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Passivhaus

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Der Begriff Passivhaus beschreibt einen Energiestandard eines Gebäudes. Ein Passivhaus ist die Weiterentwicklung eines Niedrigenergiehauses. Es bietet — im Gegensatz zu einem Haus in traditioneller Bauweise — ganzjährig eine angenehme Raumtemperatur ohne den konventionellen Einsatz einer Heizung.

Einfamilien-Passivhaus in Hamburg

Nach der gängigen Definition, ursprünglich entwickelt vom Passivhaus-Institut Darmstadt hat ein Passivhaus einen Heizenergiebedarf von höchstens 15 kWh/(m²a). Dies entspricht etwa 1,5 Liter Heizöl pro Quadratmeter Wohnfläche und Jahr.

Gemäß Passivhaus-Institut Darmstadt muss ein Passivhaus folgende Kriterien erfüllen:

  • Heizwärmebedarf ≤ 15 kWh/m²a
  • Heizlast ≤ 10 W/m²
  • Luftdichtheit n50 ≤ 0,6/h
  • Primärenergiebedarf ≤ 120 kWh/(m²a)

Weiterentwicklungen des Passivhauses sind das Nullenergiehaus und das Plusenergiehaus, die in Einzelexemplaren bereits realisiert wurden.

Was ist ein Passivhaus?

Energiestandard

Zum Vergleich:

  • Ein Niedrigenergiehaus benötigt 75 kWh/(m²a). Dies ist die Höchstgrenze nach der seit 1. Februar 2002 in Deutschland geltenden Energieeinsparverordnung (EnEV).
  • Die bis 31. Januar 2002 geltende Wärmeschutzverordnung (WSVO 95) deutschlands schrieb für Neubauten einen Höchstwert von 100 kWh/(m²a) vor.
  • Der Schweizer Minergiestandard schreibt für neue Wohnbauten 42 kWh/(m²a) vor.
  • Wohnhäuser aus den 1960er und 1970er Jahren benötigen etwa 300 kWh/(m²a).
  • Der Durchschnittsverbrauch der deutschen Häuser liegt zur Zeit nach DENA bei 220 kwh/ (m²a).
  • Mit der Sanierung der Häuser mit Baujahr vor 1980 auf Niedrigenergiehausstandard könnten 2/3 des Energiebedarfs alles Häuser eingespart werden. 75% der Häuser verbrauchen 95% des gesamten Verbrauch aller Häuser

Eine Übersicht über die verschiedenen Energiestandards findet man im Artikel Energiestandard (Gebäude)

Der niedrige Verbrauch eines Passivhauses wird erreicht durch:

  • das Gebäude mit seiner Konstruktion, seinen Materialien und Bestandteilen
  • die installierte Gerätetechnik und deren Funktionen
  • die Benutzer oder Bewohner mit ihren Verhaltensweisen

Funktionsprinzip

Der geringe Energieverbrauch von maximal 15 kWh/(m²a) wird mit 2 Prinzipien erreicht:

Prinzip I: Wärmeverluste minimieren

Ein Passivhaus ist sehr gut wärmegedämmt. Wärmebrücken werden konsequent vermieden. Dazu kommt die Verwendung von sehr gut wärmedämmenden Fenstern (U-Wert 0,8 W/(m²K). Darüber hinaus wird die Dichtheit mit einem Blower-Door-Test geprüft.

Der notwendige Luftaustausch erfolgt über eine mechanische Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung. Die Luft wird manchmal schon durch einen Erdwärmeübertrager vorgeheizt. Anschließend überträgt ein Wärmeübertrager die Energie aus der Abluft an die zugeführte Frischluft. Das Öffnen von Fenstern während der Heizperiode ist in aller Regel möglich, wenn auch nicht über längere Zeit zu empfehlen. Neue Untersuchungen zeigen, dass ein im normalen Rahmen liegendes Öffnungsverhalten kaum Einfluss auf den Heizwärmeverbrauch hat.

Das Passivhaus erfordet eine kompetente Planung und eine hohe Qualität der handwerklichen Arbeiten.

Prinzip II: Wärmegewinne maximieren

Wärmegewinne kommen dem Haus passiv zugute durch:

  • die Nutzung der Sonneneinstrahlung durch Fenster oder Glasfassaden
  • die Abwärme der haushaltsüblichen Elektrogeräte und der Nutzer.

Aufgrund des geringen Heizwärmebedarfs kann ein Passivhaus ohne eine konventionelle Heizung auskommen. Vielmehr ist ein Passivhaus gerade so effizient, dass die Restwärme über die Frischluft des Lüftungssystems zugeführt werden kann. Weil nur eine sehr kleine Leistung für diese Zulufterwärmung gebraucht wird, stehen viele Alternativen zur Verfügung (z.B. Wärmepumpe, Pelletheizung, Erdgasheizung, Fernwärme, Elektroheizung).

Komponenten

Qualitätskontrollen

Beim Bau eines Passivhauses müssen aufgrund der hohen Anforderungen an das Gesamtsystem mehr qualitätssichernde Maßnahmen als beim normalen Hausbau durchgeführt werden.

So sollten alle Komponenten der Konstruktion bereits in der Planung für ein Passivhaus geeignet sein. Auch der theoretische Energiebedarf und die Vermeidung von Wärmebrücken lässt sich bereits in der Planungsphase durch eine Berechnung der Energiebilanz prüfen.

Während der Bauphase sollte überprüft werden, ob auch wirklich die Konstruktionen verwendet werden, die in der Planung vorgesehen waren.

Der Blower-Door-Test im Rohbau stellt fest, dass alle Anschlüsse und Komponenten dann auch in der Realität fast luftdicht sind.

Für ca. 200 EUR erhält der Bauherr dann nach Fertigstellung von einem Prüfinstitut ein Zertifikat, in dem die Energiegewinne und Energieverluste genau aufgeschlüsselt sind. Dieses ist auch häufig eine Bedingung für Passivhaus-Förderungen.

Gebäude und Konstruktion

Außenwände

Der Wärmeverlust durch die Außenwände des Gebäudes wird durch den Einsatz von Dämmstoffen minimiert, der U-Wert soll hier 0,1 bis 0,15 W/m²K betragen. Um Bauschäden zu verhindern, ist neben einer hocheffizienten Dämmung wie bei allen Außenbauteilen von Gebäuden eine luftdichte Ebene erforderlich.

Die Herstellung dieser luftdichten Ebene auf der Innenseite der Gebäudeaußenwände kann durch einfache Konstruktionen erfolgen. Im Massivbau stellt eine sauber ausgeführte Putzschicht bereits eine ausreichende Luftdichtheit der Wand her. Für die kritischen Bereiche im Übergang zu durchdringenden Bauteilen wie Fenster und Türen stehen standardisierte Produkte wie Anputz ("Apu")-Leisten und überputzbare Anschlußbänder zur Verfügung, die auf einfache Weise die Luftdichtheit herstellen. Auch für den luftdichten Einbau von Steckdosen gibt es bewährte Methoden: Bohren in 5 mm größerem Durchmesser und Setzen einer normalen Leerdose inkl. bereits durchgeführtem Kabel satt im Putzbatzen - oder der Einsatz marktgängiger speziell luftdichter Leerdosen.

Nicht viel schwieriger gestaltet sich die Dichtheit bei Leichtbaukonstruktionen wie beispielsweise im Holzrahmenbau. Hier kommen Holzwerkstoffplatten, faserverstärkte Papiere oder Folien zum Einsatz. Bei vorgefertigten Elementen müssen die Verbindungsstöße abgedichtet werden. Hierfür stehen ebenfalls verschiedene bewährte Systeme zur Verfügung: EPDM-Dichtprofile, Dichtschläuche aus in PE-Folie verpackter Mineralwolle, Abklebungen mit qualifizierten Klebebändern mit ausreichendem Funktionshub.

In jedem Fall müssen Durchdringungen der Außenwand (z.B. Elektrokabel für Außenbeleuchtungen) sorgfältig abgedichtet werden.

Durch eine sorgsam ausgeführte Außenhülle lassen sich im Passivhaus Baumängel durch Tauwasser und Schimmelbildung vollständig vermeiden. Durch die im Winter höhere Temperatur der Innenseite der Außenwand wird zudem eine höhere Behaglichkeit erreicht, im Sommer kann eine niedrigere Temperatur in Zusammenhang mit der besseren Nutzbarkeit der gebäudeinternen Speichermassen (Massivbauweise) ebenfalls die Behaglichkeit erhöhen.

Gerätetechnik

Ein Passivhaus verfügt nicht über eine konventionelle Heizanlage. Es gibt zwar zumeist eine Heizquelle, die Wärmeverteilung erfolgt jedoch über die Lüftungsanlage. Heizkörper und sonstige Heizflächen sind nicht notwendig, dürfen aber ebenfalls verwendet werden - sie können dann viel kleiner werden und an den Innenwänden (z.B. über den Türen) montiert werden.

Kontrollierte Wohnraumlüftung

Um den aus hygienischen Gründen notwendigen Luftwechsel herzustellen und um dabei möglichst wenig Energie zu verlieren, wird eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung vorgesehen. Die warme Abluft (aus Küche, Bad und WC) wird über einen Wärmeübertrager geleitet, wo die kalte Außenluft 80 bis 90% der Wärme wieder aufnimmt und als Zuluft in das Haus (Wohn- und Schlafzimmer) gelangt. Die Außenluft wird vor Erreichen des Wärmeübertragers in einigen Gebäuden noch durch einen Erdwärmeübertrager geführt. Das ist ein 30 bis 40 Meter langes in der Erde vergrabenes Rohr. Die Lüftungsanlage wird so ausgelegt, dass keine Zugluft wahrnehmbar ist. Dies gelingt im Passivhaus leicht, da nur wenig Zuluft erforderlich ist (keine Klimaanlage, nur Frischluftzufuhr). Eine Lüftungsanlage ist in einem Passivhaus zwingend erforderlich, da durch Fensterlüftung niemals die gewünschte Heizenergieeinsparung zusammen mit guter Raumluftqualität erreicht werden könnte. Die in Passivhäusern eingesetzten Lüftungsgeräte sind leise, hocheffizient (75 bis 95% Wärmerückgewinnung) und verbrauchen nur sehr wenig Lüfterstrom, können aber auch Probleme mit zu trockener Luft schaffen.

Wärmepumpe

Die verbleibende geringe Heizenergie kann z.B. mit einer Kleinstwärmepumpe erzeugt werden. Es gibt Kompaktaggregate, das sind mit der Lüftungsanlage kombinierte Wärmepumpen. Sie entziehen der Fortluft nochmals ihre Energie und bringen sie mit elektrischem Antrieb auf ein höheres Temperaturniveau. Damit kann die Zuluft weiter erwärmt werden und zwar so weit, dass dies für die Heizung ausreicht. Diese Wärmepumpen können auch Warmwasser bereiten. Wie alle Heizanlagen, muss auch im Passivhaus die Wärmepumpe ausreichend dimensioniert werden. Eine Wärmepumpe findet man in vielen Passivhäusern, sie ist allerdings nicht die einzige Möglichkeit. Ebenfalls beliebt sind Pelletheizungen, aber am häufigsten werden noch immer konventionelle Wärmeerzeuger mit Gas oder Öl oder auch Fernwärme verwendet. Für diese Energieträger werden ebenfalls Kompaktaggregate entwickelt. Kompaktaggregate haben den Vorteil, dass bei ihnen die gesamte Technik für Heizung, Lüftung und Warmwasserbereitung in einem Gerät mit minimaler Stellfläche vereint ist.

Pelletkessel

Ein mit Pellets befeuerter Kaminofen mit Wassertaschen kann auch die notwendige Restenergie bereit stellen; dabei reicht ein Ofen für ein ganzes Einfamilienhaus. Herkömmliche Öfen haben sogar oft eine zu hohe Leistung im Vergleich zum Bedarf. Die Luftabstrahlung solte dann nicht zu groß sein (max. 20%), da sich sonst der Aufstellraum unnötig erwärmt. Sehr wichtig ist ein raumluftunabhängiger Betrieb des Ofens.

Solaranlage

Eine thermische Solaranlage kann zur Warmwasserbereitung und zur Heizungsunterstützung verwendet werden. Dadurch werden die Laufzeiten der Heizanlagen weiter reduziert, was sich gerade im Passivhaus spürbar auswirkt, denn im Passivhaus wird mehr Energie für Warmwasser als für die Heizung benötigt.

Geschichte

Das erste Passivhaus in Deutschland wurde 1991 in Darmstadt-Kranichstein gebaut. Der Heizenergieverbrauch der vier Reihenhauseinheiten beträgt durchschnittlich 10 kWh/m²a und ist seit 15 Jahren stabil. Es folgten ganze Passivhaussiedlungen in Wiesbaden (21 Häuser), Hannover-Kronsberg (32 Häuser) und Stuttgart (52 Häuser) - alle mit intensiven Messprogrammen, welche die vollständige Erfüllung der Erwartungen bestätigen.

Verbreitung und Bauarten von Passivhäusern

Über 3000 Passivhäuser (Stand 2003) sind in Deutschland, Österreich und der Schweiz bewohnt. Eine größere Siedlung (insgesamt 47 Häuser) wird zurzeit in Leverkusen errichtet. Es gibt Passivhäuser als Massiv-, Holz-, Metall- und Polystyrolsteinhaus. Auf die Bauweise kommt es nicht an, sondern allein auf die Bauqualität. Inzwischen wurden auch Bürogebäude, Heime, Schulen, Turnhallen und sogar Industriegebäude mit Passivhausstandard gebaut.

Besonderheiten

Im Vergleich zu einem konventionellen Gebäude sind bei der Planung eines Passivhauses schon frühzeitig einige Besonderheiten zu beachten:

Standortüberlegungen

Passivhäuser sind um so günstiger (weil sie weniger gedämmt werden müssen), wenn sie sorgfältig zur Sonne ausgerichtet werden. Ohne Not sollte man von der idealen Südorientierung der Hauptfensterflächen nicht abweichen. Allerdings sind in den letzten Jahren auch zahlreiche Passivhäuser in eher ungünstigen Lagen und Orientierungen erfolgreich gebaut worden. Eine bedeutende Einschränkung der Standortwahl gibt es daher heute nicht mehr - an ungünstigen Bauplätzen wird ein Passivhaus allenfalls etwas teurer durch die dann erforderliche dickere Wärmedämmung.

Gestaltung

Die beim Passivhaus mehrere Dezimeter dicke Dämmung erfordert erhöhte Anstrengungen des Architekten, um Ausdrucksmöglichkeiten wie beispielsweise den so genannten 'Anzug' des Mauerwerks zu integrieren. Aus alten Fachwerkhäusern läßt sich nicht so einfach ein Passivhaus machen, ohne das historische Erscheinungsbild zu beeinträchtigen. Bei nachträglicher Dämmung sind auch Konflikte mit Belangen des Denkmalschutzes möglich.

Allerdings gibt es neue Entwicklungen bei den Dämmstoffen, die es ermöglichen, auch im Bereich denkmalgeschützter Bauten Passivhausqualität zu erreichen. Insbesondere die Verwendung von Vakuumdämmung (VIP) eröffnet hier ein großes neues Potential.

Kosten

Auswertungen gebauter Passivhausprojekte zeigen, dass die Herstellung heute im Mittel etwa 8% teurer als ein konventionell gebautes Haus ist. Wie bei allen Neubauten, gibt es ein breites Kostenspektrum: Es wurden auch bereits Passivhäuser zu Preisen verkauft, die unter denen vergleichbarer konventioneller Bauten am gleichen Standort lagen. Beim Kostenvergleich sind Mehrkosten und Einsparungen gegeneinander abzuwägen:

Mehrkosten beim Passivhaus

  • Hohe Wärmedämmung - Materialkosten für den Dämmstoff (nach Volumen)
  • Zentrale oder dezentrale Lüftungstechnik mit Wärmerückgewinnung
  • Sehr hoch dämmende Fenster mit Dreifach-Wärmeschutzverglasung
  • Aufwändigere Detaillösungen für die Abdichtung (luftdichte Hülle notwendig)
  • In manchen Fällen Aufwand bei Sonderlösungen (z.B. Katzenklappe)

Unterhaltungskosten

Im Idealfall entfallen beim Passivhaus komplett die Energiekosten für die Heizung. Mindestens mit einer deutlichen Verringerung kann gerechnet werden, erfahrungsgemäß auf weniger als etwa 150 Euro im Jahr. Der Strombedarf für die Lüftungsanlage (Beispiel: 5 Watt bei Dauerbetrieb von dezentralen Lüftern von LTM, ein Lüfter pro Schlaf- und Wohnraum) wird durch den Entfall der Umwälzpumpe für ein konventionelles Heizungsystem (typischerweise mindestens 50 Watt) kompensiert. Die Wartung für die Lüftungsanlage (Filterwechsel, Reinigung) verursacht in erster Linie Materialkosten. Sie kann ohne Probleme von den Hausbesitzern übernommen werden. Die Kosten für die Wartung der Heizung (Schornsteinfeger, Reinigung) hängen von der jeweiligen Realisierung des Hauses ab. Ist beispielsweise eine Pelletheizung vorhanden, so kann auf Besuche des Schornsteinfegers nicht verzichtet werden.

Ein genauer Kostenvergleich ist nur für den konkreten Fall möglich. Eine langfristige Betrachtung der Rentabilität ist mit einer dynamischen Amortisationsrechnung durchführbar. Schon bei den heutigen Energiekosten (2005, 0,50 €/Liter Heizöl) ist ein Passivhaus ökonomisch attraktiv.

Förderung

In Deutschland werden KfW-40-Häuser (zwischen Niedrigenergie- und Passivhaus) und Passivhäuser durch ein zinsvergünstigtes Darlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau mit einem zinsvergünstigten Kredit in Höhe von 50.000 EUR je Wohneinheit (CO2 Gebäudesanierungsprogramm 6) gefördert.

Darüber hinaus gibt es in vielen Bundesländern regionale Förderprogramme.

Kritik

Die Passivhausidee wird in den Medien ausgiebig dargestellt und genießt auch politische Unterstützung, weil merkliche Energieeinsparungen und damit verbunden eine geringere Belastung der Umwelt durch Schadstoffe und Erfolge beim Klimaschutz erwartet werden. Das Passivhauskonzept versucht häusliches Leben und Wohnen bei geringstem Energiebedarf und gleichzeitig hohem Komfort zu ermöglichen. Es gibt allerdings auch Kritik an dem Konzept:

Energieverlust durch geöffnete Fenster

Die erwärmte Innenraumluft enthält die aufgewendete Heizenergie. Entweicht diese Luft, entweicht auch die Energie. Im Alltag gibt es jedoch Anlässe, um die Fenster zu öffnen. Durch die geöffneten Fenster entweicht (bei niedrigerer Außen- als Innentemperatur) die warme Luft und mit ihr die Energie. Soll ein Wärmeverlust vollständig vermieden werden, bleibt den Bewohnern bei niedrigeren Außentemperaturen nichts anderes übrig, als strikt den Verhaltensregeln zu folgen. Deshalb werfen Kritiker dem Passivhaus vor, an den menschlichen Wohn- und Lebensbedürfnissen vorbei konzipiert zu sein. Sein alleiniger Maßstab sei der minimale Energieaufwand, dem alles andere unterzuordnen ist.

Das sagen Passivhausbefürworter dazu

Die Luft im Raum enthält nur sehr wenig Wärmeenergie (geringe Wärmekapazität); der größte Teil der Wärme steckt in den Innenwänden, Decken, Möbeln, etc. Wird ein Fenster nur kurz geöffnet, dann ist der Wärmeverlust nicht hoch und das stört bei einem Passivhaus überhaupt nicht. Außerdem: Fensterputzen oder durch das geöffnete Fenster mit dem Nachbar reden macht man ja eher, wenn es draußen warm ist. Ob man durch längeres Offenlassen der Fenster Energie "verschwenden" will oder nicht, liegt in der Entscheidungsfreiheit des Bewohners. Messungen in bewohnten Passivhäusern zeigen, dass das Öffnen von Fenstern einen weit geringeren Einfluss auf den Energieverbrauch hat, als zunächst angenommen (Quelle: Ebel/Knissel 2003, IWU). Die normalen Anlässe für das Öffnen von Fenstern erzeugen für ein Passivhaus kein Problem.

Ein Bewohner eines Passivhauses (seit 1999): "Ob wir die Fenster im Winter öffnen möchten und wie lange, bleibt unsere Entscheidung. Auf das Konzept des Passivhauses hat das einen vernachlässigbaren Einfluß. Zumal bei Minusgraden will niemand - auch in herkömmlichen Häusern nicht - Fenster und Türen länger als ein paar Minuten offenstehen lassen. Es ist in der Regel aber nicht notwendig, die Fenster zu öffnen, da die Lüftungsanlage (nicht zu verwechseln mit einer Klimaanlage) ständig für eine ausreichende Menge Frischluft sorgt. Das Raumklima hat eine höhere Qualität als ein durchschnittlicher Neubau, bei dem das eigentlich im Winter notwendige mehrfache Durchlüften meist entfällt. Schimmelprobleme durch interne Feuchtigkeit können in einem Passivhaus nicht auftreten. Im Sommer ist ein Passivhaus ein normales Haus, bei dem man zur Kühlung nachts die Fenster öffnet.

Das Haus, in dem ich wohne, wurde mit 13,6 kWh pro Quadratmeter und Jahr geplant und erreicht nach Messung 12,9 kWh: Passivhaus "Wohnen & Arbeiten" mit realem Benutzerverhalten ohne Einschränkungen des Verhaltens."

Lebensdauer der luftdichten Hülle

Weiterhin sind zeitlich stabile Dichtigkeitsverhältnisse nicht zu erwarten, da Materialien nicht unendlich lange halten, und bei Beschädigung, je nach Bauweise, zum Teil schlecht ersetzt oder repariert werden können.

Das sagen Passivhausbefürworter dazu

Die luftdichte Hülle muss so angebracht werden, dass sie wirklich dauerhaft ist oder man sie später ohne große Kosten reparieren oder austauschen kann. Nachmessungen in gebauten Passivhäusern nach 5, 8 und 13 Jahren zeigten sowohl bei einem Massivbau als auch bei mehreren Holzbauten keine relevanten Veränderungen bei der Luftdichtheit (Quelle: Tagungsband 8. Passivhaustagung). Bei einem Haus in Massivbauweise ist die luftdichte Hülle in der Regel der Innenputz. Dieser hat eine lange Lebensdauer und Risse können relativ einfach nachverputzt werden.

Alle Räume gleichmäßig warm

In fast allen (besonders älteren) Passivhäusern sind alle Räume gleichmäßig warm. Dieses ist gewöhnungsbedürftig, da viele Menschen zum Beispiel kältere Schlafräume gewohnt sind. Auch der Keller ist sehr warm, falls er innerhalb der Dämmhülle liegt.

Es gibt inzwischen Anlagen, die eine getrennte Temperatursteuerung für jeden Raum möglich machen. Dies ist allerdings sehr aufwendig, da jeder Raum eine eigene Zuluftleitung braucht.

Das sagen Passivhausbefürworter dazu

Wenn die Nutzer gern kältere Raume haben möchten, wird die Wärmedämmung zwischen diesen Räumen und dem beheizten Raum verbessert. Im Protokollband "Temperaturdiffernzierung" (Nr. 25) des Passivhaus Institutes wird genau dargestellt, wie unterschiedliche Temperaturen erreicht werden können - wenn sie gewünscht sind. Nach der wissenschaftlichen Literatur (Ole Fanger, 1972, Entdecker des Behaglichkeitsmaßstabs und des Olf) und der internationalen Behaglichkeitsnorm (ISO 7730) wird jedoch ein möglichst gleichmäßiges Raumklima von den Nutzern am besten bewertet.

Erforderliche Sorgfalt und Qualifikation beim Bau

Ein Kritikpunkt ist auch die "geringe Fachkompetenz lokaler Handwerksbetriebe". Die geforderte extrem hohe Sorgfalt bei der Ausführung ist beim üblichen Baubetrieb oft nicht gewährleistet. Ausführungsmängel, die in einem konventionellen Haus unbedeutend sind können das gesamte Passivhauskonzept zunichte machen, z.B. Lecks für Luft, Fehlstellen in der Dämmung oder Wärmebrücken.

Das sagen Passivhausbefürworter dazu

Dem stimmen die Passivhausbefürworter in Bezug auf die erforderliche Sorgfalt zu: Nur dass die genannten Ausführungsmängel bei einem konventionellen Haus keinesfalls unbedeutend sind: Gerade im schlecht gedämmten Haus führen Lecks zu Bauschäden und Wärmebrücken zu Schimmelbefall, weil infolge fehlender Lüftung die Luftfeuchtigkeit meistens zu hoch ist.


Falsche Anlagen

Auch der Einbau "mangelhafter, nicht passivhausspezifischer Anlagenkomponenten" bei einigen Musterhäusern wird kritisiert.

Das sagen Passivhausbefürworter dazu

Klar; ein PKW funktioniert auch nicht, wenn man statt des Motors versucht ein Pferd einzubauen.

Weiterführende Informationen

Siehe auch

Literatur

  • Fred Ranft / Doris Haas-Arndt: „Energieeffiziente Altbauten - Durch Sanierung zum Niedrigenergiehaus“, hrsg. vom Fachinformationszentrum Karlsruhe, BINE Informationsdienst, DIN A5, kartoniert, 168 Seiten, TÜV Verlag 2004, ISBN 3-8249-0794-1
  • Wolfgang Feist: Gestaltungsgrundlagen Passivhäuser. Verlag Das Beispiel, Darmstadt
  • Aktiv für mehr Behaglichkeit: Das Passivhaus. Bauherrenbroschüre der Informationsgemeinschaft Passivhaus. Bezug: http://www.igpassivhaus.de
  • Passivhaus Institut: Protokollbände des Arbeitskreises kostengünstige Passivhäuser Nr. 2- 28, (1996-2004). Bezug: Passivhaus Institut, Rheinstr. 44-46, D 64283 Darmstadt
  • Passivhaus Institut: Tagungsbände der Passivhaustagungen 1 - 8 (1996-2003)
  • Anton Graf Neue Passivhäuser. Callwey, München 2003 ISBN 3766715682
  • Passivhaus Kompendium 2006, Laible Verlagsprojekte, Allensbach 2006 (Erscheinen 15. Dez. 2006)

Verbände

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