte gegen Tierversuche führen an, dass Tierversuche mitunter lediglich eine Tendenz anzeigen, ob das Medikament Nebenwirkungen am Menschen haben wird. Sie sind damit vom Kosten/Nutzen-Verhältnis eher ungünstig und schlecht als Sicherheit geeignet. Ein Beispiel: In den Sechzigern führte das Schlaf- und Beruhigungsmittel Contergan zu schweren Missbildungen bei Kindern, wenn die Mutter das Medikament während der Schwangerschaft einnahm (teratogene Wirkung). In Tierversuchen konnte eine solche Verbindung nicht festgestellt werden, da das Medikament ausschließlich an Mäusen und Ratten getestet und für sicher erklärt wurde. Bei Kaninchen ruft die Substanz jedoch Missbildungen hervor, die auch beim Menschen auftreten können. Aus diesem Sachverhalt kann man interpretieren, dass ausführlichere Tierversuche die Wahrscheinlichkeit zur Erkennung von diesen Nebenwirkungen erhöht hätten. Andererseits werden die zahlreichen Fälle, in denen ein Pharmaunternehmen ein vielversprechendes Medikament nicht auf den Markt gebracht hat, weil es in Tierversuchen zu starken, nicht akzeptabeln Nebenwirkungen kam, erst gar nicht bekannt. Nach heutigem Stand der Forschung gibt es nur wenige Alternativen, da z.B. Zellkulturen keinen eigenen Stoffwechsel besitzen (Metaboliten der Wirkstoffe können eine verheerende Wirkung haben).

Gesetzeslage in Deutschland

Der Eingriff an lebenden Tieren (die so genannte Vivisektion) ist nach dem deutschen Tierschutzgesetz nur erlaubt, wenn sie von fachlich geeigneten Personen oder unter Anleitung solcher Personen durchgeführt werden. Sie müssen auch entweder genehmigt werden oder zumindest (in den Fällen, wo sie vorgeschrieben sind) angemeldet werden.

Versuchslabore

Die Firma COVANCE in Münster ist eines der größten Tierversuchs-Labore Europas. Tierrechts-Organisationen setzen sich für einen Stopp von Tierversuchen und die Schließung von COVANCE ein.

Siehe auch

Literatur

  • Johann S. Ach: Warum man Lassie nicht quälen darf. Tierversuche und moralischer Individualismus, Harald Fischer Verlag, Erlangen 1999, ISBN 3-89131-119-2

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